Forbo Eurocol: Interview mit GF Rüdiger Beez und Christian Müller, Marketing

"Wir wollen unsere Produkte sichtbar machen"


Neuer Name, neue Strategie und neue Produkte: Verlegewerkstoffhersteller Forbo Eurocol aus Erfurt hat viele positive Botschaften im Gepäck. Geschäftsführer Rüdiger Beez will ein zweites Standbein neben den klassischen Verlegewerkstoffen etablieren: "Wir ergänzen unser Portfolio um Betondesignböden und eine Sanierungslösung für elastische Bodenbeläge und wollen damit noch stärker wahrgenommen werden." FussbodenTechnik befragte Rüdiger Beez und Christian Müller vom Marketing nach den Details.

FussbodenTechnik: Zu Beginn des vorigen Jahres ist Forbo Erfurt in Forbo Eurocol Deutschland umbenannt worden. Warum kam es zu der Namensänderung?

Rüdiger Beez: Wir hatten bis zu diesem Zeitpunkt im Geschäftsbereich Building & Construction Standorte mit unterschiedlichen Markenpositionierungen. Um uns stärker und einheitlicher darzustellen, kam es zur Umbenennung in Forbo Eurocol Deutschland, Nederland und Rus. In allen Ländern war Eurocol als Marke bereits bekannt, nun ist es unser gemeinsamer Markenkern. Auch wenn Eurocol natürlich Teil von Forbo ist und bleibt, signalisieren wir damit, dass wir innerhalb des Konzerns eigenständig sind. Schließlich werden unsere Produkte heute in Zusammenhang mit Bodenbelägen vieler Hersteller verlegt und von diesen auch empfohlen.

FT: Wie ist das Standing von Forbo Eurocol in der Forbo-Gruppe?

Beez: Wir sind eine selbstständiger Geschäftsbereich innerhalb der Forbo Flooring Division und operieren unabhängig im Markt. Mit unserer Marketingausrichtung und unseren Strategien werden bei den Bauklebstoffen ganz andere Themen angesprochen als bei Forbo Flooring selbst. Damit verbunden ist der zweite wichtige Aspekt für die Namensänderung: Einige Bodenbelagshersteller haben sich in der Vergangenheit schwer getan, Forbo-Klebstoffe offensiv zu empfehlen. Mit Eurocol sollte dies keine Hürde mehr sein. Rund 80 % unserer Produkte werden in Erfurt produziert.

FT: Im Jahr 2013 hat Forbo sein Industrieklebstoffgeschäft verkauft und beschränkt sich seitdem auf Bauklebstoffe. Wie hat sich dieser Bereich entwickelt?

Beez: Insgesamt geht es dem Bauklebstoffgeschäft gut. Auch in Deutschland bewegt es sich auf einem guten Niveau. Aber ich glaube nicht mehr an die ganz großen Zuwachsraten. Die Bodenbelagsindustrie stellt vermehrt einfache Verlegesysteme bereit. Einfach heißt in diesem Fall, der Klebstoff wird wie bei Klick- und Looselay-Belägen weggelassen oder es werden verbrauchsarme Fixierungslösungen empfohlen. Die Zeit der großen Zuwachsraten ist, abgesehen von Sondereinflüssen, vorbei. Ich denke, der beschriebene Trend lässt sich nicht aufhalten.

Als Konsequenz daraus haben wir entschieden, unser Angebot Stück für Stück um individuelle Oberflächenlösungen zu erweitern. Als erstes haben wir Beton -Design, einen Designboden in Betonoptik, auf den Markt gebracht. Es werden weitere Produkte folgen.

FT: Zukünftig wird es bei Forbo Eurocol also nicht mehr ausschließlich um klassische Verlegewerkstoffe, sondern an der Oberfläche sichtbare Böden gehen?

Beez: Ganz genau. Eine unserer Strategien ist es, uns von dem traditionellen Markt mit Verlegewerkstoffen ein Stück weit unabhängiger zu machen. Wir müssen langfristig vorsorgen und darüber nachdenken, wie wir zukünftig Margen sichern wollen.

FT: Wie könnte der Weg aussehen?

Beez: Verlegewerkstoffe sind in der Regel nicht sichtbar, da unter den Bodenbelägen verborgen. Unsere Strategie sieht vor, dass wir uns mit funktionalen und dekorativen Coatings beschäftigen. Als zweite Produktgruppe vermarkten wir unter C-Floor ein Reparaturkonzept für elastische Bodenbeläge. Das "C" steht für Clean und Care, übersetzt "reinigen" und "pflegen". Wir haben das C-Floor-System für das Recoating entwickelt, also die vollflächige Sanierung von gebrauchten oder nicht adäquat gepflegten Bodenbelägen, und werden es anlässlich der Messe BAU 2017 vorstellen.

FT: Welche Bodenbeläge können das sein?

Beez: Wir fokussieren uns auf den großen Markt der elastischen Bodenbeläge wie Linoleum, Kautschuk sowie homogene und in bestimmten Umfang auch heterogene PVC-Beläge. Wir wollen die werkseitige Versiegelung erneuern. Eine neue Schutzschicht wird aufgetragen und der Lebenszyklus des Bodens dadurch verlängert. Das hat neben einer Vielzahl von ökologischen auch handfeste finanzielle Vorteile. Bei einer transparenten Versiegelung bleibt der ursprüngliche Oberflächencharakter erhalten. Wie der Zahnarzt bei seinem Patienten so lange wie möglich den Zahn erhalten will, setzen auch wir solange es geht auf den Erhalt des ursprünglichen Bodenbelags mit seinem Design. Alternativ kann mit der Beschichtung der Belag farblich neugestaltet werden. Es gibt vielfältige Möglichkeiten, zu denen auch die Chip-Einstreuung zählt. Forbo Eurocol verfügt über die passenden Produkte und geschulte Verarbeiter, die C-Floor fachgerecht verarbeiten können.

FT: Momentan gibt es einige Hersteller, die diese Renovierungslösung anbieten. Warum ist das plötzlich so ein Thema?

Beez: Wir sind davon überzeugt, dass es einen attraktiven Markt für die Sanierung von elastischen Bodenbelägen gibt. Bei den Kommunen und öffentlichen Auftraggebern reichen die Budgets für die Erneuerung von Bodenbelägen nicht aus. Mit C-Floor können wir den Lebenszyklus eines Bodenbelags um zwei bis fünf Jahre verlängern - für die Hälfte der Kosten einer Neuverlegung -, wenn man den Zeitfaktor mit berücksichtigt. Als Faustregel gilt: Die Neuversiegelung von Bodenbelägen kann mit C-Floor in der Hälfte der Zeit einer Neuverlegung erfolgen. Neben dem Kostenaspekt gibt es allerdings auch, wie schon gesagt, noch den Umweltaspekt. Es spart den Aufwand und die Folgen der Entsorgung von Altbelägen.

FT: Worum geht es bei dem zweiten neuen Produkt?

Beez: Das zweite Thema heißt Betondesign. Es ist unser Einstieg in die Beschichtung von Oberflächen. Hierbei handelt es sich um einen Fertigspachtel, mit dem man Böden im Betondesign spachteln kann. Bei diesem Produkt sind wir den Weg gegangen, Handwerkern ein zur Anwendung fertiges Produkt bereitzustellen, mit dem das Anmischen mit Farbpasten - wie bei anderen Systemen notwendig - entfällt. Ein Anmischen auf der Baustelle ist unserer Meinung nach immer problematisch. Es kann zu Farbunterschieden kommen, weil Mischungsverhältnisse nicht exakt eingehalten werden und weil letztlich jeder anders anmischt.

Unser Weg ist es, ein Produkt anzubieten, das sehr einfach aufzutragen ist und das während der Verarbeitung auch immer wieder korrigiert werden kann. Es lassen sich Böden mit ein wenig Übung leicht im Beton-Look gestalten. Das ist sicherlich kein Produkt für 5.000 m2 große Objekte, aber es ist ein Markt für diejenigen, die einen exklusiven und individuell gestalteten Boden favorisieren.

FT: Mit welchen Werkzeugen wird der Fertigspachtel aufgetragen?

Christian Müller: Wir haben jeweils ein Set mit Werkzeugen und eines mit Betondesign-Spachtelpasten in diversen Farben zusammengestellt. Der Verarbeiter, der an unserer Schulung teilnimmt, erhält je nach Wunsch entweder eine Sample- oder eine Toolbox mit Werkzeugen. Erstere beinhaltet Betondesign-Probepackungen in acht verfügbaren Farben. Damit lassen sich kleine Probeflächen in den Räumen des Handwerkers anlegen, die so den Kunden präsentiert werden können.

FT: Muss man sich unbedingt schulen lassen, um das Produkt kaufen zu können?

Beez: Schulungsteilnahmen sind zwingend notwendig, damit die Fachhandwerker Routine bekommen und ihren Stil entwickeln können. Wir wollen das Auftragen der Produkte und die vielfältigen strukturellen Möglichkeiten vermitteln. Für den Fachhandwerker ist dies eine hervorragende Gelegenheit, kreativ am Boden tätig zu sein. Er lernt, wie Strukturen und Schwung in die Oberfläche hineinkommen oder wie das Produkt zweifarbig aufgetragen werden kann. So ist es beispielsweise möglich, einen dunklen Untergrund zu wählen, um später die zweite Schicht mit heller Farbe aufzutragen. Wird das Ganze geschliffen, ergibt sich ein marmorierter Effekt. Es gibt viele Möglichkeiten, individuelle Böden zu gestalten. Die Schulungen fokussieren sich sehr stark auf das Thema Design. Die Handwerker sind auf der Suche nach Individualität - und diese bieten wir ihnen. Natürlich geht es aber auch um die geeignete Untergrundvorbereitung. Im Prinzip ist es so: erst die Schulung, dann kaufen.

Müller: Bei allen aktuell realisierten Objekten wurden die Handwerker vorher geschult. Die Verarbeiter wollten das auch, um den Erwartungen der Auftraggeber gerecht zu werden. Die Handwerker kamen auf uns zu und waren sofort für unsere Schulungsangebote empfänglich. Alle Teilnehmer erhalten nach der Schulung ein Zertifikat.

FT: Was ist das Betondesign-Produkt genau?

Beez: Es ist eine fertige kunststoffbasierte Spachtelpaste. Es gibt verschiedene Grau- und Betontöne. Die Spachtelpaste ist leicht verarbeitbar und trocknet sehr schnell. In wenigen Stunden lässt sich ein Raum von 100 m2 fertigstellen. Das Produkt enthält keinen Zement und lässt sich aber so ähnlich auftragen wie eine standfeste Spachtelmasse. Die Verarbeitung ist ganz einfach: Die fertige Spachtelpaste wird kurz aufgerührt, mit einem Spachtel aus unserem Set aufgetragen, nach dem Trocknen kurz angeschliffen. Im Anschluss kommt die zweite Spachtelschicht darüber. Die zweite Schicht kann den identischen Farbton haben, muss sie aber nicht. Mit einem besonderen Lack wird der Boden zweimal überlackiert.

FT: Wie ist der Lack eingestellt?

Beez: Der Lack ist hochmatt eingestellt. Man erkennt nach der Fertigstellung nicht mehr, dass der Boden lackiert ist. Auf diese Weise bleibt der Charakter des Betonbodens erhalten.

FT: Warum haben Sie Betondesign als Fertigprodukt gewählt? Spachtelmassen werden auf der Baustelle doch auch angerührt.

Beez: Wir haben uns für ein Fertigprodukt entschieden, weil es bereits zementbasierte Produkte gibt, bei denen mehrere Komponenten miteinander vermischt werden müssen. Das Mischen auf der Baustelle birgt ein Reklamationsrisiko. Beispiel: Ich habe ein 300 m2 großes Objekt und rühre versehentlich nur eine Masse für 150m2 an. Wenn ich anschließend das Gleiche noch einmal mache, ist die Wahrscheinlichkeit, Farbunterschiede zu erhalten sehr hoch. Dann gibt es ganz gewiss Diskussionen mit dem Auftraggeber, der sagt: So habe ich mir das nicht vorgestellt. Wir sind also einen anderen Weg gegangen.

FT: Welche Zielgruppe soll Betondesign einbauen?

Beez: Wir wenden uns an professionelle Handwerker, Bodenleger ebenso wie Maler und Stuckateure. Im Grunde ist es ja so, dass die Bodenleger durch das Thema Klick und Looselay ihre handwerklichen Fähigkeiten gar nicht mehr ausspielen können. Die Leistung wird vergleichbar und die Margen sinken. Wir haben ein Produkt, das wir dem Bodenleger an die Hand geben können, und das nur er als Profi ausführen kann.

FT: Bei Sichtestrichen kennt man das Problem, dass Muster manchmal nicht zum späteren Ergebnis passen und ein Kunde das reklamiert. Sind die Muster in diesem Fall exakt so, wie das Ergebnis später aussehen wird?

Beez: Die Gefahr besteht nicht: Das, was wir auf dem Display abbilden, sieht genauso aus wie das spätere Ergebnis. Es wird keine Überraschungen geben. Das ist der Unterschied zu zementären Massen. Bei zu viel Wasser entsteht vielleicht ein Grauschleier. Bei zu wenig Wasser verläuft die Masse nicht selbst. Unser Produkt ist verarbeitungsfertig. Nach der Aushärtung ändert sich auch die Farbe nicht mehr. Der Boden ist nur wenige mm dünn, hat aber trotzdem eine extrem hohe Druckfestigkeit. Das war uns wichtig.

FT: Gibt es überhaupt etwas, das man falsch machen kann?

Beez: Nicht viel, es sei denn, der Untergrund spielt nicht mit und fängt an zu reißen. Dann könnte es sein, dass er die Betondesignschicht mitreißt. Zwingende Voraussetzung ist, dass der Untergrund trocken, glatt und dauerhaft rissfrei ist. Wir empfehlen zwei Varianten: Wer auf Nummer sicher gehen will, nimmt eine zweikomponentige Polyurethanspachtelmasse als Untergrund. Wir zeigen in unserem Seminar, wie die Ausführung gelingt. Alternativ kann man eine sehr hochwertige, spannungsarm austrocknende, zementäre Spachtelmasse einsetzen. Die perfekte und dauerhafteste Lösung ist allerdings die PU-Variante, für die sich bisher die meisten Verleger entschieden haben.

FT: Mit der Neuvorstellung von Bodendesign stützen Sie den Bodenleger als Fachhandwerker. Was sind die größten Herausforderungen für das bodenlegende Handwerk?

Beez: Mit werkseitig lackierten Oberflächen entfällt die handwerkliche Oberflächenbehandlung von Parkett, und mit Klick und Looselay kann auf Klebstoff ganz oder teilweise verzichtet werden. Es wird immer schwieriger, sich im Bodenhandwerk zu positionieren. Die zu erbringenden Leistungen werden einfacher und vergleichbarer, dies hat einen wesentlichen Einfluss auf die Erträge. Unser Ziel muss es sein, dass die handwerkliche Leistung zukünftig wieder gefordert und geschätzt wird. Vor Jahren galt beispielsweise der Parkettleger als das Maß aller Dinge. Heute fühlt sich ja im Grunde jeder mittelmäßig begabte Käufer im Baumarkt schon in der Lage, einen Bodenbelag zu verlegen. Es ist also eine der größten Herausforderungen, dass Verlegebetriebe Nischen finden, in denen sie noch gutes Geld verdienen können.

Unser Betondesign geht genau in diese Richtung. Damit möchten wir dem Handwerk helfen. Betondesign kann nur der Fachhandwerker und eben nicht der Laie.


Forbo Eurocol im Überblick
Forbo Eurocol Deutschland GmbH
August-Röbling-Straße 2
99091 Erfurt
Tel.:0361/73041-0
Fax:0361/73041-91
E-Mail: info@forbo.com
www.forbo-eurocol.de

Geschäftsführer: Rüdiger Beez
Verkauf: Ralph Meyer
Marketing: Christian Müller
Anwendungstechnik: Michael Illing
Gründungsjahr: 1920
Mitarbeiterzahl: 95
Jahresumsatz: 35 Mio. EUR
Muttergesellschaft: Forbo International
Werke der Eurocol-Gruppe: Niederlande, Deutschland und Russland

Verbandsmitgliedschaften:
-Gemeinschaft Emissionskontrollierte Verlegewerkstoffe (GEV)
-Industrieverband Klebstoffe (IVK)

Produkte: Verlegewerkstoffe zur Verlegung von Bodenbelägen aller Art, Lacke, Estrich, Sanierung von elastischen Bodenbelägen und Betondesignböden
aus FussbodenTechnik 05/16 (Wirtschaft)