Holzring-Symposium 2016: Rekordbeteiligung mit 220 Führungskräften

Die Holzbranche gestaltet die digitale Transformation

Das Holzring-Symposium steht für den Dialog mit Kunden, Lieferanten und Partnern sowie für Wissens-transfer. Hauptthema der diesjährigen Veranstaltung im Mai in Frankfurt war der Einfluss der Digitalisierung auf die Unternehmen der Holzwirtschaft. Welchen Marktanforderungen müssen sich Großhandel, Industrie und Kunden künftig stellen - und welche Voraussetzungen gilt es dafür zu schaffen? |Aus Frankfurt berichtet Imke Laurinat

Um sich in kollegialer Atmosphäre über Branchenthemen auszutauschen, kommen auf dem alljährlichen Holzring-Symposium im Nachgang der Gesellschafterversammlung traditionell nicht nur die Holzring-Mitglieder zusammen; auch Vertreter und Führungskräfte der weiteren Handelskooperationen und der Lieferanten sind gern gesehene Gäste. Alles in allem zählte die "Familienveranstaltung", wie Holzring-Geschäftsführer Olaf Rützel die Zusammenkunft im Frankfurter Kempinski-Hotel bezeichnete, in diesem Jahr somit rund 220 Teilnehmer und markierte damit einen neuen Rekord.

Die aktuelle Marktsituation für die Holzbranche und die angelagerten Bereiche sei sehr gut, sagte Rützel in seiner Begrüßungsrede. Entscheidende Eckfaktoren wie eine stabile Nachfrage, eine geringe Arbeitslosenquote und ein niedriges Zinsniveau würden stimmen und sich auch weiterhin positiv in den Unternehmen auswirken. In den ersten vier Monaten 2016 erzielte Holzring ein Plus von 9% beim zentralregulierten Umsatz. In absoluten Zahlen summierte sich das Gesamteinkaufsvolumen der Kooperation per Ende April auf 285 Mio. EUR (Vorjahr: 260 Mio. EUR). Die Zahl der Gesellschafter blieb nahezu unverändert, während die Zahl der Standorte leicht anstieg.

Nichtsdestotrotz habe die Branche es nach wie vor mit einem Verdrängungswettbewerb und einer zunehmenden Rivalität der bestehenden Unternehmen zu tun. "Der Markt, in dem wir uns bewegen, ist relativ stabil. Aber die Zahl der Betriebe, die darin agieren, wird rasant weniger", konstatierte Rützel und belegte den kontinuierlichen Schrumpfprozess mit deutlichen Zahlen: Gab es im Jahr 1997 noch 2.247 steuerpflichtige Holzhandelsbetriebe in Deutschland, so waren es im Jahr 2013 nur noch 1.624.

Umso wichtiger ist es für die Unternehmen, sich mit den Themen der Zukunft auseinanderzusetzen. Mit Blick auf das Thema des Tages - dem weiten Feld der Digitalisierung und ihre Folgen - stimmte Olaf Rützel das Publikum auf die folgenden Vorträge ein: "Wir sind über die Wissens- und Servicegesellschaft im Zeitalter der Datengesellschaft angelangt. Das bestimmt unser Leben - und es bestimmt vieles von dem, was Sie als Unternehmer und Führungskräfte demnächst erwartet." Mit dem Ausbau der digitalen Absatzkanäle kämen neue Wettbewerber auf den Holzhandel zu. Zum einen sei es nur noch eine Frage der Zeit, bis mächtige E-Commerce-Betreiber wie Amazon auch im Holzsegment aktiv würden, zum anderen positionierten sich auch Traditionsunternehmen mit einer konsequenten E-Business-Strategie. Prominentes Beispiel ist die Firma Würth. Rützel: "Der zukünftige Wettbewerb findet nicht zwischen den unterschiedlichen Unternehmen statt, sondern zwischen den unterschiedlichen Wertschöpfungsketten. Die Bildung strategischer Allianzen ist auch für den Holzgroßhandel ein Rezept für die Zukunft."

Dabei gelte es, den Kunden elektronisch anzubinden. Denn bis 2030 werde sich nach Experten-Prognose E-Commerce über alle Vertriebsstufen hinweg zu einem wesentlichen Absatzkanal entwickeln. Zwar ordern nach einer Umfrage heute erst 21 % der Handwerker ihre Waren online, aber mit dem Generationenwechsel würden alle Gewerke in der digitalen Geschäftswelt angekommen sein.

Neue Wege der Kundenansprache

Wie ein Holzwerkstoffhändler den Wandel der Arbeitswelt in den Niederlanden erfolgreich gemeistert hat, schilderte Bart Dekkers, Geschäftsführer von Baars & Bloemhoff. Das Hauptgeschäft des Holzring-Mitglieds sind Dekorplatten für den Innenausbau und die Fertigung von Kleinserienmöbeln. In der Folge der bis 2014 anhaltenden Baukrise in den Niederlanden nahm die Zahl der selbstständigen Architekten deutlich zu. Bart Dekkers: "Wir wollten diese Architekten treffen. Um ihnen einen geeigneten Ort zur Verfügung zu stellen, überlegten wir, welche Bedürfnisse sie haben." Zusammen mit neun Partnern, darunter auch Forbo und DRT Floren, entstand so in Eindhoven das Broeinest, auf Deutsch Brutstätte. Entgegen klassischen Ausstellungsräumen bietet es flexible Arbeitsstationen, Werk- und Besprechungsräume sowie ein Café. Herzstück ist eine 700 m2 große Präsentationsfläche mit über 2.000 Produkten für den modernen Innenausbau. Im Januar 2015 eröffnet, zählt das Broeinest bis heute über 6.000 Besucher.

"Wir haben jetzt Kontakt mit einer Gruppe, deren flüchtige Bekanntschaft wir früher auf Messen gemacht haben, weil wir ihnen einen Ort für Begegnung und Inspiration in einer nicht als kommerziell empfundenen Umgebung bieten", resümiert Dekkers über einen in dieser Art wohl einzigartigen Showroom. Das Umsatzwachstum in Eindhoven belaufe sich zwei Jahre in Folge auf 15 %. Dank dieses Erfolges soll in Kürze ein zweites Broeinest in Rotterdam eröffnet werden.

Intensiv mit den Auswirkungen der Digitalisierung beschäftigt hat sich hingegen das Unternehmen Carl Götz aus Neu-Ulm. Geschäftsführer Maximilian Zumsteg: "Es gilt, dem Thema Digitalisierung mit Weitblick, Besonnenheit und dem richtigen Gespür zu begegnen. Um den Online- und Offline-Handel sinnvoll zu verbinden, müssen die richtigen System-Voraussetzungen geschaffen werden." Als zwei wesentliche Faktoren hob er die immens wachsenden Datenmengen sowie die zunehmende Beschleunigung der Bestellprozesse hervor. Derzeit würden bei Götz 5 % der Bestellungen via Webshop abgewickelt; ein Ausbau dieses Anteils auf über 20 % ist Zumsteg zufolge machbar. "Der E-Commerce im Holzhandel steckt noch in den Kinderschuhen. Der stationäre Holzhandel steht in der Pole-Position, dieses Geschäft mitzunehmen." Dabei können die Unternehmen der Branche unter anderem durch die Generierung von Kundendaten für zielgruppengenaue Marketingaktivitäten profitierten.

Aber: E-Commerce ist mehr als nur ein Web-Shop. Vielmehr kommt es in komplexen IT-Systemlandschaften auf die Verknüpfung der verschiedenen Module an sowie auf die sinnvolle Integration der nachgelagerten Prozesse und geeigneter Medienkanäle. In die dazugehörigen Begriffe rund um zeitgemäße Datenbank-Technologien (ERP, PIM, CRM etc.) und eine überzeugende Präsenz im Netz (Suchmaschinenoptimierung und Social Media) führte schließlich Martin von Torklus ein, der das Marketing und E-Commerce bei Carl Götz leitet.

Eine anderer wesentlicher Aspekt der Verknüpfung von Online- und Offline-Handel ist eine ausgefeilte Lagerlogistik. Florian Gimplinger von Holz Mayrhofer in Passau präsentierte das Abschlussprojekt "Layout zur Optimierung des Versand- und Wareneingangsbereiches", das er zusammen mit Studienkollegen aus der gemeinsam mit der COBA Osnabrück betriebenen Weiterbildungsinitiative IQ (Innovation durch Qualifikation) im Auftrag des Holzring-Mitgliedes Otto Höttcke erarbeitet hat.

Integrierte Prozesse im Fokus der Industrie

Wie in anderen traditionellen Industrien auch, erfolgt die digitale Transformation im Baugewerbe sehr langsam. Für Detlev Schröder, Geschäftsführer des Türenherstellers Prüm-Garant, birgt dieser Umstand durchaus Chancen: "Wir haben noch ein bisschen Zeit, uns besser vorzubereiten, die für unsere Industrie geeigneten Maßnahmen abzuleiten und uns auf die Marktsegmente mit dem größten Potenzial zu fokussieren." Entscheidende Wettbewerbsfaktoren für die Zukunft sieht er in der Datenaufbereitung und der Logistik. Um elektronische Bestellprozesse zu etablieren, müssten zudem oftmals unstrukturierte Preis- und Rabattsysteme sowie zu komplexe Produktsortimente auf den Prüfstand.

Der Türenhersteller aus Weinsheim-Eifel hat für seinen Vertrieb vier zentrale Elemente definiert: digitale Präsenz, digitales Marketing, digitaler Verkauf und Business Analytics. "Unternehmen, die langfristig erfolgreich bleiben wollen, müssen sich den Herausforderungen der Digitalisierung stellen. Allerdings kann die Digitalisierung nicht Führungs- und Managementaufgaben in einem Unternehmen ersetzen. Denn Mehrwert entsteht nicht allein durch die vierte industrielle Revolution, sondern durch professionelles Management der Geschäftsprozesse", unterstrich Schröder.

Während es im Vertrieb um die Vernetzung von Wertschöpfungsketten geht, geht es in der Industrie um die Vernetzung von Maschinenkomponenten. Die damit in der Holzwerkstoffproduktion verbundenen wirtschaftlichen Ziele und Potenziale verdeutlichtete Dirk Beyer, Leiter der westeuropäischen Werke bei Pfleiderer Holzwerkstoffe. Auch wenn noch vielfach Unsicherheit darüber herrsche, wie mit dem "Internet der Dinge" künftig umzugehen ist, könne mit Verbesserungen hinsichtlich Wettbewerbsfähigkeit, Kostenreduktion, Effizienz, Produktivität und Kundenzufriedenheit gerechnet werden.

Vor knapp drei Jahren hat Pfleiderer die Produktion des Werkes in Neumarkt mit der Inbetriebnahme einer von Dieffenbacher und Siemens entwickelten Großanlage auf ein neues industrielles Niveau gehoben: Das hochmoderne, Ethernet-basierte Automatisierungssystem sorgt durch transparente Prozesse, integrierte Steuerungen sowie Sicherheits- und Analyse-Tools für effiziente Prozesse und kontinuierliche Kostenreduktionen. Als nächste Vernetzungsschritte plant Pfleiderer die automatische Lagerbestückung des Kunden durch den Lieferanten via Datenaustausch, den Online-Zugriff auf die Warenverfügbarkeit und auf Lieferzeitinformationen für Auftragsfertigungen, die Übernahme und direkte Umwandlung von Muster-Bestell-Daten in einen Bestell-/Produktionsauftrag sowie die Auftragsverfolgung innerhalb des Werkes.

Bauträger bei Projektrealisierungen zunehmend unter Druck

Schließlich richtete Armin Heck, Einkaufsleiter bei der Zech Bau Holding in Bremen, die Aufmerksamkeit auf die Marktanforderungen am Ende der Wertschöpfungskette, dem Kunden. Die Bauindustrie habe es mit zunehmend komplexeren Projekten zu tun. Unter anderem stiegen die technischen Anforderungen an Bauwerke und Haftungsrisiken würden zunehmen, während die Qualität der Planung abnehme und die Baupreise weiter unter Druck stünden. "Wir müssen uns gemeinsam den wachsenden Herausforderungen der Projektrealisierung stellen und hierzu tragfähige Konzepte erarbeiten, in denen die Risiken und Chancen für alle Beteiligten abgebildet und fair verteilt werden", konstatierte Heck angesichts eines weiterhin trotz "vernünftiger Marktentwicklungen stattfindenden unerbittlichen Preiswettbewerbs". Um die Wertschöpfung gemeinsam mit Partnern zu verbessern, setzt Zech Bau mittlerweile auf drei digitale Managementmethoden (Building Information Modelling, Lean Construction und Partnering).

Mit seiner Keynote zu verschiedenen Facetten des Wandels markierte Prof. h.c. Manfred Maus, Gründer der Obi-Baumärkte, einen unterhaltsamen Abschluss des Tages. Bei der Einschätzung der Frage, was die Kunden im Jahr 2030 für Erwartungen haben, gehe es nicht nur um technische Entwicklungen, sondern auch um kulturelle Aspekte, betonte Professor Maus. Wenn sich die Welt verändert, könne das für Unternehmer zu einer "Riesenchance" werden - wenn sie diese rechtzeitig erkennen und umsetzen. Was hierzulande nicht immer ganz einfach sei, denn häufig bekomme man heftigen Gegenwind von Bedenkenträgern. "Daher brauchen wir in den Unternehmen Köpfe, die anders denken. Wir müssen Manager heranbilden, die die nächsten 20 Jahre gestalten können - nicht nur fachlich, sondern auch sozial."

Wichtig sei überdies, dass Unternehmen für gewisse Werte stehen und diese auch nach außen hin vertreten. Die Glaubwürdigkeit eines Unternehmens sei existentiell für seinen Erfolg: "Im digitalen Zeitalter gibt es nichts, was wir nicht wissen. Irgendwann wird der Kunde es merken." Und das Wissen um Kundenbedürfnisse - so viel steht fest - bleibt auch in digitalen Vertriebskanälen die entscheidende Konstante für unternehmerischen Erfolg.

Holzring Handelsgesellschaft mbH für Holz, Platten und Baustoffe

Universitätsallee 5
28359 Bremen
www.holzring.de

Ausrichtung: Holzgroßhandel in Deutschland und europäischen Nachbarländern
Mitglieder: führende Holzgroßhändler, nahezu 200 Standorte
Gegründet: 1971 als Frankfurter Ring, 1990 Gründung der Holzring GmbH
Verbandsmitgliedschaft: Mittelstandsverbund - ZGV e.V.
Vorsitzender des Beirats: Jörg Ludwig Jordan
Geschäftsführung: Olaf Rützel
aus Parkett Magazin 04/16 (Marketing)