Ulrich Scholbe, Sekisui Alveo
"Nicht Rohdichte, sondern Druckspannung und Belastbarkeit sind entscheidende Parameter"
"Systemdenken ist gefragt", sagt Dipl.-Ing. Ulrich Scholbe, Anwendungstechniker und Laborleiter bei Sekisui Alveo in der Schweiz. "Bei schwimmender Verlegung sind Belag und Unterlage ein untrennbares Zweischichtsystem." Das meint er in Bezug auf Fertigparkett, Laminatböden und mehrschichtig modulare Fußböden.
Die Anforderungen an Unterlagen sind nicht neu. Sie sollen beim Begehen druckfest sein, Gehschall und Trittschall mindern, Unebenheiten ausgleichen, gegebenenfalls Feuchteschutz bieten sowie bei beheizten Flächen den Wärmedurchlass gewähren. Dazu müssen sie glatt, wellenfrei und ohne Hohlstellen bündig verlegbar sein.
Früher hieß es, je mehr Gewicht und Masse - sprich Rohdichte - eine Unterlage mitbringt, desto besser ist ihre Wirkung. Jetzt werden mit der neuen Norm CEN/TS 16354 und dem EPLF-Merkblatt drei andere Werte als Qualitätsmerkmale anerkannt: Die Druckspannung (CS), die dynamische Dauerbelastbarkeit (DL) und der Trittschall (IS). Hatte ein 2 mm PE-Schaumstoff bisher die Angabe 25 kg/m, lautet die aktuelle Beschreibung nun: 2 mm PE-Schaumstoff CS 30, DL 20.000, IS 18.
"Je größer der CS-Wert, desto wirksamer", sagt das technische Merkblatt des Laminatbodenverbandes (EPLF), denn eine Unterlage, die sich bei Druck auf den Oberbelag wenig verformt, schützt und entlastet die Klickverbindung. Die ist das schwächste Glied, vor allem bei den Schwingungen, die auftreten, je größer die Fläche ist. Für diese Belastung gibt es keinen anerkannten Mess-Standard. Eine Unterlage kann ihren CS-Wert in der Materialprüfung nur ohne das Zusammenwirken mit einem Oberbelag testen lassen, etwa mittels Stauchhärte. Der Systemgedanke von Ulrich Scholbe tritt hierbei in den Hintergrund, denn ein Hersteller von Unterlagen wird nicht wissen, welcher Oberbelag eingesetzt wird.
Aber natürlich versteht Scholbe seinen Systemgedanken ohnehin eher unter Marketingkriterien. Handel, Verleger und Verbraucher sollen Unterlage und schwimmend verlegte Böden als Einheit begreifen. Da gibt es Nachholbedarf. Tests in Fachmärkten haben beispielhaft gezeigt, dass viele Verkäufer nichts über das Thema Feuchtigkeitsbremse wissen und den Unterschied von Geh- und Trittschall nicht erklären können.
Zu technischen Spezifikationen beschreibt die CEN/TS 16354 erstmals umfassend die entscheidenden Eigenschaften von Unterlagsmaterialien bei Laminatböden. Auch Prüfverfahren werden genannt und es gibt erste Empfehlungen hinsichtlich der Anwendungsklassen. Auf Antrag von Schweden wurde sogar die Alkalibeständigkeit in die Norm aufgenommen. "Obwohl wir damit noch nie Probleme hatten", wie Ulrich Scholbe bemerkt.
Fraglos müssen Hersteller mit der neuen Norm Erfahrung sammeln. In 2014 sollen die Messmethoden allgemein Verbreitung gefunden haben. Dann können Laminatbodenproduzenten auch ihr eigenes Leistungsprofil für Unterlagen erstellen. Die Norm CEN/TS 16354 wird dann allerdings schon wieder in der Überarbeitung (Revision) sein. Geplant ist ihre Überführung in eine europäische Norm (EN) mit CE-Kennzeichnung. Auch eine neue Gehschallermittlung (EN 16205) soll es geben. Und schließlich wird eine Festlegung von Leistungsklassen kommen.
Das alles gilt zunächst nur für die Verbindung von Unterlagen mit Laminatböden. Weder in Bezug auf Mehrschichtparkett noch auf elastische Bodenbeläge gibt es derzeit vergleichbare Aktivitäten für eine europäische Normung. Allein für mehrschichtig modulare Bodenbeläge (MMF) wurde ein Normungs-Entwurf auf den Weg gebracht.
aus
Parkett Magazin 01/14
(Wirtschaft)