Egger: Interview mit Erich Macala und Stefan Pletzer
"Kein Bodenbelag hat ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis als Laminat"
Egger Fußboden feierte 2016 ein rundes Jubiläum: 20 bewegte Jahre, geprägt von sich stark verändernden Marktbedingungen liegen hinter dem Unternehmen. Wo stehen die Österreicher heute? Wie beurteilen sie aktuell den Markt? Darüber sprach Parkett Magazin mit den beiden Divisionsleitern Erich Macala (Technik und Produktion) und Stefan Pletzer (Marketing und Vertrieb).
Parkett Magazin: Der Laminatboden verliert in Westeuropa seit einigen Jahren kontinuierlich an Boden. Kann er auf dem jetzigen Niveau gehalten werden oder droht der freie Fall?Stefan Pletzer: Wir glauben, dass Laminat auch in Westeuropa seine Marktposition halten wird. Immerhin ist Laminat die drittgrößte Bodenkategorie nach textilen Belägen und Keramik. Allerdings hängt das davon ab, was die Industrie für das Produkt tut.
Früher war es aufgrund des starken Wachstums vergleichsweise einfach, Laminat zu verkaufen. Aber wenn der Markt zweistellig wächst, sind die Ambitionen gering, innovativ zu sein. Als das Verkaufen schwieriger wurde, gab es mehr Innovationen und die Produkte haben sich qualitativ deutlich verbessert. Wenn die Industrie diese Sorgfalt und diese Konsequenz beibehält, wird Laminat seinen Stellenwert halten. Kein Bodenbelag hat ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis. Und den wird es auch in Zukunft nicht so schnell geben.
Natürlich gibt es Diversifizierungen, weil die Anforderungen der Kunden immer individueller werden und wir Produkte brauchen, die diese erfüllen. Deswegen hat sich Egger entschlossen, sich strategisch vom reinen Laminatbodenspezialisten hin zum Spezialisten für Laminat, Designboden und Cork + - unsere weichere, wärmere und leisere Fußbodenlösung - zu entwickeln. Unseren Kernkompetenzen folgend jedoch ausschließlich auf Basis von Holzwerkstoffen als Trägermaterial und umweltfreundlichen Oberflächen ohne Weichmacher und PVC.
Wenn der Markt stagniert, wächst der Preisdruck. Wie kann die Industrie ihre Margen sichern? Ihre Produktionen sind doch alle schon auf Effektivität, Produktivität und schlanke Kostenstrukturen getrimmt.Erich Macala: Die Lösung sind gezielte Produkt- und damit verbundene Markterweiterungen. Aus unserer Sicht gibt es noch viele Möglichkeiten, Laminat in Einsatzbereichen zu etablieren, an die man vor einigen Jahren noch gar nicht gedacht hat. Nehmen wir als Beispiel unsere Böden mit Aqua +-Technologie. Das Produkt ist für uns eine Erfolgsgeschichte. Trotz eines wesentlich höheren Preises findet es seine Anwendung in Bereichen, die für Laminatboden lange Zeit nicht wirklich geeignet waren - so zum Beispiel in Feuchträumen und gewerblichen Anwendungsbereichen.
Pletzer: Man muss kontinuierlich darüber nachdenken, wo sich Möglichkeiten und Potenzial für weitere Innovationen ergeben. Stillstand ist Rückschritt - und das gilt auch in diesem Fall. Die einzige Möglichkeit, Laminat nach der Wirtschaftskrise wieder erfolgreich zu machen, war ein Innovationsschub. Und ein Umdenken der Industrie weg vom reinen Volumen hin zu mehr Wertigkeit. Das ist vielen Unternehmen gelungen. Und der Weg ist noch nicht zu Ende. Es gibt noch viele Möglichkeiten, Laminatböden noch attraktiver und noch breiter in der Anwendung zu machen.
Dennoch haben wir Überkapazitäten, die Branche muss und wird sich konsolidieren. Bleiben dabei die kleinen Anbieter auf der Strecke, werden die großen, vertikal integrierten den Markt unter sich ausmachen?Pletzer: Das kann man nicht so pauschal sagen. Es wird einfach immer individueller. Jeder muss seinen Platz im Markt finden und sich von seinen Wettbewerbern differenzieren, indem er den Kunden Vorteile bietet, die andere nicht bieten können.
Macala: Das ist eine Frage der Flexibilität und Innovationskraft. Und der Prioritäten. Wenn sich heute ein Laminatbodenhersteller stärker auf hybride Bodenbeläge oder Designbeläge konzentriert und Laminat vernachlässigt, spürt der Kunde dies. Und er wird dorthin abwandern, wo Laminat weiter vorangetrieben wird und eine Perspektive hat. Wir haben beispielsweise für jede unserer drei Produktkategorien Laminat, Design + und Cork + einen Verantwortlichen, der sich ausschließlich um die Entwicklung des jeweiligen Segments kümmert. Deshalb ist Überleben keine Frage der Größe, sondern der Unternehmensphilosophie. Manche verstehen sich als Vollsortimenter, andere als Spezialisten.
Sie sehen sich als Qualitätsanbieter. Bei wem kann man außerdem hochwertigen Laminatboden kaufen?Pletzer: Es gibt kein schlechtes Laminat. Alle Unternehmen, die derzeit im Laminatmarkt erfolgreich sind, machen einen guten Job. Sonst wären sie nicht mehr da. Die, die heute den Markt bewegen, sind die gleichen wie vor zehn Jahren. Sie haben sich weiterentwickelt und sie haben sich positioniert.
Macala: Jeder hat seine Schwerpunkte gesetzt: der eine auf Kostenoptimierung, der andere auf Qualität. Alle haben sehr viel an Optik und Haptik gearbeitet. Es gibt keine echten Innovationsvorsprünge mehr. Heute ist es ganz wichtig, sich zu differenzieren und ein eigenständiges Profil zu haben. Für uns ist das Thema Qualität sehr wichtig. Wir messen es an vielen Benchmarks. Dabei geht es uns gar nicht darum, dass wir in jedem Benchmark Spitzenreiter sind, sondern dass wir verlässlich hohe Qualität gewährleisten - im Januar genauso wie im Oktober, unabhängig von saisonalen Schwankungen. Damit setzen wir klar Maßstäbe im Markt. Oder auch mit dem Quellverhalten und den antistatischen Eigenschaften. Unsere Produkte sind zum Beispiel so gut wie alle antistatisch ausgerüstet, das macht sonst fast keiner.
Wo ordnen Sie sich mengenmäßig mit einem Ausstoß von ca. 55 Mio. m2 ein?Pletzer: Da gibt es größere Marktteilnehmer. Wir gehören zu den drei, vier größeren Spielern in Europa, in diesem Bereich wollen wir uns auch weiterhin bewegen. Unsere Philosophie heute ist nicht mehr die maximale Auslastung, sondern maximale Wertschöpfung für uns und unsere Kunden. Damit befinden wir uns mittlerweile wieder auf einem sehr soliden Wachstumskurs.
Kann man mit dieser Strategie tatsächlich in preisumkämpften Märkten erfolgreich sein? Ist nicht eher eine Kostenführerschaft erstrebenswert?Pletzer: Ich glaube nicht, dass reine Kostenführerschaft im Laminatbereich dauerhaft zu Erfolg führt. Man braucht eine gesunde Kostenstruktur, man muss hochmoderne, effiziente Prozesse haben, aber man muss nicht unbedingt der Billigste sein. Weil sich die Anforderungen an den Laminatboden verändern.
Eine reine Kostenführerschaft ist nur im hochvolumigen Einstiegsbereich mit seinen großen Losgrößen von wirklichem Vorteil. Da muss man Kostenführer sein, um den Deckungsbeitrag auch bei Niedrigstpreisen zu sichern. Bei der Sortimentstiefe, die ein kompetenter Laminathersteller heute anbieten muss, angefangen bei verschiedenen Stärken über Formate, Anwendungsklassen bis zu komplexen Synchronstrukturen, geht’s aber nicht mehr nur um den Preis. In der Summe muss das Paket passen. Das war vor einigen Jahren noch ganz anders. Viel wichtiger ist unseren Kunden heute, dass die Produkte dem Geschmack und den Anforderungen des Endverbrauchers entsprechen. Und dass sie rechtzeitig im Regal stehen. Nichts ist teurer als leere Regalplätze.
Sie haben im letzten Geschäftsjahr Ihren Umsatz auf 331,2 Mio. EUR gesteigert und wollen weiter wachsen. Dazu haben Sie den russischen Standort Gagarin ausgebaut. Wie weit sind Sie dort? Macala: Wir konzentrieren unsere Fertigung Westeuropa in Deutschland hier in Wismar und haben als zweites Standbein in Gagarin ein Werk zur Versorgung des russischen Marktes und der angrenzenden GUS-Staaten sowie bestimmter Exportländer aufgebaut.
Das Werk in Gagarin ist in der Größe mit Wismar vergleichbar und ebenfalls vollintegriert von der Platte über Beschichtung und Imprägnierung bis zur Endfertigung. Mit Sicherheit ist das weltweit einer der modernsten Fertigungsstandorte für Laminat. Durch den Transfer der beiden Fußbodenanlagen aus dem Werk Brilon verfügen wir dort über eine Kapazität von 30 Mio. m
2, werden diese aber nicht zwangsläufig auslasten. Wobei Gagarin ein reiner Laminat-Standort ist, in Wismar produzieren wir auch Design + und Cork +.
Die Produktionsprogramme sind unterschiedlich, weil wir aus Gagarin andere Märkte bedienen. In diesen Märkten gibt es natürlich Anforderungen als beispielsweise in Westeuropa. Wobei sich diese Unterschiede hauptsächlich auf Dekore und Strukturen beziehen. Auch wenn die Produkte unterschiedlich aussehen, muss der Qualitätsstandard immer gleichbleibend und verlässlich sein.
Beim letzten Interview vor zwei Jahren haben Sie den Holzhandel als interessante Zielgruppe bezeichnet. Wie weit sind Sie dort seitdem vorangekommen?Pletzer: Der Holzhandel ist für uns tatsächlich sehr wichtig. Wir sind in vielen Ländern in West- und Osteuropa deutlich stärker geworden. Auch in Deutschland konnten wir unsere Marktposition ausbauen, jedoch noch nicht in dem Umfang, den wir uns eigentlich wünsche.
Aber Sie sind doch mit anderen Produkten bestens im Holzhandel etabliert. Fungieren diese nicht als Türöffner? Pletzer: Natürlich - und das ist für uns auch sehr wichtig und hilft in der Marktbearbeitung immens. Darauf werden wir auch in den nächsten Jahren unsere Schwerpunkte setzen.
| Das Gespräch führte Claudia Weidt
aus
Parkett Magazin 01/17
(Wirtschaft)