Rigromont GmbH
"Die Rigromont sorgt dafür, dass der mittelständische Großhandel eine Zukunft hat"
Mit den Verschiebungen in der Großhandelslandschaft steigt die Bedeutung der Rigromont. Eberhard Liebherr, Claus Hoffmann und Christian Flüshöh erklären, warum man für die Industrie jetzt wertvoller ist denn je.BTH Heimtex: Bei der Copa schreibt man der Rigromont Vorbildcharakter zu. Was macht Sie vorbildlich?
Eberhard Liebherr: Die Rigromont mit ihrer bereits seit mehr als 25 Jahren bestehenden Eigenmarke Casa Nova ist handlungsfähig und schlagkräftig. Unser Leitspruch lautet: Fusioniertes Verhalten ohne zu fusionieren. Das bedeutet konkret: Wenn wir mit der Industrie kollektionieren, halten sich unsere sieben Gesellschafter und ihre Anschlusshäuser an die gemeinsam gemachten Zusagen und gefassten Beschlüsse. Die Kollektionen unserer Hausmarke Casa Nova repräsentieren mit wenigen Ausnahmen 90 bis 95 % des eingelagerten Hausprogramms unserer Mitglieder. Das macht uns wertvoll und effektiv für die Lieferanten.
Claus Hoffmann: Im Vergleich zur Copa, der wir als Kooperation insgesamt und auch alle Rigromont-Gesellschafter einzeln angehören, haben wir es ungleich leichter, geschlossen aufzutreten. Denn wir sind von der Mitgliederanzahl her kleiner und unsere Gesellschafterstruktur ist homogener. Wir haben uns im Verlauf von vielen Jahren eine Vertrauensbasis erarbeitet, die unser gemeinsames Handeln durch und durch prägt.
BTH Heimtex: Was war nötig, um diese Arbeitsgrundlage zu schaffen?
Liebherr: Es hat viel zu tun mit den handelnden Personen. Wir Rigromont-Großhändler sind zwar alle Persönlichkeiten mit Gestaltungs- und Führungsanspruch. Wir bauen aber aus wohlverstandenem Eigeninteresse auf Kooperation und sind uns deren Vorzüge und - gerade vor dem Hintergrund des rasanten Konzentrationsprozesses in der Großhandelslandschaft - deren Notwendigkeit mehr denn je bewusst. Der gemeinsamen Sache, dem gemeinsamen Ziel ordnen wir uns alle unter. Wir als Rigromont sorgen mit dafür, dass der mittelständische Großhandel im deutschsprachigen Raum als verlässlicher Partner der Industrie Zukunft hat und sich weiterentwickeln kann. Daran haben die Lieferanten großes Interesse.
BTH Heimtex: Der einzelne Casa Nova-Großhändler gibt für die gemeinsame Sache Kompetenz ab?
Christian Flüshöh: Ich würde es anders formulieren: Jeder bringt Know-how ein und profitiert andersherum von der Kompetenz der Kollegen. Es gibt für die verschiedenen Sortimentsbereiche jeweils einen verantwortlichen Produktmanager aus dem Kreis der Gesellschafterfirmen, der für "seinen" Sortimentsbereich innerhalb der gesamten Kooperation die Verantwortung trägt und den entsprechenden Produkt-Arbeitskreis leitet. Diese Arbeitskreise setzen sich zusammen aus Produktmanagern aller Rigromont-Gesellschafter, dort werden gemeinsame Sortiments- und Kollektions-Entscheidungen getroffen. Den finalen Entscheidungen der Arbeitskreise wird vertraut.
Hoffmann: Alle Aufgaben und Positionen sind gut verteilt und wechseln auch regelmäßig. Das schafft Transparenz, Vertrauen und hält uns aufnahmefähig für neue Produkte und Markttrends. Hier bei uns in der Zentrale in Breckerfeld stehen wir im Tagesgeschäft auf Produktmanager-Ebene in regem Kontakt mit allen Mitgliedern, koordinieren und führen die Fäden zusammen.
BTH Heimtex: Wie sieht die Arbeitsteilung aus zwischen Copa und Rigromont?
Hoffmann: Die Copa vereinbart die Rahmenverträge mit allen Herstellern, die Copa-Lieferanten sind oder werden möchten und verantwortet die Zentralregulierung. Darüber hinaus werden Dachaufgaben übernommen, wie etwa die Organisation der Produktforen oder die Kampagne "Teppich & Du".
Alles andere - also das operative Geschäft - verhandeln wir als Rigromont für unsere Gesellschafter direkt mit der Industrie: Preise, Konditionen, Laufzeiten, Musterkosten usw. für unsere Eigenkollektionen und die gemeinsamen Kollektionen unter Industriemarke. Wir erstellen Kollektionsfahrpläne über mehrere Jahre hinweg. Nicht ohne Grund heißen wir Einkaufs-, Marketing- und Servicegesellschaft. Unter Eigenmarke haben die Rigromont-Mitglieder derzeit rund 120.000 gemeinsame, aktive Kollektionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Markt. Hinzu kommen gemeinsame Werkskollektionen und die individuellen Projekte der Gesellschafterfirmen.
BTH Heimtex: Es gibt Lieferanten, die Ihnen zu lange Entscheidungswege vorhalten. Die Entwicklung der neuen Teppichboden-Kollektion Selection unter Casa Nova hat beispielsweise rund ein Jahr gedauert. Wie stehen Sie zu dieser Kritik?
Hoffmann: Mit diesem Vorwurf gehen wir gelassen um. Der Umstand, den manch ein Lieferant als "Langsamkeit" abwerten mag, bezeichnen wir als "Sicherheit". Und die stellt für uns einen wesentlichen Eckpfeiler des Erfolgs der Rigromont dar. Wenn bei neuen Produkten, beispielsweise Looselay-LVT, nicht sofort die Entscheidung für eine gemeinsame Casa Nova-Kollektion getroffen wird, stellen einzelne Mitglieder in Testphasen die Neuheit auf die Probe. Von den Erfahrungen profitiert die gesamte Kooperation bei eventuellen späteren Kollektionierungen.
Wir stürzen uns nicht in Abenteuer, sondern suchen und bieten Vermarktungs-Sicherheit - für beide Seiten. Deswegen nimmt unsere Produktauswahl die notwendige Zeit in Anspruch.
Flüshöh: Unsere neue Hochwert-Teppichboden-Kollektion Selection, die gleichzeitig als Musterdisplay genutzt werden kann, ist ein Beispiel dafür, wie innerhalb einer Kooperation wie der Rigromont aus den Herausforderungen der Vertriebsarbeit neue Ansätze für die Präsentation von hochwertigen Bodenbelägen entwickelt werden, die sich nicht unbedingt von selbst verkaufen. Für solche Projekte braucht man Lieferanten, die diesen Weg mitgehen und Partner, die solche Ideen auch technisch umsetzen können, wie in diesem Fall der Mustermacher Kopplin.
Liebherr: Aber wenn wir uns einmal für Produkte und Kollektionen entschieden haben, bringen wir der Industrie hohe Effektivität bei der Vermarktung ihrer Produkte. Denn wir stehen nicht nur für einen stattlichen Außenumsatz von insgesamt rund 200 Mio. EUR bei Bodenbelägen und Zubehör. Wir lagern jede Casa Nova-Kollektion in der Regel zu 100 % über die gesamte vereinbarte Laufzeit ein. Wir liefern an unsere Kunden im Fachhandwerk und - ganz wichtig - sorgen dafür, dass sich die Kollektionen auch tatsächlich in großen Mengen drehen. Manch ein Hersteller hat dann auch schon mal ein Problem, unsere hohen Lagerbezüge zu bedienen...
BTH Heimtex: Führen alle Rigromont-Mitglieder auch Industriemarken?
Liebherr: Selbstverständlich. Wir bleiben am Ende eigenständige Großhändler. Jeder kann links und rechts der Casa Nova-Kollektionen frei und eigenverantwortlich zusätzliche Produkte unter Eigen- oder Industriemarke bzw. kombinierter Bezeichnung anbieten. Der D/A/CH-Markt ist schließlich geprägt durch regionale Unterschiede. Zudem sind die Rigromont-Großhändler in der Regel selbst die beherrschende Marke vor Ort.
Wichtig ist hier aber - und ich glaube, das ist sehr entscheidend im Wettbewerbsumfeld -, dass wir kein totaler Eigenmarken-Verein sind. Wir verdrängen die Industriemarken nicht; ganz im Gegenteil. Wir führen alle Marken, pflegen sie und arbeiten in produktiver Koexistenz zusammen. Insofern erstreckt sich die Idee einer "Kooperation auf Augenhöhe" über die Rigromont-Firmen hinaus auch auf unsere zuverlässigen Industrie-Partner.
BTH Heimtex: Sprechen wir den schnell fortschreitenden Konzentrationsprozess im Großhandel an. Die Expansions- und Übernahmeaktivitäten der drei "Großen" Jordan, Mega und Schlau/Hammer sind enorm. Kommen mittelständische, vor allem regional tätige Grossisten, wie sie die Rigromont prägen, unter die Räder?
Liebherr: Wir haben eine neue Marktkonstellation. Für mittelgroße Häuser werden Kooperationen vor diesem Hintergrund immer wichtiger. Denn man benötigt bestimmte Mengen und eine bestimmte Sortimentsstruktur, um Service wie Warenverfügbarkeit und Just-in-time-Lieferung, die immer wichtiger werden, verlässlich bieten zu können. Der Fachhandwerker, der die hochwertigen Produkte der Industrie verarbeitet, kauft sie bei seinem Großhändler, weil er unser Rund-um-sorglos-Paket schätzt.
Hoffmann: Heute verlangt die Industrie von einer Kooperation nicht mehr nur ein bestimmtes Einkaufsvolumen. Sich einen Namen geben, zusammen einkaufen, Mengen bündeln, aber sonst nicht viel gemeinsam machen, hat keine Zukunft mehr. Einkaufsverbände müssen sich heute weiterentwickeln und echten Mehrwert bieten - in erste Linie für die eigenen Kunden, aber eben auch mit Blick auf die Lieferanten. Die Industrie muss unsere gebündelte Leistung, den effektiven, feinverzweigten Marktzugang vor Ort klar erkennen. Wir als Rigromont sind mit unserem kooperativen Ansatz und auch mit unserer Hausmarke Casa Nova auf einem guten Weg. Ich denke, das meint man bei der Copa, wenn man von "Vorbildcharakter" spricht.
BTH Heimtex: Stichwort Copa: Anfang 2017 wird sie rund 40 % ihres Einkaufsvolumens verloren haben durch den Wegfall von Steffel und Jordan. Welche Auswirkungen hat das für die Rigromont?
Hoffmann: Für 2016 verändert sich nichts. Das Volumen von Steffel, das zuletzt rund 10 % der gesamten Einkaufsmenge der Copa ausgemacht hat, haben die Mitglieder durch eigenes Umsatzwachstum so gut wie kompensiert. Für die Zeit ab 2017 müssen Copa und Lieferanten miteinander sprechen. Wenn wir die veränderten Rahmenbedingungen und die neuen internen Konstellationen nutzen, können dabei alle gewinnen. So kann die Copa in Zukunft wertvoller werden, auch für die Industrie. Wir sprechen dann über Ziele, Konzepte und Strategien, bei denen alle Copa-Gesellschafter bereit sind, sie ernsthaft mitzutragen.
Flüshöh: Zahlreiche Lieferanten haben bereits signalisiert, dass sie die Copa und die Rigromont in Zukunft mehr denn je für eine erfolgreiche Vermarktung brauchen. Das ist eine gute Ausgangsbasis.
BTH Heimtex: Gewinnt die Rigromont innerhalb der Copa an Bedeutung?
Hoffmann: So denken wir nicht. Natürlich ergeben sich mit Wegfall zweier großer Mitglieder neue relative Gewichte unter den verbleibenden Copa-Mitgliedern, etwa gemessen am relativen Einkaufsvolumen. Von diesem "statistischen Bedeutungszuwachs" können wir uns aber nichts kaufen, er ist auch nicht unser Verdienst. Wichtig ist, dass man innerhalb der Copa zukünftig verstärkt zu gemeinsamen Entscheidungen kommt.
Liebherr: Wir wollen die Copa gemeinsam nach vorne bringen. Es gibt erste, gute Ansätze für eine strategische Neuausrichtung unter dem neuen geschäftsführenden Vorstand Josef Führes. Die beiden "Großen" Hometrend/Steffel und Jordan sind ausgetreten bzw. verlassen die Copa Ende des Jahres. Damit ist die Mitgliederstruktur homogener. Man agiert jetzt mehr auf Augenhöhe, ist agiler in den Entscheidungen, blockiert sich nicht mehr gegenseitig und arbeitet an einem neuen Vertrauensverhältnis untereinander. Das alles sind beste Voraussetzungen für die Copa und damit für den mittelständischen, regionalen Großhandel, um gemeinsam, eine schlagkräftige Alternative zu den sich schnell entwickelnden Großhandelskonzernen zu formieren.
BTH Heimtex: Zurück zur Rigromont: Herr Hoffmann, Sie sind 64 Jahre jung. Was haben Sie als Geschäftsführer noch vor?
Hoffmann: Die Aufgabe bringt mir viel Spaß. Vor allem weil die Gruppe toll zusammensteht, gemeinsame Vorhaben definiert und Ziele konkret erreicht. Ich kann mir vorstellen, die Arbeit noch drei Jahre zu machen. Die Gesellschafter haben mir signalisiert: Mach das!
BTH Heimtex: Die Rigromont ist nach Ihren Worten u.a. aufgrund der überschaubaren Zahl an Mitgliedern schlagkräftig. Einem Plus beim Außenumsatz über neue Gesellschafter wären Sie aber nicht abgeneigt, oder?
Liebherr: Wir sind mit aktuell 63 Standorten in Deutschland, Österreich und der Schweiz gut aufgestellt. Neuen Mitgliedern gegenüber sind wir aber aufgeschlossen, um unser Vertriebsnetz enger zu ziehen.
Das Gespräch führten Michael Steinert und Jochen Lange jochen.lange@snfachpresse.deDaten + Fakten
Rigromont GmbHEinkaufs-, Service- und Marketinggesellschaft
Alter Ostring 34 58339 Breckerfeld
Tel.: 02338 / 14 68 Fax: 02338 / 16 06
info@rigromont.de
www.rigromont.de www.casanova-boden.deGeschäftsführer: Claus Hoffmann
Assistenz der Geschäftsführung: Dr. Christian Flüshöh
Aufsichtsratsvorsitzender: Eberhard Liebherr
Gründungsjahr: 1986
Markennamen: Casa Nova
Mitglieder: Bienna Interfloor, Fries-Gruppe, Lotter+Liebherr-Gruppe, Ruhe & Co., Schmitt+Orschler, Sonnen-Herzog, Sonnhaus
Standorte: 63 in Deutschland, Österreich, Schweiz und Frankreich
Außenumsatz der Gesellschafter: 800 Mio. EUR, davon 200 Mio. EUR mit Bodenbelägen und Zubehör
Produkte: Teppichboden, CV, PVC-Objektbeläge, Designbeläge/LVT, Linoleum,
Kautschukbeläge, Parkett, Laminat, Korkbeläge, Profile und Leisten,
Verlegewerkstoffe, Werkzeuge und sonstiges Zubehör
Gemeinsame Bodenbelagskollektionen im Markt: 120.000
aus
BTH Heimtex 11/16
(Wirtschaft)