Euroshop
Erlebnis auf allen Kanälen
Der stationäre Handel wird die Kunden in Zukunft nur dann begeistern, wenn die Betreiber das Einkaufen zum Erlebnis machen und es sinnvoll mit Dienstleistungen online und mobil verbinden. Wie das gehen kann, hat die Euroshop in Düsseldorf gezeigt.
Der stationäre Handel wird die Kunden in Zukunft nur dann begeistern, wenn die Betreiber das Einkaufen zum Erlebnis machen und es sinnvoll mit Dienstleistungen online und mobil verbinden. Wie das gehen kann, hat die Euroshop in Düsseldorf gezeigt.
Die Euroshop ist die Weltleitmesse für die Planung, Einrichtung und Ausstattung von Verkaufs- und Ausstellungsflächen des Handels. Große Segmente der Branche wie Mode, Unterhaltungselektronik und Bücher haben in den vergangenen Jahren viel Umsatz an das Internet verloren. Die Marktforscher des Centre for Retail Research rechnen für 2017 in Deutschland mit einem Anteil des -E-Commerce am gesamten Einzelhandelsumsatzes von 15,2 %, nach 11,6 % im Jahr davor.
Trotzdem oder gerade deswegen freuten sich die Veranstalter der Messe im 50. Jahr ihres Bestehens mit 113.000 Besuchern über so viel Zuspruch wie nie zuvor. Auch die Stimmung war gut. Denn die Ratlosigkeit und Skepsis der Vergangenheit zum Umgang mit der "Bedrohung Internet" ist einer zentralen Erkenntnis gewichen: Stationärer Handel und virtuelle Shoppingwelt können nur Hand in Hand die Bedürfnisse der modernen Kunden befriedigen.
Das bedeutet, der Händler muss im Idealfall den Kunden auf allen Kanälen erreichen - vor allem im Laden, aber auch am heimischen PC, auf mobilen Endgeräten und in sozialen Netzwerken - und ihn ohne Brüche begleiten von der ersten Informationsrecherche bis zum Kaufabschluss und eventueller Reklamationen und Rückgaben. Das nennt sich Omnichannel und war auf der Euroshop ein großes Thema.
Online bietet dem
Fachhandel Chancen
Ronny Lindenau von T-Systems Multimedia Solutions, einer der vielen Referenten im Rahmenprogramm der Messe, machte kleinen und mittleren Händlern Mut. "Gerade mit speziellen Produkten, die der Konsument nicht jeden Tag kauft, kann man neben den Onlinegiganten wie Amazon, Otto und Co. mit einem guten Konzept und genauem Wissen über die Wünsche und Bedürfnisse der Kundschaft bestehen."
Für die meisten Raumausstatter und Fachhändler ist es heute erste Priorität, im Internet überhaupt gefunden zu werden. Ist das geschafft, muss die Webseite eine gute Antwort auf die Frage geben: Warum soll ich mich als Endkonsument aufmachen zum Raum-ausstatter oder Fachhändler?
Fakt ist, dass der Einzelhandel 2016 weiterhin rund 90 % seines Umsatzes im stationären Geschäft erzielt. Das ist ein weiteres Ergebnis im Laden-Monitor 2017. Bei Raumausstattern und Fachhändlern liegt dieser Anteil sehr wahrscheinlich noch höher. Deswegen müsste es ihnen leicht fallen, die Frage zu beantworten, warum der Kunde in den Laden kommen soll. Denn er kauft die Produkte der Raumausstattung in der Regel nur alle paar Jahre und kennt sie nicht besonders gut. Zudem will er sie sehen, anfassen, sie erklärt bekommen, Inspiration finden für das eigene Zuhause. Und sie sollen in der Regel auch installiert werden.
Den Kunden emotional packen
Trotzdem leiden Raumausstatter und vor allem größere Fachhändler und Fachmärkte stationär unter abnehmender Kundenfrequenz. Auf der Euroshop fanden sie viele Anregungen und Tipps, wie sie ihren eigenen Laden und die ihrer Geschäftskunden heute attraktiv ausstatten und gestalten können (siehe Trends rechts sowie auf Seite 32 und Messe--Impressionen auf Seite 38).
Im Vordergrund steht dabei immer ein Ziel: Der Verbraucher soll am Ende sagen können, der Besuch des Fachgeschäftes hat sich gelohnt. Weil es ein Erlebnis war, es im besten Fall Spaß gebracht und das Shoppen vor Ort einen Mehrwert geboten hat im Vergleich zum Einkauf im Internet oder im Baumarkt.
Das gelingt dem Fachhändler, in dem er sich selbst zu Marke macht. Dem Endkunden muss sowohl im Laden als auch online schnell klar sein, wofür das Geschäft steht und was das Besondere, im besten Fall das Einzigartige ist an den angebotenen Produkten und Dienstleistungen. Die Gestaltung und die Einrichtung müssen ihn emotional packen.
Manch ein Experte auf der Euroshop sprach bereits davon, dass der Einzelhandel mit der Freizeitindustrie um die Zeit der Kunden konkurriere. Denn der Kauf im Internet ist zeitsparender und bequemer als der Gang in das Geschäft. Der Handel steht deswegen vor der Aufgabe, dem Kunden das Gefühl zu geben, nicht bloß einzukaufen, sondern Teil eines Erlebnisses, einer spannenden Geschichte zu sein rund um das Produkt bzw. die Dienstleistung.
Die Anbieter von Lichtlösungen beispielsweise zeigten in einer der insgesamt 18 Hallen, wie Licht Aufmerksamkeit, Begehrlichkeiten und Atmosphäre schaffen kann - im Schaufenster und im Verkaufsraum selbst. Die Hersteller von Bildschirmen und Displays inspirierten die Fachbesucher mit Ideen, wie man Verkaufsräume mit digitalen Elementen nicht überfrachtet. Bildschirme und Monitore sollten sinnvoll und punktuell eingebunden werden in die Ladeneinrichtung. Die Kunden können bei Bedarf zusätzliche Informationen abrufen. Andererseits können passende, großflächig gezeigte Bilder oder kleine Filme die Kundschaft inspirieren und damit zum Kauf animieren.
Teilflächen statt
umfassender Renovierung
Traditionell spielt der Boden eine wichtige Rolle bei der Inszenierung von Verkaufsflächen im Handel. Neben keramischen Fliesen sind PVC-Designbeläge die beliebtesten Bodenbeläge. Wurden sie früher ausschließlich vollflächig verklebt, werden heute gerne flexiblere und schnellere Lösungen verlangt, berichtete Oliver Kluge von Amtico. Klick- und Looselay--Ausführungen gewinnen in diesem Segment an Bedeutung.
Hintergrund ist, dass laut Laden-Monitor 2017 in Handels-unternehmen große, umfassende Renovierungen seltener durchgeführt werden. Die Betreiber gestalten derzeit lieber bestehende Flächen und Teilbereiche in immer kürzeren Abständen um bzw. modernisieren sie, um im Wettstreit um die Gunst des Endkunden ständig etwas Neues bieten zu können.
Das spüren auch die Ladenbauer. Laut Netzwerk Ladenbau sind die Auftragsbücher in den Bereichen Ladenbau sowie Zu- und Vorlieferindustrie gut gefüllt. 70 % verzeichneten im 3. Quartal 2016 mehr oder gleichbleibend viele Aufträge im Vergleich zum Quartal zuvor. Der Laden-Monitor 2017 des EHI stellt fest, dass 41 % der Händler ihre Budgets in den vergangenen zwei Jahren erhöht haben. Die Hälfte stellt genauso viel wie zuvor für die Ladeneinrichtung zur Verfügung. Befragt wurden die 50 größten Handels-unternehmen in der D/A/CH-Region.
Anbieter von Bodenbelägen, Verlegewerstoffen, Profilen und Leisten profitieren von diesem Trend. Hersteller, die in der Lage sind, individuelle Wünsche der Ladenbetreiber nach Sonderfarben und -formaten zu erfüllen, verzeichnen gute Umsätze im Retail--Segment. Mehr und mehr nutzen die Möglichkeiten des Digitaldrucks. Denn jeder Händler will sich über ein individuelles Shop-Design abheben im Wett-bewerb mit dem Geschäft nebenan oder dem Konkurrenten im Internet.
Die Konkurrenzsituation bekommen auch die Bodenbelagshersteller zu spüren. Der Bereich Ladenbau sei zwar nach wie vor flächenmäßig sehr wichtig, heißt es. Die Preise seien aber stark unter Druck, andere Segmente mittlerweile lukrativer. Anbieter stoßen neu in den Retail-Bereich vor. Allein auf der Euroshop stellten rund 40 Hersteller von Oberflächen, Bodenbelägen und Zubehör aus.
jochen.lange@snfachpresse.deTrends Bodenbeläge im Ladenbau
-PVC-Designbeläge
-schnell und problemlos rückbaufähige Produkte wie Looselay-Beläge
-matte bis supermatte Oberflächen
-kleine, kombinierbare Formate
-kleinteilige Verlegemuster z.B. Fischgrät, Würfel, Tafel, Altdeutscher Verband
-PVC-freie Produkte
-Sonderanfertigungen bei Farben, Formaten und Designs
-digital bedruckte Produkte
aus
BTH Heimtex 04/17
(Wirtschaft)