ABK Cheftagung 2014

Zum Geburtstag ein Blickzurück nach vorn


Huizen/NL. Seit zehn Jahren besteht mit dem ABK ein starker Einkaufsverband für den Bettenfachhandel. Bei der diesjährigen Cheftagung waren die Zeichen thematisch einmal mehr in Richtung Zukunft gerichtet. Im niederländischen Huizen beschäftigten sich die Mitglieder aber nicht nur mit den Bausteinen des ABK Future Store, sondern nutzten die schönen Herbsttage auch für das gesellige Miteinander.

So eng sind Handel und Industrie noch nie an einem Ort zusammengerückt!" ABK-Geschäftsführer Thomas Fehr zeigte sich bei der Cheftagung zum zehnten Geburtstag des ABK in den umgebauten historischen Kalköfen am Hafen von Huizen stolz und entspannt zugleich. Hier, im "Nautisch Kwartier" in der Nähe von Amsterdam, waren mehr als 120 Mitglieder und Lieferanten zusammengekommen. Dabei war der Blick trotz des Jubiläums nicht in die Vergangenheit, sondern konsequent in die Zukunft gerichtet. Das Internet und der Future Store standen dabei im Mittelpunkt, aber auch die Frage nach der Endlichkeit unserer Ressourcen und der Nachhaltigkeit unseres derzeitigen Wirtschaftens.

Selbstverständlich kam auch der gesellige Teil bei der Cheftagung nicht zu kurz. Höhepunkt war die Fahrt mit der MS Hydrograaf über das Ijsselmeer nach Amsterdam, wo ein geführter Stadtrundgang bei schönstem Herbstwetter für Entspannung sorgte. Und auch für das leibliche Wohl war bei den Abendveranstaltungen bestens gesorgt.

Ganz ohne einen Rückblick auf die vergangenen zehn Jahre ging es bei der Tagung natürlich nicht. Hierfür hatten sich Fehr und sein ebenfalls anwesender Vorgänger Hans-Günter Schucht etwas Besonderes einfallen lassen: Im Stil einer Tagesschau präsentierten sie multimedial die Höhepunkte der Verbandsgeschichte, die am 12. Dezember 2003 mit der "Elefantenhochzeit" der damaligen Verbände Ambra und Bettenkreis begonnen hat.

Drei Jahre später fand in Rheda-Wiedenbrück die erste Hausmesse statt, aus der 2011 die erfolgreiche ABK Open in Halle wurde, die sich erstmals auch für Nichtmitglieder öffnete. "Bereits die erste Veranstaltung übertraf alle Erwartungen", resümierte Thomas Fehr in dem launigen Vortrag; er war Hans-Günter Schucht zum 1. Januar 2009 als Geschäftsführer gefolgt.

Und noch einen wichtigen Markstein konnten die beiden in ihrer aufwändigen Präsentation hervorheben: Am 28. Februar 2013 wurde in Gütersloh der ABK Future Store ins Leben gerufen. Und der macht seinem Namen mittlerweile alle Ehre. Bereits in Halle wurde im Rahmen der letzen ABK Open das neue Konzept der Schlafwelten vorgestellt, das Professor Alexander Doderer maßgeblich mitentwickelt hat (siehe auch ausführliche Vorstellung ab Seite 68). Er referierte in Huizen über den praktischen Einsatz der verschiedenen Bausteine und stellte seine Ausführungen unter die Frage: "Was ist mir meine Zukunft wert?"

Eine mögliche Antwort: 100 Euro im Monat. So viel könnte einer der nächsten Bausteine die Fachhändler kosten, der in Huizen unter dem Stichwort "verlängerte Ladentheke" vorgestellt wurde. Gemeint ist damit der Einsatz von Tablet-Computern im Beratungsgespräch, um dem Kunden bei Bedarf unkompliziert Daten, Zahlen und Fakten präsentieren zu können - ohne das Gespräch beispielsweise dadurch unterbrechen zu müssen, dass man einen Katalog holen und darin lange blättern muss. Denn der ist bereits ins Tablet integriert.

Mehr noch: "Wir wollen dem Handel die Chance geben, gemeinsam mit dem Kunden Produkte zu finden, die er sonst nicht im Laden hat - bis zur Bestellung" wie Thomas Fehr erklärte. Etwa eine Bettwäsche in einem Dessin, das nicht vorrätig ist, aber sofort bestellt werden könne. Passend dazu gibt es Produktempfehlungen, so dass das System beispielsweise gleich die komplementären Spannbettücher zur Bettwäsche vorschlägt. Alle relevanten Produktinformationen und Marketing-Unterlagen sind unmittelbar abrufbar, zudem kann der Händler mit wenigen Klicks den ausgewählten Warenkorb bestellen und dem Kunden auf Wunsch nach Hause schicken - oder die Ware im Geschäft abholen lassen.

Und noch eine wichtige Funktion soll das Gerät erhalten, die am Beispiel eines Boxspring-Bettes aus dem Programm der Eigenmarke Royal Dream erklärt wurde: den Konfigurator. Mit seiner Hilfe kann ein Bett von der Matratze bis zum Kopfteil oder den Füßen fotorealistisch dargestellt werden - in allen farblichen Variationen, aber auch mit unterschiedlichen Matratzenhöhen und den entsprechenden Proportionen oder vor unterschiedlichen farblichen Hintergründen, je nach Voraussetzungen des Kunden.

Im Kundengespräch kann die Beratung durch haptische Griffmuster abgerundet werden. Und auch sonst ist man sich beim Verband sicher, dass durch das Konfigurieren nach den persönlichen Vorstellungen des Kunden eine engere Bindung zum Verkäufer stattfinde und es schließlich zum Abschluss komme. Aber: "Für mich ist entscheidend, wie wir als Händler auf diese Möglichkeiten reagieren", betonte Geschäftsführer Fehr. "Schaffen wir es, dass die Verkäufer das Tablet als generisches Arbeitsmittel begreifen? Und schaffen wir es, dass es die Kunden überzeugt?"

Um dies herauszufinden, wird die neue Technik nun in mehreren ABK-Anschlusshäusern getestet. "Wir werden jetzt die Akzeptanz untersuchen und dann in die Weiterentwicklung gehen", so Fehr. Die Händler erhalten ein fertig konfiguriertes Tablet, mit dem sie ergänzend verkaufen können. "Das wird kein nach außen offener Onlineshop, sondern eine rein stationäre Auswahl beziehungsweise eine Ergänzung zu dem, was man im Laden hat", betonte Fehr.

Wenn Erprobung und Auswertung erfolgreich laufen, soll der Baustein allen ABK-Mitgliedern zur Verfügung stehen. Die müssen das Modell dann allerdings auch nutzen: Der Preis von 100 Euro monatlich inklusive ABK-TV könne nur "bei weitgehender Durchdringung der Mitglieder" gehalten werden, so Fehr. "Und auch die Industrie muss mitspielen." Ein wichtiger Punkt, denn bereits in der kurzen anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass weder Hersteller noch Handel ein Interesse daran haben, künftig verschiedene Systeme parallel entwicklen und einsetzen zu müssen. Eine Lösung aus einem Guss müsse das Ziel sein, so der Tenor.

"Wir sitzen alle in einem Bett", betonte denn auch Professor Doderer, "und wenn wir das nicht glauben, dann sitzen wir auch nicht darin." Er münzte dies allerdings auch in eine andere Richtung und lenkte den Blick raus aus den Läden und hinein in die Städte: "In vielen Innenstädten und Fußgängerzonen herrscht keine gute Aufenthaltsqualität", konstatierte Doderer und forderte die Händler auf, sich hier im eigenen Interesse zu engagieren: "Seien sie auch im Standortmarketing aktiv und machen sie Druck bei ihren Bürgermeistern", so Doderer. "Die Fußgängerzonen werden immer mehr von einem Belohnungssystem zu einem Bestrafungssystem."

Innerstädtische Marketingstrategien fehlten häufig, dabei gebe es derzeit einen Trend weg von der grünen Wiese zurück in die Städte. Doderer nannte das Beispiel Ikea mit seiner ersten Filiale in der Fußgängerzone in Hamburg-Altona. Diese Gegenbewegung will auch der Future Store nutzen und den stationären Handel perspektivisch stärken.

In einer 32-seitigen Broschüre, in der das eingangs erwähnte Konzept der Schlafwelten ausführlich vorgestellt wird und die zur Cheftagung erstmals ausgeteilt wurde, heißt es: "Stellen wir uns doch nur vor, mittelgroße und kleinere Städte würden im Zentrum veröden. Schon heute können wir banalisierte Stadtzentren erleben, die nicht mehr wirklich städtisches Leben zulassen." Der Future Store sei angetreten, dem Fachhandel gemeinsam mit den Herstellern Wege aufzuzeigen, die den Kunden für den stationären Handel begeistern. Denn: "Nur so kann die Zukunftsfähigkeit des Bettenfachhandels gewährleistet werden."
aus BTH Heimtex 10/14 (Wirtschaft)