ZVPF: Herbsttagung in Braunschweig
Labortests und Praxis - ein schwieriger Spagat
Der Themenschwerpunkt der diesjährigen ZVPF-Herbsttagung lag auf den aktuell in der Branche kontrovers diskutierten Forschungsarbeiten zu der Problematik von Klimaeinflüssen auf Mehrschichtparkett. Dabei ging es in mehreren Fachvorträgen nicht nur um die Bewertung von Prüfkriterien und bislang erzielte Ergebnisse, sondern vor allem um die Frage nach praxistauglichen Qualitätsstandards.
Zu der derzeit im Auftrag des ZVPF durchgeführten Untersuchung an der Universität Hannover hinsichtlich einer angestrebten Klassifizierung von Mehrschichtparkett auf Fußbodenheizungen gab Prof. Andreas Rapp ein Update. Praxisrelevant in Bezug auf die baulichen Voraussetzungen sind aus seiner Sicht die gemäß DIN EN 1264 empfohlenen Bodentemperaturen von 26° C im Mittel sowie 29° C bis 35° C in Spitzen. Zudem sei die relative Luftfeuchte in Wohnräumen mit Werten unter 30 % rLF heute generell niedriger als in der Vergangenheit und vom Nutzer nur bedingt beeinflussbar.
Die Angaben in manchen Datenblättern von Mehrschichtparkettprodukten erreichen beide Parameter nicht und sind daher laut Rapp unrealistisch und nicht dauerhaft haltbar. Schäden wie Delaminierungen, Risse und Verformungen der Stäbe sind als mögliche Folge dem Handwerk hinlänglich bekannt. Damit der Parkettleger seiner Beratungspflicht gegenüber dem Kunden in diesem Szenario realistisch nachkommen kann, bedürfe es einer praktikablen Produktklassifizierung, die den tatsächlichen Verhältnissen Rechnung trage, so der Appell des Professors für Holztechnik an das Publikum.
24 Stunden bei 60° C als MesslatteDiesen Faden nahm Dr. Dirk Lukowsky in seinem Vortrag auf, in dem er Ergebnisse zu Untersuchungen von Deckschichtablösungen an Mehrschichtparkett vorstellte. Die Arbeit ist Teil des aktuell am Fraunhofer-Institut für Holzforschung in Braunschweig unter Beteiligung der Verbände ZVPF und VDP durchgeführten Projekts "Parkettkleber". Die Wissenschaftler haben unter anderem 19 handelsübliche Parkettsorten in der Klimakammer über eine Dauer von 30 Tagen und unter wechselnden Bedingungen einem Stresstest unterzogen und anschließend die Holzfeuchte gemessen. Trotz extremer Untertrocknung mit Werten unter drei Prozent hielt die Verklebung Lukowsky zufolge bei fast allen Sorten stand, nur vereinzelt zeigten sich Holzrisse oder lokale Ablösungen.
Auch eine Verklebungsprüfung von 40 Parkettproben unter den Bedingungen der für Möbelprüfungen eingesetzten ISO 26842 hätten alle handelsüblichen Parkett-s-
orten bestanden. Praktischer Tipp von Dirk Lukowsky an die Parkettleger: Man müsse ein Mehrschichtparkett nur 24 Std. bei einer Temperatur von 60° C in den Ofen legen, um zu prüfen, ob es den Anforderungen genügt. Er empfahl die ISO-Vorgaben (entsprechend 24 Std. bei 60° C) als Messlatte für eine Mindestqualität und die strengeren ANSI-Kriterien (entsprechend 24 Std. Wasserlagerung) als Messelatte für eine erhöhte Qualität. Mit Blick auf Reklamationen stellte der Holzsachverständige fest: "Natürlich können Sachverständige immer sagen, das Parkett ist untertrocknet, vielmehr muss aber doch die Qualität der Verklebung hinterfragt werden."
Verschiedene Projekte, ähnliche PrüfverfahrenEbenfalls mit der Leimstoffverklebung von Mehrschichtparkett beschäftigt sich noch eine weitere derzeit laufende Forschungsarbeit. Über den aktuellen Stand des Projekts "EUROPArquet", an dem sich europäische Parketthersteller beteiligen und das am Institut für Holztechnologie Dresden und der Holzforschung Austria durchgeführt wird, berichtete Dr. Falco Wepner, Leiter technische Produktentwicklung bei Hamberger. Bislang wurden für die Auswertung mittels Methodenscreening bereits über 2.500 Prüfstücke mit diversen Vorbehandlungsverfahren variierenden Klimabedingungen (Trocknung, Feuchte und Kochtest) unterzogen. Derzeit arbeitet man an der Auswertung der Testreihen, die demnächst veröffentlicht werden sollen.
Insgesamt zeigten die Vorträge, dass die Institute für ihre Untersuchungen zur Problematik der klimabedingten Beanspruchung von Mehrschichtparkett ähnliche Prüfverfahren verwenden. Ein bereits von der einen oder anderen Stelle angeregter Dialog zwischen den Beteiligten der jeweiligen Projekte dürfte daher durchaus fruchtbar sein. Deutlich wurde aber auch - nicht zuletzt angesichts der angeregten Diskussionen während und zwischen den Vorträgen, dass die bislang aus den Untersuchungen abgeleiteten Vorschläge für die gewünschte Klassifizierung noch einige Hürden nehmen müssen, bevor sie vom Labor in der Handwerkspraxis ankommen.
Prof. Andreas Rapp:
SMP-Auflösungen - Grundieren und spachteln hilft
Diskutiert wurde in Braunschweig auch über Auflösungsprobleme von Silanklebstoffen. Einige ältere elastische SMP-Produkte mit hohem Weichmacheranteil wurden im Laufe der Zeit in Randbereichen pulvrig, verloren dadurch die Haftung zum Parkettboden, der als Folge vermehrte Hohlstellen aufwies, hat Dr. Andreas Rapp festgestellt. Wärme - von Fußbodenheizung und großen Fensterflächen - würde die Zersetzung beschleunigen. Weniger Schadensfälle gibt es auf vorgestrichenen und gespachtelten Flächen, erläuterte Rapp. Ein Großteil der Hersteller der betroffenen silanmodifizierten Produkte hätte mittlerweile zwar die Rezeptur der mineralischen Füllstoffe optimiert, dennoch gäbe es am Markt noch Klebstoffe, bei denen es zu Festigkeitsverlusten kommen könnte. Rapp rät zu einem Dialog zwischen Industrie und ZVPF, um dem Verarbeiter schon allein aus haftungsrechtlichen Gründen mehr Sicherheit zu geben.
Dr. Jörn Haferkorn:
Lack und Öl - Lösemittelfrei mit Nebenwirkungen
Häufige Diskrepanz zwischen Werbeaussage und Ergebnis gibt es auch bei Produkten für die Oberflächenbehandlung. Großmundigen Versprechungen wie "100 % lösemittelfrei" kann man nicht trauen, sagte Dr. Jörn Haferkorn in seiner kritischen Betrachtung. Wasserbasierte Lacke enthalten zwar weit weniger Lösemittel als lösemittelbasierte, trotzdem könnten aus diesen Produkten gesundheitlich bedenkliche Stoffe ausdünsten. Die Anbieter drehen an gewissen Stellschrauben, damit am Ende "null" rauskommt, hat der Laborleiter von Loba festgestellt. Die "sensationellen Werte" einer beispielhaft aufgeführten Dispersion seien mit Nebenwirkungen erkauft worden. Die Mindestfilmtemperatur ist niedrig, die Oberfläche dagegen gering hart und schlecht schleifbar (Zwischenschliff). Aus den flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) werden sehr flüchtige organische Verbindungen (SVOC) - mit nachgelagerter Emission als Folge. Und die Erhöhung des Vernetzeranteils (Härter) macht ein intensiveres Mischen erforderlich und treibt den Preis des Produkts in die Höhe.
Kritisch sieht er ebenfalls die Verwendung der Bezeichnung Öl im Hartwachsöl. Wird es schichtbildend aufgetragen, erreicht man genauso wenig eine offenporige Oberfläche wie mit einem UV-Öl. Zumal bei der Anwendung eigentlich eine Atemschutzmaske getragen werden muss, da es dem Giscode Ö60 (stark lösemittelhaltig) zugeordnet ist. Während die Bauberufsgenossenschaft aktuell an einer weiteren Einschränkung von Hartwachsöl arbeitet, empfiehlt Haferkorn Ö20- oder Ö40-Produkte als zwar nicht billige oder zeitsparende Alternativen, aber "sie sind glaubhafter gegenüber dem Kundenwunsch".
aus
Parkett Magazin 01/16
(Wirtschaft)