100 Jahre Rössle & Wanner

Richtung Zukunft unterwegs


Mössingen. Mit einer eindrucksvollen Feier beging Rössle & Wanner seinen 100. Geburtstag. Der Mössinger Schlafsystemhersteller kehrte dafür an den Ort seiner Gründung zurück: nach Stuttgart, wo die Produktion im Kriegsjahr 1914 gestartet war. Gefeiert wurde im Kongresszentrum der Messe.

Mit dem Blick zurück wollte sich Geschäftsführer Manfred Greiner nicht aufhalten. Sein Motto: "Über die Zukunft kann man nicht nachdenken, sondern nur vordenken." Und so hatte sich Greiner mit dem Ulmer Informatik-Professor Franz Josef Radermacher einen hochkarätigen Festredner eingeladen, der sich für eine ökosoziale Marktwirtschaft einsetzt, die den Folgen der Globalisierung begegnet.

Ein Ansatz, der auch den Röwa-Chef umtreibt. Denn sein Unternehmen sieht sich mit seinen Schlafsystemen nicht allein gegenüber der Gesundheit und dem Wohlbefinden der Endkunden verpflichtet, sondern achtet auch in der Produktion auf höchstmögliche Umweltverträglichkeit. "Produkte zu schaffen heißt, bleibende Werte zu schaffen", lautet die Röwa-Philosophie.

Die komplette Entwicklung, Fertigung und Montage des Unternehmens findet am Standort Mössingen statt, am Fuße der schwäbischen Alb. Das Buchenholz für die Röwa-Produkte, das sich zur Geburtstagsfeier auch eindrucksvoll vor dem Stuttgarter Kongresszentrum stapelte, bezieht das Unternehmen ausschließlich aus den umliegenden Wäldern. Vom Holzkauf über die Verarbeitung im hauseigenen Sägewerk bis zum Endprodukt erreicht Röwa so eine hohe Fertigungstiefe, auf die man im Werk entsprechend stolz ist

Lange Erfolgsgeschichte


Seit 20 Jahren ist Mössingen alleiniger Produktionsstandort des Unternehmens, das Wert auf "made in Germany" legt. 1994 wurde dort der neue Firmenkomplex errichtet und drei Jahre später um das Sägewerk ergänzt. Begonnen hat indes alles rund 60 Kilometer weiter nördlich in Stuttgart: Es war das Jahr, in dem der Erste Weltkrieg begann, als dort 1914 die Stahlfeder Matratzenfabrik Rössle & Wanner gegründet wurde, benannt nach den beiden Besitzerfamilien. Zur Jubiläumsfeier hatte das Unternehmen in einer liebevoll zusammengestellten Ausstellung die Firmengeschichte nachgezeichnet, in der auch die Produkte und die Werbung aus den Anfangsjahren sowie die aktuellen Entwicklungen zu sehen waren.

Der Betrieb fertigte zunächst Stahlfedermatratzen, Federeinlagen, Schonerdecken und Auflegematratzen der Marke Schlummaria. Nach der Zerstörung des Werkes im Jahr 1944 wurde in Notquartieren weitergearbeitet, bevor Röwa zwei Jahre später ein neues Werk in Stuttgart-Vaihingen eröffnen konnte. In der Aufbauzeit der Fünfziger Jahre wuchs auch das Untertnehmen: 1957 kam ein weiteres, modernes Produktionsgebäude hinzu, Klappbetten, Liegen und Liegepolster gehörten nun zusätzlich zum Produktportfolio. 1975 zeichnete die Stiftung Warentest den Lattenrost Lattima mit "sehr gut" aus, Röwa wurde deutschlandweit erfolgreich.

Das ist das Unternehmen bis heute, was nicht zuletzt der erneute erste Platz im Haustex-Kundenbarometer unter Beweis stellt (siehe Seite xx). Manfred Greiner will sich auf solchen Lorbeeren nicht ausruhen. "Wir können nur in der Gegenwart daran arbeiten, unsere Zukunft positiv zu gestalten", sagte er in Stuttgart. "Dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es uns in hundert Jahren immer noch gibt."

Wertschätzung für die Belegschaft


Dass Röwa in die Zukunft denkt, stellte Greiner auch am Geburtstagsabend seines Unternehmens unter Beweis. Im vergangenen Jahr wurde mit der patentierten Technologie "Free Elec Plus" ein Funksystem für motorisch verstellbare Lattenroste mit 0,0 Standby-Strom gestartet. Außerdem stellte Röwa 2013 sein Bettenprogramm "Unicata" vor, das mit seiner modularen Bauweise einem Fahrzeugchassis ähnelt: Ein "Boxframe" ist die tragende Einheit sämtlicher am Bett befestigter Applikationen. Und so überraschte es nicht, dass Greiner in Stuttgart beides miteinander verband und am Abend mit einem rollenden Bett durch den Festsaal sauste - ein Schlafwagen der besonderen Art, der den Firmenslogan "Faszination Bett" auf witzige Weise unterstreichen konnte.

"Wir konzentrieren uns darauf, neue Werkstoffe zu entwickeln, um genügend flexibel zu sein", erklärte Greiner auf der Feier, und dieses "Wir" ließ sich gleich zu Beginn eindrucksvoll betrachten: Die gesamte Röwa-Belegschaft, die der Geschäftsführer nicht als Mit-, sondern als "Zusammenarbeiter" bezeichnete, zog geschlossen in den Saal ein und wurde von den übrigen Gästen mit lang anhaltendem Applaus begrüßt - eine schöne Geste der Wertschätzung für die rund 140 Männer und Frauen. Auch die Tochter einer ehemaligen, heute 96 Jahre alten Mitarbeiterin war gekommen, deren Mutter dem alten Arbeitgeber immer noch verbunden ist und die fast das gleiche Alter hat wie das Unternehmen. Ebenso war Greiners Vorgänger Hermann Glaser unter den Gästen, zu denen außerdem Lieferanten, Verbandsvertreter und zahlreiche Bettenfachhändler gehörten.

Wohlstand durch Innovation


Sie alle waren nicht nur zum Feiern gekommen, wenngleich Manfred Greiner gleich zu Beginn motivierte: "Schädigen Sie die Schwaben!" Zusätzlich gab ihnen Festredner Professor Radermacher sehr viel Nachdenkenswertes auf den Weg. Er widmete sich in seinem anspruchsvollen Vortrag der Industrie 4.0 und den Herausforderungen der Nachhaltigkeit in einer globalisierten Welt. "Drei Milliarden Menschen leben heute von weniger als zwei Dollar pro Tag", erklärte Radermacher. Diese Zahl werde sich in den kommenden 40 Jahren verdoppeln. "Wenn es uns gelingt, die Menschen durch Innovation in Wohlstand zu bringen, dann haben wir Business ohne Ende."

Gleichzeitig gehe damit ein großes Problem einher: "Bisher wurden durch Innovationen unglaubliche Maschinen geschaffen, die nur von Menschen koordiniert werden konnten", so Radermacher. Künftig jedoch werde der Faktor Mensch hier immer unbedeutender. "In den reichen Ländern wird es ein immer größeres Thema, wie die Menschen am Wirtschaftseinkommen partizipieren können, wenn es immer weniger Jobs gibt."

Außerdem stelle sich die Frage nach der Endlichkeit von Ressourcen und der Abwendung der Klimakatastrophe, wenn immer mehr Menschen die Erde bevölkerten. Radermacher: "Wir müssen Innovationen fördern, mit deren Hilfe in Zukunft 10 Milliarden Menschen in Wohlstand leben können, ohne Wertschöpfung aus Plünderung zu betreiben." Ein möglicher Weg aus Sicht des Professors: Ein weltweites Aufforstungsprogramm auf degradierten, also ökologisch zerstörten Böden. "Das betrifft weltweit eine Fläche, die vom Atlantik bis zum Ural reicht", so Radermacher.

Bäume als nachwachsender Roh- und umweltschonender Werkstoff: Damit war auch wieder die Brücke zu Röwa geschlagen. "Es gibt heute sehr viele aufgeklärte Verbraucher", so Radermacher. Gebraucht würden ebenso viele kluge Unternehmer. Manfred Greiner durfte sich da durchaus angesprochen fühlen, der auch künftig auf Buchenholz als zentral wichtigen Werkstoff setzt: "Es lässt sich mit geringem Energieeinsatz gewinnen und nach kurzem Transportweg vielseitig verarbeiten."

Für den Röwa Chef ist das Thema Nachhaltigkeit ohnehin weit mehr als ein Trend, nämlich die zentrale Zukunftsfrage nicht nur seines Unternehmens. "Wir Schwaben sind nicht so trendig", betonte er in Stuttgart. "Wir werden auch künftig nicht jeder Mode hinterherlaufen, sondern unsere langfristige, nachhaltige Strategie beibehalten."
aus Haustex 11/14 (Wirtschaft)