Gipfeltreffen der Branchenvorsitzenden Estrich – Parkett – Belag

Verbände intensivieren gewerkeübergreifende Zusammenarbeit

In den Handwerksverbänden sind mit Peter Fendt (Zentralverband Parkett und Fußboden-technik) und Simon Thanner (Bundesfachgruppe Estrich und Belag im ZDB) zwei neue Vorsitzende angetreten, um eine Verzahnung zwischen den Gewerken am Boden weiter zu intensivieren. Am Rande des BEB-Sachverständigentreffens lud FussbodenTechnik beide zusammen mit Heinz Schmitt (BEB), Michael Ruhland (Bundesfachschule Estrich und Belag) und Edgar Leonhardt (Geschäftsführer BEB und ZVPF) für ein Interview zu einem wohl einmaligen Gipfeltreffen der Verbände ein.

Bereits seit einigen Jahren sind der Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik (ZVPF) und der Bundesverband Estrich und Belag (BEB) unter einem Dach in Troisdorf beheimatet. Der heutige ZVPF-Bundesinnungsmeister Peter Fendt ist zugleich auch BEB-Vorstandsmitglied. Auf der Ebene der BEB-Arbeitskreise besteht heute bereits eine enge Verzahnung zwischen den BEB- und ZVPF-Experten der Branche. Zuletzt dokumentierte sich dies erneut durch die gemeinsame Herausgabe des BEB-Arbeits- und Hinweisblattes zum Thema der Fertigteilestriche aus Holzwerkstoffen.

Zukünftig sollen solche Veröffentlichungen auch unter Beteiligung der Bundesfachgruppe Estrich und Belag im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) erarbeitet und veröffentlicht werden. Garant für diese engere Zusammenarbeit wird sicherlich der neue Bundesfachgruppenleiter Simon Thanner sein, der auch zugleich Obmann des BEB-Arbeitskreises Sachverständige ist.
Die gute und enge Kooperation mit der Bundesfachschule Estrich und Belag (BFS), dessen Vorsitzender Michael Ruhland ist, wurde seitens der Vorsitzenden der bauausführenden Verbände bekräftigt. Insbesondere die Förderung der Aus- und Weiterbildung in der Branche ist ein Hauptanliegen der Vorsitzenden.

Gerade angesichts der zunehmend drückenden Probleme in der Branche sieht der BEB-Vorsitzende Heinz Schmitt den weiteren engen Schulterschluss der Interessenvertretungen des Bodenbaus als sehr wichtig an. Mit Blick auf die positive Dynamik des Kompetenzzentrums des Bodenbaus in Troisdorf hält es BEB- und ZVPF-Geschäftsführer Edgar Leonhardt für unerlässlich, seitens der Verbände eine zukunftsfähige dienstleistungsorientierte Plattform für die Branche weiterzuentwickeln.

FussbodenTechnik: Zwei wichtige Verbände in der Bodenbranche haben 2014 einen neuen Vorsitzenden gewählt: Peter Fendt als Bundesinnungsmeister und Simon Thanner als Fachgruppenleiter Estrich und Belag im ZDB. Was wird sich dadurch in der Bodenbranche verändern?

Peter Fendt: Wir haben die Hoffnung, dass unsere gewerkeübergreifende Zusammenarbeit zum Wohle der Mitglieder intensiviert werden kann.

FT: Die Idee der gewerkeübergreifenden Zusammenarbeit gibt es schon länger. Was bedeutet das konkret?

Fendt: Gewerkeübergreifende Zusammenarbeit bedeutet, dass man quasi mit einer Zunge spricht. Im Wesentlichen vertreten wir doch die gleiche Klientel, weil es sehr viele Mischbetriebe in unseren Verbänden gibt. Niemand versteht, warum ein im BEB organisierter Parkettleger eine CM-Messung anders durchführt als ein Kollege, der dem ZVPF angeschlossen ist. Es ist unsere originäre Aufgabe, den Mitgliedern das Rüstzeug an die Hand zu geben, um Missverständnisse auf der Baustelle auszuräumen.

FT: Sie wollen erneut das Thema Estrichfeuchtemessung aufgreifen?

Fendt: Wir haben das Thema bereits wieder aufgegriffen, das ist natürlich unser Top-Thema für 2015. Wir sind auf einem guten Weg, sodass alle beteiligten Verbände die gemeinsame Regelung mittragen können.

Simon Thanner: Wir müssen schauen, dass wir eine anerkannte Regel der Technik zum Thema Estrichfeuchtemessung bekommen und nicht drei verschiedene. Das brauchen Handwerker, Sachverständige und genauso Richter.

Heinz Schmitt: Ich bin froh, dass wir das Thema jetzt richtig anpacken können. Mit Peter Fendt und Simon Thanner haben wir eine gute Gesprächsbasis. Wenn man gemeinsam etwas erreichen will, muss man auch miteinander klar kommen. Wir wollen zum Wohle der Verbände handeln. Das ist in der Vergangenheit nicht immer gelungen. Die CM-Messung ist ein solches Beispiel, das wir gerne korrigieren wollen.

Wir repräsentieren die gesamte Fußbodenbranche. Wenn wir nicht in der Lage sind, eine einheitliche Fachmeinung zu schaffen, dann müssen wir uns in ein paar Jahren daran messen lassen.

FT: Ich möchte gerne von jedem der vier Verbände wissen, was die wichtigsten Themen 2015 sind.

Michael Ruhland: Die Bundesfachschule hat sich als Ziel gesetzt, mehr in der Ausbildung zu unternehmen. Wir wollen weitere Seminare anbieten. Natürlich brauchen auch wir klare Vorgaben, egal in welcher Ausbildungsphase wir sind. Wenn wir unterschiedliche Inhalte vermitteln, gäbe es ein Chaos. Wir haben die Fortbildung zum Fachbauleiter Fußbodentechnik in die Bundesfachschule aufgenommen und wollen die Ausbildungsinhalte stärker koordinieren.

FT: Den Fachbauleiter Fußbodentechnik gab es ja vorher schon. Ändert sich mehr als der Veranstaltungsort (jetzt Weimar)?

Ruhland: Neben dem neuen Lehrgangsort werden die Lehrgangsinhalte aktualisiert. Es stimmt, der Kurs ist nicht neu, aber er wird noch stärker an die Bedürfnisse angepasst. Wir schauen, welche Bodenbeläge und Techniken es gibt. Auch dafür brauchen wir gemeinsame Werte als Basis. Bei unterschiedlichen Meinungen zu einem Thema ist es schwierig, das zu vermitteln.

FT: Was sind beim Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik die wichtigsten Themen im Jahr 2015?

Fendt: Wir haben mehrrere Themen: Das ist einmal das Procedere zur CM-Messung. Zweite Aufgabe ist die Kommentierung zur DIN 18365 Bodenbelagsarbeiten. Es existieren derzeit zwei Kommentare. Einer ist der Verbände-Kommentar des BEB (der im Verlag von FussbodenTechnik erscheint, d. Redaktion) und der persönliche Kommentar von Kille, Strehle und Kaulen. Es ist der gemeinsame Wunsch vom ZVPF und BEB, dass man für die Branche einen gemeinsamen Kommentar schafft.

FT: Weil sich die Kommentare widersprechen?

Fendt: Sie sind unterschiedlich, in kleinen Teilen sind auch Widersprüche enthalten. Es ist dem Fachunternehmer nicht vermittelbar, warum es zwei Kommentierungen gibt. Wir wollen uns mit dem Arbeitskreis Bodenbeläge, aber auch mit den Raumausstattern und Malern zusammensetzen, wie man das Thema in Zukunft regeln kann. Es ist für den Unternehmer draußen wichtig, dass es einen gemeinsamen Kommentar gibt.

Wir wollen uns außerdem für das Thema Ausbildung engagieren. Die Problematik ist, dass wir nicht mehr geeignete Lehrlinge bekommen. Darum müssen wir unsere Berufsbilder stärker bekannt machen. Wir haben mit der Initiative "Das ist Bodenhandwerk" eine gute Plattform gefunden. Ein weiteres Aufgabenfeld ist die Modifizierung der Prüfung zum Sachverständigen. Wir werden einen Leitfaden entwickeln, damit Kandidaten wissen, worauf sie sich einstellen müssen. Themen haben wir also genug.

FT: Es gibt einen neuen Tarifvertrag für die Beschäftigten im Parkettlegerhandwerk und Bodenlegergewerbe. Was sieht der Abschluss vor?

Leonhardt: Wir haben es, vielleicht als erste im Handwerk, geschafft, mit der IG Metall einen bundeseinheitlichen Tarif festzulegen. Ab 1. April 2015 gibt es einen Gehaltssprung im Westen von 4,3 %, im Osten von über 13 %. Zum 1. Januar 2016 steigt die Stundenvergütung um 2,6 %, ebenso zum 1. Januar 2017. Die Arbeitszeit verkürzt sich ab 2016 von 40 auf 39 Stunden, ein Jahr später auf dann 38,5 Stunden.

FT: Herr Thanner, haben Sie sich als frisch gewählter Fachgruppenleiter Estrich und Belag im ZDB schon einen ersten Eindruck verschaffen können?

Simon Thanner: Ich bin dabei, mich einzuarbeiten. Aktuell ist die Bundesausbildungsrahmenverordnung an die Mitglieder verteilt worden. Im Landesverband Bayern wollen wir eine Umfrage unter den Mitgliedern durchführen, ob alle Details noch auf dem aktuellen Stand sind. Das Ganze machen wir vor dem Hintergrund, dass wir im Estrichlegerhandwerk keine Lehrlinge und auch in der Folge keine Meisterschüler mehr haben. Wir sammeln derzeit Meinungen.

FT: Tauschen Sie sich mit dem Fachgruppen-Geschäftsführer Michael Heide aus?

Thanner: Ja, wir stehen im engen Kontakt. Für ihn hat ebenfalls das Thema Ausbildung Priorität. Außerdem wird gerade die VOB Teil C Estricharbeiten von meinem Vorgänger Bertram Abert überarbeitet. Wir müssen intern klären, ob er dafür weiter zur Verfügung stehen will. Ich kann als positiven Ersteindruck sagen, dass wir mit dem aktuellen Vorstand der Bundesfachgruppe einen regen Austausch per E-Mail haben. Das funktioniert hervorragend.

FT: Gibt es schon Pläne, wie die Zusammenarbeit zwischen BEB und ZDB künftig aussehen wird?

Leonhardt: Es gibt eine Verflechtung zwischen Bundesverband und Bundesfachgruppe, die auf einer neuen Vereinbarung beruht. Das bezieht sich auf Veröffentlichungen von Arbeits- und Hinweisblättern, die wir herausgeben. Das ist ein Novum, dass Simon Thanner und Heinz Schmitt jetzt beleben müssen. Wir wollen damit die technischen Informationen auf eine breitere Ebene stellen.

Simon Thanner setzt sich in der Bundesfachgruppe nicht als Einzelkämpfer ein, sondern wir haben eine Verzahnung zwischen den beiden Verbänden. Rüdiger Ade, Manfred König und Jörg Stengel gehören der Bundesfachgruppe an und sind gleichzeitig auch Vorstandsmitglieder im BEB. Michael Schlag ist der Stellvertreter von Simon Thanner in der Bundesfachgruppe und außerdem Obmann im BEB-Arbeitskreis Design-Estrich.

Historisch gesehen steht man tatsächlich an der Stunde Null. In den 1990er-Jahren hat es Peter Fendt senior und Alfred Chini gegeben, die versucht haben, die Verbände zusammenzuführen. Im nächsten Jahrzehnt gab es Hans Uwo Freese, Heinz Schmitt und Joachim Barth, die es geschafft haben, die Verbände unter einem Dach in Troisdorf zu etablieren. Entweder schafft es die Branche jetzt zur Stunde Null, in den Verbänden enger zusammenzukommen oder sie werden mit den negativen Konsequenzen leben müssen.

Wir haben in den Innungen 3 bis 4 % Mitgliedsabgänge im Jahr. Man muss sich schnellstmöglich überlegen, wie man es schafft, die Innungsverbände für die nächsten 10 bis 15 Jahren überlebensfähig aufzustellen. Es geht um eine aktuelle Struktur in der Zukunft.

FT: Wie könnte eine neue Struktur aussehen. Könnte man die relativ große Zahl der Innungen straffen, oder geht dann die regionale Identifikation verloren?

Fendt: Die Innungen zu straffen, ist der richtige Weg. Es ist relativ einfach möglich, das zeigt das Beispiel Bayern. Die Konditoren-Innungen haben es uns vor zehn Jahren vorgemacht. Die hatten nach der Strukturänderung 20 % Mitgliederschwund, haben aber die Zahl der Mitglieder wieder aufgeholt. Die Kammern befürworten das, weil sie auch die Problematik der kleinen Innungen mit schwindenden Mitgliederzahlen sehen. Wir waren in Bayern eigentlich schon soweit, es zu machen. Mittlerweile gibt es aber wieder persönliche Befindlichkeiten. Das ist aus meiner Sicht ein Fehler.

Man könnte es so gestalten, dass die Bezirke erhalten bleiben. Dann gibt es nicht mehr fünf Obermeister, sondern nur noch einen Landesinnungsmeister, aber die Versorgung ist gewährleistet. Man muss dabei in erster Linie an die Mitglieder denken. Man könnte fünf Geschäftsstellen auf eine reduzieren und hätte keine Reibungsverluste. Der einzige Verlust wäre, dass man in der örtlichen Handwerkskammer nicht mehr vertreten ist.

FT: Wäre eine Versorgung mit weniger Innungen möglich?

Fendt: Wir haben drei Innungen mit nur 35 Mitgliedern. Letztendlich brauchen wir aber schlagkräftige Einheiten. Mir ist es wichtig, dass alle die gleiche Versorgung erhalten. Wir sind in der Innung Oberbayern gut aufgestellt. Wir bieten Möglichkeiten, dass man seinen Innungsbeitrag wieder herausbekommt. Es scheitert bei der Straffung der Innungen nicht an handwerksrechtlichen Vorschriften, sondern an persönlichen Befindlichkeiten und Animositäten.

FT: Herr Fendt, Stärke kann man auch an anderer Stelle zeigen: Beim BEB-Sachverständigentreffen kommen 270 Teilnehmer, es gibt aber auch den Deutschen Sachverständigentag vom ZVPF mit 150 Teilnehmern. Wenn Sie die Veranstaltungen beide zusammenlegen, haben Sie ein Mega-Event, so etwas wie ein Fußboden-Symposium. Wäre das nicht eine Idee?

Fendt: Das wäre zukunftsweisend. Man müsste schauen, ob man in der Größenordnung noch ein Hotel bekommt. Wir denken in vielen Bereichen darüber nach, ob wir etwas zusammen machen. Vereinzelt müssen wir noch Hemmschwellen abbauen. Ich denke, jede Veranstaltung hat so ein bisschen ihr eigenes Themenspektrum und seinen Hintergrund. Für mich ist in erster Linie wichtig, dass man sich austauscht. Irgendwann wachsen diese Dinge auch zusammen.

FT: Herr Schmitt, ich hatte Sie noch gar nicht gefragt, was die wichtigsten Themen für den BEB 2015 sind.

Schmitt: Ein gemeinsames Ziel ist natürlich, das leidige Thema CM-Messung vom Tisch zu bekommen. Es gibt vom Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik einen Arbeitskreis, der hochkarätig besetzt ist, der das Thema aufgearbeitet hat. Das ist ein sehr kurzfristiges Thema, das ich noch bis Mai erledigt haben möchte, bevor ich wie angekündigt nach zwei Legislaturperioden zurücktreten werde. Ich bin nicht nur Mitglied im BEB, sondern in zahlreichen Verbänden. Insofern kann ich gar nicht nur die Interessen eines Verbandes vertreten.

Unter meinem Vorsitz beim Bundesverband fand das Zusammenziehen von ZVPF und BEB unter ein Dach statt.

Es hat mindestens vier neue Arbeitskreise gegeben, die wichtig waren für den Schnittstellenbereich Fliese und Parkett. Die Arbeits- und Hinweisblätter sind zu einer großen technischen Bedeutung geführt worden. Allerdings konnten die Ziele in der Bundesfachgruppe Estrich und Belag, wo ich stellvertretender Vorsitzender war, nicht umgesetzt werden. Zwischenzeitlich war ich auch aktiv dabei, die Bildung einer Berufsfamilie voranzutreiben, bin dann aber vom ZDB ausgebremst worden, weil man nach deren Meinung in der Ausbildung gut aufgestellt sei.

FT: Herr Thanner, bei den Estrichlegern sind die Ausbildungszahlen seit zehn Jahren stark rückläufig. Da kann man auch nichts mehr schönreden.

Thanner: Die Probleme haben wir nicht nur im Estrichlegerhandwerk, es gibt sie beispielsweise auch bei den Maurern und Putzern. Früher haben Estrichleger 30 % mehr verdient als Maurer. Wenn wir Leute gesucht haben, haben wir uns gezielt Maurer oder Betonbauer gesucht, die schnell bei uns einsetzbar waren. Mittlerweile verdienen die Estrichleger weniger als die Maurer, aber der Job ist um einiges härter. Über das Geld bekommt man die Leute immer, aber leider sind unsere Preise immer konstant. Wir haben es nicht geschafft, die Beträge an die Gegebenheiten anzupassen. Darum können wir die Mitarbeiter auch nicht mehr so gut bezahlen.

Das Estrichlegerhandwerk ist ein spannendes Gewerk, gerade wenn es um das Verlegen von Designestrichen geht. Genau wie die Parkettleger ist man als Estrichleger am Ende des Tages befriedigt, was man Tolles geschaffen hat. Aber davon allein kann man keine Familie ernähren. Warum soll ein Jugendlicher eine Lehre in einem Beruf machen, wo er so gut wie keine finanzielle Perspektive hat?

Ruhland: Herr Thanner hat natürlich recht. Die Verdienstmöglichkeit ist ein ganz wesentlicher Aspekt. Aber wir müssen die Berufsbilder auch stärker in die Öffentlichkeit bringen, weil viele Leute sie gar nicht kennen. Wir sind da gerade in einer schlechten Phase, aber das gab es in anderen Gewerken auch. Auch beim Estrichleger gibt es Kunden, die Wert darauf legen, dass sie einen deutschen Mitarbeiter als Ansprechpartner vor Ort haben. Es gibt durchaus Nischen, die der Kunde honoriert. Das kann im Einzelfall auch mal ein paar Jahre dauern, bis sich das durchsetzt.

Thanner: Meine Erfahrung ist eine andere. Wir haben gerade Hochkonjunktur und trotzdem sind die Preise konstant. Bei einer normalen Branche steigt bei großer Nachfrage der Preis. Bei uns ist das nicht so. Es wäre wichtig, in der Meisterausbildung nicht den technischen, sondern den betriebswirtschaftlichen Teil zu betonen. Da wir keine Meister mehr haben, weiß keiner mehr, was eine Estrichpumpe oder ein Lkw kostet. Wenn sie nicht wissen, wie man betriebswirtschaftlich arbeitet, kann man keinen Betrieb führen.

FT: Viele Jugendliche kennen aber auch schlicht den Beruf des Estrichlegers nicht. Es gibt vom Zentralverband die Initiative www.das-ist-bodenhandwerk.de, die bundesweit Ausbildungsstellen vermittelt. Warum ist der Estrichleger nicht dabei?

Schmitt: Ich kann Ihnen sagen, warum der Estrichleger nicht dabei ist. "Das ist Bodenhandwerk" ist initiiert worden von der Industrie, und die haben den Estrichleger nicht auf dem Schirm.

FT: Kann man das so pauschal sagen? Man könnte es doch mal versuchen.

Fendt: Man kann es versuchen. Das war damals ein persönlicher Kontakt zu den Raumausstattern, aus der sich die Initiative ergab. Das hat sich relativ klein entwickelt. Die Industrie ist besser aufgesprungen als wir gedacht haben.

Ruhland: Vielleicht muss man auch einmal visionär denken: Warum soll es den Estrichleger, Parkettleger und Bodenleger in der Form geben? Warum kann man nicht mit einer kleineren Basis als Fußbodenbauer starten, der sich im Laufe der Ausbildung spezialisiert?

Fendt: Das ist sehr schwierig. Der Estrichleger ist im Gegensatz zu den anderen Gewerken in der Soka Bau (Sozialkassen der Bauwirtschaft) organisiert. Da sind ganz große Hürden zu überwinden.

Ruhland: Ich bin aber davon überzeugt, dass es keine Hürde gibt, die man nicht überwinden kann, wenn man nur will. Viele Dinge brauchen sicherlich ihre Zeit.

FT: Wie ist denn die Lehrlingsentwicklung in den benachbarten Berufen?

Leonhardt: Die Lehrlingsentwicklung ist nicht in allen Gewerken so negativ. Bei den Parkettlegern hatten wir in den vergangenen zehn Jahren einen Rückgang von 20 %. In der Estrichbranche ist die Entwicklung verschlafen worden. Dort gibt es jetzt noch 99 Lehrlinge. Im Jahr 2000 hatten wir noch mehr als 300 - also ein Rückgang von über 60 %. Beim Zentralverband des Deutschen Baugewerbes gibt es eine Image- und Nachwuchswerbung, da werden bevorzugt die großen Gruppen beispielsweise der Maurer und Stukkateure beworben und die Estrichleger eher vernachlässigt.

FT: Gibt es auch Möglichkeiten, die Innungen für den Nachwuchs attraktiver zu machen?

Fendt: Wir müssen das Angebot der Innungen natürlich attraktiv gestalten, aber das Problem ist, dass wir eine große Bandbreite von Betrieben befriedigen müssen. Dafür sind unsere Strukturen zu klein. Ich habe Kollegen, die sich ausschließlich aufs Parkettschleifen und Lackieren spezialisiert haben. Daneben gibt es große Betriebe, die das ganze Portfolio brauchen. In diesem Zusammenhang engagiert sich die Industrie für bestimmte Branchenteile gezielter.

FT: Die Industrie hat Gruppen gebildet für Bodenleger, Objekteure und Parkettleger. Ist das eine Konkurrenz für die Innungen?

Fendt: Ja, mit Sicherheit. Es ist schwer, junge Leute für die Innung zu begeistern, weil diese vielfach überaltert und unmodern sind. Manchmal haben sie auch das Image, dass man dort sehr viel streitet. Für die jungen Unternehmer ist es wichtig, den Beitrag wieder herauszubekommen. Um das darzustellen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Es wundert mich immer wieder, warum die Angebote der Industrie so stark angenommen werden.

Leonhardt: Die Industrie bietet ein junges dynamisches Event, das von gutem Marketing begleitet wird. Die Erarbeitung des technischen Grundlagenwissens für die Betriebe oder das zähe Ringen im Tarifrecht bleibt dem Verband überlassen. Die Show aber rückt nach vorne ins Schaufenster und begeistert.

FT: Was könnte Innungsmitgliedschaften attraktiver machen?

Fendt: Wir diskutieren ständig darüber. Wir müssen unseren Leistungskatalog immer wieder aktualisieren. Über Schnuppermitgliedschaften und Netzwerke gelingt es uns, neue Mitglieder zu werben. Dafür braucht man ein Netzwerk in die Industrie. Die Industrie kennt in Frage kommende Betriebe und kann den Kontakt herstellen. Auf diese Weise werden Hemmschwellen abgebaut. Es gibt junge Parkettleger, die sagen, mich hat noch nie jemand angesprochen. Das wollen wir gerne tun.

FT: Ich fand die Idee eines Zubehör-Herstellers gut, auf den Produkten für eine einjährige Probemitgliedschaft im Zentralverband zu werben.

Fendt: Das hat uns in Oberbayern vier neue Mitglieder gebracht. Bundesweit wahrscheinlich zwischen 20 und 30.

Leonhardt: In Oberbayern haben wir eine Elite-Innung. Die Innungs- und Verbandsstrukturen werden sich in 10 bis 20 Jahren ganz anders darstellen. Der BEB hat sich in den vergangenen Jahren zu einer Interessengemeinschaft Bodenbau entwickelt. Er hat damit nachvollzogen, was der Markt vorgegeben hat: Er hat sich weiter diversifiziert. Der BEB konnte über 15 Jahre seinen Mitgliederbestand konstant halten. Dabei sind mehr Mitglieder aus der Industrie und von den Sachverständigen gekommen, während die Zahl der bauausführenden Unternehmen sank - dies spiegelt auch die Marktsituation wieder.

Ähnlich schätze ich auch die Zukunft ein: Gute und kompetente Betriebe werden sich enger zusammenschließen. Man wird sich dienstleistungsorientierte Kompetenzzentren suchen, um dann daraus zu agieren.

FT: Herr Schmitt, machen Sie im Mai 2015 ernst und treten nach zwei Legislaturperioden nicht wieder an?

Schmitt: Ich habe immer gesagt, ich stehe für zwei Perioden zur Verfügung. Ich werde mich daran halten.

FT: Sie werden doch schon vorher Ihre Fühler ausstrecken und gucken, wer in Frage kommt.

Schmitt: Ich bin derzeit damit befasst, die Weichen für die zukünftige Kontinuität in dem Vorstand zu stellen. Ich bin dabei bestrebt, die Verzahnung zur Bundesfachschule und zur Bundesfachgruppe voranzutreiben, genauso wie es jetzt mit Peter Fendt zum Zentralverband besteht. Das ist mir ein persönliches Anliegen.
aus FussbodenTechnik 01/15 (Wirtschaft)