40 Jahre Lück
"Bodenständig, ehrgeizig, selbstbewusst"
Bocholt. Seit 40 Jahren steht die Firma Lück für Tradition und Innovation. Aus dem Hersteller von Füllmaterialien für Bett- und Polsterwaren wurde eine Unternehmensgruppe, die über 4.000 Menschen beschäftigt. In Europa zählt die EuroComfort Group zu den größten Herstellern im Segment von Matratzen, Bettwaren und Kissen. Ein Erfolg, der eng mit dem Namen des Geschäftsführers Thomas Bußkamp verbunden ist. Anlass genug, am Stammsitz in Bocholt groß zu feiern.
Jeder fängt mal klein an. Für Werner Lück galt das in besonderem Maße. Denn der Gründer der Firma, die als Keimzelle der heutigen EuroComfort Group gilt, legte mit seinem ersten Patent die Grundlage für den Erfolg - er basierte auf kleinen Schaumstoff-Stäbchen, die in einer selbstentwickelten Maschine zu Rhomben geschnitten und als Füllmaterial für Gesundheitsprodukte weiterverarbeitet wurden. Rhombo-fill-Produkte stellt Lück heute noch her. Doch in den vergangenen 40 Jahren hat sich am niederrheinischen Standort Bocholt weit mehr entwickelt.
Vier Dekaden sind ein überschaubarer Zeitraum, dennoch steht die Zeit seit 1976 für bedeutende, übergeordnete Entwicklungen. Die globalisierte Wirtschaft von heute stellte sich im Gründungsjahr des Unternehmens kaum jemand wirklich vor, gleichwohl wurde Lück hierdurch entscheidend geprägt. Bis nach China führte die Entwicklung, wo sich heute mit 500 Beschäftigten einer der Produktionsstandorte befindet.
Und natürlich war und ist der Einfluss eines Mannes sehr entscheidend, der vor 25 Jahren in das Unternehmen eintrat, dessen Mehrheitsanteile er 2014 übernahm: Thomas Bußkamp. Als junger Maschinenbauer kam er 1991 zu Lück und begann als Assistent des technischen Leiters. Vier Jahre später wurde Bußkamp nach dem Verkauf des Unternehmens an die schwedische Bonnier-Gruppe zum Geschäftsführer ernannt. "Das Unternehmen basierte auf technischen Ideen, die in Produkte umgesetzt wurden und damals von den Inhabern als Standard präsentiert wurden", erinnert sich Bußkamp. "Dann folgte der Verkauf von Lück. Das war letztlich die Folge daraus, dass man sich leider nicht rechtzeitig den veränderten Bedingungen des Marktes anpassen konnte."
Bußkamp macht aus dem Produzenten von Polsterkissen das Unternehmen, das als EuroComfort Group einer der größten Hersteller von Bettausstattungen und Polsterelementen in Europa ist, und erschloss neue Märkte und Zielgruppen: "Wir sind heute mit Abstand der größte deutsche Hersteller im Segment von Matratzen, Bettwaren und Kissen", so Bußkamp. Zur Unternehmensgruppe gehören neben Lück die Tochterunternehmen Badenia Bettcomfort, Brinkhaus und Abeil. Für 2016 wird ein Jahresumsatz von 315 Millionen Euro angepeilt (2015: 300 Millionen Euro), die Gruppe beschäftigt mehr als 4.000 Mitarbeiter. Allein am polnischen Standort Leszno arbeiten heute 2.700 Menschen für die EuroComfort Group.
Dagegen nehmen sich die 285 Mitarbeiter im heimischen Bocholt fast schon bescheiden aus, doch neben der Verwaltung und der Produktion sind hier von der Produktentwicklung über die Schlafforschung bis zur Qualitätssicherung zentrale Unternehmensbereiche angesiedelt. Und auch das Bocholter Werk verlassen jede Woche mehrere tausend Matratzen; es wurde 2015 um ein 5.000 Quadratmeter großes Logistikzentrum erweitert.
Thomas Bußkamp verkörpert den erfolgreichen Unternehmer, ohne dabei abgehoben zu sein: bodenständig, ehrgeizig, selbstbewusst, wie er es selbst beschreibt. "Am Ende geht es darum, ein Geschäft aufzubauen, das langfristig angelegt ist", lautet sein Credo. "Wir reinvestieren 100 Prozent dessen, was wir hier verdienen, in die Firma. Das stärket ein Unternehmen natürlich sehr."
Trotzdem fällt der Erfolg nicht vom Himmel. "Der Markt der Heimtextilien in Deutschland ist seit Jahren konstant bei zehn Milliarden Euro", so Bußkamp. "Wir sind in einem sehr kleinen Segment unterwegs. Und wir haben ein Produkt, das den Endverbraucher wenig interessiert." Eine Matratze bleibe immer noch im Schnitt 13 Jahre in einem Deutschen Haushalt. "Die Verbraucher geben durchschnittlich 250 Euro dafür aus und meinen, sie hätten das Produkt des Jahrhunderts gekauft."
Diese Käuferschicht wird von der EuroComfort Group natürlich auch bedient, doch die Produktpalette reicht weit darüber hinaus: Von der Discounter-Matratze bis zum hochwertigen Boxspringbett, von der Faser- bis zur luxuriösen Eiderdaunendecke. Bußkamp: "Aus einem Unternehmen, das erst einmal technisch orientiert war und das viele Novitäten im Markt angeboten hat, ist über den Einstieg mit zahlreichen Key Accounts ein Unternehmen geworden, das eine starke Leistungsfähigkeit entwickelt hat. Im Bereich Produktion sind wir Kostenführer und dann und wann auch Innovationsführer." Aktuell macht sich dies an 321 Patenten und Warenzeichen fest, für die die EuroComfort Group steht.
Dabei legt das Unternehmen auch im Discount-Segment großen Wert auf Qualität, nicht zuletzt aus eigenem Interesse, wie Bußkamp betont: "Wenn man für Kunden wie Aldi, Lidl oder Ikea arbeitet, dann hat man eine vertraglich vereinbarte Verpflichtung, die Produktqualität, alle Produktionsstufen, die Arbeitsbedingungen so zu dokumentieren und zu belegen, dass der Kunde kein Risiko eingeht." Das Schlimmste, was einem Hersteller passieren könne, sei eine Rückrufaktion oder mit einem Schadstoff oder einem schlechten Testergebnis konfrontiert zu werden.
Da die Qualitätsanforderungen, für die der Hersteller geradestehen muss, immer weiter in die Lieferkette zurückreichen, reagiert Bußkamp beim Thema Bettwaren mit dem Bau eines Werkes in Polen, das sich mit Daunen und Federn beschäftigt und durch modernste Technik und einen abwasserfreien Betrieb zukunftsfähig sein soll. "Wir investieren in Anlagen, die biologisch alles herausfiltern und deren Rohstoffe nachher als organischer Dünger aufs Feld gebracht werden können. Das kostet mehrere Millionen Euro. Aber das machen wir, damit wir bereit sind für die Zukunft."
In der hat der 50-Jährige noch viel vor. Nachdem er im Rahmen eines Management-Buy-outs die Mehrheitsanteile des Unternehmens von der schwedischen Bonnier-Gruppe übernahm, ist die hundertprozentige Übernahme durch ihn eine klare Option. Im vergangenen Jahr investierte die EuroComfort Group rund zehn Millionen Euro in neue Fabriken und zusätzliche Kapazitäten, und ein Wachstum durch weitere Übernahmen will Bußkamp naturgemäß nicht ausschließen. Aber auch hier bleibt er seiner westfälischen Bodenständigkeit treu. "Größe ist auf Dauer natürlich nicht alles. Denn Größe bedeutet Risiko", erklärt der Geschäftsführer. "Das Unternehmen ist mittlerweile ein großer Tanker mit vielen Ländern und vielen Menschen. Man muss als Unternehmer im Auge behalten, dass man eine gewisse Flexibilität erhält. Aber wie gesagt, wir sind bereit zu investieren."
Vor der Jubiläumsveranstaltung hatten die Gäste Gelegenheit, das Unternehmen geführt von Mitgliedern der Geschäftsleitung und des Vertriebs zu besichtigen. Während des Firmenrundgangs erhielten sie einen Einblick in die Produktions- und Herstellungsprozesse mit ihrem nach wie vor hohen Anteil an Handarbeit. Auch die material- und produktionsübergreifenden Qualitätskontrollen sowie Materialtests wie beispielsweise die Simulation mehrjähriger Gebrauchs-Belastungen von Matratzen waren Thema des Rundgangs, bei dem Thomas Bußkamp es sich nicht nehmen ließ, eine der Gastgruppen selbst zu führen. Der Chef ist halt auch stolz auf das, was sich in Bocholt unter seiner Ägide entwickelt hat.
"Die 40 Jahre Lück, auf die wir heute dankbar und stolz zurückblicken, stehen pauschal gesprochen für den erfolgreichen Aufbau unserer Unternehmensgruppe, und ich möchte die heutige Gelegenheit nutzen, Ihnen allen, die Sie uns teilweise schon seit vielen Jahren und Jahrzehnten die Treue halten und uns unermüdlich unterstützen, ganz herzlich dafür zu danken", erklärte der CEO auf der abendlichen Jubiläumsfeier (siehe gesonderter Artikel). "Dazu gehören unsere Mitarbeiter, Lieferanten, Kunden und Partner aus den verschiedensten Bereichen. Sie alle haben dazu beigetragen, Lück und die EuroComfort Gruppe zu dem zu machen, was sie heute ist."
aus
Haustex 07/16
(Wirtschaft)