Eurobaustoff: Gesellschafterversammlung in Leipzig
Vorsichtig geplant und damit auf Kurs
Nach einem überaus erfolgreichen Vorjahr sind die Umsätze der Eurobaustoff im ersten Halbjahr 2015 leicht zurückgegangen. Aber damit hatte die Geschäftsführung gerechnet und entsprechend vorsichtiger geplant. So gab es auf der Gesellschafterversammlung in Leipzig keine Kritik an der wirtschaftlichen Entwicklung, wohl aber Diskussionen um die Strukturen innerhalb der Kooperation.Zur Jahresmitte 2014 hatte die Eurobaustoff noch ein deutliches Plus von 2,4 % im zentral abgerechneten Einkaufsvolumen eingefahren. Per Ende Juni 2015 waren die Zahlen nicht ganz so gut, aber mit 2,68 Mio. EUR (-0,7 %) hat man das Vorjahresergebnis zumindest fast erreicht - trotz der enormen Vorgaben, die aus dem vorjährigen frühen Beginn der Bausaison resultierten, sowie der schlechteren Wetterbedingungen in 2015. Ohnehin besteht kein Grund zur Panik, wie auf der Gesellschafterversammlung der Kooperation mittelständischer Fachhändler für Baustoffe, keramische Fliesen und Holz in Leipzig zu erfahren war. "Wir wussten, dass das erste Halbjahr schwierig wird und hatten schon etwas vorsichtiger geplant. Derzeit liegen wir deshalb auch mit gut 2 % über Plan", berichtete Ulrich Wolf, Vorsitzender der Geschäftsführung.
Was die Einkaufstreue ihrer Mitglieder anbelangt, braucht sich die Eurobaustoff kaum Sorgen zu machen. Der Rückblick auf die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre zeigt zwar eine von 515 (2004) auf 477 (Juni 2015) gesunkene Anzahl der Gesellschafter. Doch statt 1.167 bringen diese es nun auf 1.477 Standorte. Das Einkaufsvolumen ist daher über die Jahre gestiegen, von 3,2 Mrd. (2004) auf 5,5 Mrd. EUR im Geschäftsjahr 2014; in zehn Jahren ein Plus von 62 %.
Die Geschäftsbereiche gliedern sich gemäß ihrem Anteil am zentralfakturierten Umsatz wie folgt: Großhandel 80,05 %, Einzelhandel 9,99 %, Holz 5,24 % und keramische Fliese 4,72 %. Um Mitglied der Eurobaustoff zu werden, muss ein Händler ein Einkaufsvolumen von mindestens 2 Mio. EUR im Jahr vorweisen. Gesellschafter mit einem Umsatz bis 5 Mio. EUR stellen mit 57,8 % die größte Gruppe innerhalb der Gemeinschaft. "Wir sind nicht von wenigen Großhändlern abhängig", sagt Ulrich Wolf. 10,5 % der Gesellschafter setzen 25 bis über 50 Mio. EUR um.
Was die Eurobaustoff zwickt, ist ein Bußgeld inklusive Zinsen in Höhe von 4,33 Mio. EUR aus einem Kartellverfahren des Jahres 2012. Zwar will man keine Schuld eingestehen, hat aber im September 2014 den Einspruch gegen das Bundeskartellamt zurückgenommen, weil im Fall einer gerichtlichen Niederlage als Strafandrohung ein noch höheres Bußgeld im Umfang von 10 % des Umsatzes im Raum stand. Das hätten an die 500 Mio. EUR sein können - ein Risiko, welches man nicht eingehen möchte.
Kritik an den StrukturenKritische Worte waren auf der Gesellschafterversammlung kaum zu vernehmen. Jürgen Gadder vom Revisionsausschuss zeigte sich zufrieden, dass seine Anregungen des Vorjahres Früchte getragen hatten. So war es an den Jungunternehmern, einige Fragen aufzuwerfen. Richard Rothkegel, Rothkegel Baufachhandel (Leipzig), stellte einen nationalen Routenplan der Logistik zur Diskussion und die Frage, ob die Zentralläger eigene Gesellschaften sein müssten: "Sollten sie nicht mit der gleichen Strategie wie die Eurobaustoff arbeiten", also zentral gesteuert werden und für alle Mitglieder zugänglich sein.
Sein Mitstreiter Marc Kückemanns, Bauen+Leben (Mönchengladbach), zielte auf den Renovierungsmarkt. "Da müssen wir mehr Präsenz zeigen, gewerkeübergreifend denken und den Beratungsvorteil gegenüber Baumärkten nutzen." Das beste Angebot sorgfältiger formulieren, nicht gleich Preisnachlässe geben und sich von der Industrie, die den Verarbeiter stärker an die Marke zu binden suche, die Karten nicht aus der Hand nehmen lassen - das sind für Kückemanns Grundlagen besserer Rendite.
Schließlich warnte Carsten Melzer, Mobau Müller (Bannewitz), vor dem leichtfertigen Umgang mit Daten im Internet. "Wie wollen Sie von einem gekündigten Mitarbeiter die Passworte zurückfordern?" Der Kontrollverlust über digitale Schlüssel könne leicht zu gestohlenen Kundendaten führen. Als Lösung nannte Melzer das so genannte Single Sign-on (SSO). Damit kann ein Mitarbeiter in Form einer Einmalanmeldung an seinem Arbeitsplatz auf alle Rechner und Dienste, für die er berechtigt ist, zugreifen, ohne sich jedes Mal neu anmelden zu müssen. Bei einem Arbeitsplatzwechsel werden jedoch Authentifizierung und die lokale Autorisierung hinfällig.
Zu kulant gegenüber dem Handwerker?Ein allgemeines Plädoyer gab es für die Mitgliedschaft im Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB), der als Lobbyverband auch auf politischer Ebene Handelsinteressen zu vertreten sucht. So folgte laut BDB-Geschäftsführer Michael Hölker das Justizministerium in einem Gesetzentwurf zur Vorsatz-Anfechtung weitgehend der Stellungnahme des Verbandes. Nicht weniger wichtig sei die Frage, wer Ein- und Ausbaukosten bei Materialfehlern zu tragen hat. Der Europäische Gerichtshof habe bereits entschieden, dass Material- und Baukosten erstattet werden müssen, egal ob der Fehler bekannt war oder nicht. Trotzdem seien nicht alle Punkte geklärt. Gilt die Auflage auch bei B2B-Geschäften? Und dürfen Baustoffhändler eigene Handwerker zur Mängelbeseitigung schicken?
Überhaupt bleibt die Prozesskette Industrie-Handel-Handwerk bei Reklamationsfällen ein Bermuda-Dreieck. Die Verantwortung wird von einem auf den anderen geschoben. Zu oft, so Hölker, würden Industrie und Handel aus Kulanz Schadenskosten übernehmen, um den Handwerkskunden nicht zu verlieren. "Das erhöht die Druckposition des Handwerks. Aber der Verarbeiter darf nicht aus der Fürsorge für Werkvertrag und gewissenhafte Ausführung entlassen werden."
Eurobaustoff Daten und Fakten
Eurobaustoff Handelsgesellschaft mbH & Co. KGDaimlerstraße 5d
76185 Karlsruhe
Tel.: 0721 / 97 28-0
Fax: 0721 / 97 28-600
kontakt@eurobaustoff.de
www.eurobaustoff.deGeschäftsführung: Ulrich Wolf (Vorsitzender), Jörg Hoffmann, Hartmut Möller
Marketing: Andreas Friedrichs
Bereichsleiter Großhandel: Thomas Obmann
Bereichsleiter Holzhandel: Michael Thürmer
Gründungsjahr: 2003 als Fusion von Interpares/Mobau und Interbaustoff
Gesellschafter: 477 mit zusammen 1.477 Standorten
Außenumsatz 2014: 13,3 Mrd. EUR, davon 5,49 Mrd. EUR zentral fakturiert
Charakteristik: Kooperation mittelständischer Fachhändler für Baustoffe, keramische Fliesen und Holz
aus
BTH Heimtex 09/15
(Wirtschaft)