Marburger Tapetenfabrik: Interview mit Dieter Buhmann und Ulf Schmidt

"Wir sind immer auf der Suche nach Alleinstellung"


Mit der dritten Edition "Walls" ihrer Objektschiene Marburg Architecture spricht die Marburger Taptenfabrik gezielt Architekten und Inneneinrichter an, die in der Hotel- und Gastronomie-Planung tätig sind. Geschäftsführer Dieter Buhmann und Objektleiter Marburg Architecture Ulf Schmidt bezeichneten im Gespräch mit BTH-Heimtex-Chefredakteur Michael Steinert und Redakteurin Cornelia Küsel das Objektgeschäft als ein Aushängeschild des Unternehmens - "gerade wenn man wie wir sehr designorientiert arbeitet". Um den individuellen Geschmack der Zielgruppe zu treffen, setzt Marburg auf herkömmlich im Siebdruck Verfahren hergestellte Tapeten, die digital bedruckt werden. Die Nachfrage nach den innovativen Produkten werde steigen, ist man sicher. Mit diesen Wandbelägen habe sich Marburg ein Alleinstellungsmerkmal erarbeitet.

BTH Heimtex: Marburg will das Objektgeschäft forcieren. Was macht dieses Segment für Marburg so attraktiv?

Dieter Buhmann: Wenn man wie wir sehr designorientiert arbeitet, ist das Objektgeschäft das Aushängeschild des Unternehmens. Es wirkt als Multiplikator. Damit lassen sich nicht nur große Volumina generieren, im Objekt wird vor allem Spitzenware eingesetzt. Deshalb dürfen wir dieses Geschäft nicht vernachlässigen.

BTH Heimtex: Welchen Anteil hat das Objektgeschäft am Gesamtumsatz?

Buhmann: Das lässt sich leider nicht genau feststellen. Wir wissen zwar, was an Projekten angefragt wird, aber die Umsätze laufen zu einem riesigen Teil über Großhandel und Handwerk.

BTH Heimtex: Im September erscheint die dritte Walls Edition von Marburg Architecture in überarbeiteter Form. Was ist - außer der Tapetenauswahl - neu daran?

Ulf Schmidt: 2005 erschien die erste Wall Edition mit architektengerechten Tapeten, 2010 die zweite. In der aktualisierten dritten Edition bieten wir den Architekten einige neue anspruchsvolle Wandbeläge für das Objekt, die sich besonders für den Bereich Hotellerie und Gastronomie eignen.
Das System mit seinen aus einem Ordner herausnehmbaren Themen-Klappkarten hat sich bei Architekten bewährt. Die Präsentation wird durch hochwertige Fotos unterstützt. Dazu gibt es einen kostenlosen Musterservice sowie alle Detailinformationen über Produkt- und Verarbeitungseigenschaften.

Buhmann: Wir betrachten uns als designorientierten Anbieter. Dieses Prinzip aus dem Handelsgeschäft haben wir auf das Objektgeschäft übertragen. Schließlich arbeiten wir mit so bekannten Designern wie Zaha Hadid, Ulf Moritz und Colani zusammen. Diese Stärke kommunizieren wir auch gegenüber den Architekten.

BTH Heimtex: Erwartet der Architekt denn eher die Design-Linie oder legt er vor allem auch technische Raffinessen Wert?

Schmidt: Bei uns ist es eine reine Design-Linie. Wir versuchen Tapete auch dort einzusetzen, wo der Innenarchitekt sich eigentlich eine weiße Wand vorstellt. Damit schaffen wir es, Highlights zu setzen und den Architekten die Möglichkeit zu geben, individuelle Projekte zu schaffen. Im ersten Schritt nicht mit Digitaldrucken, sondern mit Siebdruckware und großformatigen Motiven wie die aus der Kollektion des Pop-Art-Künstlers Werner Berges. Die verkaufen wir immer noch, obwohl sie längst ausgelaufen ist.

BTH Heimtex: Mit welchem Designer macht Marburg die höchsten Umsätze?

Buhmann: Bei Allzeitumsätzen ist Ulf Moritz die Nummer eins, er ist ja auch seit 1999 dabei. Zur Heimtextil im kommenden Jahr entwirft er eine weitere Kollektion. Aktuell führt Colani die Umsatz-Hitliste an, gefolgt von Glööckler und Ulf Moritz. Aber auch die Kollektionen von Zaha Hadid und Zeitlberger haben ihre Anhänger. Neu auf dem Markt ist die Kollektion von Karim Rashid.

BTH Heimtex: Was ist an dessen Entwürfen das Besondere?

Schmidt: Die neue, im Objektmaß gestaltete Rashid-Kollektion zeigt großformatige Dessins mit durchdachtem Farbspiel. Einerseits ist sie plakativ und farbfrisch, andererseits ruhig dessiniert. Die Karte bietet überraschend innovative Gestaltungsmöglichkeiten. Ein Beispiel ist ihre an Prismeneffekte erinnernde Schwarz-Gold-Struktur. Sie ist aktuell und zeitlos.

BTH Heimtex: Sie wollen mit Ihrer Objekt-Edition speziell Architekten und Innenausstatter ansprechen, die im Segment Hotellerie und Gastronomie tätig sind. Haben Sie den Markt gründlich analysiert, um Ihre Zielgruppe gezielt ansprechen zu können?

Buhmann: Ja. Dabei haben wir festgestellt, dass es ungefähr 4.000 Hotels der Kategorien 3-, 4-, 5- und 5-Sterne-plus in Deutschland gibt. Darunter sind etwa 500 Luxushotels. In diesen Häusern ab 4 Sterne aufwärts wird fast nur Tapete eingesetzt. Die 3-Sterne-Hotels entscheiden sich dagegen eher für Raufaser, Glasgewebe oder unsere überstreichbare Patent Decor.
Der Markt der Luxus-Hotels ist also für Tapete ein sehr interessanter. Deshalb werden wir versuchen, über die rund 70 Hotelplanungsgesellschaften in Deutschland an die Ausschreibungen heranzukommen. Wir sind ganz zuversichtlich, denn von Architektenseite haben wir gehört, dass die Tapete bei den Planern wieder im Kommen ist.

BTH Heimtex: Welche Produkte wünschen sich Architekten und Inneneinrichter?

Schmidt: Man muss nach Schwerpunkten unterscheiden. Bewegt sich der Innenarchitekt im privaten Wohnungsbau, im öffentlichen Bereich oder in der Hotellerie und Gastronomie? Der letztgenannte Bereich ist uns am liebsten.

Dem in der Hotel- und Gastronomie-Planung tätigen Innenarchitekten bieten wir hochwertige und außergewöhnliche Tapetendesigns an, mit denen er kleine Restaurants und schöne Lounges individuell ausstatten und sich damit identifizieren kann. Als designorientiertem Hersteller geht es uns nicht um die Menge. Für große Flächen sind andere Produktionsprozesse nötig. Aber bei aller Fokussierung auf das individuelle Design dürfen wir nicht vergessen, dass der Innenarchitekt ein ganzheitliches Konzept umsetzt. Erst kommt die Beleuchtung, dann Mobiliar und Boden und erst zum Schluss die Wandgestaltung.

BTH Heimtex: Woran liegt es, dass bei der Planung der Boden noch vor der Wand rangiert?

Schmidt: Die Branche und der Markenauftritt sind stärker. Und die Hersteller können ihr Sortiment über den Handel besser in Szene setzen. Das ist für unsere Objektabteilung schwieriger. Denn um im Handel präsent zu sein, müsste dieser zusätzlich zu den Themenkollektionen auch unsere individuellen Produkte wie die Digitaldrucke ordern.

Unsere Objektabteilung lebt von den hochwertigen Design-Ideen aus dem Hause Marburg. Letztlich drucken wir nur die Datei. Hinzu kommt, dass Digitaldruck als glattes Material qualitativ anders zu bewerten ist als die Tapete. Denn beim Digitaldruck muss der Untergrund gespachtelt sein. Das ist eine Investition, die der Bauherr tragen muss.

BTH Heimtex: Welche Vorteile bietet der Digitaldruck?

Schmidt: Er hat eine Breite bis zu 2,50 m. Das ist eindeutig von Vorteil. So können Wandflächen wie die im Reisebüro Kuoni von 2,50 mal 11 m in einem Stück ohne Nähte und Stöße gedruckt und tapeziert werden. Die Materialien werden zudem geprüft, alle EU-Richtlinien, natürlich auch das neue Ü-Zeichen, werden von uns eingehalten. Der Bauherr hat Sicherheit in Bezug auf nachhaltige Qualität.

Buhmann: Wir bieten Möglichkeiten, die ein normaler Digitaldrucker nicht bieten kann. Dies zeigt sich in der Kollektion Tsavo von Colani. Das ist dicke Elefantenhaut, als Tapete produziert und digital bedruckt. Dazu braucht man schon die Originalware. Wer die nicht hat, kann solch ein bedrucktes Produkt nicht anbieten.

BTH Heimtex: Viele Wettbewerber arbeiten mit dem Digitaldrucktapeten-Hersteller Caspar zusammen. Wie sieht es bei Marburg aus?

Buhmann: Wir planen keine Zusammenarbeit. Caspar hat keine Tapeten als Druckträger.

Zudem haben wir eigene Druckmaschinen, in die wir viel Geld investiert haben. Mit der neuen Maschine, die gerade in Betrieb gegangen ist, haben wir jetzt vier große Digitaldrucker. Damit können wir nicht nur endlos drucken, sondern auch hochwertige, fertige Tapeten digital bedrucken, wie wir es bei den Kollektionen von Colani oder Glööckler gemacht haben. Über diese Kombination können wir uns ein Alleinstellungsmerkmal erarbeiten, das entsprechend kommuniziert werden muss.

Wir versuchen immer, anders zu sein als die anderen. Dabei setzen wir auf die Möglichkeiten des Digitaldrucks in Verbindung mit Siebdruck und auf den Megatrend Individualisierung. Jeder Architekt legt Wert darauf, dass man seine Handschrift erkennen kann. Da ist der Digitaldruck ein wichtiges Instrument. Für die Individualisierung und Akzentgebung wird er eine immer größere Rolle spielen. Darauf sind wir gut vorbereitet.

BTH Heimtex: Die Gastronomie und Hotellerie gilt ja als mutige Branche, was das Interieur angeht. Entsprechen Sie mit mit diesen innovativen Entwicklungen den Wünschen der Unternehmen?

Schmidt: Ja, denn der Trend geht eindeutig in Richtung designorientiertes Interieur in der Gast-Branche. Allerdings entwickelt sich die Nachfrage weg vom reinen Designhotel hin zum Landhausstil. Die Gäste wollen es individueller und gemütlicher haben.

BTH Heimtex: Das bedeutet, dass Sie sich auf Projekte der Privathotellerie konzentrieren?

Schmidt: Ja, schon deshalb, weil die meisten Ketten amerikanisch geführt werden und immer noch Wandbeläge wie in den 90er Jahren haben wollen, also schwere Träger aus Baumwollgewebe, die in ein Kleberbett eingelegt werden müssen. Wir weisen dann immer auf die viel leichter verarbeitbare Vliestapte hin, die bei anstehender Renovierung auch leicht zu entfernen ist.

Buhmann: Wenn diese Ketten ihre Ausschreibungen verändern würden, könnten sie viel Geld sparen. Die Verlegegeschwindigkeit bei Vliestapeten ist höher, der Klebstoff billiger und renovieren lässt sich viel schneller. Mit diesem ökonomischen Argument versuchen wir zu überzeugen. Aber soweit sind die Ketten noch nicht.

BTH Heimtex: Die Objektlinie von Marburg will die Kollektionen beim Architekten bekannt machen. Wo kann er sie denn beziehen?

Buhmann: In der Regel über den Handel.

BTH Heimtex: Welche Rolle spielt der Großhandel für Marburg?

Buhmann: Wenn man mal vom Objekt absieht, denn in diesem Bereich ist der Großhandel weniger aktiv, spielt er insgesamt für uns eine große Rolle. Er macht ungefähr 38 % unseres Inlandsumsatzes. Da er einen Anteil am Markt von 25 % hat, heißt das, dass wir sehr stark beim Großhandel präsent sind. Das hängt auch mit unserer Positionierung zusammen, mit den Vertriebs-Traditionen und damit, dass wir klipp und klar gesagt haben, keinen Online-Shop einzurichten. Wir wollen nicht der Konkurrent unserer Kunden werden.

BTH Heimtex: Wie werden sich die Tapetenumsätze in diesem Jahr entwickeln, die in Deutschland im vergangenen Jahr eine Delle erlitten haben?

Buhmann: Wir haben kein Minus eingefahren, auch in diesem Jahr werden wir ein kleines Plus erwirtschaften. Dadurch, dass viele Wettbewerber 2013 leichte Rückgänge hatten und wir ein leichtes Plus, haben wir unseren Marktanteil in Deutschland ausgebaut. Schwierigkeiten bereiten uns Russland und insbesondere die Ukraine. In China und Frankreich geht es wieder aufwärts und auch Amerika läuft ganz gut.


Marburger Tapetenfabrik | Daten und Fakten


Marburger Tapetenfabrik J.B. Schaefer GmbH & Co. KG
Bertram-Schaefer-Straße 11
35274 Kirchhain
Tel.: 06422 / 81-0
Fax: 06422 / 81-223
contact@marburg.com
www.marburg.com, www.marburg-architecture.com

Gründungsjahr: 1845
Geschäftsführender Gesellschafter: Ullrich Eitel
Geschäftsführer: Dieter Buhmann
Objektleiter Marburg Architecture: Ulf Schmidt

Mitarbeiter: ca. 375, davon 13 im Außendienst
Umsatz 2013: 93 Mio. EUR

Markennamen/-lizenzen:
-Zuhause Wohnen
-Laser
-Marburger Decke
-Patent Decor
-Suprofil
-Ulf Moritz
aus BTH Heimtex 07/14 (Wirtschaft)