IHD Dresden: Natürliche Gerbstoffe im Holz – nützlich, aber auch problematisch

Farbreaktionen und ihre Ursachen


Wie hoch ist der Gehalt von Gerbsäure im Holz und mit welcher Methode lässt sich dieser bestimmen? Welchen Einfluss übt der verschleppte Holzinhaltsstoff auf Farbe sowie chemische, physikalische und mechanische Eigenschaften des Bodenbelags aus? Und: Ist Gerbsäure gesundheitlich unbedenklich? Mit Hilfe von Dr. Mario Beyer und Karsten Aehlig vom Institut für Holztechnologie Dresden (IHD) beantwortet das ParkettMagazin aktuelle Fragen für das bodenlegende Handwerk.

Gerbstoffe, auch als Tannine bezeichnet, sind chemische Verbindungen, die in der Lage sind, die Proteinketten in tierischen Häuten zu vernetzen. Durch diese Behandlung erhalten die Häute eine höhere Festigkeit und geringere Lichtdurchlässigkeit und können als Leder weiterverarbeitet werden. Da dieser Prozess als Gerben bezeichnet wird, erhielten die darin aktiven chemischen Verbindungen die Bezeichnung Gerbstoffe. Heutzutage werden zur Gerbung neben den natürlichen auch synthetische Gerbstoffe eingesetzt. Die natürlichen Gerbstoffe sind ein Obergriff für mehrere Stoffgruppen. Man unterscheidet hydrolysierbare Gerbstoffe, die sogenannten Gallotannine, und kondensierte Gerbstoffe, zum Beispiel Pyrocatechine. Grundbausteine der Gallotannine sind unter anderem die Gallus- und Elagsäure und bei den Pyrocatechinen Polyhydroxyverbindungen wie das Catechin.

Die natürlichen Gerbstoffe kommen in bestimmten Hölzern, Rinden, im Tee, Wein oder in Meeresalgen vor. In der Literatur finden sich nur für sehr wenige Holzarten Angaben zu deren Gerbstoffgehalt. Die Substanz in der Stiel- und Traubeneiche wird für das Kernholz mit 4 bis 16 % sowie für Splintholz zwischen 1 und 4 % angegeben. Die Edelkastanie enthält im Kernholz 7 bis 16 % an Gerbstoffen. Dagegen ist die amerikanische Roteiche mit Gehalten von 0,8 bis 2,4 % als gerbstoffarm anzusehen. Für Tropenhölzer sind den Holzchemie-Experten keine entsprechenden Daten bekannt. Die Verteilung der Gerbstoffe im Holz ist nicht homogen. Mikroskopische Aufnahmen zeigen, dass die für die Farbgebung verantwortlichen Gerbstoffe sich in den Holzstrahlen und dem Längsparenchym befinden.

Dr. Beyer: "Tannin ist nach dem Globally Harmonised System zur Gefahreneinstufung von Substanzen kein gefährlicher Stoff. Jedoch sind allergische Hautreaktionen nicht auszuschließen." Die Einstufung des Holzstaubes der Harthölzer Eiche und Buche als kanzerogen der Kategorie 1 nach der MAK- und BAT-Werteliste 2013, herausgegeben von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), beruht nicht auf dem Gerbstoffgehalt im Holz. Die Eiche enthält Gerbstoffe, wogegen die Buche praktisch gerbstofffrei ist. Erforderliche Arbeitsschutzmaßnahmen beim Bearbeiten der Harthölzer, das mit der Entstehung von Holzstaub verbunden ist, ergeben sich aus der TRGS 553 (08/2008).

Für holzeigene Gerbstoffe sind chemische Reaktionen bekannt, die technisch zur "Veredelung" geeigneter Hölzer genutzt werden. Allerdings können diese Reaktionen auch Qualitätsprobleme oder Schäden verursachen. Als erstes soll die Reaktion der Gerbstoffe mit Eisenverbindungen betrachtet werden: Gerbstoffe reagieren mit Eisen-II-Salzen in Gegenwart von Luftsauerstoff zu einer intensiven blauschwarzen Komplexverbindung. Inwieweit auch andere Metallionen mit Gerbstoffen farbige Komplexe bilden, ist nicht bekannt. Seit dem Mittelalter wird blauschwarze Galltinte aus dem Extrakt gerbstoffreicher Pflanzen hergestellt, wie zum Beispiel aus Galläpfeln von Eichen, dem Eisen-II-Sulfat (Eisenvitriol) zugesetzt wird. Diese Reaktion wurde auch zum "chemischen" Färben einheimischer Hölzer genutzt, wie Buche, Esche, Birke oder Linde, die Gerbstoffe nur in sehr geringer Konzentration enthalten. Ein entsprechendes Färbeverfahren für Furniere wurde in den 80er-Jahren im damaligen WTZ Holz Dresden, aus dem das IHD Dresden entstanden ist, entwickelt und realisiert. Ebenso kann diese Eisen-Gerbstoff-Reaktion zu Qualitätsproblemen oder Schäden führen. Bei einem Eichenholzparkett mit blauschwarzen lokalen Verfärbungen auf der Oberfläche wurde nachgewiesen, dass in der verfärbten Oberflächenschicht eine um den Faktor 10 höhere Konzentration an Eisen enthalten ist. Karsten Aehlig: "Auf die Parkettoberfläche sind Wassertropfen gelangt, die Eisenionen in einer Konzentration enthielten, die erheblich über denen des Trinkwassers lag."

Analoge Verfärbungen können auch bei der Herstellung von Furnieren aus gerbstoffhaltigen Hölzern sowie bei der Trocknung von Eichenholz auftreten. Im Prozessverlauf kann es zu Kondensation von Wasser auf eisenhaltigen Metallteilen kommen, wobei Eisenverbindungen herausgelöst werden. Gelangt dann eisenhaltiges Wasser auf das Eichenholz, kommt es zu der beschriebenen Verfärbung. Wird unzureichend getrocknetes Eichenholz im Außenbereich sichtbar verbaut, kann es durch Austreten von Holzfeuchtigkeit, in der Anteile der gut wasserlöslichen Gerbstoffe enthalten sind, in Verbindung mit eisenhaltigen Verbindungselementen (Schrauben, Nägel, Klammern) zur Bildung einer blauschwarzen Flüssigkeit kommen, die dann zu deutlichen Verfärbungen oder Fleckenbildung auf Fassaden oder Dämmstoffen führt.

Für die Herstellung braunschwarz durchgefärbter Furniere und Massivhölzer wird die Reaktion der Gerbstoffe mit Luftsauerstoff in alkalischer Umgebung genutzt. Die alkalische Umgebung wird in der Regel mit Ammoniakgas oder Ammoniumhydroxidlösung realisiert. Unter diesen Bedingungen werden die Gerbstoffe soweit oxidiert, dass ein dunkelbrauner bis schwarzer Farbstoff entsteht. Dieses Verfahren, auch als Räuchern bezeichnet, ist eine althergebrachte Methode. Dabei wird insbesondere das Holz der Trauben- und Stieleiche mit Ammoniak, gasförmig oder als Lösung, über Tage oder Wochen solange behandelt, bis sich die Oberfläche dunkel bis schwarz gefärbt hat oder der gesamte Holzquerschnitt einheitlich durchgefärbt ist. Mit diesem Verfahren lassen sich gegenwärtig 25 bis 30 mm dicke Eichenhölzer durchfärben. Aehlig: "Ein Nachteil dieser Technologie besteht darin, dass ein gewisser Anteil an Ammoniak im Holz verbleibt und dass durch dessen Einwirkung Essigsäure aus Holzbestandteilen freigesetzt wird. Durch die Reaktion von Ammoniak und Essigsäure entsteht unter bestimmten Bedingungen Acetamid in geringen Mengen, eine Verbindung, die Augen- und Hautreizungen hervorrufen kann." Der im Holz verbliebene Ammoniak kann in Abhängigkeit von der Konzentration bzw. der Möglichkeit auszugasen, farbliche Veränderungen bei nebenstehenden unbehandelten Möbelprodukten aus Eichenholz hervorrufen.

Eine Prüfmethode zur Abschätzung, inwieweit der Restammoniakgehalt unbehandeltes Eichenholz farblich verändern kann, kommt von Andreas Rapp, Professor für Holztechnik an der Universität Hannover. Er schlägt vor, geräucherte und nicht geräucherte Eichenhölzer, die mit den Stirnseiten einander gegenüber liegen, bei erhöhter Temperatur in einer geschlossenen Kammer zu lagern. Im Falle von Ausgasungen verfärbt sich das nicht geräucherte Holz von der Stirnseite her.

Eine einfache Methode, um zu prüfen, ob ein Holz Gerbsäuren enthält, besteht darin, auf dessen Oberfläche mit einem Pinsel eine geringe Menge einer Eisensalzlösung, beispielsweise Eisen-II-Sulfat, aufzutragen oder auf die angefeuchtete Oberfläche einen eisernen Gegenstand - kein Edelstahl - zu legen. "Wenn die Holzprobe Gerbsäure enthält, wird sie sich an den betroffenen Stellen nach der Abtrocknung dunkelblau-schwarz verfärben", so Dr. Beyer. Enthalten Hölzer nur sehr geringe Mengen an Gerbstoffen, dann würde man eine graugrüne Färbung erhalten. "Dieser Test ist anzuraten, wenn Hölzer verarbeitet werden, von denen keine Angaben zum Gerbstoffgehalt verfügbar sind", empfiehlt der Chemie-Ressortleiter am IHD.
aus Parkett Magazin 04/14 (Wirtschaft)