Südwest: Interview mit Hans-Joerg von Rhade, Michael Killing, Jeannine Bieth und Dr. Klaus Müller

"Südwest ist für die Zukunft gerüstet"


Der Farben- und Lackhersteller Südwest stellt die Weichen für die Zukunft: Er modernisiert am Standort Böhl-Iggelheim nicht nur sein Verwaltungs- und Produktionsgebäude, sondern setzt bis 2018 auch ein Logistik-Konzept um. "Logistik ist eine unserer Kernkompetenzen", betonte Geschäftsführer Hans-Joerg von Rhade gegenüber BTH-Heimtex-Redakteurin Cornelia Küsel. Im Verlauf des Interviews stellten Marketingleiter Michael Killing, Werbeleiterin Jeannine Bieth und Produktmanager Dr. Klaus Müller den Relaunch des lösemittelhaltigen Holzlasuren-Sortiments vor. Damit fiel der Startschuss für eine komplette Überarbeitung dieser Produktgruppe, deren Differenzierung bereits im Packungsbild deutlich werden soll.

BTH Heimtex: Auf dem Gelände von Südwest herrscht rege Bautätigkeit. Was haben Sie vor?

Hans-Joerg von Rhade: Wir investieren in unseren Standort, um für die Herausforderungen der Zukunft optimal aufgestellt zu sein und für den Großhandel ein starker Partner zu bleiben. Dazu gehört nicht nur die Modernisierung der Verwaltung, sondern vor allem die Stärkung der Logistik. Um diese Kernkompetenz weiter auszubauen, haben wir einige Grundstücke dazu gekauft. So können wir bei laufender Produktion parallel bauen.

Im Ausbau der Logistik sehen wir angesichts der anhaltenden Konzentration auf Handels- und Herstellerseite Wachstumsmöglichkeiten. Schließlich wird es in diesem Wettbewerbsumfeld künftig noch mehr auf Flexibilität, Schnelligkeit und Qualität ankommen.

Unser Logistik-Konzept wird 2018 umgesetzt sein, alle übrigen Planungen 2020. Damit senden wir an unsere Kunden das Signal, dass wir auf die Zukunft ausgerichtet sind. Im Rahmen unseres Standortkonzeptes wollen wir nämlich nicht nur reparieren, sondern werden vorwiegend neu aufbauen.

BTH Heimtex: Betreffen die Veränderungen auch die Produkte?

Michael Killing: Ja, wir gehen konsequent alle Produktbereiche durch, weil wir uns als Vollsortimenter gegenüber dem Handel und dem Handwerk attraktiver machen und professioneller auftreten wollen. Als erstes haben wir unser Holzlasuren-Sortiment unter die Lupe genommen. Denn Lacke und Lasuren bilden unser Kerngebiet.

Als Basis diente uns eine Großhandelsbefragung. Dabei kam heraus, dass die Produktvielfalt bei den Lasuren häufig zu groß ist. Das Lasuren-Sortiment eines Lieferanten umfasst schnell mehr als 100 Artikel, die als Ready-Mix im Regal stehen. Deshalb die klare Aussage vom Handel: Weniger ist mehr.

Wichtig war ihm auch das Packungsbild. Er wünschte sich eine Differenzierung der Produkte voneinander und mehr Orientierung hinsichtlich der Anwendungsgebiete.

BTH Heimtex: Wie haben Sie die Anregungen des Großhandels konkret umgesetzt?

Dr. Klaus Müller: Wir haben jetzt ein deutlich überschaubareres Lasuren-Sortiment, inklusive Grundierung. Enthalten sind im Wesentlichen drei Produkte: eine wässrige Flächenlasur, eine lösemittelhaltige, biozidfreie Universallasur und eine Imprägnierlasur für die große Gruppe der nicht maßhaltigen Bauteile im Außenbereich, die sich vor allem für die Renovierung eignet. Weiter gehören zum neuen Sortiment eine biozidhaltige Grundierung, die Holz vor Bläue und Pilzbefall schützt, und ein Holz-Isolier-Grund, der das Durchschlagen von Holzinhaltsstoffen verhindert.

BTH Heimtex: Inwiefern betreffen die Veränderungen die Farbpalette?

Müller: Der Großhandel wünschte sich zusätzlich trendige Grautöne. Deshalb haben wir die nicht filmbildende Patina-Lasur entwickelt, deren Perlglanzpigmente die Oberfläche glitzern lassen. Sie ist keine aktive Vergrauungslasur, die das Holz sehr langsam verändert. Stattdessen imitiert sie die natürliche Verwitterung und erzielt dadurch sehr schnell den erwünschten Effekt. So können wir uns mit diesem dekorativen Produkt, das in sechs Farben erhältlich ist, vom Wettbewerb abheben.

Ansonsten haben wir entsprechend dem Wunsch aus dem Großhandel unsere bisher 15 Standardfarbtöne auf zehn reduziert, damit das Sortiment überschaubarer ist. Viel verändert sich bei der Nachfrage ja nicht. Seit Jahren beliebte Farbtöne sind Nussbaum, Kiefer, Teak und Mahagoni. Andere Farbtöne lassen sich über die Mischsysteme tönen.

BTH Heimtex: Der Verbraucher legt zunehmend Wert auf Materialien, die weder der Gesundheit noch der Umwelt schaden. Haben Sie dies im neuen Sortiment berücksichtigt, beispielsweise bezüglich Bioziden?

Killing: Nach unserer Philosophie werden im Sinne des Holzschutzes nur dort Biozide eingesetzt, wo sie absolut notwendig sind. Ansonsten werden wir in Zukunft darauf verzichten.

Müller: Unserer Erfahrung nach reichen die Biozide im Holzuntergrund, wenn sie vorgestrichen werden. Das Biozid gehört auf die Holzoberfläche und nicht auf die Farboberfläche.

BTH Heimtex: Das Thema Biozide wird sicherlich auch noch vom Gesetzgeber angegangen.

Killing: Auf alle Fälle. Im Innenbereich dürfen Biozidlasuren schon jetzt nicht mehr verarbeitet werden.
Allerdings gibt es eine kleine Grauzone: Nach der Definition des Gesetzgebers ist das Fenster ein Außenbauteil. Deshalb dürfen auch die Innenflächen des Fensters mit biozidhaltigen Lasuren gestrichen werden. Wir sind aber der Meinung, dass biozidhaltige Produkte im Innenbereich nichts zu suchen haben. Deshalb ist unsere klassische Flächenlasur frei von Bioziden.

BTH Heimtex: Wie entwickelt sich der Anteil wässriger Lasuren?

Killing: Im Gegensatz zum DIY-Bereich, in dem lösemittelhaltige Lasuren immer weniger nachgefragt werden, haben wir im Profimarkt noch rund 95 % lösemittelhaltige Lasuren. Dies liegt daran, dass der Maler hauptsächlich draußen an Fenstern und Fassadenverkleidungen tätig ist. Hier spielt für ihn die Gewährleistung eine große Rolle. Wir haben auch wässrige Lasuren im Sortiment, die wir ausdrücklich für den Innenbereich empfehlen.

Aber insgesamt hat sich der Lasurenmarkt in den vergangenen zehn bis 15 Jahren in Richtung DIY verschoben, weil Hausbesitzer zunehmend selbst streichen und vermehrt auf wässrige Produkte setzen.

von Rhade: Wir gehen davon aus, dass fast drei Viertel des Lasurenmarktes auf den Bereich DIY entfallen und damit zum überwiegenden Teil Produkte auf wässriger Basis sind. Aber auch im Profibereich müssen wir vorbereitet sein. Die wässrigen Produkte sind im Kommen.

BTH Heimtex: Zurück zu den Konsequenzen aus der Umfrage im Großhandel. Macht sich die Neupositionierung auch äußerlich bemerkbar?

Killing: Wir haben ein neues Packungsbild eingeführt, das klar differenziert und kommuniziert, was die Haupteinsatzgebiete der Produkte sind. Selbst Produkte, die noch am Lager waren, haben wir innerhalb einer Woche auf das neue Packungsbild umgestellt.

Jeannine Bieth: Aber nicht nur die Optik der Packungen wurde verändert. Auch die Beratungsinstrumente sind neu. So haben wir unter anderem eine Wandtafel erstellt mit unseren Standardfarbtönen und den neuen Patina-Farbtönen. Darüber hinaus bieten wir mit einem Farbfächer, der für Lasuren eher unüblich ist, etwas sehr Hochwertiges an. Er enthält die Standardfarbtöne und Produktinformationen. Für den Maler ist er ein attraktives Beratungswerkzeug.

Killing: Damit kann der Maler seine Kompetenz unterstreichen. Wenn wir uns professioneller aufstellen wollen und der Maler unsere Zielgruppe ist, müssen wir ihm auch hochwertige Arbeitsmittel bieten.

BTH Heimtex: Diese professionelle Ausrichtung, die mit den Lasuren begann und auf alle Sortimente ausgeweitet werden soll, dient doch der Stärkung der Marke. Welche Rolle spielen bei Südwest die Handelsmarken?

Killing: Wir haben zwar Eigenmarken im Sortiment, aber unsere Industriemarke dominiert.

BTH Heimtex: Diese Dominanz zu behalten, dürfte angesichts der Konzentration im Handel immer schwieriger werden.

Killing: Das ist richtig. Aber es gibt große Unterschiede bei den Sortimenten. Eigenmarken sind häufig im preiswerteren Innenfarbenbereich zu finden, in dem es zu wenigen Reklamationen kommt. Selten sind sie dagegen bei Lasuren und Fassadenfarben. Denn in dem Bereich baut der Maler auf Sicherheit und damit Gewährleistung.

Wie auch immer: Wir sehen uns in erster Linie als Markenhersteller und versuchen entsprechend, unsere Marke nach vorne zu bringen. Die Eigenmarke soll nur eine Ergänzung sein.

BTH Heimtex: Muss es nicht auch im Interesse des Großhandels sein, die Vielfalt der Marken zu erhalten?

Killing: Ganz klar, auch die großen Handelsunternehmen kommen um die Industriemarke nicht herum. Denn die Betreuung der Marke übernimmt unser eigener Außendienst. Dem kann ich schließlich nicht sagen, dass er die Marke Südwest verkaufen und gleichzeitig das Eigenmarken-Sortiment unterstützen soll. Damit würde er sich beim Maler unglaubwürdig machen. Im übrigen unterscheiden sich die Produkte, die wir für Eigenmarken liefern, von unseren Markenprodukten. Hochwertig sind sie aber auch.

BTH Heimtex: Sie halten am zweistufigen Vertrieb fest?

Killing: Wir sind zweistufig und bleiben es. Wir glauben, dass Südwest aufgrund seiner Positionierung und seines Sortimentes, das wir in den vergangenen Jahren immer weiter vergrößert haben, ein attraktiver Partner für den Großhandel ist. Dazu haben wir auch den Außendienst ausgebaut, suchen jetzt wieder neue Mitarbeiter.

Dem Konzentrationsprozess im Handel müssen wir uns stellen. Das heißt, wir müssen mit dem richtigen Sortiment Nachfrage schaffen sowie den Handel mit unserem qualifizierten Außendienst unterstützen. Die Marge muss stimmen.

BTH Heimtex: Sollten Sie noch nicht überall im Großhandel vertreten sein, wie wollen Sie die Lücken füllen?

Killing: Es gibt noch weiße Flecken, das sehen wir als Nachteil und gleichzeitig als Chance. Im Südwesten sind wir entsprechend unserem Namen stark vertreten. Wir bauen jetzt unser Liefergebiet Richtung Norden und Süden aus. Dafür haben wir schon Mitarbeiter für den Berliner und Hamburger Raum sowie Mecklenburg-Vorpommern eingestellt. Es geht darum, die Stärke, die wir in Südwestdeutschland schon haben, auf weitere Gebiete zu übertragen.

Müller: Seit einigen Jahren sind wir auch erfolgreich auf der Mega-Messe in Hamburg aktiv. Inzwischen haben wir uns dort einen Namen erarbeitet, bei den Malern sind wir bekannt.

BTH Heimtex: Welches sind Ihre wichtigsten Produkte?

Müller: Als Lackvertreter muss ich vor allem Allgrund nennen, das in unseren Liefergebieten nach 40 Jahren immer noch die Nummer eins ist. Sehr gut entwickelt sich auch der Aquavision Allgrund.

Killing: Für die Außenbereich läuft erfolgreich Lotusan, die bekannteste Fassadenfarbe im deutschen Markt.

Insgesamt stellen wir immer wieder fest, dass der Maler nicht alle Produkte einer Marke nachfragt, sondern nur einzelne. Nutzen und Qualität sind ihm wichtig. Er sucht sich aus dem Angebot des Großhandels die Ware aus, die für seinen Betrieb am sinnvollsten ist. Diese Vielfalt ist der Vorteil des Handels.

BTH Heimtex: Sie haben vor drei Jahren WDVS ins Sortiment genommen. Hat sich dieser Schritt gelohnt?

Killing: Bei der Renovierung im Ein- und Zweifamilienhaus gibt es massive Rückgänge. Bei Wohnungsbaugesellschaften und im Neubau ist der Markt dagegen noch relativ stabil. Denn in diesen Bereichen ist die Auseinandersetzung mit der Brandschutz-Thematik nicht so emotional. Es führt aber kein Weg an der Wärmedämmung vorbei, um die Klimaziele zu erreichen.

BTH Heimtex: Aber es herrscht Bauboom. Davon profitieren Sie nicht?

Killing: Wir haben ja erst angefangen mit der Wärmedämmung. Außerdem ist Südwest stark auf den im Privatbereich tätigen Maler ausgerichtet, weniger auf Architekten. Für uns kommt die WDVS-Einführung deshalb zu einer schwierigen Zeit.

Müller: Aber wir müssen WDVS anbieten. Damit bekommt der Handel von uns ein komplettes Sortiment. Wir haben einige WDVS-Stützpunkthändler. Dafür müssen wir auch Beratungskompetenz vorhalten.

BTH Heimtex: Südwest gehört zu Sto. Stärkt die Mutter der Tochter den Rücken?

Killing: Wir waren vorher eine Tochter des Zementherstellers Dyckerhoff. Seit der Übernahme durch Sto haben wir eine sichere Zukunft, denn Sto geht es gut. Dabei haben wir unsere Eigenständigkeit behalten. Aber mit Sto haben wir eine starke Mutter hinter uns, die auch in Südwest investiert. Schließlich haben wir eine gemeinsame Zielgruppe: den Verarbeiter.

Müller: Allein bei der ganzen Gesetzesflut ist es für ein mittelständisches Unternehmen wie Südwest gut, eine große Mutter zu haben. Hier erhalten wir durch Sto viel Kompetenz. Das hilft auch unseren Kunden.

BTH Heimtex: Wie wird sich 2015 geschäftlich entwickeln?

Killing: Es wird für die Branche schwierig sein, die außergewöhnlich guten Vorjahresergebnisse zu erreichen. Aufgrund des kühlen Frühjahrs hat der Maler, der überwiegend in der Renovierung tätig ist, sechs Wochen später angefangen. Das lässt sich nicht mehr aufholen, denn so viel Kapazität hat er nicht. Somit haben die Betriebe sechs Wochen weniger Fassadenarbeiten ausführen können.

Südwest hat dagegen in Maßnahmen investiert, von denen wir hoffen, dass wir stärker wachsen als der Markt. Vor allem vom Holzlasuren-Relaunch versprechen wir uns viel sowie von der personellen Verstärkung des Vertriebs und der Intensivierung von Kundenbeziehungen. Schon in den vergangenen fünf Jahren entwickelten wir uns stets besser als die Branche und legten einstellig zu. Das führen wir auf unsere Investitionen zurück. Allein in den vergangenen Jahren haben wir das Personal im Labor um 20 % aufgestockt.

BTH Heimtex: Welche Rolle spielt der Export für Südwest?

Killing: Keine große. Wir bewegen uns hauptsächlich im deutschsprachigen Raum. Unsere Exportquote liegt bei rund 10 %.

BTH Heimtex: Ein großes Thema, das die Branche bewegt, ist das Internet. Wie reagieren Sie auf den zunehmenden Online-Verkauf?

Killing: Wir glauben, dass er sich im Profibereich nicht so etablieren wird wie beispielsweise im Textilgeschäft. Daher werden wir unsere Produkte nicht direkt über Internetportale anbieten. Unsere Zielgruppe ist der Handel. Da wird es sicherlich IT-Lösungen geben, an denen wir uns beteiligen werden.

Müller: Auch die rechtliche Lage spielt beim Verkauf über Internet eine Rolle. Wir bieten Gefahrgut an. Beim Transport darf es keine Havarie geben. Deshalb nehme ich an, dass der Online-Handel in unserer Branche auch in Zukunft eine eher untergeordnete Rolle spielen wird.

BTH Heimtex: Sieht der Maler das auch so?

Müller: Dem Maler ist die persönliche Bindung zum Handel sehr wichtig. Das ist die Stärke unserer Handelspartner, die stützen wir.

Killing: Der Maler bestellt immer noch über sein Handy. Das geht viel schneller, als wenn er über das Internet erst eine Bestellung aufgeben muss. Da ruft er lieber beim Händler seines Vertrauens an. Der weiß in der Regel sehr genau, was sein Kunde auf der Baustelle benötigt.

Südwest Daten und Fakten


Südwest Farben + Lacke GmbH & Co. KG
Iggelheimer Straße 13
67459 Böhl-Iggelheim
Tel.: 06324 / 7 09-0
Fax: 06324 / 7 09-175
info@suedwest.de
www.suedwest.de

Geschäftsführer: Hans-Joerg von Rhade
Marketingleiter: Michael Killing
Werbeleiterin: Jeannine Bieth
Produktmanager Lacke und Lasuren: Dr. Klaus Müller

Gründungsjahr: 1923
Muttergesellschaft: Sto SE & Co. KGaA
Umsatz 2014: 35 Mio. EUR
Mitarbeiter: 120
aus BTH Heimtex 07/15 (Wirtschaft)