India Carpet Expo, Varanasi
Globaler Showroom
Die indische Teppichbranche hat auf ihrer internationalen Messe in Varanasi eindrucksvoll ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Allerdings ist das Marktumfeld so schwierig wie noch nie: Nur mit qualitativ hochwertiger Ware zu günstigen Preisen können die lokalen Hersteller ihre Position verteidigen.Das Messegelände der 26. India Carpet Expo in der Pilgerstadt Varanasi vermittelte keineswegs den Eindruck, als stünde die Branche vor einer ungewissen Zukunft: Mit 308 Ausstellern wurde der Vorjahreswert deutlich übertroffen, und die 370 Besucher repräsentierten die kaufkräftigsten Märkte rund um den Globus. Das breite Produktspektrum zeigte, wie sehr sich die indischen Hersteller handgefertigter Teppiche auf die individuelle Nachfrage der vielfältigen Märkte eingestellt haben: Vom edlen Seidenteppich für das Luxussegment, traditionellen Musterungen in zeitgemäßer Farbgebung, über hochwertige Nepalknüpfungen, bis hin zu massenmarkttauglicherHandloom-Ware wurden alle Segmente umfassend abgedeckt. Und genau hier liegen auch die Herausforderungen der Zukunft: Noch viel genauer als bisher müssen die ganz speziellen Bedürfnisse immer detaillierter bedient werden.
Zweifellos spiegelte das Angebot der Messe die gegenwärtige Nachfrage wieder: Viele Kollektionen waren in Musterung und Farbgebung auf die amerikanische Kundschaft ausgerichtet. Der US-Markt ist nach Jahren der Wirtschaftskrise wieder angesprungen und stellt die derzeit weitaus wichtigere Erlösquelle dar, während Europa schwieriger denn je zuvor zu bedienen ist. Aufstrebende Nationen wie Russland und China können die Mindereinnahmen aus dem europäischen Geschäft bisher nicht kompensieren. Jenseits der großen Märkte repräsentierten die Messebesucher mehr Länder als je zuvor. Siddh Nath Singh, Chairman des Veranstalters Carpet Export Promotion Council (CEPC), sieht diese Tatsache als Ergebnis seiner Bemühungen um die Diversifizierung der Käuferbasis. "Wir haben über unsere Botschaften in aller Welt 5.600 relevante Adressen aus der Branche generiert und kontaktiert", sagt Singh. "Diese Aktivität zahlt sich nun aus."
Stärker als in den vergangenen Jahren waren Flachgewebe auf der Messe vertreten. Der lange Zeit omnipräsente Shaggy hingegen fristete nur noch ein Nischendasein. Spektakuläre Neuentwicklungen gab es nicht zu sehen: Viele Aussteller hielten ihre besten Stücke mutmaßlich für die Domotex zurück. Immerhin gab es scheinbar mehr Eigenkreationen und weniger Anlehnung an populäre Dessins. Trotzdem brauchte man nicht viel Phantasie, um in vielen Dessins die Handschrift bekannter Designer zu erkennen. Insgesamt hat sich die Präsentationsqualität der Stände deutlich verbessert: Wo früher häufig lieblose Stapelware vorherrschte, dominiert heute anspruchsvolle Einzelpräsentation. Und das vielerorts scheinbar wahllos zusammengestellte Warenangebot ist einem genau aufeinander abgestimmten Produktspektrum gewichen.
Das Stimmungsbild unter den Händlern war vielfältig: Marktteilnehmer mit einer starken Position in Nordamerika und einem passendem Angebot hatten Grund zum Optimismus. Die Aussichten für Europa hingegen waren großer Anlass zur Sorge, zumal die sinkende Nachfrage nach handgefertigten Teppichen nicht auf eine sinkende Kaufkraft zurückzuführen ist, sondern ganz offensichtlich ein echter Strukturwandel vorherrscht - hin zu günstiger maschinengefertigter Ware, die vom Möbelhandel als Massenprodukt feilgeboten wird. In einem Aspekt waren sich die Aussteller allerdings einig: Ihre Kunden sind preissensibler und gleichzeitig qualitätsbewusster geworden.
Ein weiteres Problem der Hersteller rund um Badhohi ist der zunehmende Mangel an Knüpfern. Auch hier hat das CEPC Maßnahmen ergriffen. "Wir haben in mehreren Regionen im Norden und Westen Indiens Schulungszentren für Knüpfer errichtet, die die bestehende Lücke schließen können: Insgesamt 1.000 sollen es werden", erklärt Singh. "In den 1980er Jahren hatten wir durch ähnliche Maßnahmen schon einmal einen Arbeitskräftemangel binnen kürzester Zeit behoben, auch diesmal bin ich zuversichtlich."
An positiven Signalen mangelt es der Branchenvertretung nicht: Für den August 2013 vermeldete das CEPC ein Exportwachstum von mehr als 20% gegenüber demselben Vorjahresmonat, und für das kommende Jahr wird ein Plus von 30% angepeilt. Dafür sollen mit staatlicher Hilfe Lagerkapazitäten in den Exportmärkten aufgebaut werden, beginnend mit Lateinamerika. Förderprogramme und Promotionsveranstaltungen unter anderem in Japan, China, der Türkei und Deutschland runden das Hilfsangebot ab. Doch all diese Maßnahmen entlasten Indiens Teppichhersteller nicht davon, sich noch näher als bisher an den Bedürfnissen und wechselnden Einrichtungstrend ihrer globalen Kundschaft zu orientieren - und dabei den handgefertigten Teppich als Qualitätsprodukt zu positionieren.
aus
Carpet Magazin 01/14
(Wirtschaft)