Proposte 2015 mit überarbeitetem Konzept

Draußen Regen, drinnen bunte Farbigkeit

In strömendem Regen, aber dafür mit einer gut gefüllten Messehalle ist in diesem Jahr die Proposte an den Start gegangen. Anders als der graue Regenhimmel zeigten sich die Neuheiten frisch und frühlingshaft koloriert. Ein positives Fazit zogen die deutschen Aussteller, die derzeit mit steigenden Einkaufspreisen zu kämpfen haben.


Die Proposte, internationale Leistungsschau für hochwertige Gardinen und Polsterstoffe, hat sich neu ausgerichtet, um den veränderten Marktverhältnissen und -anforderungen gerecht zu werden. Erstmals waren 2015 mit den drei türkischen Stoffproduzenten Dina Vanelli, Penelope und Markteks in der Villa Erba auch drei nicht-europäische Hochwert-Anbieter dabei. Das Grundkonzept der Messe ist aber nicht verändert worden und die Kriterien für die Teilnahme sind unverändert rigide: Die Aussteller müssen ihre Produkte in hoher Qualität produzieren, Experimentierfreude sowie ein starkes Engagement in der ästhetischen und technologischen Forschung nachweisen.

Allerdings konnten diesmal auch 37 Aussteller ihre Entwürfe außerhalb des eigentlichen Messegeländes zeigen. Dazu wurden für das neue Format International Observatory drei benachbarte Hotels genutzt. So will man der Entwicklung der letzten Jahren Herr werden, dass Firmen den Ruf der Proposte nutzen, um abseits des Messegeländes in Cernobbio, Como und den angrenzenden Dörfern Kunden anzulocken. Ob der Plan der Veranstalter aufgeht, wird die Zeit zeigen.

Proposte soll ein Zentrum für textile Inneneinrichtung werden


Premiere feierte auch die Carpet Show in der benachbarten Villa Bernasconi. Hier hatten Amini-Carpets und Mariantonia Urru-Handmade Rugs stimmungsvoll ihre Teppiche inszeniert. Diesen neuen Weg wollen die Veranstalter im kommenden Jahr fortführen, nicht zuletzt, um der sinkenden Ausstellerzahl von Stoffanbietern etwas entgegenzusetzen. "Wir dehnen das Angebot der Proposte auf textile Bodenbeläge und Wandbekleidungen aus, um das Gebiet von Cernobbio und Como zum Zentrum eines großen Marktes für die textile Inneneinrichtung zu machen - so wie Mailand es bereits für den Möbelmarkt ist", kündigte der Proposte-Vorsitzende Piercarlo Vigan auf der Pressekonferenz an.

So weit ist es noch nicht. Aber das etwas getan werden muss, belegen die Aussteller- und Besucherzahlen: In diesem Jahr zeigten in der Villa Erba 94 Textilproduzenten ihre Stoff-Kreationen. 2013 waren es noch 104; in den Jahren davor gab es Wartelisten. 45 Aussteller kamen aus Italien, 16 aus Belgien, neun aus Frankreich, sieben aus Spanien, sechs aus Großbritannien, vier aus Deutschland (Delius, Müller Zell, Gebr. Munzert und Drapilux/Schmitz-Werke), zwei aus den Niederlanden sowie jeweils einer aus Österreich und der Schweiz. Insgesamt repräsentieren sie einen Gesamtumsatz von etwa 1,2 Mrd. EUR.

Gut 6.200 Besucher fanden den Weg an den Comer See, 5,5 % weniger als im vergangenen Jahr. Insbesondere aus Italien waren weniger Firmen oder kleinere Mannschaften nach Como gereist - Auswirkungen der anhaltenden Krise der italienischen Heimtextilien-Industrie. Auch aus Russland wurden aufgrund der politischen Situation die Einkäufer vermisst. Im Gegenzug gab es deutlich mehr chinesische Besucher. Insgesamt hat das ausländische Publikum einen Anteil von 67 %.

Bei den Vertriebskanälen gab es große Verschiebungen zu 2014: Der Anteil der Verleger hat sich aktuell auf 43 % nahezu verdoppelt (Vj.: 23 %). Entsprechend kamen erheblich weniger Großhändler (24 %, Vj.: 34 %) und Polstermöbelhersteller (13 %, Vj.: 20 %).

Industrie mit dem Geschäftsverlauf zufrieden


In den Gesprächen mit den deutschen Ausstellern zur momentanen wirtschaftlichen Situation spielte der schwache Euro eine wichtige Rolle. Er hat zu kräftigen Preissteigerungen geführt, insbesondere bei den Rohstoffen. "Wir müssen versuchen, einen Teil der Preiserhöhungen weiter zu geben. In Deutschland ist bei jedem Hersteller die Grenze dessen erreicht, was man einsparen kann", so Kerstin Baron-Breunig, Vertriebsleiterin bei Gebr. Munzert. Denn: "Der Preis bleibt ein wichtiges Kriterium, auch wenn viele davon reden, man müsse höherwertiger werden, um sich abzuheben, um eine Marge zu erwirtschaften."

Positiv bewertet wurde, dass der Rubel sich gefangen habe. Dennoch müssten Alternativen für den weggebrochenen Exportmarkt Russland gefunden werden, war allgemein zu hören.

In diesem Zusammenhang scheinen sich die Geschäfte mit den USA immer besser zu entwickeln. Hier profitieren deutsche Anbieter vom schwachen Euro. "Dortige Kunde tun sich jetzt leichter, auch rein deutsche Kollektionen zu machen", sagte Baron-Breuning und verwies auf den dortigen Erfolg der hochwertigen Pivot-Kollektion.

Insgesamt zeigte sich die Vertriebsleiterin mit dem bisherigen Jahresverlauf zufrieden, auch wenn es im April nach drei guten Monaten eine Umsatzdelle gegeben habe. Die Geschäfte mit der Caravan-Industrie hätten ebenfalls angezogen.

Ähnlich lautet das Zwischenfazit 2015 bei Müller Zell. Frank Schröder, Verkaufsleiter für Deutschland, Österreich und die Schweiz, sprach von guten Geschäften im Industriebereich. Hier hat sich Müller Zell auf akustische Anwendungen für Büros spezialisiert, etwa für Stoffbespannung bei Trennwänden. "Die USA läuft gut an, auch Japan entwickelt sich gut", so Schröder. "Außerdem werden wieder mehr Polsterstoffe verarbeitet. Der Markt für Möbelstoffe entwickelt sich positiv."

Auch mit dem Verlauf der Proposte waren die Aussteller durchweg zufrieden. Für die meisten ist die Leistungsschau am Comer See inzwischen eine reine Exportmesse. Von interessanten Kontakten in den Mittleren Osten konnte denn auch Hubert Reinermann berichten, Bereichsleiter Dekostoff bei Swela. Sylke Mikolajczak, Marketingleitung bei Delius, lobte die Messe als sehr international und bezeichnete das Fachpublikum als hochkarätig. "Die Industrie und der Großhandel aus Deutschland und Österreich waren alle da", stellte Kerstin Baron-Breunig fest. "Von der Polstermöbelindustrie aus dem Deutschland kommt wirklich jeder her. Die Proposte ist deshalb für uns die wichtigste Messe. Und auch aus dem Ausland waren mehr Besucher am Stand als in den Vorjahren: Amerikaner, relativ viele Asiaten, Russen", so die Vertriebsleiterin bei Gebr. Munzert.

Klassische Elemente treffen auf bunte Farben


Beim Blick auf die Kollektionen zeigte sich, dass klassische Elemente aus der Herrenmode Einzug in die moderne Raumgestaltung halten. Zeitlose Dessins wie Glencheck, Pepita, Fischgrat und Hahnentritt wurden von Delius neu interpretiert und auf funktionale Verdunkelungsstoffe transportiert. Die vier neuen Dimout-Qualitäten mit einem Verdunkelungsgrad von bis zu 99 % verfügen über eine farblich abgestimmte Rückseite, welche die Wertigkeit des Gewebes unterstreicht. Außerdem zeigte Delius Drucke auf Velours mit Pinselstrichanmutung für Polster und Deko.

Lodetex erzielt interessante Ausbrenner-Effekte durch Garne, die sich im Wasser auflösen. Als weitere Neuheit präsentierte die italienische Weberei einen Scherli mit Velours-Effekt als Blume. Lodetex wie auch Limonta zeigten eine feuerhemmende Kollektion aus 100 % natürlichen Materialien unter der Bezeichnung Coex. Swela/Schmitz-Werke experimentieren mit Metallgarnen als Uni oder Druck. Gebr. Munzert hat seine Hochwert-Linie Pivot durch zwei neue Dessins mit Origami-Musterung weiter ausgebaut und zudem Strukturen und Farben zu attraktiven Vintage-Optiken kombiniert.

In den Webereien wird man wieder mutiger, heraus kommen interessantere und hochwertigere Entwicklungen. Und das mit mehr und neuen Farben. Insgesamt präsentierten sich die Neuheiten farbenfroh, frisch und vielfältig. Blautöne von Aqua bis Electric Blue, Grün, Limette, Gelb, Orange, die ganze Bandbreite an Gewürztönen mit Curry, Marsala und Ziegelrot, aber auch pastellige Kolorits wie Rosé und Türkis. Grafische Muster, dreidimensionale Strukturen und prächtige Digitaldrucke bestimmten das Bild in Como. Und es wurde dezent mit Glanz gespielt.

Auch im Objekt wird das Wohnen emotionaler, die Stoffanteile steigen. Und es werden verstärkt kräftige Töne wie Apfelgrün, Blau und Türkis als Akzentfarbe eingesetzt, gerne in Kombination mit Naturfarben.
aus BTH Heimtex 07/15 (Wirtschaft)