ABK Cheftagung

Kompetente Nachhilfe im Geschichtenerzählen


Bad Herrenalb. Wie lassen sich mit der richtigen Geschichte schnell neue Kunden gewinnen und begeistern? Diese Frage stand bei der jüngsten ABK-Cheftagung im Schwarzwald im Mittelpunkt. Mit Alexander Christiani hatte sich der Verband einen Top-Experten des Storytelling für die Workshop-Arbeit geholt. Geschäftsführer Thomas Fehr hatte in Bad Herrenalb außerdem gute und überraschende Nachrichten im Gepäck.

Der Matratzenmarkt verändert sich aktuell, es kommen neue Player an den Markt. Wir spüren die Kaufzurückhaltung der Verbraucher, die Frequenz ist ein Riesenthema im stationären Handel." Das Bild, das ABK-Geschäftsführer Thomas Fehr zu beginn der diesjährigen Cheftagung in Bad Herrenalb von der aktuellen Situation im Bettenhandel zeichnete, wirkte recht nüchtern. Fast schon düster, so wie der Schwarzwald gerne von denen beschrieben wird, die ihn nicht kennen.

Doch Fehr sah keine Veranlassung zum Pessimismus - was nicht allein an der sonnigen Aussicht durch die Panoramascheiben des Tagungshotels lag, hinter denen sich die wunderschöne Schwarzwald-Landschaft zeigte. Fehr geht die Zukunft mit seinem Verband gestaltend an. "Wir müssen neue Wege gehen und Strategien entwickeln, die uns zukunftsfähig machen", fügte der Geschäftsführer in seiner Einleitung hinzu.

Zu diesem Zeitpunkt wussten die anwesenden Fachhändler noch nicht, welche Überraschung Fehr noch im Gepäck hatte: Das Projekt "Max", mit dem der ABK-Ableger BKM eine neue Schaumstoff-Matratze an den Markt bringt, die nach dem "one fits all"-Prinzip konzipiert wurde und ausschließlich online vertrieben wird (siehe gesonderter Artikel ab Seite 16).

Future Store schafft Turnaround

Auf dem Weg zur Zukunftsfähigkeit ist aus Fehrs Sicht der Future Store mit seinen verschiedenen Bausteinen wie Kommunikation, ABK-TV oder Beduftung ein wichtiges Element. "Der Future Store hat den Turnaround geschafft", konnte der Geschäftsführer den angereisten Tagungsteilnehmern berichten. "Wir haben in diesem Jahr erstmals mehr Geld eingenommen als ausgegeben."

Ein wichtiger Bestandteil des Future Store ist die so genannte verlängerte Ladentheke, also die Möglichkeit, im Verkauf mit Hilfe eines Tablets auf Sortimente zugreifen zu können, die nicht direkt im Geschäft greifbar sind. Fehr ist überzeugt, dass es im Handel künftig ohne solche digitalen Assistenzsysteme nicht mehr geht. Und der Digitale POS seines Verbandes hat sich offenbar gut angelassen: "Demnächst sind 35 Lieferanten mit fast 50 Marken verfügbar." Genutzt wird die verlängerte Ladentheke mittlerweile auch außerhalb des eigenen Verbandes. Bettenrid ist ebenso dabei wie ein Modehaus oder ein Fachgeschäft, das dem Bettenring angehört.

"Der Digitale POS wirkt sehr stark nach außen", unterstrich Fehr nicht ohne Stolz. "Es ist jetzt an uns, diese Möglichkeit intelligent um- und einzusetzen." Dabei appellierte der ABK-Geschäftsführer an Händler wie Lieferanten: "Diejenigen, die den digitalen POS installiert haben, müssen jetzt beweisen, dass das Ding läuft." Dies bedeute für den Fachhandel, die Möglichkeiten zu nutzen und Rückmeldungen an die Industrie zu geben, wenn etwas nicht funktioniere. Aber: "Auch die Industrie muss aktuell sein und das Angebot aktuell halten", so Fehr. Für ihn ist der Digitale POS "ein Leuchtturm weit über die eigene Branche hinaus."

Mit Storytelling neue Kunden gewinnen

Doch neben diesen Leuchttürmen gibt es auch den ganz normalen Händleralltag. Auch hier geht es um die Zukunftsfähigkeit der stationären Geschäfte, und auch hieran wurde in Bad Herrenalb gearbeitet. Zumindest an einem Baustein, den Marketing-Experte Alexander Christiani mit den ABK-Mitgliedern in Workshop-Atmosphäre umsetzte: "Wie Sie mit der richtigen Geschichte schnell neue Kunden gewinnen und begeistern", lautete sein Thema.

"Wir alle sind geborene Geschichtenerzähler", glaubt der Fachmann für Storytelling. "Stories sind ein Rohstoff in der Kommunikation, den man überall anwenden kann", so Christiani. "Ein Unternehmen muss Geschichten erzählen. Man muss die Geschichten leben und sie müssen auch wahr sein."

Aus seiner Sicht besteht Marketing nicht nur aus schriftlicher, sondern gerade auch aus mündlicher Kommunikation, wie das von ihm immer wieder hervorgehobene Beispiel des Babynahrungsherstellers Claus Hipp zeigte. Der taucht nicht nur selbst in seinen Videos aus, sondern spricht auch gezielt und glaubwürdig die Verbraucher an: "Dafür stehe ich mit meinem Namen."

Als Beispiel aus der Bettenbranche führt Christiani den ebenfalls als Unternehmer sehr präsenten Boris Thomas von Lattoflex an. Auch er sorge durch die persönliche Ansprache und sein immer wiederkehrendes Auftreten für Glaubwürdigkeit und Sympathie. Denn, so Christiani: "Das Erste, was zählt, ist nicht, was du verkaufst oder erzählst, sondern: Wer du bist und für welche Werte du stehst."

Der Kunde ist der Held, die Marke sein Mentor

Um Glaubwürdigkeit zu erzeugen, benötige man neben guten Produkten auch Werte, mit denen Kunden sich identifizieren, sowie einen vertrauenswürdigen Charakter einer Marke beziehungsweise eines Unternehmens. Aber, so Christiani: "Wir müssen weg von der Markenangeberei nach dem Motto: Wir sind die Besten. Sagen Sie dem Kunden: Du bist der Held, lass mich Dein Mentor sein." Wer sein Produkt mit einer guten Story verknüpfe, erziele eine nachhaltige Wirkung: "Fakten, die in Geschichten verpackt sind, werden von den Menschen im Schnitt 22 mal länger behalten."

Zwei prominente Beispiele nannte der Marketingexperte als Paradebeispiele für gutes Storytelling. Getränkehersteller Red Bull und die Harry-Potter-Romane. Bei Red Bull gehe es im Marketing allenfalls am Rande um das zu verkaufende Produkt. "Hier ist die ganze Marke Geschichte." Red Bull inszeniere sich mit seinen zahlreichen Events und Sportereignissen als Mentor für Adrenalin. Auf der Website des Unternehmens steht genau dies im Mittelpunkt - Produktinfos zu den Energydrinks muss man suchen.

Bei Harry Potter liegt der Fall aus Sicht Christianis noch klarer: "Das ist einfach nur eine geile Geschichte." Die Verpackung sei dabei Nebensache, denn: "Wären Schrift, Farbe und Bilder die entscheidenden Elemente der Emotionalisierung, hätte sich Harry Potter nicht 450 Millionen mal verkauft."

Allein, ein Bettenfachgeschäft handelt nicht mit Phantasy-Geschichten oder obskuren Weltrekordversuchen, sondern ganz profan mit Matratzen, Bettwaren und so weiter. Daher arbeitete Christiani mit den ABK-Händlern auch an Umsetzungsmöglichkeiten des Storytelling. Praktische Übungen zeigten auf, wie sich ein Händler beispielsweise in einem youtube-Video darstellen und verkaufen beziehungsweise differenzieren kann.

Händler-Kollegen erzählen aus ihrer Praxis

Best-Practice-Beispiele ergänzten anschaulich, welche Erfahrungen Kollegen . Fachhändler Bernd Siebertz aus Overath etwa erzählte von seiner Auszeichnung mit dem 1a-Qualitätssiegel von "Markt intern", das sein Haus als einziges in NRW sechsmal in Folge erhalten habe. Zur Überreichung der entsprechenden Urkunde lädt Siebertz stets Bürgermeister, Landtagsabgeordnete oder andere Repräsentanten ein. "Das gibt immer ein gutes Medienecho. Die Auszeichnung ist im Schaufenster sichtbar, das ist auch ein gutes Marketing."

"Wenn wir weniger Frequenz haben, muss der Bon höher sein", erklärte Ute Stumpf und berichtete von ihrem Ansatz, mit dem Thema Nachhaltigkeit auch hochpreisige Produkte zu verkaufen: "Die Kunden geben 600 bis 1.000 Euro für eine Decke aus, wenn sie die Sicherheit haben, dass diese auch lange hält." Bei Stumpf werden die Bettwaren selbst gefertigt, gereinigt und aufgearbeitet, ein Service, der die Langlebigkeit unterstreicht. "Das muss beim Verkaufen angesprochen werden: Ein gutes Produkt kostet gutes Geld, hält aber auch 20 Jahre", so Stumpf.

Susanne Heller aus Göttingen berichtete von ihrem Ansatz, ihre Mitarbeiter und auch sich selbst als Testimonials einzusetzen, denn: "Betten Heller ist die Marke." Mit Hilfe von hochwertigen Fotos wurde das Heller-Team in verschiedenen Shootings in Szene gesetzt. "Himmlisch Schlafen" oder "Weihnachten wird kuschelig" hießen die Slogans zu den Motiven mit Kissen oder Engelsflügeln, die auch auf Citylight-Postern im Göttinger Stadtgebiet sichtbar waren.

Bei all dem rät Alexander Christani zu gesundem Selbstbewusstsein, auch gegenüber der Konkurrenz. Sein Credo: "Es ist egal, dass deine Mitbewerber behaupten, das Gleiche zu tun wie du - wenn du es belegen kannst und demonstrierst, dass du es tust."

Nach der intensiven Workshop-Arbeit sorgte der Mentalist und Profiler Mark T. Hofmann noch für Begeisterung. Sein Spezialgebiet ist es, Menschen zu lesen und zu lenken - eine Fähigkeit, die auch im Verkauf nicht zu unterschätzen ist. Allerdings hat Hofman es hier zu einer Meisterschaft gebracht, die auch die Verkaufsprofis des ABK eher mit offenem Mund staunen ließ. Mit Hilfe verschiedener Tricks demonstrierte Hofmann seine Form des Gedankenlesens, frei nach Goethe: Man sieht nur, was man weiß. Hofmanns Brücke zum Verkauf: "Gedankenlesen ist Zuhören mit den Augen, mit dem Ohren, mit dem Herzen und ungeteilter Aufmerksamkeit."

Am Abend der Veranstaltung konnten die gesammelten Erkenntnisse noch in gemütlicher Runde vertieft werden. Die nächste ABK-Cheftagung findet vom 27. bis 29. September 2017 in Regensburg statt.


Storytelling im Fachhandel: Zehn Tipps vom Profi
•Erzählen Sie nur wahre Geschichten.
•Sprechen Sie selbst und nutzen Sie youtube für Ihre Botschaften (nach Google die weltweit zweitgrößte Suchmaschine).
•Erzählen Sie, wofür Sie mit Ihrem Namen stehen und welche Werte Sie vertreten, mit denen sich auch Ihre Kunden identifizieren können.
•Animieren Sie den Kunden, mit Ihnen in Kontakt zu treten.
•Stellen Sie nicht einfach Behauptungen auf, sondern belegen und demonstrieren Sie, was Sie sagen.
•Drucken Sie Ihre Website aus und markieren Sie alle Aussagen über Ihr Unternehmen, von denen Sie befürchten müssen, dass Ihre Wettbewerber das auch von sich behaupten.
•Zählen Sie nicht einfach nur Ihre Vorzüge auf, sondern verpacken Sie Fakten in eine Geschichte.
•Versuchen Sie nicht, vollkommen perfekt zu sein, sondern bleiben sie authentisch.
•Bauen Sie Referenz-Zitate Ihrer Kunden mit vollen Namen und ggf. Foto auf Ihrer Website ein. Nutzen Sie Muster-Referenzen, die Sie Ihren Kunden vorlegen können.
•Zeigen Sie auf Ihrer Website Fotos von beispielhaften Referenzobjekten (von Ihnen gelieferte, besondere Schlafraumausstattungen, von Ihnen
eingebaute, begehbare Kleiderschränke usw.)
aus Haustex 10/16 (Wirtschaft)