Imm Cologne zeigt die Einrichtungstrends für 2015
Noch bunter, runder und weicher
Für die großen Textilverlage war die Kölner Möbelmesse 2015 ein voller Erfolg. Hier treffen sie ihre Zielgruppe und für die Geschäftsanbahnung bot das Messeformat Pure Textile die passende Plattform. Mit ihren Sortimenten waren die Editeure in bester Gesellschaft der internationalen Möbelbranche. Was die Einrichtungstrends 2015 angeht, kann man sich an 2014 orientieren: Gemütlichkeit ist weiterhin angesagt. Dazu wird das Wohnen noch bunter, runder und weicher.Nach Heimtextil, Domotex und BAU war die Imm Cologne die vierte Messe innerhalb von nicht einmal zwei Wochen, auf denen Fachhändler und Handwerker sich Ideen und Inspiration für das Einrichtungsjahr 2015 holen konnten. 102.000 Fachbesucher ließen sich diese Gelegenheit nicht entgehen, womit die Kölner Möbelmesse gegenüber der vergleichbaren Vorveranstaltung 2013 noch einmal 3.000 zusätzliche Interessenten angezogen hat. In den ungeraden Jahren ist das Besucherinteresse besonders groß, denn dann gibt es parallel zur Imm auch noch die Living Kitchen mit den Neuentwicklungen für die Küche.
Die Erwartungen übertroffen
"Mit diesem Ergebnis haben die beiden Kölner Veranstaltungen weiter an internationaler Strahlkraft gewonnen und sind damit außer Frage sowohl für den inländischen als auch für den internationalen Markt die wichtigste Plattform", bilanzierte Gerald Böse, Vorsitzender der Geschäftsführung der Koelnmesse. Zu einer äußerst positiven Bilanz kam auch Dirk-Uwe Klaas, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie: "Unsere ohnehin schon recht hohen Erwartungen an die Messe sind übertroffen worden. Wir sind glücklich über mehr Fachbesucher aus dem In- und Ausland und gehen mit viel Optimismus in das Möbeljahr 2015." Für den Handel zog der Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Möbel-, Küchen- und Einrichtungsfachhandels, Hans Strothoff, folgendes Fazit: "Die Messe war großartig und hat die Erwartungen des Handels übertroffen."
Spannender als die Living Kitchen ist für unsere Branche in den ungeraden Jahren das Messeformat "Pure Textile" mit dem Auftritt der großen Textilverlage und Editeure. In direkter Nachbarschaft zu Vitra und Thonet präsentierten sich erneut Jab Anstoetz, Zimmer + Rohde, Nya Nordiska, Chivasso, Soleil Bleu und Sahco als Aussteller der ersten Stunde mit einer eigenen Plattform ihre neuesten Sortimente. "Wiederholungstäter" waren auch Création Baumann und Christian Fischbacher aus der Schweiz, während Arte aus Belgien und Romo aus England zum ersten Mal dabei waren und für zusätzliches internationales Flair sorgten. Interstil vervollständigte mit seinen Aufhängesystemen das Angebot.
Editeure finden in Köln ihre Zielgruppe
Claus Anstoetz, Geschäftsführer von Jab Anstoetz, steht mit seinem Statement wohl stellvertretend für alle textilen Aussteller: "Die Imm 2015 überzeugte durch einen stimmigen und attraktiven Gesamtauftritt der Pure Textile-Gruppe inklusive der schönen Piazza, die zum Verweilen und für Gespräche einlud." Christoph Häussler, Geschäftsführer von Sahco, freute sich über das große Interesse seitens des Fachpublikums: "Die Halle wird sehr gut angenommen. Hier treffe ich die Kunden, die ich haben möchte." Und warum stellt er auf der Imm und nicht auf der Heimtextil aus? "Es kommt ein anderes Publikum nach Köln als nach Frankfurt. Ich habe hier mehr Anknüpfungspunkte mit den Besuchern, hier ist unsere Zielgruppe."
Ein wichtiges Messethema war die Ausstattung von Objekten mit Textilien. Hier müssen Stoffe nicht nur schön sein und dem Raum die gewünschte Atmosphäre geben, sondern ihr gutes Aussehen trotz starker Beanspruchung lange behalten - und dabei auch noch möglichst leicht zu pflegen sein. Création Baumann zeigte dazu leichte Vorhangstoffe in warmen Gold-, Rost- und Naturtönen, die akustisch wirksam sind und sich damit besonders für geräuschintensive Bereiche wie offene Büros und öffentliche Einrichtungen empfehlen. Eher skandinavisch geprägt ist das Textildesign von Nya Nordiska, das in zahlreichen Objekten wie Hotels oder Restaurants, Kultureinrichtungen und öffentlichen Gebäuden zum Einsatz kommt. Zimmer+Rohde bietet individuelle Lösungen für den wohnlichen Bereich der Objektausstattung.
Strapazierfähigkeit, Schwerentflammbarkeit und Langlebigkeit zeichnen auch die Stoffe der Kollektion "Hemisphere" von Jab Anstoetz aus, die moderne Akzente im Interior Design setzen. Die aus Treira CS produzierten Flächenvorhänge gibt es in vielfältigen Farben und Dessins. Eine Besonderheit ist die Produktlinie "Paper Art", deren Name Programm ist: Für die kunstfertigen Designs wurde statt textiler Materialien Madoca-Papier verwendet, ein besonders strapazierfähiges Spezialpapaier aus Japan.
Inspiriert von fremden Kulturen ist die Kollektion "Palais Marrakesch" von Sahco. Die Muster der Stoffe orientieren sich an der grafischen Formenvielfalt und der reichen Farbigkeit der marokkanischen Metropole. Stilistische Einflüsse aus Orient, Okzident, Nordafrika und Südeuropa verbinden sich mit der Qualität der modernen Bezugsstoffe.
Gemütlichkeit bleibt der Trend
In den heimischen vier Wänden setzen sich die Entwicklungslinien des letzten Jahres fort. Gemütlichkeit ist weiterhin angesagt, meint die Einrichtungsexpertin Ursula Geismann vom Verband der Deutschen Möbelindustrie. Der Mensch wolle daheim durchatmen, sich zurückziehen von Stress und Hektik, einfach entschleunigen. Statt Möbeln mit eckigen Kanten sind eher runde Formen angesagt. Kuschelige, warme Stoffe wie Strick oder Filz stehen im Fokus, genauso wie Holz-Elemente, aber auch Farben verstärken das gemütliche Gefühl. Selbst keramische Fliesen sehen inzwischen aus wie warme Holzböden.
Die Menschen wollen harmonische Formen und Farben und wohnliche Accessoires. Gegenstände werden bewusst ausgewählt und "authentisch inszeniert". Also nicht zufällig irgendwo hingestellt, sondern ganz bewusst im Raum angeordnet, so dass ein stimmiges Gesamtbild entsteht. Im Global-Mix greift man dabei unvoreingenommen auf Einrichtungsideen und Möbel aus aller Welt zurück.
Der Megatrend Natur setzt sich auch in der kommenden Saison fort. Natürliche, naturbelassene, authentische, ehrliche Materialien haben den Vorzug. Holz ist bei den Designern wieder stärker in den Fokus gerückt und wird gerne schlicht und unverfälscht verarbeitet. Hinzu kommen neue Formen und viel Raffinesse in der Umsetzung.
Zwar wollen (fast) alle Eiche. Aber durch unterschiedliche Farben und Oberflächenbehandlungen kommt auch die Individualität nicht zu kurz: Von Samtgrün bis zu rubbelig-rau - in der wie auch immer veredelten Außenseite findet jeder Käufer "sein" Eichemöbel. Nussbaum und Kirsche sind ebenfalls zu sehen.
Wohlgemerkt: zu sehen. Denn es muss nicht immer das Original sein. Die Dekorfolien werden immer authentischer und wirken täuschend echt.
Cord ist wieder da
Fast gegenläufig zur Gemütlichkeit wirken die aktuellen Sofas, in denen man nicht mehr versinkt. Die Sitzfläche ist zwar weich gepolstert, aber der eigentlichen Sitzfunktion kommt wieder mehr Bedeutung zu. Insgesamt werden die Sofas kleiner und haben sogar den einen oder anderen Anschluss für jene elektronischen Spielereien, die momentan die Wohnzimmer erobern. Aber mit mindestens einer Handvoll weicher Kissen wird es dann doch wieder kuscheliger.
Bei den Bezugsstoffen hat naturbelassenes Leder weiterhin einen Anteil von rund 45 %. Daneben sind Naturfasern wie Baumwolle, Leinen, Wolle und Wollfilz beliebt. Es gibt aber auch einen hohen Anteil an Kunstfasern und Mischgeweben. Sie punkten mit Strapazierfähigkeit und wenig Pillingbildung. Viele Bezugsstoffe sind heute waschbar und pflegeleicht. Ein Revival feiert Cord.
Optisch präsentieren sich Möbelstoffe vielfach verjüngt: Neben Beige und Anthrazit - mit Curry als Farbtupfer - zeigen sie sich in frischen Farben und interessanten Mustern, die insbesondere bei Kissen zum Kombinieren einladen. Outdoor-Stoffe sind inzwischen so wohnlich und dekorativ, dass sie parallel für den Innenraum und Außenbereich eingesetzt werden.
Konkurrenz bekommt die Wohnzimmercouch allerdings von der Essecke. Wer sich Zeit fürs Essen nimmt, will am Tisch auch so bequem wie möglich sitzen. Statt harter Stühle zeigten die Aussteller vermehrt weiche Polstersessel oder gleich Esszimmersofas. Denn die Verschmelzung der Wohnbereiche geht ebenfalls weiter. Die offen gestalteten Funktionsräume Küche-Essen-Wohnen gliedern sich ohne Wände aneinander an. Auch der Esstisch ist in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter gewachsen. "Mittlerweile finden zwölf Personen an einem Tisch Platz - obwohl man am Ende maximal zu dritt dort sitzt", so Trendexpertin Geismann. "Das ist die Sehnsucht nach Gemeinschaft." Und mit der Auswahl unterschiedlichster Esssessel auch der Anspruch an Individualität.
In der Küche selbst sind energieeffiziente und leise Elektrogeräte angesagt, die mit dem Eigentümer und untereinander kommunizieren. Apps ermöglichen schon heute die Kontrolle von Backöfen und Kaffeemaschinen, selbst wenn der Besitzer kilometerweit entfernt ist.
Passend zur aktuellen Gemütslage der Menschen findet sich bei den Küchenmöbeln der klassische Landhaus-Stil. Er kommt mit Nostalgieelementen und einem Hauch von Romantik zurück.
Zum neuen Wohnen gehört auch das Home Office. Ausgestattet mit guter Beleuchtung, einem kleinen Sekretär und einem ergonomisch komfortablen Stuhl lässt sich die Arbeit statt im Büro auch daheim erledigen. Moderne Kommunikationsmittel machen’s möglich.
Weiße Möbel auf dem Rückzug
Farblich sieht Ursula Geismann Weiß auf dem Rückzug. Ganz verschwinden wird es nicht, aber bei vielen Herstellern wird es aktuell von einem hellen Grau abgelöst. Auch Silber ist im Kommen.
Insgesamt wird das Wohnen bunter, die Farben sind kräftig und klar. Starke Unis bei Polstermöbeln, Schränken und Regalen werden als Akzent bewusst gespielt. Man sah in Köln viel Blau - von Veilchen- bis Preußischblau -, aber auch Petroltöne, Orange, Giftgrün, das Gelbgrün einer Zitrone sowie kräftiges Pink. Das ganze Spektrum der Naturtöne spielt natürlich bei den Holzmöbeln eine Rolle. Bei lackierten Oberflächen verstärkt sich die Tendenz zu matt noch einmal. Auch Schwarz kommt zurück; in der kommenden Saison aber erst einmal bei Küchenfronten und Heimtextilien.
Mit all diesen Neuheiten im Rücken, sollte 2015 ein erfolgreiches Möbeljahr werden, zumal die niedrigen Sparzinsen zusätzlichen Anreiz für Investitionen bei den Verbrauchern schaffen. Ohnehin sind die Pro-Kopf-Ausgaben für Möbel in Deutschland mit 384 EUR die höchsten in Europa. Hinzu kommen 100 bis 150EUR im Jahr für Accessoires und Dekorationen.
Konzentration im Möbelhandel
2013 hatte es noch Rückgänge gegeben; 2014 zeigte die Umsatzkurve nach oben: Während der Möbelhandel um 1,8 % auf rund 31,3 Mrd. EUR zulegen konnte, gehen die Hersteller von einem Plus von rund 1,5 % auf 16,3 Mrd. EUR aus. Und das, obwohl die Anzahl der Unternehmen im vergangenen Jahr um 2,4 % auf 516 zurückgegangen und auch die Zahl der Beschäftigten um 1,7 % auf 84.300 gesunken ist.
Die Situation im Handel macht es für die Möbelindustrie und ihre Zulieferer jedenfalls nicht einfach. "Hier findet ein regelrechter Preiskrieg statt", so Olaf Maier, Geschäftsführer bei Höpke. Verantwortlich dafür ist auch die Marktkonzentration und das Geschäftsgebaren der Möbelriesen mit ihren gigantischen Einkaufspalästen. Drei Firmen haben hierzulande derzeit die Nase vorn: Die Schweden von Ikea mit 48 Einrichtungshäusern - zwei weitere kurz vor der Eröffnung. XXXLutz aus Österreich sorgt derzeit für reichlich Aufsehen mit der 50 %-igen Beteiligung an Zurbrüggen, dem Erwerb von Sonneborn und Zimmermann, zwei Mitnahmemärkten und eines Logistikzentrums, der Übernahme von ehemaligen Max Bahr-Standorten sowie der Gründung einer eigenen Einkaufsgemeinschaft. Und schließlich noch Kurt Krieger mit seinem Möbler-Imperium aus Höffner, Kraft und Möbel Walther/Sconto.
Birgit Genz
aus
BTH Heimtex 03/15
(Wirtschaft)