Imm Cologne

Halle 9 wirdwieder attraktiver


Köln. Mit rund 80.000 Fachbesuchern aus 128 Ländern verzeichnete die Kölner Möbelmesse Mitte Januar einen leichten Zuwachs. Der Sleep-Halle 9 merkte man das Bemühen von Veranstaltern wie Ausstellern an, die Präsentationen aufzuwerten. Halle 5.2 als Ausweichquartier blieb hingegen eher unattraktiv für den Bettenfachhandel. Während bahnbrechende Neuheiten ausblieben, setzt sich der Boxspring-Trend unvermindert fort. Das gefällt nicht jedem.

Ich habe noch nie eine Messe erlebt, bei der es so wenig News gibt. Die Leute gehen ihren Geschäften nach, es wird nicht gemeckert, aber vieles hoch gelobt." Dr. Ulrich Leifeld, Geschäftsführer des Fachverbandes Matratzenindustrie, blickte bereits zur Messehalbzeit recht entspannt auf die Tage in Köln.

In der ansprechend gestalteten Sleep-Lounge in Halle 9 führte er zwar fast ununterbrochen Gespräche, aber die strapazierten mehr die Leifeldsche Stimme, als dass sie die Stimmung getrübt hätten. "Es gibt momentan keine großen Themen, die die Branche bewegen", so der Verbands-Geschäftsführer. "Der Ärger um die Stiftung Warentest ist abgeebbt. Wichtig ist, dass wir auf lange Sicht die Dinge angehen, die uns stören, beispielsweise, dass die Prüfparameter der StiWa nicht offengelegt werden", so Leifeld.

Der Matratzenverband unterstütze den Bettenfachhandel, wo es gehe. "Aber wir können nicht alleine vorangehen. Bei allem, was besprochen wird, geht es immer erst ums Geld, bevor überhaupt inhaltlich klar ist, was passieren soll." Will sagen: Die Bemühungen aus dem letzten Jahr, branchenübergreifend mit einer Imagekampagne der Stiftung Warentest die Stirn zu bieten, scheitern am Kleinklein der unterschiedlichen Akteure. In Köln, da hatte Leifeld recht, war der Ärger aus dem vergangenen Jahr schon kein Thema mehr. Ob das nun für oder gegen die Branche spricht, sei dahingestellt.

Am Rande der Messe holte der Matratzenverband dennoch mehrere Verbandsvertreter an einen Tisch, um über den neuen EU-Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft zu diskutieren. Denn der wirkt sich auch auf das Thema Matratzenrecyling aus, und da tut gut daran, wer sich rechtzeitig wappnet. "Es muss geklärt werden, was der beste Weg beim Recycling von Matratzen ist, der dann auch noch ökologisch Sinn ergibt", erklärte Leifeld. Öffentlich äußern wollte sich im Anschluss an das Treffen aber keiner der geladenen Gäste aus Verbänden und Industrie.

Allein, vor dem Recyclen steht natürlich das Verkaufen von Matratzen und Schlafsystemen - dazu ist eine Messe ja schließlich da. Und wer gut verkaufen will, muss sich ansprechend präsentieren, um die Aufmerksamkeit des Publikums zu erlangen. Unterm Strich kann man sagen, dass sich die Aussteller in diesem Jahr deutlich Mühe gaben, die Halle 9 optisch aufzuwerten und mit ihrem Standbau teilweise einen erkennbaren Schritt nach vorne gingen. Wobei sich auch im Sleep-Segment zuweilen die Wagenburg-Mentalität aus anderen Hallen durchsetzt, wo ringsum hohe Wände wenig einladend wirken, um spontan einen Stand zu betreten.

Gleichwohl machte die Halle 9 einen sehr soliden Eindruck, und die in der Hallenmitte durch den Matratzenverband gestaltete Eventfläche, die so genannte Sleep-Lounge, zauberte mit ihren stilisierten Bäumen sogar etwas Frühlings-Atmosphäre herbei, zumal, wenn die tief stehende Sonne in die Halle schien und die Blätter der Natur-Attrappen besonders grün strahlen ließ. Erstmals hatte der Verband die Fläche aufgeteilt und neben einem reservierten Bereich auch ein öffentliches Café geschaffen, so dass Messebesucher sich auf eine zu bezahlende Tasse Kaffee oder ein Stück Kuchen niederlassen konnten, ohne jene Plätze zu okkupieren, die für Verbands-Termine oder andere geschäftliche Gespräche dann in der Vergangenheit häufig fehlten - eine gute Entscheidung.

Als wichtiger Frequenzbringer war Tempur Sealy in diesem Jahr wieder in die Halle 9 zurückgekehrt und fehlte damit in Halle 5.2, wo es dem Recticel-Konzern vorbehalten war, als letzter Big Player für Andrang zu sorgen. Dort war zwar mit der Marke De Rucci noch ein weiterer größerer Stand platziert, aber ob dies im Verbund mit den weiteren kleineren Firmen dauerhaft ausreicht, um den Fachhandel erfolgreich in die Halle zu locken, bleibt mehr als fraglich - zumal, wenn Recticel 2017 aufgrund seines zweijährigen Turnus wieder fehlt. So bleibt die Halle jedenfalls ein wenig attraktives Anhängsel.

Da hatte die Halle 9 dem interessierten Publikum schon mehr zu bieten. Hier sind zunächst einmal die Mitglieder des Matratzenverbandes zu nennen, deren Halle die 9 klassischerweise ist. Die EuroComfot-Group präsentierte wie gehabt ihre starken Marken, allen voran Brinkhaus und Badenia. Diamona, Ergovital, Fey (mit einem sehenswerten neuen Stand), Hilding Anders, Rummel und, wie bereits erwähnt, Tempur Sealy - sie gaben der Halle das Gepräge. Allerdings fiel auch auf, welche Verbandsmitglieder nicht in Köln ausstellten: So fehlten erneut Akva Waterbeds und Bast, aber auch Dunlopillo, die 2015 noch an Bord waren und sich dem Vernehmen nach mit Fey im Wechsel die Fläche teilen wollten. Hier darf man angesichts des aktuellen Insolvenzverfahrens beim Mutterkonzern Cauval gespannt sein, was 2017 geschieht.

Ebenfalls dabei waren wichtige Aussteller wie Frankenstolz. Das Unternehmen hatte sich nach dreijähriger Abwesenheit auf der Heimtextil bereits in Frankfurt gezeigt, wohin auch Technogel in diesem Jahr seine Fühler ausgestreckt hatte. Ebenfalls in Frankfurt (aber auch nur dort) vertreten war Manfred Greiner, der dort mit RöWa einen bemerkenswerten Akzent setzte, mit Selecta-Matratzen aber auch Mitglied des Matratzenverbandes und dessen Vorsitzender ist - in Köln hingegen fehlt.

Wie sich dies alles in Zukunft entwickelt, vermag niemand so recht zu sagen. Frankfurts Interesse an hochwertigen, für den Bettenfachhandel interessanten Matratzen-Ausstellern ist unübersehbar. Angesichts des Aufwandes an Zeit und Kosten, den nicht nur die ausstellenden Unternehmen, sondern natürlich auch die Messebesucher leisten müssen, ist hier sicherlich noch viel Musik drin.

Aber auch in Köln wurde das Bemühen deutlich, mit Halle 9 einen starken Auftritt zu bieten. Und immerhin waren ja auch prominente Rückkehrer zu begrüßen wie beispielsweise das niederländische Unternehmen Auping. Bemerkenswert auch der neue Messestand des belgischen Matratzen- und Boxspringbetten-Herstellers Veldeman, der seit langem schon um einen der Marke Velda entsprechenden Messestand kämpfte und sich in diesem Jahr noch einmal um 100 Quadratmeter repräsentativ und recht auffällig vergrößerte.

Apropos Boxspring: Dieser Trend hält unvermindert an, wie ein Rundgang durch das gesamte Sleep-Segment deutlich machte. Sowohl in Halle 9 als auch in Halle 5.2 war dies das vorherrschende Thema, was angesichts des Marktanteiles nach wie vor überrascht. Mancher spricht schon mit Blick auf Halle 9 von einer Boxspring-Halle, so wie Matratzenverbands-Vorsitzender Manfred Greiner, der gegenüber der Haustex bereits in Frankfurt angemerkt hatte: "Da stellt sich die Frage: Ist das noch die Halle des Bettenfachhandels?" In der Tat ist das Boxspring-Thema in Köln überrepräsentiert. Andererseits kann man niemandem einen Vorwurf machen, der das Trendthema pusht - der Verbraucher entscheidet schließlich, was er kaufen möchte. Bei einer Stückzahl von jährlich etwa einer Million verkaufter Boxspringbetten hierzulande kann man sich der Entwicklung nicht entziehen, ob man dies als Hersteller oder Händler nun mag oder nicht.

Wobei nach wie vor klassische Matratzen und Schlafsysteme ein wesentlicher Schwerpunkt der Messe sind, wenn man nur genau hinschaut. Schaum, Latex, Federkern, Gel - die gesamte Bandbreite an Materialien und Techniken ist vertreten, ebenso die Vielfalt an Produkten für unterschiedliche Geldbeutel und Zielgruppen. Allerdings: Das Rad wird auch auf der Möbelmesse nicht ständig neu erfunden - was ja den ein oder anderen Matratzenhersteller bereits dazu gebracht hat, nur alle zwei Jahre nach Köln zu kommen, da der Neuheiten-Druck sonst zu groß wird und nicht in jedem Jahr ein revolutionäres Produkt zu präsentieren ist. Nicht zuletzt will auch der Handel abverkaufen können, ohne sich ständig umstellen zu müssen.

So fehlte denn im Sleep-Segment in diesem Jahr auch etwas, das man getrost als Weltsensation hätte feiern können - geschlafen wird weiterhin im Liegen. Oder, um es etwas ernsthafter auszudrücken: Es gab nichts, was die Branche so noch nicht in der ein oder anderen Weise gesehen hätte. Allerdings: Ein zartes Trendpflänzchen wuchs in Halle 5.2, wo die Start-up-Firma Grafenfels ausstellte, die mit gerade einmal fünf Matratzen jedes Schlafbedürfnis bedienen will. Entsprechend puristisch fiel die Standgestaltung aus.

Dahinter verbirgt sich mehr als ein knappes Standbau-Budget: Grafenfels will den Endverbaucher mit einem möglichst simplen Konzept überzeugen, ohne große technische Details, umfangreiches Vermessen und all die technischen Raffinessen, die Matratzen und Schlafsysteme häufig in den Rang von Hightech-Produkten heben, die Emotionalität des Kaufens und die Sinnlichkeit des Schlafens aber schnell in den Hintergrund rücken.

Die neue Einfachheit machen immer mehr Unternehmen zum Thema. Das Online-Möbelhaus Home24 bietet eine Matratze für alle, die so genannte Anti-Kartell-Matratze erhielt sogar noch die höheren Weihen der Stiftung Warentest - da zeichnet sich eine Entwicklung ab, die noch spannend werden kann. Zumal ein Unternehmen wie Grafenfels zwar online verkauft, gleichzeitig aber auch den stationären Fachhandel im Blick hat und keineswegs niedrigpreisig unterwegs ist. Egal, wie man dieses konkrete Beispiel bewertet: Ein paar frische Vermarktungs-Ideen können jedenfalls nicht schaden, wenn der Bettenfachhandel die heute junge Online-Generation dauerhaft an sich binden will.

Der Fachhandel ist auch die Zielgruppe eines Unternehmens, das die Kölner Aufmerksamkeit zwar nutzen wollte, aber dennoch nicht auf der Möbelmesse ausstellte. Der norddeutsche Matratzenhersteller Werkmeister hatte sich zwei Tage in einer schicken Eventlocation am Rheinauhafen eingemietet, um sich dort seinen Kunden zu präsentieren. Mit Erfolg, wie Geschäftsführer Manfred Sailer berichten konnte: Schon am ersten Tag wurden über 30 Handelspartner begrüßt und zahlreiche Platzierungen getätigt. Mit einem Shuttle-Bus wurden die Kunden zwischen der Messe und der Sonderausstellung hin und her gefahren.

Ähnlich hält es auch der MZE mit seiner eintägigen Präsentation in einem nahegelegenen Hotel. Auch dort war der Andrang groß, zumal die Türen bis 22 Uhr geöffnet wurden, was den Besuch der Messe sowie der Verbandsschau möglich machte. Vorteil für Werkmeister wie für den Einkaufsverband: Der zeitliche Aufwand ist begrenzt, die Kosten überschaubar - die Möbelmesse dauert schließlich volle sieben Tage, und das ist nach wie vor ein Thema. Denn wenn ab Freitag die Endverbraucher einfallen, ist für Verkäufer eigentlich nichts mehr zu holen. Gezahlt werden muss trotzdem - das ist auf Dauer unbefriedigend.

Was die Frequenz angeht, hat sich der Dienstag als ein starker Tag entpuppt, auch der Mittwoch läuft in aller Regel sehr zufriedenstellend. Kein Wunder: Zwischen den beiden Tagen liegt die Nacht, und die gehört traditionell der Messeparty meet@sleep. Sie ist ein beliebter Treffpunkt der Branche, wobei zunehmend der Eindruck aufkommt, dass auch immer mehr Gäste den Weg in Halle 9 finden, die zwar privat täglich mit dem Thema Schlafen zu tun haben, aber eben nicht beruflich.

Unschöner Höhepunkt war in diesem Jahr eine handgreifliche Auseinandersetzung auf der Tanzfläche - das muss wirklich nicht sein. Denn nach wie vor bietet ein solcher Abend eine schöne Gelegenheit, sich abseits des Geschäftlichen auszutauschen und näherzukommen, auch einmal ausgelassen zu feiern und bei einem gepflegten Kölsch die Lage der Branche zu diskutieren oder deren neuesten Klatsch zu hören. Etwa über die vielen "Berater", die den Messebesuch unter Networking verbuchen (was in Ordnung geht), aber eher als Jobbörse nutzen (was ebenfalls in Ordnung geht). Dies alles funktioniert übrigens um so besser, je weniger voll die Hütte ist - denn wenn man im Gedrängel vor lauter vermeintlichen oder tatsächlichen Kollegen seine Gesprächspartner aus den Augen verliert, ist niemandem gedient. Und, auch das muss gesagt werden: Beim Catering gibts durchaus Luft nach oben - da geht noch mehr als lauwarme Currywurst.

Seis drum - die wirklich wichtigen Dinge werden ohnehin an den Ständen besprochen. Und dort zählt, welche Fachbesucher gekommen sind - nicht nur quantitativ, sondern vor allem qualitativ. Aus Sicht der Koelnmesse ist die imm Cologne insgesamt positiv verlaufen, auch wenn die Messe auf die Qualität der Besucher wenig Einfluss hat und nur die nackten Zahlen liefern kann. Mit rund 80.000 Fachbesuchern aus 128 Ländern verzeichnete die Veranstaltung einen leichten Zuwachs (4,8 Prozent) bei den Fachbesuchern im Vergleich zu 2014, das als Vergleichsjahr ohne die Living Kitchen herangezogen wird.

Der Anteil der Besucher aus dem Ausland lag bei 46 Prozent (bezogen auf die Fachbesuchertage). Gut entwickelt haben sich nach Angaben der Koelnmesse die Besucherzahlen aus Übersee, aber vor allem bei Besuchern aus Europa sei ein eindeutiges Plus registriert worden. "Dieses Ergebnis zeigt, die imm Cologne ist als Business-Event für die globale Einrichtungsbranche unerreicht", fasste Messechef Gerald Böse die Ergebnisse zusammen. "Hier handelt die Welt mit der Welt und daraus ergeben sich viele neue Chancen für exportorientierte Unternehmen."

Nicht nur bei den Ausstellern, sondern auch bei den Besuchern ist die imm Cologne in den letzten Jahren in puncto Internationalität auf Wachstumskurs. 2016 kamen deutlich mehr Einkäufer aus Europa, hier vor allem aus den Niederlanden, Großbritannien, Spanien sowie Österreich, zum anderen wurde ein deutliches Plus bei den Besucherzahlen aus Übersee, hier besonders aus den USA , China und Indien, verzeichnet. Insgesamt 120.000 Besucher - Schätzungen des letzten Messetages miteinbezogen - ließen sich von den Einrichtungswelten inspirieren, teilte die Koelnmesse in ihrem Abschlussbericht mit.
aus Haustex 03/16 (Wirtschaft)