BHB - Handelsverband Heimwerken, Bauen und Garten e.V.
Wohin steuert die Baumarkt-Branche?
Die Baumarkt-Branche ist im Umbruch, weil sich die Einkaufsgewohnheiten der Kunden verändern. Wohin die Reise gehen kann, über Chancen und Risiken sowie die wirtschaftliche Entwicklung in der D/A/CH-Region in 2016 berichtet der Branchenverband BHB.
Einen gut gelaunten Hauptgeschäftsführer konnte man auf der Jahrespressekonferenz des BHB - Handelsverband Heimwerken, Bauen und Garten erleben: "Mit dem Umsatzwachstum von 1,5 % liegt unsere Branche im oberen Bereich des Korridors der zu Beginn 2016 selbstgesteckten Jahresziele. Der Verband und die Branche können sich mit der Marktperformance der Handelsunternehmen 2016 zufrieden zeigen", so Dr. Peter Wüst. Flächenbereinigt lag das Plus bei 0,8 %.
18,24 Mrd. EUR haben die deutschen Baumärkte im zurückliegenden Geschäftsjahr umgesetzt. Überdurchschnittlich gewachsen sind u.a. die Sortimente Möbel (+1,8 %) Bauchemie/Baumaterial (+2,3 ) und vor allem Wand/Boden (+4,3 %). Unter Vorjahr blieben hingegen Anstrichmittel/Malerzubehör (-0,6 %). Und Wohnen/Deko bildet mit -8,7 % gar das Schlusslicht der Tabelle.
Weniger Märkte, mehr E-Commerce
Dies alles spielt sich vor dem Hintergrund umfassender Umwälzungen innerhalb der Branche ab. Die Zeiten ständigen Flächenwachstums sind vorbei. Seit 2012 geht die Gesamtverkaufsfläche zurück. Die Zahl der Standorte ist schon länger rückläufig, weil kleine Märkte aufgegeben und durch weniger, aber größere ersetzt wurden. Auch die seit Mitte der 1990er anhaltende Konzentration in der Baumarktbranche spielt dabei eine Rolle. Nicht zu vergessen: die Pleite von Praktiker/Max Bahr im Jahr 2013.
Gleichzeitig knapst das Internet zunehmend an den Umsätzen mit DIY-Artikeln. Die Baumärkte sind erst vergleichsweise spät in den E-Commerce eingestiegen und müssen aufholen. "Die intelligente Vernetzung von stationärem und Online-Geschäft ist ein elementarer Schlüssel für eine erfolgreiche Kundenansprache", stellt Peter Wüst fest. Dabei würden die eigenen Standorte auf Rentabilität geprüft und Geschäftsprozesse auf die neuen Erfordernisse hin optimiert. Erste Erfolge dieser Strategie belegt der BHB mit Zahlen des Marktforschungsunternehmens Teipel Research & Consulting. Dieses hat den Anteil der Bau- und Heimwerkermärkte am E-Commerce-Umsatz mit DIY-Sortimenten für 2016 auf 17,5 % beziffert, nach 13,5 % im Jahr 2015. Das Gesamtvolumen betrage aktuell 2,77 Mrd. EUR. Bis 2020 könne es auf rund 4 Mrd. EUR anwachsen.
Von Homing bis Do-it-for-me
Online wie offline braucht es aber auf jeden Fall die richtigen Produkte, um erfolgreich zu sein. Der Verband hat fünf Trends ausgemacht, die für Umsatz bei Obi & Co. sorgen können, wenn das Angebot und Beratung stimmen: Homing, Smart Home, Nachhaltigkeit, altersgerechtes Wohnen und Do-it-for-me.
Dabei ist das Homing oder Cocooning schon ein Dauerbrenner, der in zunehmend als unsicher empfundenen Zeiten aber neuen Schub bekommen könnte. Denn im Garten und im Haus soll es nicht nur schön, sondern auch sicher sein. Neben Gartengeräten und -möbeln, Bodenbelägen, Farben oder Tapeten ist damit auch Sicherungstechnik ein Thema. Der Brückenschlag zum Smart Home fällt da leicht. Denn das vernetzte Zuhause bietet nicht nur Komfort und Steuerung von unterwegs, sondern eben auch Sicherheit, wenn die Jalousien sensorgesteuert oder mit einem Wisch auf dem Smartphone herunter gelassen werden.
Langsam, aber dennoch weiter voran geht es beim Thema Nachhaltigkeit. Das steigende Gesundheitsbewußtsein fördert den Trend. Ökologisch einwandfreie Produkte gewinnen an Bedeutung. Und auch der Qualitätsgedanke kommt hier zum Tragen.
Der demographische Wandel verändert nicht nur die Kundenstruktur in den Baumärkten. Er schafft auch reichlich Umsatzpotenzial. Wer sein Zuhause altersgerecht umbauen bzw. ausrüsten will, findet dort viele der dazu notwendigen Produkte. Und wer diesen oder einen anderen Umbau nicht selber machen möchte oder zumindest Hilfe benötigt, der freut sich über entsprechende Angebote im Heimwerkermarkt, wie eine aktuelle Umfrage im Auftrag des BHB ergeben hat (siehe Kommentar).
Österreich stark, Schweiz schwächelt
Auch in Österreich dürften derartige Überlegungen eine Rolle spielen, ebenso wie das Thema Internet. In der Alpenrepublik wurde die Branche 2015 zudem durch die Baumax-Pleite aufgerüttelt. Die deutschen Ketten Obi (49), Hagebau (6) und Hornbach (1) haben die Standorte untereinander aufgeteilt und damit die Karten beim Kampf um die Gunst der Kunden neu gemischt.
Negative Folgen durch die Unruhe im Markt lassen sich nicht feststellen. Für Österreich meldet der BHB ein Plus der Umsätze von 2,4 % (bereinigt +3,9 %) auf 2,46 Mrd. EUR. An den für die Leser dieser Zeitschrift relevanten Warengruppen geht die positive Entwicklung allerdings vorbei. Wohnen/Deko (-10,4 %), Wand/Boden (-7,5 %) und Anstrichmittel/Malerzubehör (-0,2 %) fielen teils deutlich hinter das Vorjahresergebnis zurück. Einzig Bauchemie/Baumaterial (+3,1 %) gelang eine sogar überdurchschnittliche Verbesserung.
Im Gegensatz zu Deutschland und Österreich sind die Baumarkt-Umsätze in der Schweiz 2016 leicht zurückgegangen. Der BHB beziffert sie auf 2,31 Mrd. CHF (2,16 Mrd. EUR), was einem Minus von 0,3 % entspricht. Gegen den Trend leicht zulegen konnten die Segmente Wand/Boden (+0,4 %) sowie die hier separat erfassten Heimtextilien (+0,5 %). Wohnen/Dekoration lag nahezu auf Vorjahresniveau (-0,1 %).
thomas.pfnorr@snfachpresse.de
Kommentar von Thomas Pfnorr
Service muss etwas kosten
Die Deutschen mögen noch ein Volk von Heimwerkern sein. Aber viele DIYler haben mittlerweile nichts dagegen, wenn man sie bei ihren Projekten unterstützt, stellt eine Studie des Marktforschungsinstituts YouGov im Auftrag des BHB fest. Und manche würden sogar für die Dienstleistung bezahlen!
Weit mehr als die Hälfte der Befragten, nämlich 66 %, können sich vorstellen, Hilfskräfte für kleinere Tätigkeiten im Baumarkt zu beauftragen, beispielsweise für Transporte, den Zusammenbau von Möbeln oder das Aufhängen von Regalen und Lampen. Mit 39 % wären aber deutlich weniger bereit, für diese Dienstleistung auch Geld auszugeben. Einen Handwerker über den Baumarkt beauftragen würden 67 %. Für die Vermittlung bezahlen wollen nur 40 %.
Es ist ja schön zu lesen, dass sich zwei Drittel der Heimwerker ihrer Grenzen bewusst sind und in der Mehrheit nicht zu stolz, um Hilfe anzunehmen. Das erspart ihnen den Frust, wenn die Tapete nicht halten will oder sich der Teppichboden bei Feuchtigkeit zu wellen beginnt. Aber wie kann es sein, dass von denen nur gut die Hälfte bereit ist, für diese Hilfe zu bezahlen? Was glauben die anderen wohl, woher das Gehalt für den netten jungen Mann kommt, der ihnen die Löcher für den Badezimmerschrank bohrt, ohne dass die Wandfliesen zerspringen? Wie würde es ihnen gefallen, wenn wildfremde Menschen von ihnen verlangten, gratis einen Flur zu streichen?
Dass aus "Do it yourself" langsam "Do it for me" wird, ist eine gute Nachricht - nur bedingt für die Baumärkte, auf jeden Fall für das Handwerk. Aber wirklich etwas davon haben werden die Betriebe nur, wenn die Bezahlung stimmt. Das müssen viele durch Gratis-Rücksendung im Internet oder Rabattschlachten verwöhnte Verbraucher wohl erst noch lernen.
aus
BTH Heimtex 04/17
(Wirtschaft)