Balta Industries NV

"Handels-Kollektionen effektiver vermarkten"

Als größter europäischer Hersteller von Teppichboden für den Wohnbereich leidet die Balta-Gruppe unter der Misere des Produktes im deutschen Handel. Die Belgier fordern von Teilen des Großhandels eine effektivere Vermarktung und bieten gleichzeitig eine stärkere Zusammenarbeit an.

Die Balta-Gruppe ist Superlative gewöhnt. Ihr Geschäftsbereich abgepasste Teppiche ist weltweit die Nummer 2, in Europa sogar der Marktführer. Die Marken Balta und ITC sind mit Teppichboden für den Wohnbereich ebenfalls europäischer Benchmark in Europa. Tochter Modulyss (siehe Seite 88) muss sich auf dem europäischen Markt für Objekt-Teppichfliesen lediglich Interface und Desso geschlagen geben.

95 % seines Umsatzes in Höhe von 557 Mio. EUR hat der Hersteller 2015 mit Bodenbelägen erwirtschaftet. Das entspricht einem Anstieg um 7 % zum Vorjahr. Man verkauft heute in mehr als 100 Länder rund um den Globus. "Wir versuchen, überall neue Märkte zu erschließen - ob in Afrika, Saudi-Arabien oder China", erklärt Luc Jongbloet die Strategie.

Wichtige Märkte schrumpfen

Der Vertriebsleiter international außer Großbritannien und Nordamerika ist ein Stück weit gezwungen, weltweit zu agieren. Denn auch unter Lone Star Funds - die US-amerikanische Investmentgesellschaft ist seit August 2015 Eigentümer des Konzerns - lautet die Devise: profitabel wachsen und marktbestimmend bleiben. Dieses Ziel ist nur global zu erreichen. Denn traditionell große und wichtige Absatzmärkte schrumpfen kontinuierlich. Das betrifft vor allem Deutschland. Hatte die Gruppe 2011 mit allen ihren Produkten hierzulande noch 173 Mio. EUR umgesetzt, erlösten die Belgier 2015 nur noch 97 Mio. EUR.

Besonders stark schlagen die Rückgänge für Teppichboden im Wohnbereich über den deutschen Handel zu Buche. "In den vergangenen Jahren hat die Branche einen dramatischen Aderlass an Verkaufspunkten erlebt", erklärt Jongbloet. Er erinnert an Praktiker/Max Bahr, an Goldkuhle, an Tep & Tap, an Aro, Steffel und andere. Zwar gebe es insgesamt ein Trading-up; die Volumina im Preiseinstiegsbereich seien aber weggebrochen.

Eine gute Vermarktung von Teppichboden findet nach Ansicht von Jongbloet bei den verbliebenen Fachmärkten, Fachhandelsketten sowie -filialisten statt. Zudem bauten diese ihren Service aus und böten dem Endverbraucher immer öfter die professionelle Verarbeitung der Produkte mit an. Teppichboden stehe zwar auch hier unter Mengendruck. Der Vertriebskanal hat für Balta aber an Bedeutung gewonnen und trägt heute die Hälfte zum Umsatz in Deutschland bei.

Gesprächsbedarf mit dem Großhandel

Den deutschen Großhandel sieht der Vertriebsleiter differenziert kritisch. Brachten die Belgier über die Großhandelshäuser früher rund 40 % ihres Umsatzes in den Markt, kommt diese Schiene heute nur noch auf 30 %. "Damit bleibt der Großhandel in Deutschland ein wichtiger Partner für uns, mit dem wir gut und gerne zusammenarbeiten", unterstreicht der 47-Jährige. Besonders die großen, bundesweit agierenden Grossisten machten ihre Arbeit gut. Im Hinblick auf die in der Copa, der wichtigsten Großhandelseinkaufskooperation für Bodenbeläge der Branche, organisierten Firmen, sieht Jongbloet aber für die neue Listungsrunde 2017 Redebedarf. Das habe er im direkten Gespräch mit der Genossenschaft auch bereits zum Ausdruck gebracht.

"Ich gebe gerne Geld aus für Dinge, die sich rentieren", betont der Vertriebsleiter, um Missverständnissen vorzubeugen. Doch vor dem Hintergrund des in Deutschland dramatisch schrumpfenden Teppichboden-Marktes im Wohnbereich müsse die Vermarktung über den Großhandel fokussierter und effizienter werden. "Weniger ist momentan mehr", fasst Jongbloet die Forderung von Balta zusammen.

Es sei kein Geheimnis, dass zahlreiche Kollektionen schon immer keinen im Verhältnis zum Aufwand rentablen Umsatz erbracht hätten. Doch bei einem Marktvolumen für Teppichboden im deutschen Handel von seiner Meinung nach gerade einmal noch 30 Mio. m2 sieht der Belgier Handlungsbedarf: Aus seiner Sicht muss die Anzahl der Großhandelskollektionen reduziert werden. Zudem müsse über die Themen Musterkosten, Konditionen und Kostenbeteiligung von Seiten der Kunden des Großhandels - Raumausstatter und Fachhändler - nachgedacht werden. Ziel ist, das momentane Ungleichgewicht zwischen Kollektionierungskosten und durchschnittlichem Umsatz pro Buch wieder in ein Gleichgewicht zu bringen.

Ein grundsätzliches Problem vor allem bei der Copa sei, dass die Kooperation häufig nicht mit einer Stimme gesprochen habe. Lieferanten generierten dann nicht den Umsatz, der den gewährten Konditionen zu Grunde liegt. Die Mitglieder der Einkaufskooperation müssten für den gemeinsamen Erfolg mehr Kompetenzen an die Zentrale abgeben und sich an gemeinsame Beschlüsse halten, fordert Jongbloet. Als positives Beispiel nennt der 47-Jährige die Rigromont.

Modulare Varianten und solution-dyed Objektbeläge

Um über seinen zweitwichtigsten Vertriebskanal in Zukunft wieder mehr Umsätze generieren zu können, will Jongbloet in Produkte und Geschäftsbereiche mit Absatzpotenzial investieren und vorhandene ausbauen. Nicht überraschend sind modulare, textile Bodenbeläge für ihn ein Trendthema. Die im Fachhandel bereits lancierte PP-Plankenkollektion "Mix Max" hat bisher nicht den erhofften Erfolg gebracht. Hier sollen neue Produkte kommen.

Ein zweiter, für Balta zukünftig interessanter Bereich, ist Teppichboden für den Objektbereich aus spinndüsengefärbtem (solution-dyed/SD) Garn. Man arbeite zwar sehr erfolgreich und mit kontinuierlich steigenden Umsätzen mit Chromojet-bedruckten Artikeln unter der Objekt-Marke Arc Edition, u.a. im Hospitality-Segment. Es gebe aber den Trend hin zu spinndüsengefärbten Qualitäten und der werde ernst genommen.

Im aktuellen Produktsortiment für den Handel bedient Balta seine Partner weiterhin zweigleisig mit dem Polypropylen-Konzept Sensit und dem Polyamid-Angebot Satino. Das weiterentwickelte Satino-Konzept bietet ab sofort Polyamid-Spezialist ITC.

Die sehr weichen, luxuriösen Artikel werden aus den neuen Polyamidgarnen Imprel Finesse und Imprel Opal gefertigt, welche die Balta-Gruppe als vertikal voll integrierter Hersteller selbst entwickelt hat. Sie verfügen über eine höhere Anzahl an Filamenten je Strang als herkömmliche Fasern und wirken laut Hersteller dadurch noch feiner, hochwertiger und voluminöser. Während die Satino-Qualitäten mit Finesse-Garn seidig glänzend sind, setzen die Produkte aus Opal-Garn auf ein mattes bis halbmattes Schimmern.

Satino Romeo und Satino Casanova sind die neuesten aus Imprel Opal gefertigten Qualitäten. Sie verfügen über ein sattes Poleinsatzgewicht von 2.000 bzw. 2.500g/m2, fächern sich auf in 25 bzw. dreizehn elegante Kolorits und sind eingestuft in die Nutzungsklasse 31.

jochen.lange@snfachpresse.de


Daten + Fakten
Balta Industries NV
Wakkensteenweg 2 8710 Sint-Baafs-Vijve, Belgien
Tel.: +32 (0) 56 / 6 22-211 Fax: +32 (0) 56 / 6 22-246
info@baltagroup.com www.baltagroup.com

CEO: Tom Debusschere
CFO: Carl Verstraelen
Vertriebsleiter Teppichboden, Nadelvlies, Teppichfliese (Handel)
weltweit außer GB, Irland und USA: Luc Jongbloet
Marketingleiter: Geert Vanden Bossche
Gründungsjahr: 1964
Eigentümer: Lone Star Funds, USA
Umsatz 2015: 557 Mio. EUR
Mitarbeiter: 3.424, davon 6 im Außendienst Deutschland
Werke: 8, davon 2 in der Türkei
Produkte: getuftete und gewebte Teppichböden- und fliesen, gewebte Teppiche, Nadelvlies, technische Vliesstoff, Fasern und Garne
Umsatzverteilung Bodenbeläge: abgepasste Teppich: 45 %, Teppichboden, -fliese, Nadelvlies: 55 %
aus BTH Heimtex 09/16 (Wirtschaft)