Heimtextil – Deko, Gardine, Möbelstoffe

Die Branche gibt Stoff

Die Heimtextil bleibt die wichtigste internationale Leistungsschau für Deko- und Möbelstoffe. Aus nationaler Sicht fehlt zwar nach wie vor der deutsche Raumausstatter. Aber das tut dem Optimismus in der Branche keinen Abbruch. Man hat gelernt, mit den Schwierigkeiten umzugehen.

Die Vorzeichen für einen gelungenen Jahresauftakt waren gut: Zusätzliche Flächen für die Bereiche Deko- und Möbelstoffe hatte die Messeleitung im Vorfeld der Heimtextil angekündigt. Aber zum Gelingen einer Messe tragen eben nicht nur die Aussteller, sondern auch die Besucher bei. Insgesamt sollen es mehr gewesen sein als im Vorjahr. Nur einer wurde wieder vermisst: der deutsche Raumausstatter. "Es fehlt der Norden, der Süden, der Osten - Frankfurt verkommt zur Regionalmesse", meinte Burkhard Koop, Geschäftsführer der Heco. Sascha Dempwolff, Vertriebsleiter Porschen, ergänzte: "Die guten hochwertigen Raumausstatter sind weg geblieben, weil der größte Teile der Aussteller, mit denen sie zusammenarbeiten, fehlten." Und so wurde viel über die Entscheidung diskutiert, die Veranstaltung von Dienstag bis Freitag statt wie bisher von Mittwoch bis Samstag stattfinden zu lassen.

Insbesondere am ersten Messetag fehlte die Frequenz. "Es kamen kaum deutsche Kunden", erklärte Hendrik Unland, Geschäftsführer Unland, bei dem in der Regel 90 % der Besucher auf dem Stand Raumausstatter sind. So mancher unkte, dass viele die Verschiebung nicht mitbekommen hätten, erst am Samstag kommen und dann vor verschlossenen Toren stehen würde. Was übrigens nicht der Fall war: "Es waren glücklicherweise nur vier Besucher am Eingang City, wovon zwei gerne das Angebot rund um ,Heimtextil goes City’ angenommen haben. Es gab auch keinen bösen Kommentar", lautete das Resümee von Thimo Schwenzfeier, Leiter Marketing-Kommunikation bei der Messe Frankfurt. Insofern hätte es sich auch nicht gelohnt, dort noch aus dem Kofferraum heraus seine Kollektionen anzubieten, wie böse Zungen es während der Messe vorgeschlagen hatten.

Wie dem auch sei, viele Aussteller teilten wohl die Einschätzung von Reinhold Hampl, Geschäftsführer Sonnhaus: "Der normale Raumausstatter kann nicht mitten in der Woche schließen, um zur Messe zu gehen. Ich würde mich deshalb für den Samstag als Messetag aussprechen."

"Frankfurt hat sich für uns zur Groß-Vertriebsplattform entwickelt", zog Marc Oliver Jayme, Vertriebsleiter Stoeckel & Grimmler Bilanz. Doch auch bei Firmen, die ihr Hauptgeschäft mit Großkunden bereits an den beiden Vor-Messetagen absolvieren, gab es Kritik an der Umstellung. "Früher hatte ich bereits am Dienstag alle wichtigen Kunden durch - vor Messbeginn. Dieses Mal sind die Kunden auch am Dienstag gekommen. Für mich bedeutet das effektiv einen Tag weniger. Wir hatten am Dienstag extrem viel Stress", so Jayme.

War es also ein misslungener Start ins Jahr? Beileibe nicht. Denn die Stimmung unter den Besuchern war gut, die Kunden waren regelrecht "heiß" auf Neuheiten.

Funktionalität gewinnt weiter an Bedeutung

Mit funktionalen Textilien, guten Qualitäten und stofflichen Alternativen im Bereich Sonnenschutz versucht die Branche neue Einsatzbereiche für ihre Produkte zu finden. Klimatisierend, schallabsobierend, antimikrobiell, dimmend, wasserabweisen oder flammhemmend schöpfen die Neuentwicklungen die Möglichkeiten von polymeren Fasern aus. Oftmals sind diese Stoffe heute mit ihrer schmeichelnden Haptik Naturgeweben wie Leinen und Wolle sehr ähnlich. So passen sich klimatisierende Textilien dank Kapillareffekten schneller an die Umgebungstemperaturen an, kühlen bei Hitze und wirken bei Kälte wärmend. Leichte und transparente Akustikstoffe können fünf- bis sechsmal mehr Schall absorbieren als herkömmliche Vorhangstoffe. Textilien mit permanent antimikrobieller Ausrüstung eignen sich hervorragend für Allergiker.

Als Alternative zum Standardplissee bieten immer mehr Webereien individuelle Sonnenschutzprodukte mit gewebten Stoffen an. "Das ist die Chance für den Raumausstatter, sich mit wertigen Sonnenschutzprodukten, die nicht an jeder Ecke zu kaufen sind, von der Konkurrenz abzuheben", so Hendrik Unland. "Sonnenschutz mit Stoff zu verkaufen ist das Ziel", meinte Neutex-Geschäftsführer Ulrich Venhoff und stellte fest: "Früher war der Sonnenschutz das Anhängsel, heute ist es umgekehrt."

Das Personalkarussell dreht sich

Aber nicht nur über neue Produkte gilt es zu berichten, auch über eine ganze Reihe von Personalien. Etwa bei Geos Geilfuß: 18 Jahre lang war Manfred Juling dort Geschäftsführer; Ende 2015 hat er den Osnabrücker Textilverlag verlassen, um sich anderen Aufgaben zu widmen. Seit Jahresbeginn bilden nun der Gesellschafter Karl-Wilhelm Geilfuß und seine Tochter Katharina Geilfuß die Geschäftsführung.

Bei Rovitex teilen sich seit Jahresbeginn Detlef Müller und Norman Becker die Vertriebsleitung und sind auch Mitglieder der Geschäftsleitung. Die beiden waren in der Vergangenheit als Vertriebsleiter bei Indes Fuggerhaus unter Vertrag. Detlef Müller ist künftig auch für die Kollektionsgestaltung verantwortlich. Der bisherige Rovitex-Vertriebsleiter Christian Wienecke konzentriert sich jetzt auf den Innendienst in der Deutschlandvertretung des ungarischen Heimtextilienanbieters.

Beim Mareinheider Textilverlag Indes Fuggerhaus wiederum gibt es eine ganze Reihe neuer Gesichter bzw. Zuständigkeiten im Außendienst. Rainer Kozlowski betreut die Kunden im Westen Nordrhein-Westfalens. Sebastian Gößnitzer ist für Sachsen, Sabine Hawelkadie jetzt für Bayern verantwortlich und Marko Wilhelm für Niedersachsen West. Der Groß- und Einzelhandelskaufmann Christian Olfert ist für Luxemburg, Belgien und als Key Account für Übersee zuständig.

Lorant Fülöp, lange Jahre verantwortlicher Designer bei Fürus, hat sich mit Lorant Design selbständig gemacht. Petra Götte ist nach einem dreieinhalbjährigen Intermezzo als Designerin und Assistentin der Geschäftsleitung bei der Heco wieder zu Jab Anstoetz in die Design-Abteilung zurückgekehrt.

Im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation der Branche bleibt Russland natürlich ein großes Thema. Dort ist keine Verbesserung der Nachfrage zu erwarten. Die schwache chinesische Konjunktur spielt hingegen kaum eine Rolle.

Erfreulich ist der niedrige Ölpreis, der für zumindest stabile Preise bei Polyester sorgt. Trotzdem war von Schwierigkeiten zu hören: "Die meisten Spinnereien gibt es in Korea, da wird das Rohpolyester gemacht, aus dem in Italien und Deutschland das Rohmaterial eingefärbt und versponnen wird", erklärte Claus Wölfel. "Aber nach der Pleite der einen oder anderen Spinnerei ist es inzwischen schwierig, eine adäquate Faser zu bekommen ist. Zudem sind die Importe aus der Türkei und Indien aufgrund der Ausweitung der dortigen Webproduktion zurückgegangen."
aus BTH Heimtex 02/16 (Wirtschaft)