Heimtextil 2016, Frankfurt

Hohe Qualität, verkäufliche Dessins


Über 69.000 Fachbesucher - also gut 1000 mehr als im Vorjahr - und 2866 Aussteller kamen im Januar zur Heimtexil nach Frankfurt. So steht es im offiziellen Bericht der Messe Frankfurt. Gefühlt war der Andrang auf den Ständen zwar etwas geringer als noch 2015, aber das könnte auch an den geänderten Messetagen gelegen haben. Erstmalig startete die Heimtextil bereits am Dienstag, also einen Tag früher. Der besucherschwache, ungeliebte Samstag entfiel. Viele Aussteller berichteten, dass sich die Besucher in diesem Jahr gleichmäßiger über die Tage verteilt hätten.

Viel wichtiger als Besucherzahlen und verschobene Öffnungstage sind aber die Trends und Neuheiten, die sich auf der Messe entdecken ließen. Um es gleich im Vorfeld klarzustellen: Eine starke Teppichmesse ist die Heimtextil nicht. Vor allem die Anbieter aus Indien halten der Messe die Stange und berichten von guten Kontakten zu großen internationalen Einkäufern. Ansonsten sind die Aussteller, die Teppiche im Sortiment haben, aber an einer Hand abzuzählen. Wer nur Teppiche sehen möchte, kann sich die Reise nach Frankfurt sparen.

Ein Besuch der Messe lohnt sich aber trotzdem. Zum einen, weil es keine Messe gibt, die so umfassend über die Trends aus der Welt der Stoffe und Tapeten Auskunft gibt. Zum anderen, weil die -wieder einmal umgezogene - Trendshow und die vielen, vielen liebevoll dekorierten Messestände beinahe endlos viele Inspirationsquellen bieten.

Apropos Stoffe. Hier hat die Messe ordentlich zugelegt. Die Halle 4.0 bot neben den Anbietern von Digitaldruckanlagen (dazu später mehr) auch Platz für weitere Aussteller mit hochwertigen Stoffen. Hier ist und bleibt die Heimtextil die wichtigste Messe weltweit. Im Fokus liegt neben hoher Qualität die Funktionalität. Stoffe sind heute schallabsorbierend, klimaregulierend oder dimmend. Die Möglichkeiten synthetischer Fasern werden immer vielschichtiger und mittlerweile auch optisch und haptisch den Stoffen aus natürlichen Materialien sehr ähnlich. So möchte die Branche im Wettbewerb mit dem Sonnenschutz Paroli bieten. Dieser war mit immer dekorativeren Lösungen zur ernsthaften Konkurrenz für Dekostoffe und Gardinen geworden.

Der Bereich der Digitaldrucker wächst in Frankfurt von Jahr zu Jahr und zieht viele Besucher an. Bedruckt werden Stoffe und Tapeten, die so Geschäftsmodelle um Kleinstauflagen und Einzelanfertigungen möglich machen. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis diese Technik an die Erfordernisse der Teppichbranche angepasst wird.

Trendsetter auf der Heimtextil war in den letzten Jahren vor allem die Tapetenindustrie. Wer sehen wollte, welche Farben und Formen im Kommen sind, hat sich gleich in die Halle 3.1 aufgemacht, um dort die neusten Entwicklungen für die Wände zu erkunden. Dieses Mal wurde die Branche ihrer Vorreiterrolle nicht ganz gerecht. Die schwierige Lage auf den Exportmärkten lässt die Risikobereitschaft bei der Produktentwicklung sinken. Besonders die Krise im für Tapeten so wichtigen Russland hat die Umsätze in der Tapetenindustrie empfindlich gedrückt. So hat der Ölpreisverfall nicht nur positive Auswirkungen. Zwar stärkt er die Kaufkraft im Inland, schadet aber der exportorientierten Industrie - zu der die deutschen Tapetenhersteller mit einer Ausfuhrquote von 60 bis 70 % zählen. Erschwerend hinzu kommen die neuen Schutzzölle auf Tapeten in der Türkei.

Keine gute Zeit also, beim Design viel zu wagen. Das Resultat waren verkäufliche Kollektionen in guter Qualität. Der Modeschöpfer Guido Maria Kretschmer hob dann auch deutlich hervor, dass seine für P+S entworfene Kollektion "Fashion for Walls" die breite Massen ansprechen soll. Für jeden Typ und Geschmack sei etwas dabei. Spezieller sind dagegen die Tapeten von Nena von Marburg. Sie zeigen an die 1980er-Jahre erinnernde Muster in teils kräftigen und schrillen Farben. Marburg zeigt hier ohne Zweifel den Mut zu unkonventionellen Dessins und will damit neue Käuferschichten auf dem deutschen Markt ansprechen.•
aus Carpet Magazin 02/16 (Wirtschaft)