Oritop
Aktuelle Eigenproduktion mit Charakter
Als Großhändler liefert Oritop ein breites Spektrum an Knüpfteppichen und Flachgeweben. Aber die Österreicher bieten noch mehr: Eigenproduktionen, die traditionsreiche Muster mit aktuellen Tönen und den individuellen Interpretationen der Knüpfer und Weber kombinieren. Oritop-Kunden profitieren von langjährigen Erfahrungen im Knüpfland Afghanistan - und von umfangreichen Serviceleistungen.
Ich wusste ja gar nicht, was für tolle Teppiche es gibt", zitiert Oritop-Gründer Fritz Langauer seinen Nachbarn. Nach einem Gespräch darüber, "was man denn so beruflich mache", hatte Langauer ihm einen Oritop-Katalog überreicht und den gut situierten Hausbesitzer ins Staunen und Schwärmen versetzt: über kreative Knüpfungen, die sich lebhafte Ikat-Gewebe zum Vorbild nehmen. Über aparte Kelim-Patchworks in ungewöhnlichen Farben. Oder über Nachknüpfungen ägyptischer Mamluk-Teppiche aus dem 13. bis 15. Jahrhundert, die mit ihren filigran-geometrischen Medaillons und frischen Tönen perfekt ins Wohnambiente des 21. Jahrhunderts passen.
"Unser Ziel ist es, Teppiche mit dem gewissen Etwas anzubieten", erklärt Geschäftsführer und Schwiegersohn Christoph Ziereis. Mit hochwertiger Ware und besonderen Serviceleistungen will sich der österreichische Anbieter von typischen Großhändlern abheben. Dafür investiert Oritop viel Zeit und Ressourcen, etwa wenn Fritz Langauer zur Kundenschulung nach Malmö fliegt.
In seiner Eigenproduktion greift der Wiener Importeur Knüpf- und Webtraditionen vergangener Jahrhunderte auf, um sie harmonisch-zeitgemäß weiterzuentwickeln. Dabei verarbeiten die Knüpfer und Weber ausschließlich hochwertige, von Hand versponnene Wolle, die zum Großteil mit Naturmaterialien gefärbt wurde. Die Herstellung findet hauptsächlich in Afghanistan statt, fürs Finishing gehen die Teppiche nach Pakistan. Einige Auftragsarbeiten werden auch in Indien gefertigt.
Spezialist in Sachen Afghanistan
Afghanistan ist das Hauptwirkungsfeld von Oritop. Ein Land, das viel durchgemacht hat, allein in den letzten 50 Jahren. Von der Revolution und dem Einmarsch sowjetischer Truppen mit anschließendem Bürgerkrieg bis hin zum Krieg um die Taliban-Bewegung. Gleichzeitig ist Afghanistan ein Land mit einer reichen Teppichknüpftradition. Wer mit den Gegebenheiten umzugehen weiß, profitiert von lebhaften, handwerklich hochwertigen Arbeiten mit ganz eigenem Charakter. In Afghanistan kennt Oritop sich aus, und zwar seit drei Generationen. Insbesondere Fritz Langauer unterhält bereits über mehrere Jahrzehnte hinweg enge Beziehungen ins Land. Er spricht fließend persisch (eine der beiden Amtssprachen) und auch etwas türkisch. Außerdem ist er regelmäßig vor Ort und weiß auf die dortigen, sich immer wieder verändernden Gegebenheiten zu reagieren. Davon profitieren die Oritop-Kunden, die im Direktkontakt mit Afghanistan überfordert wären. Darunter: viele Möbelhäuser.
Die Eigenproduktionen: exklusiv und eigenwillig
Die Vielfalt der Knüpfungen hat sich in den letzten Jahrzehnten erweitert und geht deutlich über die typische "rote Ware" hinaus. Auf den Basaren der Hauptstadt Kabul und im Norden des Landes kauft Oritop günstige Aktionsware wie Belutsch, sowie Ziegler/Choubi und Kasak ein. Gleichzeitig geht es auch hier um das Prinzip, durch Fach- und Landeskenntnis von jeder Qualität die beste Ware zu erhalten.
Markenzeichen von Oritop sind jedoch die exklusiv gefertigten Teppiche aus Eigenproduktionen. Noch vor gut 15 Jahren wurde hauptsächlich durch afghanische Flüchtlinge im pakistanischen Grenzgebiet um Peschawar geknüpft, in den letzten Jahren sind die Flüchtlinge wieder in ihre alte Heimat zurückgekehrt und arbeiten nun dort weiter.
Oritop gibt die Design- und Farbgestaltung vor, die afghanischen Knüpfer setzen diese Vorgaben kreativ um. Zum Teil sehr individuell und eigenwillig, was auch den besonderen Charme und die Lebendigkeit dieser Arbeiten ausmache. "In Afghanistan ist der Teppich ein gewachsenes Kulturgut; hier kann man den Knüpfern nicht bis ins kleinste Detail vorschreiben, wie das fertige Produkt auszusehen hat", erklärt Langauer. "Sonderwünsche und exakte Anweisungen lassen sich hier schwer umsetzen, dafür erhält man immer ein sehr individuelles Stück Volkskunst."
Für Knüpfungen, die haargenau bestimmte Vorgaben erfüllen sollen, wendet Oritop sich eher nach Indien: Hier sei man darauf spezialisiert, Muster 1:1 nachzuknüpfen und hier entsteht zurzeit auch eine neue, moderne Kollektion, die die Entwürfe eines jungen Wiener Designers in Wolle und Seide umsetzt.
In naher Zukunft bereichert Oritop sein Sortiment um zwei weitere Linien. Zum einen wollen die Österreicher eine Produktion mit modernen Teppichen nach Kundenwunsch aufbauen. In einer anderen Kollektion soll es "zurück zu den Wurzeln" gehen: Ursprünglich war Oritop durch sein feines Angebot hochwertiger klassischer Teppiche mit einem etwas anderen Gesicht bekannt geworden. Dieses Programm will man unter der Überschrift "Treasuries of the Past" wieder verstärkt verfolgen.
Ein neues Teppichprofil für neue Generationen
Die Zukunftswünsche und -visionen der Österreicher gehen allerdings weit über neue Teppichdesigns hinaus. Dass Fritz Langauer seinen sehr einrichtungsaffinen Nachbarn mit dem Oritop-Teppichkatalog so ins Staunen versetzen konnte, macht deutlich: In Sachen Kundenansprache muss noch viel passieren. Vor allem an der Schnittstelle Handel-Endverbraucher. Deswegen will Oritop seine Kunden aus dem Handel in ausführlichen Schulungen motivieren, neue Teppichgenerationen an die schönen Produkte heranzuführen. Und zeigen, wie es geht: auf keinen Fall über Teppichstapel, sondern mit einer atmosphärischen Bildsprache. Zu berücksichtigen sei dabei auch, dass der Begriff "Orient" heute ganz andere Assoziationen wecke als noch vor vierzig Jahren. Statt Bauchtanz und 1001 Nacht verbinden viele Menschen mit dem Begriff eher Unruhen, Taliban und Dschihad. "Dem wollen wir entgegenwirken", erklärt Ziereis. "Der Teppich braucht ein neues Profil, gerade für die jüngere Generation."
Dass viele kleine Teppichfachgeschäfte in den letzten Jahren schließen mussten, schafft - konstruktiv gesehen - auch "viel Platz für Neues": für neue Läden oder neue Ausstellungsflächen. Zum Beispiel auch in Möbelhäusern, die laut Ziereis allmählich immer offener für höherwertige Ware würden. Größere Niederlassungen hätten allein durch die "große Spielwiese" viel Potenzial, denn eine stimmungsvolle Teppichpräsentation braucht Raum. "Möbler, die sich innovativ zeigen, können in Zukunft durchaus die frühere Rolle der kleinen Fachgeschäfte übernehmen", meint Ziereis. "Oder aber es gibt zukünftig wieder mehr Fachgeschäfte."
Das Sortiment: Altes, Neues und Gewebtes
Hochwertige Eigenproduktionen, die Traditionelles mit Modernem verbinden, prägen maßgeblich das Erscheinungsbild von Oritop. Die Knüpfteppiche und Flachgewebe werden zum Großteil in Afghanistan gefertigt, aus handversponnener, meist mit Naturfarben gefärbter Wolle. Vorbilder sind unter anderem alte, traditionelle Muster. So auch beim Streifenteppich Moharamat, der ein südpersisch-nomadisches Dessin in warmen Farbtönen umsetzt.
Etwas anders ist die Herangehensweise bei der besonders beliebten Kollektion Ikat: Hier hat sich Oritop die traditionellen Webstoffe Zentralasiens zum Vorbild genommen und diese in aktuellen Farben knüpfen lassen. Typisch für Ikat-Musterungen sind ihre leicht "verschobenen" Umrisse. Oritop bietet die geknüpften Ikat-Dessins in einer Vielzahl an Motiven an.
Beachtlich ist auch die Vielfalt an Flachgeweben im Angebot. In Zusammenarbeit mit afghanischen Produzenten sind hier in den letzten Jahren neue Qualitäten entstanden. Neben unterschiedlich gestalteten Kelims bietet Oritop auch aufwendig gearbeitete Flachgewebe, die durch den zum Teil eingeknüpften Flor eine reliefartige Oberflächenstruktur erhalten.
Die schwarz-roten Maimana Kelims aus dem Norden Afghanistans waren Vorbild für Oritops Amira-Kollektion. Mit ihrer neuen, freundlichen Farbgebung sind die Flachgewebe in Europa bereits sehr beliebt. Bis zu zehn Töne fügen sich zu einem lebhaft-geometrischen Muster zusammen. Ebenfalls sehr erfolgreich: die sogenannten Rainbow Patchworks. Diese ungewöhnlichen Kelims im Vintage-Stil werden von afghanischen Usbeken in der Gegend um Quetta in Pakistan gewebt und zusammengenäht. In derselben Region entsteht auch die fein gewebte und sehr moderne Kollektion Young Afghanistan.
Oritop gibt den Webern Material, Farbgebung und Abmessungen an die Hand und lässt ihnen viel Freiheit bei der Umsetzung der Muster. "Theoretisch könnten wir natürlich auch hier auf festen Vorgaben beharren, aber durch die individuelle Umsetzung wirken die Handarbeiten viel lebendiger." Kein Kelim ist wie der andere, jeder trägt seine persönliche Handschrift. Alles Handarbeiten mit dem gewissen Etwas eben.
aus
Carpet Magazin 03/15
(Wirtschaft)