Rubia / Frank Kochmann Gruppe
Naturfarben für Knüpfteppiche
Der niederländische Pflanzenfarbenproduzent Rubia vermarktet sein gleichnamiges Produkt nun auch in der Teppichbranche. Gemeinsam mit der Frank Kochmann Gruppe soll der Handel für das umweltfreundliche Färbeverfahren gewonnen werden. Auf der Domotex werden die ersten Teppiche, gefärbt mit Pflanzenfarbstoffen, auf dem Rubia-Stand zu sehen sein.
Das Färben von Wolle mit Pflanzenfarben ist ein jahrhundertealtes Verfahren bei der Teppichherstellung, das mit dem Wandel des Teppich vom traditionellen Gebrauchsgut hin zum Exportartikel chemischen Färbeverfahren weichen musste. Synthetische Farben werden heute bei der Herstellung von fast allen Textilien verwendet - sind aber nicht abbaubar und nachhaltig. Das niederländische Unternehmen Rubia hat nun die Pflanzenfarbstoffe wiederentdeckt und weltweit das einzige industrielle Verfahren zur zuverlässigen, standardisierten und nachhaltigen Färbung von Fasern, Garnen und fertigen Textilien entwickelt. Zu den Investoren von Rubia gehört unter anderem ZLTO, eine führende Genossenschaft von niederländischen Bauern, die die Pflanzen anbauen. In der Bekleidungsindustrie und bei Bodenbelägen sind Pflanzenfarben bereits in kleinem Maßstab auf dem Markt, Projekte mit führenden Herstellern laufen. Nun will Rubia auch in der Teppichbranche Fuß fassen. Eine erste Zusammenarbeit wurde vor zwei Jahren mit dem Vollsortimenter Wissenbach begonnen. Nach dessen Betriebsaufgabe führt der Wallenhorster Teppichimporteur Frank Kochmann diese Kooperation fort.
Das Kernproblem beim Einsatz von Pflanzenfarbstoffen ist die unzuverlässige Reproduzierbarkeit der Farbtöne und die mangelnde Lichtechtheit. Denn ursprünglich wurden die Farben ja nur mit primitiven Mitteln gemischt. Zwar gibt es kleine Lieferanten, die Pflanzenfarben anbieten, aber nicht in einer industriellen, standardisierten Produktion aus lizensiertem und standardisiertem Anbau der Pflanzen. Die Landwirte, die ihre Pflanzen zur Weiterverarbeitung an Rubia liefern, begannen den Anbau der Nutzpflanzen nach Spezifikationen von Rubia, basierend auf altem Know-how und neuen Forschungsergebnissen. Um die Farbgleichheit zu garantieren, haben alle Setzlinge dieselbe DNA. Aus den Pflanzen werden drei puderförmige Grundfarbstoffe hergestellt, mit denen sich die gesamte Farbpalette mischen lässt. "Wir können heute schon etwa 80 Prozent der synthetischen Farbstoffpalette abbilden", sagt Verkaufs- und Marketingberater Klaus Steimann. "Allerdings ist dies nicht unser Ansatz. Es wird immer eine neue, individuelle Farbpalette entwickelt, um die einzigartige Farbvielfalt der Natur voll zur Geltung bringen zu können. Prinzipiell sind auch 100 Prozent möglich, allerdings gibt es einige Farben, bei denen wir mit der Lichtechtheit noch nicht zufrieden sind. Da es sich aber um ein neues Verfahren handelt, gibt es noch viel Optimierungspotenzial." Für weitere Fortschritte finanziert Rubia unter anderem Forschungsprojekte mit der Universität von Waregem.
Jeweils ein Hersteller in Nepal und Indien knüpft bereits nach den Vorgaben von Frank Kochmann Rubia-Teppiche. Die Niederländer hatten ihren Färbemeister im September in beide Länder geschickt, um das neue Verfahren einzuführen. Der Färbeprozess von Rubia hat zwei Schritte: Unter strenger Einhaltung bestimmter Temperaturen und Standards wird zuerst gebeizt und dann gefärbt. Eine grundlegend neue Technologie ist dabei nicht erforderlich. "Das Schwierigste ist es, einen Prozess des Umdenkens in Gang zu setzen und Menschen, die ihr ganzes Leben dasselbe getan haben, dazu zu bewegen, Dinge einmal anders zu machen", sagt Steimann.
Wenn es um einen Wandel geht, werden gerne wirtschaftliche Argumente ins Feld geführt. Der Kilopreis von Rubia ist in der Tat höher als der vieler synthetisch hergestellter Farben, außerdem dauert der Färbeprozess länger. "Wir haben in der Teppichbranche leider das generelle Problem, dass zunehmend über den Preis verkauft wird", klagt Steimann. "Für eine preisaggressive Vermarktung ist Rubia das falsche Produkt. Wir wollen hingegen eine neue Philosophie verkaufen." Dabei gehe es gar nicht darum, chemische Produkte grundsätzlich zu verdammen. Denn dort, wo diese zum Einsatz kommen, etwa beim Mottenschutz für Woll-Teppichböden, hätten sie durchaus ihre Berechtigung.
Doch nun muss zunächst einmal die Branche überzeugt werden. Frank Kochmann hat dabei die Pionierrolle übernommen und sich bereit erklärt, nur noch natürlich gefärbte Teppiche produzieren zu lassen. Auch ihm geht es um einen Sinneswandel der Branche. Zuerst muss es ein vorzeigbares Produkt geben: "Wir haben die Farben festgelegt und die Spezifikationen und Rezepturen eingestellt", erklärt Steimann. "Die ersten Kochmann-Teppiche mit Rubia Natural Colours werden auf der Domotex zu sehen sein. Dann warten wir auf die Reaktionen aus dem Handel und legen eine Kollektion fest." Rubia geht es dabei nicht um die möglichst schnelle und umfassende Marktdurchdringung. "Jeder Schritt ist gut überlegt", erklärt Steimann. "Nur so wird die Markteinführung genauso nachhaltig wie die Umweltbilanz dieses Produktes."
Neben dem ökologischen Vorteil sieht Frank Kochmann auch einen ökonomischen. Das Naturprodukt sei im monetären Sinn selbstverständlich gewinnbringend. Marianne und Frank Kochmann möchten aber die Entlohnung gemeinnützig angelegt wissen, und zwar dahingehend, dass alle Firmen, die mit Pflanzenfarben der Firma Rubia Teppichkollektionen produzieren lassen, eine kleine Provision vom Importwert der Ware als Spende in die Indien Stiftung von Frank und Marianne Kochmann zahlen. Die Gelder werden dann für Hilfsprojekte in den Teppichknüpfregionen verwendet, zum Beispiel über Care & Fair.
aus
Carpet Magazin 01/14
(Sortiment)