Akzo Nobel: Interview mit Kees-Jan Starrenburg und Christian Willers

"Unsere Zukunft liegt in unserer Kernstärke"


Der niederländische Konzern Akzo Nobel hat sich einen strikten Sparkurs verordnet. Im Rahmen dieses Prozesses trennt sich der Kölner Bautenfarbenbereich Akzo Nobel Deco von seinen Großhandelsstandorten und überträgt diese an freie Grossisten. Jetzt will sich das Unternehmen stärker auf seine Markenkompetenz konzentrieren. BTH Heimtex-Redakteurin Cornelia Küsel sprach mit Geschäftsführer Kees-Jan Starrenburg und Presse-sprecher Christian Willers über die Gründe für die Trennung vom Handelsgeschäft und die künftige Ausrichtung.

BTH Heimtex: Sie haben sich von Ihren Großhandelsstandorten getrennt und vertreiben Ihre Profi-Produkte nun über den freien Großhandel. Ist Ihre Strategie, gleichzeitig als Hersteller und Verkäufer an den Markt zu gehen, damit gescheitert?

Kees-Jan Starrenburg: Die Welt bleibt nicht stehen, sie entwickelt sich ständig weiter. Darauf gilt es zu reagieren. Wir haben inzwischen erkannt, dass unsere Zukunft darin liegt, uns auf unsere Kernstärke zu konzentrieren und damit unsere Markenkompetenz. Folglich trafen wir die Entscheidung, das Großhandelsgeschäft aufzugeben. Wir fokussieren uns jetzt auf unsere Marken, der freie Großhandel konzentriert sich auf die Dienstleistung. Davon profitieren nicht nur wir, sondern auch unsere direkten Kunden im Großhandel und dadurch letztlich auch die Maler und der Endverbraucher.

BTH Heimtex: Was hat - ganz konkret - zu dieser Entscheidung von erheblicher Tragweite geführt?

Starrenburg: Der deutsche Markt ist sehr anspruchsvoll. Kunden haben hohe Anforderungen an Produkte, Lieferanten und Dienstleistungen. Wir waren an dem Punkt angekommen, an dem wir uns fragten: Wie sind wir als Akzo Nobel Deco in diesem Markt vertreten?

Uns war klar, dass wir starke Marken haben, die von unseren Kunden geschätzt werden, was auch die Großhandelsumfrage von BTH Heimtex deutlich macht. Deshalb überlegten wir uns, ob sich unsere Aktivitäten nicht aufteilen lassen, damit wir uns ganz auf unsere Stärken ausrichten können.

Auf der einen Seite geht es um die Entwicklung der Marke und der Produkte. Auf der anderen Seite steht das Großhandelsgeschäft, das sich mit Sortimentsbreite, Logistik und Erreichbarkeit beschäftigen muss. Das sind zwei sehr unterschiedliche Disziplinen. Nach langem Abwägungsprozess waren wir überzeugt, dass wir uns künftig auf unsere Marken konzentrieren und die Distribution Partnern überlassen sollten. So kombinieren wir unsere Stärken mit denen des freien Großhandels.

BTH Heimtex: Es gibt aber auch Hersteller, die mit ihrer Großhandelsstruktur ganz erfolgreich sind.

Starrenburg: Die gehen ganz unterschiedliche Wege. Es gibt Hersteller, die vor allem auf größere Projekte und größere Kunden direkt auf der Baustelle abzielen. Diese Unternehmen haben auch ein viel breiteres Sortiment als wir, etwa auch Wärmedämmung und Putze und dazu ein großes logistisches System. Das ist sicherlich ein erfolgreicher Weg.

Ich bin aber überzeugt davon, dass der Markt lokale, vor Ort ansässige Großhändler braucht, die enge Beziehungen zu ihren Kunden haben und sie in allen Produktsegmenten beraten. Schließlich haben die auch Kunden, die sich nicht nur auf Farben und Lacke, sondern zusätzlich auf Bodenbeläge konzentrieren. Die Anforderungen sind andere. Unsere Strategie wird deshalb gut funktionieren: Wir fokussieren uns auf unsere Stärken und darauf, was wir liefern können. Der Großhändler ist vor Ort, hat engen Kontakt zum Kunden und kann ihn rundum beraten. So funktioniert die Kommunikation besser.

BTH Heimtex: Ist diese Regionalität der Grund für den Verkauf?

Starrenburg: Die Verbindung zum Kunden, Präsenz vor Ort - das sind für uns entscheidende Punkte. Die Menschen sind von Region zu Region anders. Unsere Branche ist regional sehr unterschiedlich geprägt. Da ist es wichtig, Handelspartner zu haben, die sich lokal sehr gut auskennen, die schon lange und sehr erfolgreich in ihrer Region tätig sind. Das passt sehr gut zu unserer Konzeption der Markenstärke.

BTH Heimtex: Nun haben Sie in Nordrhein-Westfalen an Malereinkaufsgenossenschaften verkauft. Glauben Sie an deren Zukunft? Schließlich haben sie in den vergangenen Jahren Marktanteile verloren.

Starrenburg: Stimmt. Dennoch sind wir überzeugt, dass die Malereinkaufsgenossenschaften eine Zukunft haben. Ausschlaggebend war auch hier die Regionalität.

BTH Heimtex: Was spricht gegen die Mega, die auf Expansionskurs ist und meint, eine Genossenschaft reiche?

Starrenburg: Grundsätzlich spricht nichts gegen die Mega. Wir sehen sie als einen großen Partner. Aber die Übereinstimmung mit den anderen Einkaufsgenossenschaften war größer.

BTH Heimtex: Sie sind nicht jeden Standort losgeworden. Was geschieht mit den restlichen drei?

Starrenburg: Es gibt 72 Standorte, 69 davon übertragen wir an 6 Partner. Drei Standorte werden geschlossen: Recklinghausen, Bochum und Essen.

BTH Heimtex: Wie viel Mitarbeiter sind von der Umstrukturierung betroffen?

Christian Willers: Das ganze Unternehmen ist betroffen. Aber nicht alle Mitarbeiter werden ihren Job verlieren, die meisten werden von den Partnern übernommen. Wir tun alles, um Mitarbeiter in neue Jobs zu bringen. Dabei sind unter anderem Transfergesellschaften ein Thema.

BTH Heimtex: Durch das Hin und Her in den vergangenen Jahren haben Sie viel Porzellan zerschlagen. Mal waren Sie im Großhandel unterwegs, jetzt wollen Sie nur noch Lieferant sein. Hinzu kommen zahlreiche Personalwechsel. Das alle war nicht gerade vertrauensbildend.

Starrenburg: Es dauert lange, bis man Vertrauen gewinnt, aber man kann es schnell verlieren. Ja, in der Vergangenheit ist viel passiert. Wir haben deshalb die Aufgabe, unseren Kunden im Großhandel, den Malern und den Verbrauchern immer wieder zu beweisen, dass wir ihr Vertrauen verdienen. Ich denke, die Klarheit unserer Entscheidung, uns von den Großhandelsstandorten zu trennen und die Größenordnung sind ein starken Zeichen dafür, dass es Akzo Nobel ernst ist mit der neuen Ausrichtung. Wir sind ein großes Unternehmen mit starker Marke, das dem freien Großhandel verbunden ist.

Willers: Das ganze Unternehmen richtet sich noch stärker als bisher auf den Kunden aus. Das ist eins unserer Leitmotive für 2014/2015.

BTH Heimtex: Sie konzentrieren sich auf Markenstärke. Vor einigen Jahren haben sie einige Marken aus dem Sortiment gestrichen. Bleibt es nun bei den vorhandenen Labels?

Starrenburg: Man muss sich das Gesamtbild ansehen: Sikkens, Herbol, Consolan - diese Profi-Marken passen gut zusammen. Mit ihnen haben wir eine Antwort auf alle Fragen, die es im Markt gibt. Deshalb wäre es sehr unvernünftig, einen Teil der Aussagekraft dieser Marken auf weitere zu übertragen. Unsere Marken haben ein starkes Profil und damit einen starken Wert für die Kunden.

Der Grund, weshalb wir uns von Marken getrennt haben, waren Überschneidungen nach der Übernahme von ICI. Man konnte nicht mehr genau erkennen, worin sie sich unterschieden. Jetzt aber sind wir so weit, dass wir im Profigeschäft keine weitere Marke brauchen.

BTH Heimtex: Sie sprechen die Übernahme von ICI an. Sind weitere Käufe geplant?

Willers: Im Augenblick steht das nicht im Mittelpunkt. Auszuschließen sind weitere Übernahmen aber sicherlich nicht.

Akzo Nobel ist ein Konzern, der immer schaut, wo es Entwicklungsperspektiven gibt. In der derzeitigen Phase sehe ich aber keine Übernahmen. Wir wollen erst einmal zur Ruhe kommen und unsere Stärken ausbauen.

BTH Heimtex: Akzo Nobel ist ein niederländischer Konzern. Wie unterscheidet sich Deutschland von anderen Märkten?

Starrenburg: Deutschland ist in Bezug auf Qualität und logistische Dienstleistung sehr anspruchsvoll. Es gibt Länder, die sind eher preisorientiert und passen ihren Qualitätsanspruch entsprechend an, zum Beispiel Großbritannien. Die Frage, was das Produkt kosten darf, betrifft nicht nur die Farbe, sondern auch den Maler und den gesamten Bau.

Willers: In vielen Ländern gibt es den Ausbildungsberuf des Malers nicht. Hier in Deutschland finden wir einen Markt mit hohem Know-how und Qualitätsanspruch vor.


Akzo Nobel Deco Daten und Fakten


Akzo Nobel Deco GmbH
Vitalisstraße 198-226
50827 Köln
Tel.: 0221 / 58 81-0
Fax: 0221 / 58 81-355
www.akzonobel.com

Gründungsjahr: 1999
Muttergesellschaft: Akzo Nobel NV

Geschäftsführer: Kees-Jan
Starrenburg, Marco Sicconi, Robert van der Most
Marketing Sikkens: Ronald Mayen

Markennamen: Sikkens, Herbol, Dulux, Consolan, Hammerite, Molto, Xyladecor

Produkte: Bautenfarben
aus BTH Heimtex 03/14 (Wirtschaft)