Textilmuseum Warendorf und Alte Spinnerei Bocholt

Ausstellungen ehren die Firmengründer der Textilindustrie


Warendorf/Bocholt. Die Ausstellung "Kette & Schuss" im Textilmuseum Warendorf ist der Tradition der regionalen Textilindustrie gewidmet. Einige Ausstellungsstücke sind Leihgaben vom Unternehmen Brinkhaus und aus dem Textilmuseum "Alte Spinnerei" in Bocholt. Auch dort werden die großen Erfolge der ortsansässigen Unternehmen, darunter auch Brinkhaus, gezeigt.

Das Stadtmuseum im historischen Rathaus am Marktplatz in Warendorf eröffnete Anfang November 2016 feierlich die Textilausstellung "Kette & Schuss". Das Ausstellungs-Konzept wurde vom Heimatverein zusammen mit der Stadt Warendorf entwickelt und spannt einen Bogen von der Handweberei bis zur modernen hochtechnologisch entwickelten Textilindustrie.

Schon im 13. Jahrhundert war der Raum Warendorf ein wichtiges Zentrum der Leinenweberei und als Handelsstadt für Leinen ein beliebter internationaler Umschlagplatz. Seit damals und am stärksten zu der Zeit der Industrialisierung in den hundert Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts sorgte eine florierende Textilindustrie für gesundes Wachstum der Region. Diese Zeit der wirtschaftlichen Blüte wird in der Ausstellung mit einer Auswahl sehenswerter Exponate wieder lebendig.

Einige Ausstellungsstücke in Warendorf sind Leihgaben vom Unternehmen Brinkhaus und aus dem Textilmuseum "Alte Spinnerei" in Bocholt. Dieses Textilmuseum ehrt mit der ebenfalls unlängst eröffneten Dauerausstellung unter dem passenden Titel "Die Macher und die Spinnerei - Textilindustrie im Westmünsterland" die großen Erfolge der ortsansässigen Textil-Unternehmen, darunter auch Brinkhaus.

Noch vor Bocholt war Warendorf die ursprüngliche Wirkungsstätte von Brinkhaus. Hermann Josef Brinkhaus erbaute hier im Jahre 1909 eine eigene Fabrik und spezialisierte sich auf Inlett, ein besonders dichtes Baumwollgewebe für Federbetten. Diese Spezialisierung war der Beginn einer Erfolgsstory, die Brinkhaus zu einer der größten Inlett-Webereien machte.

Das Inlett-Gewebe von Brinkhaus war so dicht, dass die winzigsten Daunen und Federchen nicht hindurchschlüpfen konnten. Da jedoch während und nach den Kriegsjahren Rohprodukte wie Federn und Daunen auf dem Markt nicht zu bekommen waren, entschied sich der Firmeninhaber, das Inlett-Gewebe anders zu nutzen. Aufgrund der Feinheit der Garne und der besonders dichten Gewebestruktur war das Brinkhaus-Inlett gerade wegen dieser besonderen Eigenschaft bestens für Regenmäntel geeignet. Ohne Imprägnierung hielten sie auch im Regen dicht, und der Firmeninhaber sicherte mit dieser unkonventionellen Entscheidung die Arbeitsplätze in Warendorf. Eines der Ausstellungsstücke zeigt den historischen Trenchcoat in einem klassischen Stil mit dem damaligen Brinkhaus-Label.

Ein weiteres Exponat im Museum in Bocholt weist auf den engen Verbund der Weber untereinander und mit ihren Auftraggebern hin. Als Symbol dafür gehört zu den ausgestellten Objekten eine etwa 150 Jahre alte Brinkhaus-Fahne, die stellvertretend für den Gewerbe- und Handwerksverbund der Weber-Gemeinschaft steht. Die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit "seinen Webern" wurde vom Firmengründer Hermann Josef Brinkhaus als beständige Firmenphilosophie innerhalb eines großen sozialen Engagements gelebt.

Zwei solcher Fahnen wurden als ein "historischer Schatz" bei der Übernahme von Brinkhaus durch die EuroComfort Group entdeckt. Eine ist aus edlem Textil mit Stickereien. Die zweite, hier ausgestellte Fahne, ist aus unterschiedlichem Inlett-Gewebe gearbeitet und ebenfalls bestickt. Sorgfältig ließ Thomas Bußkamp, CEO der Gruppe, die seltenen Exemplare restaurieren.

"Die Wertschätzung der Tradition ist mir persönlich sehr wichtig", erklärt Thomas Bußkamp. "Symbole von geschichtlicher Herkunft stehen auch bei uns in der Industrie für Werte und Loyalität. Das sind Eigenschaften, die nie an Bedeutung verlieren." Eine Hommage vom neuen Firmeninhaber an den Firmengründer Hermann Josef Brinkhaus. Nun zählt die Fahne zu den attraktivsten und symbolträchtigsten Ausstellungsstücken in den Textilmuseen Bocholt und Warendorf. Eine weitere Besonderheit spielt dabei ebenfalls eine Rolle: Dass sie als Zunftfahne gearbeitet ist, obwohl Weber zu ihrer Zeit eigentlich keiner Zunft angehörten.

Das Textilmuseum in Bocholt ist eine Einrichtung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts arbeiteten in Bocholt zeitweilig über 10.000 Menschen in rund 60 Textilunternehmen. Das Textilmuseum ist eines dieser Bauwerke und bis heute eine voll funktionstüchtige Textil- oder besser "Museumsfabrik", in der sich die Besucher die Arbeitsabläufe in einem typischen Betrieb aus der Zeit zwischen 1900 und 1960 ansehen können. Kern des Museums ist eine Sammlung von über 30 Webstühlen verschiedener Bauarten aus 100 Jahren Entwicklungsgeschichte.
aus Haustex 12/16 (Wirtschaft)