Välinge und Photocat: Neue Bodenbeschichtung frisst Luftschadstoffe
Mit dem Fußboden die Raumluft verbessern
Die schwedische Entwicklungsschmiede Välinge und das dänische Unternehmen Photocat aus Roskilde haben eine Bodenbeschichtung auf den Markt gebracht, mit der sich Raumluft und Wohngesundheit verbessern lassen. ACTiO2 heißt das Verfahren, das unter Lichteinwirkung in der Raumluft befindliche Schadstoffe abbaut.
Die Idee ist nicht neu. 2006 auf der Domotex war Microban ein großes Thema. Classen und die Meisterwerke haben mit diesem antibakteriellen Stoff die Oberflächen von Laminatböden beschichtet. Später startete Parador mit seiner Diamond-Pro-Oberfläche einen ähnlichen Versuch. Und der Laminatbodenverband EPLF sagt noch heute in seiner Broschüre Lebens-träume mit Laminatböden: "Wer ganz sicher gehen möchte, kann sogar einen Laminatboden mit antibakterieller Oberfläche wählen. Er verfügt über eine spezielle Nutzschicht, die Bakterien und Keimen keine Chance lässt. Insbesondere für Küchen die ideale Lösung!"
Durchgesetzt haben sich diese Angebote nicht. Jetzt hält Välinge die Zeit für reif, einen neuen Anlauf zur Verbesserung der Raumluft zu starten. Durch ihre weltweiten Klick-Lizenzen haben die Schweden Kontakt zu allen maßgeblichen Fußbodenherstellern. Diesen Türöffner will Produktmanagerin Laetitia Kimblad nutzen und gleichzeitig Handel und Verbraucher von der neuen Formel ACTiO überzeugen. Partner ist das dänische Unternehmen Photocat. Von dort kommt das eigentliche Produkt. Titaniumdioxid (TiO) heißt der Wirkstoff, ein häufig genutztes weißes Mineral, das unter anderem in Zahnpasta und Sonnencreme Verwendung findet. Es ist in der Lage, unter Licht einen fotokatalytischen Prozess in Gang zu setzen, der in der Luft befindliche Schadstoffe (VOCs) abbaut. Alle organischen Verbindungen - Gerüche, Rauch von Zigaretten oder Kamin, Formaldehyd, ja sogar Bakterien und winzige Pilze - werden bei Berührung mit der Topschicht des Bodens in ihre Bestandteile aufgespalten. Was bleibt sind unbedeutende Reste von Kohlendioxid und Wasser.
Die chemischen Grundlagen dieser Technologie stammen aus Japan und sind seit den 70er Jahren bekannt. Eingesetzt werden sie schon lange in Fliesen, Beton und auf Hauswänden, wo sie einen selbstreinigenden Effekt haben. Jetzt kann Titaniumdioxid auch auf die Oberflächen von Holz-, Laminat-, Nadura- und elastischen Böden aufgetragen werden. Allerdings nur werksseitig, eine nachträgliche Baustellenbeschichtung gibt es nicht. Der Wirkstoff wird im industriellen Prozess als Topschicht nach der Lackierung aufgetragen, denn später braucht er direkten Kontakt mit der Raumluft. Eine Härtung durch UV- und Infrarot-Strahlung.
Was an ACTiO im Vergleich zu Vorgängerstoffen besser sein soll, erklärt Matthias Mikkelsen, Vizepräsident Verkauf und Marketing bei Photocat: "Erstens haben wir ein transparentes Material, das den Glanzgrad der Beschichtung kaum verändert. Zweitens werden die Schadstoffe nicht nur bei Einwirkung von Sonnenlicht, sondern bereits im Zusammenspiel mit der Innenraumbeleuchtung abgebaut." Mit anderen Worten: Der Katalysator Titaniumdioxid braucht weniger Licht, um seine Wirkung zu entfalten. Tests nach EN 717-1 haben bei Formaldehyd einen Abbau bis zu 98 % und bei Bakterien nach ISO 27447:2009 eine Reduzierung über 99,6 % ergeben. Darüber hinaus hilft ACTiO der Sauberkeit. Bei der (nebel)feuchten Reinigung, heißt es, breiten sich die wenigen Wassertropfen stärker aus, kriechen unter den Schmutz und lösen ihn besser von der Bodenfläche.
Hersteller, die an der Technologie teilhaben möchten, müssen in die Lizenzgebühr, das aufzutragende Material und die Abschreibungen für das Zusatzaggregat in der Lackstraße investieren. Der Produktionsprozess, heißt es, wird nicht verlangsamt. Zielgruppe im Verkauf ist eine gesundheitsbewusste Käuferschicht, die bereit ist, für solch nutzbringenden Boden 10-15 % mehr auszugeben. Ein klares Produkt für den Fachhandel also. Einen Hersteller gibt es schon. Der kanadische Parkettproduzent Lauzon vermarktet die Oberfläche unter dem Namen Pure Genius und bringt ein anschauliches Beispiel für die Wirksamkeit: Entsprechend der verlegten Bodenfläche kann errechnet werden, wie viel Bäume im Haus wachsen müssten, um den gleichen luftreinigenden Effekt zu erzielen.
Und wie dauerhaft funktioniert das System? "So lange die obere Schicht des Fußbodens nicht abgelaufen ist", sagt Matthias Mikkelsen. "In Reaktion mit den Schadstoffen verbraucht sich das Titaniumdioxid nicht. Weil der Mensch außerdem bestimmte Laufwege bevorzugt, sind bis zu 90 % einer Fußbodenbeschichtung über einen langen Zeitraum so intakt, dass ACTiO aktiv bleibt. Lauzon gibt eine Garantie von 30-35 Jahren."
aus
Parkett Magazin 04/14
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