Altenpflege 2014: Eine Messe der konkreten Projekte
Es hätte etwas mehr sein können
Für Produkte und Konzepte für das Boomsegment Altenpflege ist die gleichnamige Messe alljährlich die wichtigste Leistungsschau. Um so erstaunlicher, dass sowohl die Besucherzahlen zurückgehen als auch Aussteller aus unserer Branche eher spärlich auf der europäischen Leitmesse vertreten sind. Aber die, die da waren, zeigten sich zufrieden. Es hätten zwar mehr Kontakte sein können. Aber die Gespräche waren hochwertig und drehten sich um konkrete Projekte.Die Gruppe der älteren und pflege- sowie betreuungsbedürftigen Deutschen wächst dem Statistischen Bundesamt zufolge in den kommenden 15 Jahren um rund 60 % (über 80-Jährige) bzw. 24 % (Altersklasse 65-79 Jahre). Laut der Pflegestatistik 2011 bewirkt dieser Anstieg, dass zwischen 2011 und 2030 mehr als 4.000 Pflegeheime mit durchschnittlich 80 Plätzen in Betrieb genommen werden müssen, um allein alle zu erwartenden stationären Pflegefälle aufnehmen zu können.
Angesichts dieses wachsenden Bedarfs sollte man vermuten, dass die Altenpflege als europäische Leitmesse der Branche kontinuierlich mehr Aussteller und ein größeres Publikum anzieht. Das Gegenteil ist der Fall: Zur 25. Auflage kamen mit 28.500 Besuchern 2.500 (-8,3 %) weniger nach Hannover als vor zwei Jahren. Auch wenn die Veranstalter den Streik im öffentlichen Nahverkehr an zwei von drei Messetagen dafür verantwortlich machen, ist die rückläufige Tendenz dennoch deutlich. Denn auch die Süd-Ausgabe, die in ungeraden Jahren in Nürnberg stattfindet, ist im Laufe der Jahre schwächer geworden.
In diesem Jahr in Hannover präsentierten 590 Aussteller Trends und Innovationen aus dem stationären und ambulanten Pflegebereich. Das Angebot umfasste unter anderem Therapie, Pflege, Einrichtung, Küche und Hauswirtschaft sowie Aus- und Weiterbildung. Zu den Höhepunkten gehörten die Fachkongresse für Pflegekräfte und Manager, die Sonderschau "Aveneo - Raum für Innovation". Auch die Themenwelt "Freiraum", die sich mit der Gestaltung von öffentlichen Außenanlagen im Zeichen des demografischen Wandels beschäftigte, sowie das Karriere-Center, in dem 200 offene Stellen angeboten wurden, waren Besuchermagnete.
Design und Funktion müssen verbunden werdenFür Anbieter von Bodenbelägen und Heimtextilien ist die Teilnahme an der Altenpflege wegen des gewaltigen Marktvolumens interessant. Und weil die Entscheidungsstrukturen im Segment Healthcare heterogen und unübersichtlich sind. So hat es der Vertrieb bei Bau- oder Renovierungsvorhaben mit Heim- und Krankenhausleitungen zu tun, mit Entscheidern in den Zentralen größerer Gruppen, Pflege- und Stationsleitungen, Facility-Managern, Architekten, Einrichtern und Betreibern einzelner Praxen. Und nicht zu vergessen die vielen "Beeinflusser", wie Timo Jahnen sie nennt. Damit meint der Geschäftsführer von Altro Deutschland auch die Kranken- und Altenpfleger/-innen, die tagtäglich etwa auf den Bodenbelägen arbeiten - und von denen viele auf der Messe waren. Auch sie beeinflussten am Ende die Wahl des Belags.
Um so überraschter zeigte sich Jahnen, dass er in Hannover nur auf vier weitere Anbieter von Bodenbelägen traf. Für seine Firma war die Teilnahme eine Premiere. Die fugenlosen Sicherheits- und Wandbeläge von Altro eignen sich für alle Nassbereiche wie beispielsweise Küchen und Duschen sowie OP- und OP-vorbereitende Bereiche.
Am Schluss zog Jahnen - wie seine Wettbewerber - ein positives Fazit. Auch wenn sich alle etwas mehr Interessenten auf ihren Ständen gewünscht hätten, bleibe die Messe doch die wichtigste ihrer Art.
Deshalb war auch Project Floors wieder dabei, bereits zum achten Mal. Healthcare ist bei dem Designbelagsspezialisten das am stärksten wachsende Segment. LVT würden dort immer beliebter. Denn das Produkt bediene sowohl den wachsenden Wunsch nach einer optisch ansprechenden und wohnlichen Atmosphäre als auch die Erfordernisse hinsichtlich funktionaler Eigenschaften wie Rutschsicherheit und einfache Pflege. Seit einiger Zeit werben die Hürther mit ihrer Healthcare-Broschüre, die eine Vielzahl an Referenzen zeigt und die Kompetenz bei der Ausstattung von Praxen, Heimen und Pflegeeinrichtungen mit Kunststoffbodenbelägen beweist. In den Gesprächen am Stand sei es oftmals um konkrete Bauvorhaben gegangen, berichtete Marketingleiter Marco Knop.
Produktübergreifende KooperationenAuch für Forbo Flooring nimmt das Key Account-Geschäft Healthcare am stärksten zu. Bereits zum zweiten Mal stellten die Paderborner zusammen mit dem Farbenhersteller Caparol aus. Im Mittelpunkt stand dabei das produktübergreifende Farb- und Materialkonzept "Lebensräume". Das mehrfach prämierte Planungswerkzeug ermöglicht ganzheitliche Raumgestaltungen von Böden und Wänden für Altenpflegeeinrichtungen, die anregen, Orientierung geben und somit den Pflegealltag positiv beeinflussen sollen.
Das Konzept stoße auf immer mehr Interesse, berichteten Norbert Wurth, Forbo-Vertriebsleiter Objekt, und Andreas Gradinger, Caparol-Bereichsleiter Health Care Objektmanagement. Über die Zusammenarbeit eröffneten sich für beide Hersteller neue Kontakte und Vertriebssegmente. Wichtige Kunden werden sogar zusammen besucht. Außerdem stelle man die Lebensräume auch im Rahmen von "Zukunft gutes Wohnen" vor, einer Veranstaltungsreihe des Expertennetzwerkes Care Trialog.
Ebenfalls auf einem Gemeinschaftsstand präsentierten sich Vorwerk (Bodenbeläge), Architects Paper (Tapeten) und Fuggerhaus (Stoffe). Vorwerk bewirbt vor allem den neuen PVC-freien Bodenbelag Re/Cover green. "Wir bieten ihn jetzt als Bahnen- und Elementware an. Er ist zwar teurer als Linoleum und PVC, aber in der Nutzung besser und zudem günstiger als Kautschuk-Bodenbeläge", sagte Key Account-Manager Heinrich Winkler. Und der Belag ist einpflegefrei, was auch dazu beitrage, die Produktlebenszykluskosten zu verringern.
Windmöller Flooring fährt im Bereich Healthcare, der heute bis zu 40 % des Objektumsatzes des Unternehmens erwirtschaftet, zweigleisig, skizzierte Verkaufsleiter Objektvertrieb D/A/CH Franz-Josef Tienes. Neben den schnell verlegbaren Connect-Designbelägen, die sich besonders für Renovierungen unter Zeitdruck eignen, setzen die Augustdorfer mit ihrer Marke Wineo vor allem auf den neuen und schadstofffreien Bio-Polyurethanbodenbelag Purline, der als Bahnenware sowie im Planken- und Fliesenformat lieferbar ist. Purline hat laut Windmöller eine um 30 % günstigere Lebensdauerkostenanalyse (LDKA) im Vergleich zu anderen dauerelastischen Bodenbelägen und ist vielfach ausgezeichnet beispielsweise mit Green Guard Gold und dem Blauen Engel.
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BTH Heimtex 05/14
(Wirtschaft)