Matratzenverband
Strategiediskussion zur Messepolitik
Wiesbaden. Auf der Mitgliederversammlung des Fachverbandes Matratzen-Industrie standen in diesem Jahr keine Vorstandswahlen an. Wichtiges und intensiv diskutiertes Thema war in Wiesbaden die Verhandlungsstrategie des Verbandes gegenüber der Kölnmesse über das Konzept der imm Cologne 2015. Interessant auch die Vorstellung des ersten voll recyclingfähigen Matratzenbezugs.
Wie wird sich die Matratzenbranche auf der imm Cologne 2015 präsentieren? Diese wichtige Frage stand im Mittelpunkt der Jahrestagung des Matratzenverbandes in Wiesbaden. Denn die Konstellation der diesjährigen Möbelmesse in Köln wurde rückblickend von den Verbandsmitgliedern als durchaus gelungen bewertet. Die traditionelle Sleep-Halle 9 bekam im Januar die Halle 5.2 zur Seite gestellt, um alle Firmen der Matratzenbranche auf der Messe unterzubringen, die auf der Weltleitmesse der Möbelbranche ausstellen wollten. Dank der starken Aussteller-Magnete Recticel und Tempur hatte die zusätzliche Halle trotz der etwas gewöhnungsbedürftigen Anbindung zur Halle 9 nicht unter Frequenzproblemen zu leiden.
Wenn die Verbandsmitglieder bei der Kölnmesse einen Wunsch frei hätten, würden sie darum bitten, dass die Situation auch im kommenden Jahr so bleibt. Aber leider hat die alle zwei Jahre stattfindende Living Kitchen dem einen Riegel vorgeschoben, denn traditionell gehört die Halle 5.2 zur Ausstellungsfläche der Küchenhersteller, die ältere Rechte geltend machen können.
Bereits im Januar auf der Messe hatte sich die Matratzenbranche mit dem Verband an der Spitze Gedanken darüber gemacht, wie man den Gordischen Knoten im kommenden Jahr am besten lösen könnte: Denn eines war schon zu der Zeit zu erwarten und ist nach Ablauf der ersten Frühbucher-Phase Realität: Die Anmeldungen für die Halle 9 übertreffen für 2015 erneut deutlich die vorhandene Ausstellungsfläche. Um dieses für die Messe erfreuliche Problem zu lösen, bietet die Kölnmesse laut Verbandsgeschäftsführer Dr. Ulrich Leifeld für das nächste Jahr die Halle 5.1 an. Allerdings nur die eine Hälfte davon. Die andere Hälfte möchten die Kölner den Schlafmöbel-Anbietern im Premium-Bereich einräumen. Sie haben in den letzten Jahren erlebt, wie vergleichsweise gut die Besucherfrequenz in der Matratzen-Halle war und wollen daran gerne teilhaben.
Leifeld erläuterte seinen Mitgliedern die Offerte der Kölnmesse, die unter gewissen Einschränkungen seitens der Messe gilt. Aussteller, die künftig nicht jedes Jahr ausstellen möchten, haben in den folgenden Jahren keinen Anspruch auf die ursprüngliche Standfläche, sondern müssen sich mit dem bescheiden, was die Messe dann übrig hat: weggegangen, Platz vergangen. Um sich dennoch seinen angestammten Platz zu sichern, räumt die Messe den Ausstellern die Möglichkeit einer sogenannten Tandemlösung ein: Zwei Unternehmen teilen sich jährlich alternierend eine Messefläche. Sollten sich aus dieser Lösung Uneinigkeiten der beteiligten Firmen ergeben, hält sich die Messe allerdings heraus und gibt stets dem letztmaligen Aussteller bei der erneuten Vergabe der Fläche das Prä.
Etwas näher zusammenrückenIn einer sehr offenen und doch sachlichen Diskussion kristallisierte sich die klare Tendenz heraus, dass die Halle 9 weiterhin die Halle für die Verbandsmitglieder sein sollte. Einige Teilnehmer plädierten aus diesem Grund dafür zu überlegen, ob die Verbandsfirmen tatsächlich bei der nächsten Messe wieder die gleiche Ausstellungsfläche benötigen würden wie in diesem Jahr. Dann könnte man etwas näher zusammenrücken und weiteren Verbandsunternehmen die Teilnahme in Halle 9 ermöglichen. Tatsächlich erklärte daraufhin der eine oder andere seine Bereitschaft, im Interesse der Verbandskollegen, wenn möglich, auf einige Quadratmeter verzichten zu wollen. Wieder andere bekunden durchaus Sympathie für eine Messeteilnahme im Zweijahresrhythmus und könnten sich für eine Tandem-Lösung erwärmen. Fazit der Diskussion: Eine Lösung, um alle angemeldeten Unternehmen auf der Möbelmesse unterzubringen, erscheint durchaus machbar.
Wie definiert sich ein Kaltschaum?Winfried Weber von Hülsta, Leiter des Fachausschusses Technik, berichtete über laufende und eventuell neue Projekte. So steht bei der Untersuchung über den Einfluss von Volumenentnahme aus einer PUR-Matratze auf die Gebrauchseigenschaften im Wesentlichen nur noch der Abschlussbericht aus. Ein weiteres spannendes Projekt ist die Entwicklung eines Zonenmessgerätes, mit dem die Wirkung von Zonierungen einer Matratze objektiv gemessen werden kann. Außerdem machte Weber auf ein Thema aufmerksam, das mit steigender Marktverbreitung an Bedeutung gewinnen wird: die Frage, was ist tatsächlich ein Boxspring-Bett, welche Komponenten gehören zwingend dazu? Auf dem Markt werden so genannte Boxspring-Betten angeboten, die von der Konstruktion her nicht unbedingt dem Idealtypus entsprechen, weil sie beispielsweise in der Box gar keine Federn enthalten oder lediglich eine Unterfederung aus Schaum. Und überraschenderweise besteht auch Definitionsbedarf darüber, was ein Kaltschaum ist oder ein Gelschaum. Hier erwarte man von der Matratzenbranche und ihrem Verband Antworten, so Weber. Daher müsse man proaktiv tätig werden, bevor andere die Initiative ergreifen. Die Mitglieder waren sich einig, diesem Anspruch gemeinsam mit dem Verband gerecht zu werden.
Ralf Werner von der EuroComfort-Gruppe leitet den Marketing-Ausschuss des Verbandes. Er bekräftigte in seinem Bericht, dass für den Ausschuss die empfohlene Nutzungsdauer einer Matratze zwischen sieben und zehn Jahren weiterhin ein wichtiges Thema sei. Außerdem betonte er, dass das Vorhandensein von Gütesiegeln an einer Matratze für den Endverbraucher im Verkauf keinesfalls das Probeliegen ersetzen könne. Mit Blick auf das kommende Jahr, wolle man das dann zehnjährige Bestehen des Verbandes in seiner gegenwärtigen Struktur dazu nutzen, die Öffentlichkeitsarbeit zu stärken, um so die Bedeutung des Verbandes für die Gesamtbranche zu verdeutlichen.
Matratzen-Recycling in der ErprobungsphaseUlrich Leifeld gab den Mitgliedern einen kurzen Überblick zur Fortentwicklung des Recycling-Projektes, das vor einem Jahr initiiert wurde. Inzwischen hat der Verband sich in einem sechmonatigen Pilotprojekt für die Zusammenarbeit mit vier Recyclingbetrieben im Raum Nordrhein-Westfalen/Niedersachsen entschieden. Dabei geht es um spezielle Herausforderungen bei der Sammlung, Zerlegung und Verwertung von Altmatratzen und Unterfederungen. Als problematisch hat sich die häufige Anlieferung verschmutzter Matratzen erwiesen. Außerdem bereitet, wie im Vorfeld bereits erwartet, die mangelnde Material-Homogenität der angelieferten Matratzen beim Recycling Schwierigkeiten. Besonders beliebt sind wegen ihrer einfachen Konstruktion Bonnell-Matratzen, weniger Taschenfederkern-Matratzen. Ganz zu schweigen von Boxspring-Betten, die erst jetzt an Marktbedeutung gewinnen und entsprechend erst in zehn und mehr Jahren ins Recycling gegeben werden. Nach Ende der Pilotphase wird der externe Projektkoordinator die erfassten Daten auswerten. Danach sollen die gemachten Erfahrung in der Presse kommuniziert werden.
Darüber hinaus informierte Leifeld die Verbandsmitglieder von dem Hintergrund einer dreistelligen Millionenstrafe, die das Kartellamt gegenüber Schaum-Lieferanten ausgesprochen hat, über Möglichkeiten von Schadenersatzforderungen seitens der Matratzen-Hersteller. Schließlich liegt der Verdacht nahe, dass diese Unternehmen für die bezogenen Schäume einen zu hohen Preis zahlen mussten. Der Knackpunkt: Um einen Schaden geltend machen zu können, muss man ihn auch beziffern und beweisen können. Hilfreich ist beispielsweise ein beleghafter Nachweis der Schaumeinkäufe ab Oktober 2005 und zum Vergleich eine Sammlung von Daten aus der Zeit vor diesem Zeitpunkt. Grundsätzlich ist die Beweissituation schwierig, aber es gibt laut Leifeld Anwaltskanzleien, die auf solche Streitsachen spezialisiert sind. Um das Kostenrisiko zu minimieren, können Unternehmen die entstandenen Schäden bei einer Kanzlei gemeinsam geltend machen. Oder man tritt die Forderungen an spezialisierte Anbieter ab, die ihrerseits die Forderungen gerichtlich geltend machen und das Prozessrisiko übernehmen. Erfahrungsgemäß muss man dafür mit einem Abschlag von 30 bis 35 Prozent der errechneten Schadensumme rechnen.
aus
Haustex 05/14
(Wirtschaft)