Alfredo Häberli

"Nach dem Einzigartigen suchen, nicht nach dem Trend"


Alfredo Häberli entwirft in seinem Züricher Studio u.a. Möbel, Lampen und Wohnaccessoires. Auch mit Bodenbelägen hat er sich schon beschäftigt. Am 14. Januar 2017 wird er im Rahmen der Innovations@Domotex Dialogues in Halle 6 das Thema "Future Living: Für eine Architektur der Menschlichkeit" diskutieren. Das sagt der Designer über

die ersten sensorischen Erfahrungen, die der Mensch mit dem Boden macht:
"Wenn du als Kind gerade gelernt hast, aufrecht zu gehen und dabei den Blick nach vorn zu richten, spürst du die verschiedenen Oberflächen, über die du läufst, sobald du die ersten Schritte machst. Du bist extrem sensibel in den Füßen. Du läufst über einen Teppich, ein Parkett, über Sand oder Kies. Kinder reagieren da extrem. Die Sensibilität, die wir zunächst in den Füßen haben, verliert sich mit der Zeit."

seinen Ansatz bei der optischen Gestaltung eines Bodenbelags:
"Es geht darum, ein Gefühl auszulösen, keinen visuellen Dauerstress. Wenn ich Böden oder Teppiche entwerfe, sollen sie nicht auffällig sein und schreien, sie sollen einfach da sein. Sobald ich näher herangehe, dann möchte ich etwas sehen, aber von weitem sollte es beruhigend wirken. Mich interessiert das Ordnen von Chaos. Wie schaffe ich Strukturen, wie erzeuge ich Tiefen, die vielleicht erst auf den zweiten Blick auffallen?"

das Spannungsfeld zwischen der perfekten Imitation und kreativem Design:
"Die Imitation ist enorm weit fortgeschritten, so weit, dass es bei manchen Produkten selbst uns Designern kaum noch möglich ist, den Unterschied zwischen echtem Parkett und Laminat wahrzunehmen. In letzter Zeit interessiert mich Marmor, insbesondere Marmorplatten. Mein Entwurf beruht auf Aquarellen und Farbverläufen mit Zufallsstrukturen. Von weitem wirkt es, als sei es Marmor. Aus der Nähe erkennt man: Es ist eine grafische Arbeit, und es ist Laminat."

den Umgang mit Konventionen bei der Bodengestaltung:
"Mich interessiert, innerhalb der Konventionen etwas Neues zu machen. Ich möchte sie mit veränderten Dimensionen, Strukturen, neuen Blickwinkeln ein wenig verändern. Aber ich bin Industriedesigner, kein Künstler."

seine Wünsche an die Bodenbelagsindustrie:
"Ich wünsche mir Firmen, die bereit sind, mehr zu recherchieren und zu forschen. Aber nicht im Sinne einer Erfindung. Es geht um die Erkenntnis, dass der Designprozess Zeit braucht - und das kostet Geld. Dass man versucht, Abstand zu nehmen. Dass man nicht ständig nach links und rechts schaut, was die anderen machen, was der Trend ist, sondern, dass man nach dem Einzigartigen sucht."
aus BTH Heimtex 01/17 (Wirtschaft)