Heimtextil: Deko, Gardine, Möbelstoffe

Natürlich im Aufschwung

Der Start in die Einrichtungssaison 2017 stand mit der Heimtextil in Frankfurt unter einem guten Stern: Der Winter ließ zwar partiell seine Muskeln spielen, jedoch waren die meisten Aussteller zufrieden mit Qualität und Quantität der Gespräche an den Messeständen. | Antje Lückingsmeier berichtet über die Vielfalt bei Deko, Gardine und Möbelstoffen

Der Wintereinbruch sorgte am ersten Messetag der Heimtextil zwar für einen verhaltenen Start, doch an den folgenden Tagen waren Gänge und Stände in den Stoffhallen gut besucht. "Vielleicht ist auch der Dienstag als erster Messetag noch nicht ganz angekommen beim Publikum", mutmaßte Erich Hartung von Höpke Möbelstoffe und fürchtete, dass dafür erneut am Samstag Besucher vor den verschlossenen Türen stehen würden. Darüber ist nichts bekannt, sicher ist jedoch, dass am Mittwoch und Donnerstag reichlich Leben auf dem Gelände herrschte, deutlich spürbar jedenfalls in den ausgebuchten Stoffhallen 3 und 4. Wenn die Heimtextil als Indikator für 2017 gesehen werden kann, wenn sie als Seismograph für die Branche herangezogen wird, wie es Messechef Braun in seiner Eröffnungsrede formulierte, dann lassen die Fakten optimistisch nach vorne schauen. Zum siebten Mal in Folge steigerte die größte Textilmesse der Welt ihre Ausstellerzahlen und hofft somit für 2017 auf einen anhaltend positiven Trend für Wohntextilien.

Im Theme Park, der zentral in Halle 6.0 gelegenen Trendshow der Messe, sollte das Publikum Lust bekommen, sich unter dem diesjährigen Motto "Explorations" auf eine "Entdeckungsreise der Sinne" zu begeben, innovative Materialien, Texturen und Muster als Basis für die aktuellen Trends und Farben der Saison zu erkunden. Es gab Besucher, die sich enttäuscht zeigten und anhand der vergangenen Jahre etwas mehr von der Trendshow erwartet hatten. Das kann ich als Branchenneuling schwer beurteilen; ich kann nur sagen: Gemäß des Titels "Explorations" gab es wirklich viel zu entdecken, zu begreifen und anzufassen...

Die Stimmung auf der Messe war, nach dem etwas ruhigeren Start, dann vielerorts gelöst und optimistisch. An zahlreichen Ständen war am Mittwoch kaum ein Fuß auf den Boden zu bekommen, geschweige denn der gewünschte Gesprächspartner zu erwischen. Das hatte den Vorteil, dass zwischendurch immer wieder Zeitfenster für einen kleinen Schlenker in den Nachbargang entstanden, wo es Überraschendes oder schon Bekanntes neu interpretiert zu entdecken gab. Und immer wieder die Möglichkeit, die gezeigten Stoffe zu berühren, sich ein konkretes Bild von deren Haptik zu verschaffen. Was heißt das eigentlich: "Stoff soll sich natürlich anfassen, obwohl er aus Polyester besteht". So musste ich lernen, dass mich mein Tastsinn Lügen strafen kann (oder die Textilindustrie so grandiose Produkte liefert): Was sich wie Wildseide anfühlt und nach Wildseide aussieht muss noch lange keine Wildseide sein.

Ganzheitliche Konzepte im Kommen

Die auf der Messe gezeigten Stoffe unterlagen 2017 nach meiner Einschätzung keinem strikten Trend: Zwar waren häufig pastellige Farben zu sehen, aber auch kräftig-bunte Eyecatcher und klassische Schattierungen fanden sich zuhauf. Durchweg war der Ruf nach Natur zu vernehmen. Ob Haptik, Optik, Material, ob Design oder schlichtweg Produkte für draußen: Mutter Natur steht auch 2017 hoch im Kurs mit ihren Vorbildern und Inspirationen. Eine weitere unaufhaltbare Tendenz: ganzheitliche Konzepte, die den Blick über den eigenen (Produkt-)Tellerand ermöglichen oder gar erfordern. Reinhold Hampl von Sonnhaus ist von dem Erfolg dieses Cross-Product-Ansatzes überzeugt - und die Resonanz der Besucher an seinem Messestand scheint ihm Recht zu geben. Mir als Konsumentin kommt das entgegen: Jemand liefert mir ein harmonisch aufeinander abgepasstes Produktsortiment, das zu meiner Gardine, meinem Polsterstoff passt. Wie oft habe ich schon bei einer schönen Dekoration gedacht: Gibt es das Accessoire auch zu kaufen? Und war dann enttäuscht, wenn ich nur ein bedauerndes Kopfschütteln erntete. Aber mehr und mehr spricht sich diese Konsumentenbequemlichkeit auch bei den Anbietern herum und längst sind es nicht nur die Kissen, die passend zu den Wohntextilien angeboten werden. Kleinmöbel, Vasen & Co. schaffen einen emotionalen Rahmen, bei dem auch das Stoff-Kaufen und Stoff-Verplanen wieder mehr Freude macht.

Bei dem Trend, dass immer mehr Stoffe auch für den Outdoorbereich geeignet sind, springt - nicht nur, aber besonders - im Wintergrau der Januarmesse das Herz ein wenig höher. Wenn ich es daheim schön habe, dürfen doch gern auch Garten-, Balkon- und Poolmöbel ansprechend gestaltet sein. Die Zeiten, in denen es "für draußen" höchstens mal eine maritime Streifenoptik gab, sind zum Glück vorbei. Dank der sich rasant entwickelnden Möglichkeiten im Digitaldruck sind nicht nur immer mehr Farben und Designs im Angebot, auch individuelle Kundenwünsche sind vielerorts möglich und sorgen für das Gefühl von großer eigener Kreativität.

antje.lueckingsmeier@snfachpresse.de
aus BTH Heimtex 02/17 (Wirtschaft)