Tarkett: Interview mit Tilo Höbel, Country Manager für Deutschland, Österreich und Schweiz
Handels-, Holz- und Objektvertrieb zusammengelegt
2014 herrschte im Handel große Unsicherheit über die strategische Ausrichtung von Tarkett. Vor allem weil verloren gegangenes Terrain im Holzhandel nicht zurückgewonnen werden konnte, hatten Vertriebsleiter Albert Waibel und Georg Lindenbuß (Leiter Hardflooring) gehen müssen. Jetzt zieht Tilo Höbel, der neue Mann an der Spitze des Tarkett-Organisation in den D/A/CH-Märkten, im Gespräch mit BTH Heimtex-Redakteur Jochen Lange Bilanz seiner ersten zwölf Monate bei Tarkett. Auf die radikale Umstrukturierung des Vertriebs durch die Zusammenlegung von Handels-, Holz- und Objekt-Mannschaften, sollen jetzt neue Produkte folgen sowie die Verbesserung von Warenverfügbarkeit und Service.
BTH Heimtex: Wie fällt Ihre Bilanz nach zwölf Monaten aus?
Tilo Höbel: Positiv. Wir sind auf einem guten Weg und konnten im ersten Halbjahr 2015 den Umsatz in Deutschland, Österreich und der Schweiz um rund 9 % erhöhen.
BTH Heimtex: Auf der BAU hatten Sie erklärt, Ihre wichtigste Aufgabe bestehe in der Verzahnung der Vertriebsmannschaften Objekt, Hardflooring und Handel. Sind Sie diesem Ziel bereits näher gekommen?
Höbel: In der Tat. Wir haben die Organisation konsequent umgestellt, um die Kundenanforderungen besser erfüllen zu können. Die Mitarbeiter im Handels-, Holz- und Objektvertrieb arbeiten seit März in neu gebildeten Teams von drei bis fünf Mitarbeitern. Diese Vertriebsbereiche agierten in der Vergangenheit intern voneinander getrennt.
BTH Heimtex: Wie sieht die neue Vertriebsstruktur aus?
Höbel: In Deutschland haben wir jetzt zwei geografisch Verantwortliche für die Bereiche Nord und Süd. Zudem gibt es einen D/A/CH Key Account-Leiter sowie jeweils einen Verantwortlichen für Österreich und die Schweiz. Diese fünf Mitarbeiter berichten an mich. Auf der Ebene darunter befinden sich die Teams.
BTH Heimtex: Das heißt, die Außendienstmitarbeiter werden zu Generalisten?
Höbel: Nein. Jeder konzentriert sich weiterhin auf seine Hauptprodukte sowie Vertriebskanäle und bleibt der Spezialist. Es findet aber innerhalb der Teams eine stärkere Zusammenarbeit statt und die Mitarbeiter tauschen sich auch teamübergreifend mehr aus. Sie stimmen sich vor allem im Hinblick auf die regionalen Marktgegebenheiten enger und besser ab. Kunden werden gemeinsam betreut. Damit wollen wir das Wissen und die Synergien, die wir haben, besser nutzen. Auch der Innendienst wurde dafür teilweise neu strukturiert und zugeordnet.
BTH Heimtex: Das bedeutet, dass beispielsweise der Verkaufsleiter Süddeutschland für alle Produkte in allen Vertriebskanälen zuständig ist?
Höbel: Für alle Produkte, ja. In Bezug auf die Vertriebskanäle trifft das auch zu - mit Ausnahme der Segment- bzw. Key Account-Verantwortlichen u.a. für die Bereiche Stores & Shops sowie Healthcare. Sie haben übergreifende Kompetenzen und arbeiten punktuell mit den neu gebildeten Teams zusammen. Zudem unterstützen die Anwendungstechniker die neu formierten Teams. Sie bringen unsere technische Kompetenz zum Kunden und stehen mit Rat und Tat zur Seite, beispielsweise um über unsere produktübergreifenden Funktionslösungen zu informieren.
BTH Heimtex: Zählt Ihr Außendienst immer noch 48 Mitarbeiter: 42 in Deutschland sowie jeweils drei in Österreich und der Schweiz?
Höbel: Wir haben den Vertrieb nicht verkleinert, sondern organisatorisch effizienter aufgestellt. Punktuell werden wir den Personalstamm kurz- und mittelfristig weiter aufbauen. In der französischsprachigen West-Schweiz haben wir beispielsweise gerade einen zusätzlichen Mitarbeiter eingestellt.
Ziel ist, unsere Kunden in allen Vertriebskanälen aus unserem sehr breiten Produktsortiment zuverlässig und in hoher Qualität und bestem Service zu bedienen. Grundsätzlich steht für mich nicht die Anzahl der Mitarbeiter im Mittelpunkt, sondern die Qualität und das Ergebnis unserer Arbeit.
BTH Heimtex: Warum haben Sie die strategische Entscheidung getroffen, umzustrukturieren?
Höbel: Das Handels- und Objektgeschäft geht für unsere Kunden immer stärker ineinander über und überschneidet sich. Das wollen wir flankieren, um unsere Kunden auch unter den veränderten Marktbedingungen optimal zu unterstützen.
Zudem war die Positionierung von Tarkett im Markt nicht allen Kunden aus Groß- und Fachhandel klar. Es war der Eindruck entstanden, dass wir nicht die gleichen Ziele und Vorgehensweisen wie unsere Handelskunden verfolgen. Das hat in der Vergangenheit zu Verunsicherungen geführt.
BTH Heimtex: Haben Sie diesem Eindruck entgegenwirken können?
Höbel: Wir haben stets betont, dass wir mit dem Handel gemeinsam wachsen wollen. Die Inhalte und Möglichkeiten stimmen wir kontinuierlich mit unseren Handelspartnern ab. Unsere gemeinsamen Aktivitäten mit Fach- und Großhändlern zeigen, dass wir uns in die richtige Richtung entwickeln.
BTH Heimtex: Kommen wir zu den Produkten. Tarkett hat ein breites Sortiment: PVC homogen und klassisch heterogen, CV, LVT, Parkett, Laminat, Sportböden, Kunstrasen, Wandbeläge sowie durch die Akquisition von Desso auch textile Beläge. Haben homogene PVC-Beläge, CV und Designbeläge/LVT in dieser Reihenfolge nach wie vor die größten Umsatzanteile in der D/A/CH-Region?
Höbel: Alle Produkte, die wir anbieten sind für uns wichtig. Sicherlich haben wir mit unserem homogenen Vinyl traditionell eine starke Marktposition. Auch der Verkauf von CV-Belägen läuft gut. Die größten Wachstumsraten erzielen wir derzeit mit Designbelägen.
BTH Heimtex: Sagen Sie denn etwas zu der Verteilung des Umsatzes auf die einzelnen Vertriebskanäle?
Höbel: Wir sind stark mit homogenen Vinylbelägen und Linoleum bei Objekteuren. Auch gewinnen Designböden eine immer stärkere Bedeutung. Im Handelsbereich sind wir traditionell stark vertreten mit CV, aber auch mit LVT, Parkett und Laminat. Das sind unsere Schwerpunkte im Handel und Großhandel sowie im Objekt.
BTH Heimtex: Sind Sie denn jetzt und in Zukunft auf einen oder mehrere Vertriebskanäle fokussiert?
Höbel: Wir schließen keinen Kanal aus. Das wäre bei unserem breiten Sortiment nicht sinnvoll. Wir richten uns nach unseren Kunden aus. Dabei ist es unerheblich, ob der ein Fachhändler, Grossist, Objekteur, Verleger oder Architekt und Planer ist.
BTH Heimtex: Bleiben wir bei den Designbelägen. Kommen alle Produkte, die Tarkett in der D/A/CH-Region vertreibt, aus der gemeinsamen Produktion der Werke in Konz und Clervaux?
Höbel: Ein großer Teil. Der Rest kommt aus europäischer Produktion und auch aus Übersee. Unsere Premium-Kollektionen werden im Produktionsverbund Clervaux-Konz hergestellt. Die Werke dort sind sehr flexibel aufgestellt und können die Kundenwünsche in Bezug auf Formate, Farben, Fasen und Oberflächenstrukturen perfekt umsetzen. Unsere neue Limited Edition beispielsweise zeigt moderne Designs für die Segmente Hospitality und Stores & Shops, die sich auf kreative und einfache Art und Weise miteinander kombinieren lassen. Auch unsere Loose-lay Kollektion ist jetzt verfügbar.
BTH Heimtex: Laut der aktuellen Fachhandelsumfrage LVT von BTH Heimtex sind Ihre Kunden unzufrieden mit dem Lieferservice. Was wollen Sie tun, um das zu ändern?
Höbel: Hier steuern wir intensiv gegen. Lieferung und Lagerung wurden bereits und werden weiter verbessert, zum Beispiel mit einem 24 Stunden-Lieferservice für unsere Bestseller-Positionen.
BTH Heimtex: Was können Sie aus dem deutschsprachigen Holzbereich berichten? Tarketts Position ist hier nicht optimal.
Höbel: Wir haben viele Neuheiten, die wir auf dem Branchentag Holz Anfang November in Köln vorstellen werden. Die neue Kollektion zeichnet sich durch optische und haptische Highlights aus, beispielsweise Sägemarken, eine spezielle Farbauswahl und neuartige Bürstungen. Um dies zu realisieren, haben wir in unsere Fertigungsstätten investiert.
BTH Heimtex: Es ist aber sicherlich mehr nötig als neue Produkte, um in diesem Kanal wieder zu wachsen.
Höbel: Den Holzbereich wollen wir deutlich nach vorne bringen. Gemessen an unserer Unternehmensgröße entspricht das aktuelle Volumen nicht unseren Vorstellungen. In Skandinavien beispielsweise haben wir eine stärkere Präsenz. Diese hatten wir in Deutschland in der Vergangenheit auch. Diese Präsenz haben wir aus unterschiedlichen Gründen verloren. Das ist eine Aufgabe, der wir uns stellen.
BTH Heimtex: Momentan kommt Tarkett im Holzhandel relativ wenig vor. Dieses Segment sollte doch eigentlich von den Herren Lindenbuß und Waibel ausgebaut werden. Gibt es hier eine neue Strategie?
Höbel: Es ist die gelungene Kombination aus Produkt, Organisation und Positionierung, die ein Unternehmen erfolgreich macht. Auf dem Branchentag werden wir unsere ersten positiven Schritte fortsetzen.
BTH Heimtex: Wo produziert Tarkett die Holz-Produkte für die D/A/CH-Märkte?
Höbel: In Europa. Für die D/A/CH-Region hauptsächlich in Schweden und Polen.
BTH Heimtex: Machen wir einen Sprung zurück zu den elastischen Belägen. Wann kommt von Tarkett modulares Linoleum?
Höbel: Das werden wir kommunizieren, wenn wir so weit sind.
BTH Heimtex: Inwieweit arbeitet Tarkett in den D/A/CH-Märkten mit dem Anfang des Jahres zugekauften Hersteller von Teppichböden und -fliesen Desso zusammen?
Höbel: Desso ist sehr erfolgreich. Wir stimmen uns bereits eng mit unseren Kollegen dort ab, um einen Mehrwert für unsere Kunden zu bieten und die Synergien zu nutzen. Die Mitarbeiter haben sich bereits kennengelernt und freuen sich auf die künftig noch intensivere Zusammenarbeit.
BTH Heimtex: Können Sie etwas sagen zur momentanen Lage des Konzerns insgesamt? Bereinigt um Sondereinflüsse, sind die Umsätze im ersten Halbjahr leicht gesunken.
Höbel: Wir sind trotz Sondereinflüssen wie z.B. dem Ukrainekonflikt aufgrund unserer internationalen Aufstellung hervorragend positioniert. Die Gesamtumsätze verteilen sich zu jeweils rund einem Drittel auf die drei Regionen Nord- und Lateinamerika (34 %), GUS, Asien/Pazifik, Südamerika (30 %) und EMEA (36 %), zu der wir gehören. Damit sind wir ein beständiger und zuverlässiger Partner für unsere Kunden.
Tilo Höbel - zur Person
Der in Stuttgart geborene Tilo Höbel ist 47 Jahre alt und verheiratet. Er ist studierter Wirtschaftsingenieur und verfügt über Erfahrungen in Produktmanagement, technischem Vertrieb und Marketing.
In der Vergangenheit war der Schwabe unter anderem bei Parker Hannifin (Antriebs- und Steuerungstechnik) sowie Pfeifer Seil- und Hebetechnik tätig. Als General Manager beziehungsweise Country Manager für Deutschland, Österreich und Schweiz verantwortet er Vertrieb, Controlling, Personal sowie Marketing für die Tarkett Holding Deutschland mit Sitz in Frankenthal.
Höbel fährt gerne Ski und trainiert im Fitness-Studio, wenn es die Zeit zulässt. Die Aufgabe bei Tarkett reizt ihn, weil er hier nicht nur wie in seinen bisherigen, beruflichen Positionen, Kaufmännisches und Technisches verbinden kann - über die Bodenbeläge komme auch der spannende Aspekt Design hinzu.
Tarkett Deutschland Daten und Fakten
Tarkett Holding GmbHNachtweideweg 1-7
67227 Frankenthal (Pfalz)
Tel.: 06233 / 81-0
Fax: 06233 / 81-16 88
info.de@tarkett.com
www.tarkett.deMuttergesellschaft: Tarkett S.A.
Geschäftsführung: Ivo Schintz, Remco Teulings, Josef Regneri, Ariel Casas
General Manager D/A/CH: Tilo Höbel
Produkte: Homogene und heterogene PVC-Beläge, CV und andere Streichbeläge, Linoleum, Sportböden, Parkett und Laminatböden, LVT, Kunstrasen, Teppichboden und -fliesen (über das Schwesterunternehmen Desso), Wandbeläge
aus
BTH Heimtex 10/15
(Wirtschaft)