Interview des Monats: Gebr. Sanders, Bramsche
"Die Sansibar-Lizenz öffnet uns bisher verschlossene Türen"
Der zu den führenden Anbietern zählende Bettwaren-Spezialist Sanders hat sich dank umfangreicher Investitionen in den letzten Jahren grundlegend umstrukturiert. Vor allem in den vergangenen drei Jahren ermöglichte die Begebung einer Anleihe die Erschließung neuer Kundensegmente. Haustex sprach mit Firmen-Inhaber Hans-Christian Sanders über die erzielten Fortschritte, einen neuen Großkunden und über den Überraschungserfolg der Lizenzmarke Sansibar.
Haustex: In dem vor einiger Zeit veröffentlichten Konzernabschluss der Sanders-Gruppe für das Jahr 2015 melden Sie ein Umsatzplus von gut acht Prozent, aber auch eine rote Null beim Jahresergebnis. Wie bewerten Sie das Ergebnis?
Hans-Christian Sanders: Wir sind mit dem letzten Jahr zufrieden. Wenn man den Abschluss genau analysiert, haben wir durch die Zinsaufwendungen einen hohen Kostenfaktor. Dass wir dagegen an arbeiten mussten, wussten wir aber auch schon vorher. Und wir hatten im letzten Jahr hohe Abschreibungen im Wert von fast 2,3 Mio. Euro bei unseren Aktivitäten in der Ukraine, verursacht durch eine jetzt in Euro veränderte Bewertung. Neutralisiert um die Abschreibungen wäre unser Ergebnis somit wesentlich besser gewesen. Auf der anderen Seite haben wir einen positiven Cash Flow.
Haustex: Allerdings hat sich der Umsatz mit 51,5 Mio. Euro nicht in der Höhe eingestellt, wie er geplant war.
Sanders: Das lag zum einen an den Umsätzen in Russland, die wir höher veranschlagt hatten. Zum anderen, was uns überrascht hat, ist das Wintergeschäft deutlich hinter unseren Erwartungen zurück geblieben. Bis November lagen wir noch um 14 Prozent über dem Vorjahresumsatz, konnten diesen Wert aber in den letzten sechs Wochen des Jahres nicht halten, sodass wir letztlich ein Umsatzplus von gut acht Prozent erreicht haben. Mit diesem Phänomen stehen wir in der Branche allerdings nicht alleine. Mögliche Ursachen dafür könnten die Anschläge von Paris sein, da wir eine ähnliche Entwicklung auch im vergangenen März nach Brüssel registrierten und das Konsumverhalten aus Sorge, sich in der Öffentlichkeit zu bewegen, deutlich zurück gegangen ist. Die Monate Januar und Februar waren für uns damals sehr gute Monate.
Das letzte Jahr hätte für uns also besser sein können. Trotzdem sind wir mit einer Steigerung von 8,3 Prozent ganz zufrieden. Schließlich haben die gesunkenen Rohstoffpreise, die wir an unsere Kunden weiter gegeben haben, auch einen Minderumsatz von bestimmt einer Mio. Euro zur Folge gehabt. Im Kern sind wir somit ein solides Unternehmen mit einer guten Basis für die Zukunft.
Haustex: Im Umsatz entwickelt sich das Unternehmen somit erfreulich, ertragsseitig allerdings nicht, bei einem Jahresfehlbetrag von rund 250.000 Euro.
Sanders: Wir sind ertragsmäßig auf einem guten Weg. 2015 ist unsere Rohertragsmarge deutlich gestiegen. Neutralisiert um die Abschreibungen wäre das Ergebnis deutlich im schwarzen Bereich gelandet. Abschreibungen wirken sich unter dem Strich zwar belastend aus, sind aber steuerlich neutral. Sie sind ein cash-positiver Faktor. Wir gehen davon aus, dass sich der Rohertrag weiter positiv entwickeln wird, und wir in diesem Jahr eine schwarze Zahl unter dem Strich erreichen werden.
Haustex: Wie wollen Sie das erreichen?
Sanders: Nicht durch personelle Rationalisierung, sondern durch weitere Verbesserungen in den Abläufen und natürlich durch höhere Skalen-Erträge wegen der besseren Auslastung der Produktionskapazitäten.
Haustex: In diesem Jahr möchten Sie einen Gruppen-Umsatz von 56 Mio. Euro erzielen, bei einem positiven Jahresüberschuss. So steht es im Jahresabschluss für 2015. Ohne dem Halbjahresbericht vorzugreifen, liegen Sie aktuell auf Kurs?
Sanders: Bis Ende August liegen wir im Plus. Bis zum Jahresende haben wir bereits Umsätze als Auftragseingänge generiert, die uns in der Jahresplanung mit Umsätzen zwischen 56 und 57 Mio. Euro bestätigen. Das sehen wir als realistische Planung an. Auf die einzelnen Marktsegmente betrachtet, hat es Verschiebungen gegeben. In den ersten Monaten war der Facheinzelhandel in Deutschland etwas zurückhaltend, der sich jetzt wieder stabilisiert hat. Wir gehen daher davon aus, dass sich dieser Bereich im Herbst als sehr stabile Säule darstellen wird. Es gibt darüber hinaus bestimmte Kundengruppen, die ihre Umsätze vom ersten ins zweite Halbjahr verschoben haben.
Haustex: Ein wichtiges Ereignis war für das Unternehmen die Begebung einer Anleihe über 22 Mio. Euro vor rund drei Jahren. Was wollten Sie mit diesem Geld bewirken?
Sanders: Die finanziellen Mittel sind hauptsächlich in den Produktionsausbau geflossen. Dadurch haben wir unsere Produktionskapazität für einen schwedischen Großkunden deutlich erhöht.
Haustex: Sie verfügten ja schon vorher über Standorte in der Ukraine.
Sanders: Ja, aber sie mussten für den Großkunden komplett renoviert und ausgebaut werden. Im Prinzip wurden sie ganz neu erstellt. Dazu kamen der moderne Maschinenpark und das erforderliche Umlaufvermögen. Das alles war eine große Herausforderung und über normale Finanzierungsmöglichkeiten nicht zu stemmen. Der Grundgedanke hinter dieser Investition war, mit diesem neuen Kunden auch neue Märkte zu erschließen, die sich nicht nur auf den deutschen Markt beziehen, sondern europaweit und darüber hinaus reichen. Und das hat sich auch so ausgezahlt.
Haustex: Somit hat der skandinavische Auftraggeber das Ganze ins Rollen gebracht?
Sanders: Korrekt, das war der ausschlaggebende Punkt und die Grundlage für den weiteren Fortschritt. Der Moment war günstig, da man sich damals von der Kundenseite entschieden hatte, die Bezugsquellen näher an den jeweiligen Märkten haben zu wollen. Also amerikanische Produzenten für Amerika und europäische für den europäischen Raum. Wir haben inzwischen sehr gute Kunden-Lieferanten-Beziehungen und bauen sie auch weiter aus. Die Zusammenarbeit hat uns als Unternehmen enorm gestärkt, und wir entwickeln uns dadurch täglich weiter.
Haustex: Beliefern Sie somit sämtliche europäische Häuser des Kunden?
Sanders: Nicht alle. Anfangs waren es nur Italien und Russland. Inzwischen sind wir in 23 Ländern Kernlieferant. Und wir bauen das Geschäft noch weiter aus, auch hinsichtlich des Sortiments. Der aktuelle Stand ist eigentlich nur das Fundament, wir sehen mit diesem Kunden noch deutliche Wachstumsmöglichkeiten, übrigens auch über unsere Produktpalette hinaus.
Haustex: Mit welchen Artikeln haben Sie begonnen?
Sanders: Ganz klassisch für uns und ganz klein mit Kissen und Zudecken im Federn- und Daunenbereich. Natürlich mit der Option, das Geschäft sukzessive auszubauen. Die Abläufe hinsichtlich Taktung und Art der Zusammenarbeit sind völlig anders, als wir es bis dahin gewohnt waren, daher war es von Vorteil, erst einmal mit kleineren Stückzahlen zu beginnen. Dadurch haben wir aber viel Know-how ins Haus bekommen, das wir jetzt auch andernorts nutzen.
Haustex: Zum Beispiel?
Sanders: Was Abläufe betrifft, Stringenz und Organisation. Es wird sehr viel von uns gefordert. Man ist auf der anderen Seite hochprofessionell aufgestellt, was von einem Lieferanten alles abverlangt. Das kann man nicht mal so eben nebenbei erledigen. Das betrifft auch langfristige Planungen, hinsichtlich Produktion und Umsatz, die wir vom deutschen Markt in der Form nicht kennen. Da leben wir eher von der Hand in den Mund.
Haustex: Aber langfristige Projekte sind für ein Unternehmen doch eigentlich wunderbar?
Sanders: Natürlich. Sie bieten eine gute Basis, um unser Geschäft einmal auf industrieller Ebene durchzuplanen. Ansonsten sehen wir uns kurzfristigen Anfragen gegenüber gestellt, bei denen es um kleinere Losgrößen und in erster Linie um interessante Preislagen für den Kunden geht.
Haustex: Aber der Preis ist doch auch bei Ihrem Großkunden ein wichtiges Thema.
Sanders: Zweifelsfrei. Darum stellte sich uns ja auch die Frage, wie wir uns intern organisieren können, um die Anforderungen des Kunden erfüllen zu können. Denn natürlich werden wir von ihm weiterhin weltweit verglichen. Nach wie vor gibt es in Europa und in Asien potenzielle Wettbewerber, die im Grunde immer wieder herangezogen werden. Aber wir sehen auch, dass wir mit unseren Standorten in der Ukraine an einen Punkt kommen, an dem wir China Paroli bieten können, was die Kosten-Nutzen-Relation betrifft. Wir sind durch unsere Investitionen in der Ukraine leistungsfähiger und günstiger geworden, während der Standort China durch die Lohnkostensteigerungen an Boden verliert. Das ist eine gegenläufige Entwicklung zu unseren Gunsten. Der Lohnkostenfaktor in der Ukraine ist inzwischen sicherlich günstiger als in China, und das wird sich in absehbarer Zeit auch nicht ändern.
Im Übrigen bin ich, was den wirtschaftlichen Zustand Chinas betrifft, sehr skeptisch. Aufgrund der hohen Preissteigerungsrate von rund zehn Prozent benötigt das Land ein Wirtschaftswachstum von mindestens sieben Prozent. Und zehn Prozent Inflation bedeuten eine Lohnkostensteigerung in ähnlicher Höhe. Nur ein Beispiel: Wenn man heute an der chinesischen Ostküste bei rund 600 Dollar Lohnkosten im Monat liegt, und das ist eine niedrige Annahme, bedeutet das innerhalb eines Jahres eine Steigerung um 60 Dollar. Das geht in den folgenden Jahren dann schnell nach oben. Viele chinesische Unternehmen gehen darum inzwischen ihrerseits mit der Produktion ins Ausland, um günstigere Produktionskosten erzielen zu können.
Haustex: Zu einem kleineren Teil haben Sie das frische Kapital doch auch dazu genutzt, den Standort Deutschland zu modernisieren.
Sanders: Schwerpunkt war eindeutig der Produktionsausbau in der Ukraine, unter anderem mit einem komplett neuen Werk für Federn- und Daunenprodukte. In Bramsche haben wir aber auch in die Ausrüstung und somit in die Qualitätsverbesserung unserer Ware investiert. Wir haben uns mit der Anleihe unter anderem Wachstum auf die Fahne geschrieben und sind in dem Punkt auch gut unterwegs. In den letzten drei Jahren haben wir den Brutto-Umsatz immerhin von rund 42 auf 53,6 Mio. Euro steigern können, im Schnitt ein fast zweistelliges Plus pro Jahr. Und es ist unser Ziel, das in der Form weiter zu führen. In diesem Jahr wird es mit etwa sieben Prozent etwas weniger sein, aber dafür wird es im nächsten Jahr ein umso stärkeres Wachstum geben.
Haustex: Haben Sie im Zuge der Investitionen auch Produktionskapazitäten ins Ausland verlagert?
Sanders: Nein, in dem Zeitraum gar nicht. Das Wachstum in der Ukraine ging nicht zulasten der deutschen Standorte in Bramsche und Bentheim. Unser Personal in Deutschland ist konstant geblieben. Vielmehr ist es uns gelungen, durch die modernen Produktionsmöglichkeiten in der Ukraine und die Automatisierung dort andere europäische Kunden gewinnen zu können, die bisher ausschließlich in China gekauft haben. Und es kommen immer mehr Unternehmen auf uns zu und fragen an, ob wir für sie produzieren können. Aber wir sind derzeit gut ausgelastet und wollen das nur sukzessive angehen, um uns intern nicht zu überfordern. Wir möchten dort in Ruhe aus uns heraus wachsen.
Im Übrigen ist unser Wachstum nicht nur über diese Schiene generiert worden. Wir haben uns auch in den anderen Segmenten nach vorne bewegt, also auch im mittleren und hochwertigen Bereich - unter anderem durch innovative Produkte.
Haustex: Was hat den Ausschlag gegeben, dass der skandinavische Auftraggeber mit Sanders enger kooperieren möchte?
Sanders: Das war ein sehr langer, aufwendiger Bewerbungsprozess, der sich über anderthalb Jahre erstreckte. Das begann mit der Beteiligung an einer Ausschreibung. Sobald sich das Interesse konkretisierte, arbeiteten wir mit komplett offenen Karten gegenüber dem Unternehmen, was unsererseits ein gewisses Maß an Vertrauensvorschuss erforderte. Am Ende des Tages gehört man dann dazu oder auch nicht, und hat sich dann über Monate vergebens bemüht.
Haustex: In der Sache ging es wohl weniger um innovative Produkte als um Standard-Artikel?
Sanders: Ja, aber andere, als wir bislang fertigten. Man hatte uns im Fokus, da wir als innovatives Unternehmen gelten. Schließlich gibt es auf dem Markt grundsätzlich auch noch viele andere Unternehmen. Inzwischen arbeiten wir sehr eng zusammen, haben auch über unseren eigentlichen Artikelbereich hinaus Anfragen und Aufträge erhalten. Damit stoßen wir in ganz neue und sehr große Märkte vor.
Zusätzlicher Vorteil der Zusammenarbeit: Wir sind dadurch jetzt so aufgestellt, dass wir auch auf Kundenstrukturen reflektieren können, die wir vorher gar nicht in der Lage waren, mit guten und günstigen Artikeln zu beliefern. Ein Schritt in ein für uns neues Marktsegment mit immensen Perspektiven für das Unternehmen also.
Haustex: Und was war für Sanders der Anlass, mit den Skandinaviern zusammen zu arbeiten?
Sanders: Der Markt in Deutschland ist im Grunde ausgeschöpft. Um sich international weiter nach vorne zu bewegen, bedurfte es dieses großen Schrittes. Ich habe dann entschieden, diesen Weg zu gehen, trotz der absehbar hohen Zinsbelastung durch die dafür notwendige Anleihe. Sich im Kapitalmarkt zu bewegen, ist für uns schon eine andere, neue Welt. Ob das für uns als Mittelständler mittel- und langfristig der richtige Weg ist, muss man sicherlich noch einmal hinterfragen. Wir sind jetzt schon in Überlegungen, welche Form die Anschlussfinanzierung haben wird, wenn spätestens 2018 die Anleihe zurückgezahlt werden muss. In diesen zwei Jahren kann auf dem Kapitalmarkt noch sehr viel passieren. Bedenken Sie bitte, dass die EZB inzwischen dazu übergegangen ist, selbst Firmenanleihen aufzukaufen. Ziel ist es, für das Unternehmen eine Finanzierung zu finden, die tragbar ist und eine gute Perspektive für alle Seiten bietet.
Haustex: Wie weit sind Sie inzwischen den gesetzten Zielen gekommen, die Sie seinerzeit durch die Mittel der Anleihe erreichen wollten?
Sanders: Auf einer Skala zwischen null und zehn sehe ich uns bei acht. Die fehlenden zwei Punkte sind Marktgegebenheiten und Unwägbarkeiten, die wir bei Begebung der Anleihe nicht sehen konnten, wie etwa den Konflikt in der Ukraine, der sich inzwischen beruhigt hat. Er hat uns zwar nicht direkt beeinflusst, dafür liegen die Werke zu weit von der Grenze zu Russland weg, dicht an der ungarischen Grenze. Aber indirekt hat es uns schon beeinflusst, sei es durch Einberufungsbefehle oder besondere Gesetzgebungen. Inzwischen sind diese Probleme aber Schnee von gestern. Wir sind dort technisch gut aufgestellt, das Team ist klasse, alles ist gut dort.
Haustex: Im Januar dieses Jahres dann ein wichtiges Ereignis für Sanders: Die Anleihe-Gläubiger genehmigten eine Änderung der Anleihe-Bedingungen. Was bedeutet dies für das Unternehmen?
Sanders: In der Fachsprache: Wir hatten ursprünglich eine sogenannte Negativerklärung in den Anleihebedingungen, die uns in unseren weiteren Finanzierungsmöglichkeiten extrem eingeschränkt hätte. Durch den Wegfall dieser Negativerklärung haben wir jetzt die nötige Flexibilität in der Finanzierung des Unternehmens wieder erlangt. Gleichzeitig haben wir uns eine Call-Option eintragen lassen: Wir können jetzt zu einem uns passenden Zeitpunkt die Anleihe zum Wert von 100 ganz oder in Teilen wieder zurück kaufen. Insgesamt haben wir durch die Entscheidungen der Versammlung im Januar die nötigen Freiheiten, uns mit dem Thema der Anschlussfinanzierung zu beschäftigen und frühzeitig Alternativen auszuloten. Dies alles vor dem Hintergrund, dass die Zinssituation aktuell eine deutlich günstigere ist als zum Zeitpunkt der Anleihebegebung.
Haustex: Wie ist die Sanders-Gruppe aktuell strukturiert?
Sanders: In Bramsche sind, neben der Unternehmensverwaltung, die Ausrüstung und die Inlett-Produktion angesiedelt, also die eher kapitalintensiven Produktionsschritte. Die Gewebe beziehen wir von einem Partner, der mit unserem Know-how des bekannten Bramscher Tuchs produziert. Durch die Ausrüstung bekommt das Tuch dann das besondere Finish in der Haptik und der Geschmeidigkeit. Es ist unser Anspruch, weltweit das feinste und beste Gewebe liefern zu können, das es in unserem Bereich gibt. Gerade in den letzten zwei Jahren ist es uns durch Investitionen in Maschinen und Know-how gelungen, in der Qualität noch einmal einen Sprung nach vorne zu machen und uns deutlich zu verbessern. Wir verwenden diese Gewebe in unserer eigenen Produktpalette, verkaufen die Inletts aber auch an unsere Partner und Marktbegleiter. Das ist ja das Herz unseres Unternehmens, der Ursprung, aus dem wir kommen.
In der Ukraine wird dann konfektioniert, in unserem Logistikzentrum in Bad Bentheim erfolgen anschließend die Verfüllung der Bettwaren-Artikel und der Versand. Vom Volumen sind wir wahrscheinlich inzwischen die Nummer eins bei der Herstellung von Bettwaren mit Daunen und Federn. In der Ukraine produzieren wir außerdem seit rund drei Jahren die lohnintensiven Naturfaser-Produkte, ehemals Kirchhoff. In der Mecklenburger Bettwarenmanufaktur in Güstrow erfolgt die Federn-Aufbereitung. Dadurch ist die Sanders-Gruppe im Bereich Federn und Daunen ab der Ausrüstung ein vollstufig aufgestelltes Unternehmen. Es gibt weltweit wohl kein Unternehmen, das diese Vollstufigkeit aufweisen kann.
Haustex: Welche Bedeutung hat der Produktionsstandort Bramsche jetzt und in Zukunft für das Unternehmen, wie wichtig ist die Ukraine?
Sanders: Jeder Standort hat seine Bedeutung für die Unternehmensgruppe. Bramsche ist das Zentrum des Unternehmens und für uns als Standort fest gemauert in der Erden, wie es bei Schiller heißt. Und da wir derzeit die Vollstufigkeit noch nicht in Frage stellen, bleiben auch die anderen Standorte. Bad Bentheim produziert viel volumiger, und sehr hochwertige Produkte, das können wir aufgrund der Frachtkosten gar nicht in der Ukraine produzieren.
Haustex: Sanders produziert allerdings auch Gardinen. Wie passt das zu einem Bettwaren-Unternehmen?
Sanders: Ganz einfach. Wir stellen nicht die Gewebe für die Gardinen her, wir konfektionieren sie lediglich in unseren Werken in der Ukraine für einen österreichischen Partner, der seinen Kunden beziehungsweise deren Endkunden eine individuelle Maßanfertigung bietet. Der Link sind unsere Konfektionskapazitäten, die im Vergleich zu anderen Fertigungsstätten sehr kostengünstig sind. Das läuft so gut, dass wir überlegt haben, dieses Geschäft auszubauen, aber wir haben derzeit in unserem Kerngeschäft so viel zu tun, dass wir dafür derzeit keine zusätzlichen Kapazitäten haben.
Haustex: Welche Rolle spielt die Bettwaren-Kollektion Climabalance für die Entwicklung des Unternehmens?
Sanders: Climabalance hat objektiv gesehen enorme Vorteile und ist in unserem doch relativ starren Markt das einzige wirklich innovative Produkt. Seine Konstruktion widersprach seinerzeit eigentlich sämtlichen Lehrsätzen der Bettwarenbranche, Stichwort Kältebrücke, und musste sich darum erst einmal gegen gewisse Widerstände und Vorurteile durchsetzen. Ich bin der Meinung, dass dieses Produkt uns als Gesamtunternehmen im Image und von der Darstellung enorm voran gebracht hat.
Aber die Entwicklung geht weiter. Ich erwarte, dass das Thema Schlaf in den kommenden zehn Jahren in den Vordergrund rücken wird. Das ist schon jetzt an den immer zahlreicher werdenden Veröffentlichungen zu dem Thema zu erkennen. Wir registrieren darüber hinaus interessante Nachfragen aus ganz anderen Bereichen zum Thema Climabalance, deswegen kann ich mir vorstellen, dass bei ihm in den nächsten fünf bis sieben Jahren eine sehr positive Dynamik eintreten wird.
Haustex: Und dann gibt es noch die Lizenzmarke Sansibar. Ist das ein Hobby oder ist es mehr?
Sanders: Das ist spannenderweise mehr geworden. Wir haben mit Sansibar eine der wenigen, wenn nicht die einzige Lifestyle-Marke für unser Produkt in Deutschland bekommen. Wir betreiben sie als eine Mixtur aus Eigenproduktion und Handelsgeschäft. Wir wachsen kontinuierlich, nicht unbedingt nur in unserem Kerngeschäft der Federn- und Daunenprodukte, sondern auch mit Produkten wie Bettwäsche, Frottierwaren, Badvorleger, Tischläufer, Platzsets, Geschirrtücher oder Topflappen. Wir decken mit dieser Lizenz fast den gesamten Heimtextil-Bereich ab, bis zum Boxspring-Bett, das von einem Spezialisten produziert wird.
Die Lizenz stabilisiert auch unser eigentliches Geschäft, denn es gibt Kunden, die Sansibar haben möchten, aber Sanders bislang nicht geführt haben. Da begrüßen wir es natürlich, wenn sie dann auch solche Produkte ordern. Natürlich gehen wir im Vertrieb selektiv vor, wir werden keinen Discounter mit Sansibar beliefern. Das ist auch der Anspruch der Sansibar. Insgesamt macht die Lizenz wirklich Freude.
Haustex: Wie ist es zu der Zusammenarbeit mit Sansibar-Chef Seckler gekommen?
Sanders: Ich war mit meiner Frau an einem Freitag auf Sylt, es war leider ein schauerliches Wetter. Und da sah ich die Sansibar-Kunden draußen sitzen, eingepackt in irgendwelche Decken. Kurz bevor unser Shuttle fuhr, habe ich mir darum schnell eine unserer Reisedecken geschnappt und sie bei den Mitarbeitern abgegeben, versehen mit dem Kommentar, das sei genau das, was die Sansibar-Kunden brauchten. Die Antwort: Da gerade Saison sei, würde man sich bei mir in ein paar Wochen melden. Am kommenden Montag, um kurz nach neun Uhr morgens, rief mich Seckler dann aber schon an und fragte, ob wir an einer Lizenz interessiert wären. So kamen wir dann ins Gespräch. Ich sagte ihm dann aber auch, dass ich nur mit einer Lizenz für Bettdecken alleine nicht leben könne, sie müsse mehr umfassen. So kam es dann, dass wir inzwischen eine breite Heimtextil-Kollektion unter der Marke anbieten. Und es wird tatsächlich gekauft, ich bin selbst etwas überrascht von dem Erfolg, denn wir sprechen von siebenstelligen Beträgen, die wir mit Sansibar umsetzen.
Haustex: Ist Sansibar nicht eher ein regionales, im Norden angesiedeltes Thema für die Endverbraucher?
Sanders: Nein, ein deutsches. Fahren Sie über die holländische Grenze, und alle denken dort an Madagaskar. Aber auch in Bayern, Österreich und der Schweiz gibt es Sansibar-Fans. Überall dort, von wo man nach Sylt kommt. Zürich hat beispielsweise einen Direktflug. Im Süden läuft es überraschend gut, in München oder auch in Stuttgart bei Breuninger beispielsweise, wo wir einen eigenen Sansibar-Shop haben. Sansibar öffnet uns Türen, die uns vorher nicht offen standen. Insofern ist Sansibar alles andere als ein Hobby, vielmehr eine sehr erfreuliche Geschichte.
Haustex: Blicken wir ein wenig voraus. Sanders ist ja bekannt für neue, innovative Produkte. Ist da etwas in der Pipeline für die nächste Heimtextil?
Sanders: Wir sind natürlich an neuen Dingen dran. Vielleicht etwas überraschend für manchen auch im Gewebebereich. Ich habe die ersten Themen gesehen und bin sehr angetan davon. Mit dem neuen Gewebe kommen wir vielleicht schon vor der Messe heraus. Das andere ist, unsere vorhandenen Produktlinien zu schärfen, zu verstärken und zu schleifen. Darüber hinaus arbeiten wir permanent an neuen Ideen.
Aber es ist auch nicht der Sinn, immer etwas Neues herauszubringen. Alles Neue sorgt für Veränderungen in den Strukturen. Oftmals ist es viel besser, Vorhandenes zu substantiieren, als Bewährtes aufgrund von Neuheiten aufzugeben. Wir haben sehr gute Produkte, und die gilt es in der Substanz weiter nach vorne zu bringen.
Viel wichtiger ist die Frage, wie der Kunde mit den neuen Marktverhältnissen umgeht. Unsere Antwort darauf ist das Thema Private Label, das wir weiter voranbringen wollen. Stichwort Individualisierung. Jeder, der sein eigenes Produkt im Netz anbietet, hat es für sich und es wird nicht kannibalisiert. Es ist meine große Sorge, dass in unserem Markt bekannte Marken im Netz verramscht werden. Dagegen ist nur ganz schwer etwas zu unternehmen. Und die Märkte ändern sich aktuell extrem schnell, vor allem die Dynamik des Konsumverhaltens. Es ist die Herausforderung der Zukunft, das bessere Produkt darzustellen und greifbar zu machen. Sonst hat man eines Tages nur noch einen Einheitsbrei.
Haustex: Was ohne stationären Handel eigentlich nicht machbar ist.
Sanders: Davon bin ich überzeugt. Der Handel wird sich aber verändern. Der Ausleseprozess im Bettenhandel hat im Wesentlichen bereits stattgefunden. Ich könnte mir vorstellen, dass das Internet irgendwann sogar selbst auf die Fläche geht, um seine Produkte greifbar zu machen. Eigentlich geht es nicht anders. Warum, zum Beispiel, plant Ikea Geschäfte in der Innenstadt, wo man bislang auf der Grünen Wiese zu finden war?
Etwas überrascht hat uns, dass die Umfrageergebnisse im aktuellen Haustex-Kundenbarometer für Sanders schlechter ausgefallen sind als im Vorjahr. Mit unseren Marken wie Betty, Sansibar, Climabalance oder Bramscher Tuch sind wir bestens aufgestellt und im gesamten Gebiet weit verbreitet. Das Ergebnis ist unseres Erachtens nur darauf zu führen, dass wir unsere Geschäftsphilosophie in gewissen Strukturen im kaufmännischen Sinne angepasst haben. So können Kleinstkunden mit einem Bestellwert von unter tausend Euro im Jahr nicht erwarten, dass sie die gleiche Betreuung unseres Außendienstes genießen, wie unsere Großkunden. Auch Mindermengenaufschläge lassen sich aus wirtschaftlicher Sicht nicht umgehen. So ergibt eine Kosten-Nutzen-Struktur für Aufträge von zwei Kissen in 40x40 cm überhaupt keinen Sinn. Alles hat seinen Preis.
aus
Haustex 09/16
(Wirtschaft)