Nordpfeil: Interview mit den Geschäftsführern Johannes Schulte und Alexander Christian Holl
Verlässlichkeit mit Zwei-Marken-Strategie
Die Nachricht von der Insolvenz der Norddeutschen Teppichfabrik hat die Branche Ende Juli 2013 nicht wirklich überrascht. Für Aufsehen sorgte dann aber Vorwerk, als im Februar 2014 die Geschäfte der Geesthachter übernommen wurden. Viele Branchenbeobachter staunten, den Gläubiger-Ausschuss der Norddeutschen aber überzeugte das Konzept. Im Interview mit BTH Heimtex-Redakteur Jochen Lange erklären die beiden Geschäftsführer der neu gegründeten Nordpfeil GmbH, Johannes Schulte und Alexander Christian Holl, wie sie sich eine erfolgreiche Zwei-Marken-Strategie vorstellen, warum sich der deutsche Großhandel auch in Zukunft auf Nordpfeil verlassen kann und berichten über das große technische Know how, das sie in Geesthacht vorgefunden haben.
BTH Heimtex: Herr Schulte, die Übernahme der Norddeutschen Teppichfabrik war ein echter Coup. Aber es gibt auch Stimmen, die Ihr Engagement vor dem Hintergrund der Absatzrückgänge beim Teppichboden nicht nachvollziehen können. Was entgegnen Sie denen?
Johannes Schulte: Die Marken Nordpfeil und Vorwerk ergänzen sich ideal. Sowohl das Produktportfolio als auch die Marktpositionierung unterscheiden sich deutlich. Nordpfeil ist fest verankert im Großhandel und stark in der Schlinge, bei Fliesen und im Hotel-Segment. Vorwerk hingegen konzentriert sich auf Velours, Strukturen und Fliesen. Wir sind als einzige Teppichbodenmarke der Branche beim Endverbraucher bekannt durch eine starke Präsenz im Fachhandel, beim Raumausstatter sowie im Objektgeschäft.
Deswegen haben wir uns im Sommer 2013, als publik wurde, dass die Norddeutsche Teppichfabrik Insolvenz anmeldet, sofort intensiv mit dem Thema beschäftigt. Wir hatten vor sechs, sieben Jahren schon einmal beim Gesellschafter angefragt, ob man sich eine Kooperation vorstellen könne - daraus ist aber nichts geworden.
BTH Heimtex: Das heißt, Sie werden in Zukunft mit einer Zwei-Marken-Strategie agieren?
Schulte: So ist es. Alles andere würde kein Sinn machen. Wir haben mit diesem Assest Deal (spezielle Form des Unternehmenskaufs bei dem Wirtschaftsgüter (engl. assets) einzeln übertragen werden, Anm. d. Red.) u.a. die Markenrechte gekauft und werden die traditionelle Ausrichtung von Nordpfeil auf den deutschen Großhandel als loyalen und verlässlichen Lieferanten noch weiter verstärken. Die neu gegründete Gesellschaft Nordpfeil GmbH ist zwar eine 100 %-ige Tochter der Vorwerk Teppichwerke, agiert am Markt aber eigenständig.
Insgesamt werden wir einen erheblichen Betrag investieren, um Nordpfeil zukunftssicher zu machen. Vorwerk hat aus den Erfahrungen mit der Übernahme der Herforder Teppichwerke im Jahr 1993 gelernt. Damals hat man die Marke eingestampft. Das hat nicht funktioniert.
BTH Heimtex: Wie nimmt der Großhandel die Übernahme auf?
Schulte: Mit Zuspruch und Wohlwollen. In vielen aktuellen Listungen sind wir berücksichtigt worden. Ich habe die meisten der Nordpfeil-Kunden im Großhandel bereits persönlich gesprochen. Es ist ein großes Verlangen zu spüren nach zuverlässigen Lieferanten und Partnern im Teppichboden-Geschäft. In dieser Tradition einer Wertschöpfungsgemeinschaft steht Nordpfeil schon seit Jahren. Diese wird mit dem starken Partner Vorwerk fortgeführt und ausgebaut. Vorwerk garantiert, dass die aktuellen und zukünftigen Kollektionen ihre Laufzeiten durchstehen.
BTH Heimtex: Woher nehmen Sie diesen Optimismus? Die Norddeutsche ist pleite gegangen in einem Markt, der insgesamt rückläufig ist. Und es wurde auch schon darüber spekuliert, ob es die Vorwerk Teppichwerke selbst noch langfristig geben wird.
Alexander Christian Holl: Die Norddeutsche Teppichfabrik hat zuletzt 24 Mio. EUR umgesetzt - davon 60 % über den Großhandel. Wir gehen fest davon aus, dass wir diesen Umsatz halten beziehungsweise erhöhen können.
Wir haben 75 ehemalige, hochqualifizierte Mitarbeiter der Norddeutschen bei der Nordpfeil GmbH neu eingestellt, wobei allein sieben aus dem Innendienst der Teppichfabrik jetzt in bewährter Form die Kundenkontakte halten. Mehr als die 75 konnten es aufgrund der zuletzt abgesetzten Quadratmetermenge nicht sein. Vor allem in Produktion und Innendienst besteht ein sehr hohes Qualifikationsniveau, hinter dem die Organisationsabläufe stark zurückfallen. Dieses Know how füllt im Kern die Marke Nordpfeil mit Leben und steht für Qualitätsarbeit und Verlässlichkeit.
Schulte: Und zu dem zweiten Punkt sage ich nur eines: Diese Akquisition von Nordpfeil zeigt doch ganz deutlich, dass wir zukunftsfähig sind und der Markt mit Vorwerk planen kann. Die Vorwerk-Gesellschafter wären diesen Schritt nicht mitgegangen, wenn sie keine Zukunft sehen würden in der Teppichbodenbranche.
BTH Heimtex: Was haben Sie denn genau gekauft bzw. übernommen?
Holl: Wir haben nicht die Norddeutsche Teppichfabrik übernommen. Die wird vom Insolvenzverwalter sukzessive abgewickelt.
Wir haben die neue Nordpfeil GmbH gegründet und in diese alle Wirtschaftsgüter und das Kapital integriert. Die Gesellschaft hat jetzt die Markenrechte inne und produziert mit den 21 Tuftingmaschinen und fünf Webstühlen. Da Vorwerk nicht in Steine investiert, haben wir das Gelände und die Betriebshallen erst einmal für drei Jahre gemietet.
BTH Heimtex: Wieso haben Sie die Produktion nicht komplett nach Hameln verlagert?
Schulte: Das hätte grundsätzlich nahegelegen. In unserem Fall hätte das aber nicht funktioniert. Wir sind an unserem Standort in Hameln personell ausgelastet und haben auch keinen Platz für die Tufting-Anlagen.
BTH Heimtex: Sie haben auch vier Jacquard-Webstühle gekauft. Wo laufen die in Zukunft?
Holl: Alle vier verlagern wir nach Hameln. Dort konzentrieren wir die Weberei. Das ist ein wichtiger Bestandteil des Konzeptes, das den Gläubigerausschuss überzeugt hat.
BTH Heimtex: In welchem Zustand sind die Tufting-Maschinen, auf denen Sie in Geesthacht produzieren?
Schulte: Die Standard-Anlagen sind vom Altersdurchschnitt vergleichbar mit unserer Ausstattung in Hameln. Ein großer Teil der Investitionssumme für den Neustart wird neben der EDV in Effizienzsteigerung und Prozessoptimierung innerhalb der Produktion gesteckt. Wo früher zwei Mitarbeiter eine Anlage bedient hatten, werden in Zukunft vier Maschinen von einer Person bedient und überwacht.
BTH Heimtex: Das ist eine große Umstellung für die Belegschaft.
Holl: Das stimmt. Aber die Nordpfeil-Leute in der Produktion sind gut und breit ausgebildet. Sie haben großes Engagement gezeigt bis zum letzten Tag der Norddeutschen Teppichfabrik. Dafür hat sich Herr Schulte auf der Betriebsversammlung auch bedankt und gesagt, dass das nicht selbstverständlich ist in so einer schwierigen Situation. Auch ich ziehe meinen Hut vor dieser hohen Loyalität. Das werten wir als starkes Signal an alle Nordpfeil-Kunden.
BTH Heimtex: Findet ein Austausch bei den Produkten statt?
Schulte: Definitiv. Mittelfristig sollen beide Marken von der Produktkompetenz der jeweils anderen profitieren über ein produktionstechnisch optimiertes Baukasten-System. Gleichzeitig werden wir die Positionierungen von Nordpfeil und Vorwerk schärfen. Sie werden keine Konkurrenten, sondern sich perfekt ergänzen. Vorwerk bleibt auf Premium-Ebene, Nordpfeil auf der wertigen Ebene mit einem attraktiven Sortiment für den Großhandel. Damit haben wir dann zusammen mit der Lizenzmarke Schöner Wohnen drei Marken am Markt.
BTH Heimtex: Und wie sieht es im Vertrieb aus?
Schulte: Wir werden zwei Außendienst-Teams haben. Wir sind gerade dabei, eine fünfköpfige Nordpfeil-Mannschaft mit neuen, jungen Leuten aufzubauen, die nicht von der Norddeutschen Teppichfabrik kommen, aber bereits Vertriebserfahrung im Teppichbodenhandel vorweisen können. Vorwerk-Gesamtvertriebsleiter Jörg-Michael Kogelfranz wird in Deutschland sowohl das Vorwerk- als auch das Nordpfeil-Außendienstteam führen, um eine optimale Betreuung unserer Kunden sicherstellen zu können.
BTH Heimtex: Werden wir Vorwerk und Nordpfeil in Zukunft auf den Branchenmessen sehen?
Schulte: So wird es sein - mit zwei Ständen, sicherlich in räumlicher Nähe, beispielsweise auf der Domotex.
Nordpfeil Daten und Fakten
Nordpfeil GmbHKuhlmannstraße 11
31785 Hameln
Vertrieb & Produktion:
Düneberger Straße 70
21502 Geesthacht
Tel.: 04152 / 8 06-0
Fax: 04152 / 8 06-327
info@nordpfeil.net
www.nordpfeil.net
Geschäftsführung: Johannes Schulte, Alexander Christian Holl
Vertriebsleiter: Jörg-Michael Kogelfranz
Gründungsjahr: 2014
Markenname: Nordpfeil
Muttergesellschaft: Vorwerk & Co. Teppichwerke
Umsatz 2013 (Norddeutsche Teppichfabrik): 24 Mio. EUR
Mitarbeiter: 75
-davon im Innendienst: 7
-davon im Außendienst: 5
Produkte: Gewebte und getuftete Teppichböden sowie -fliesen
Vertriebswege: Großhandel (60 %), Objekt (25 %), Einzelhandel (15 %)
aus
BTH Heimtex 05/14
(Wirtschaft)