EPF und Fraunhofer WKI: 10. Europäisches Symposium für Holzwerkstoffplatten

Mehr Wachstum, aber auch mehr Anforderungen und mehr Auflagen


Alle zwei Jahre veranstalten das Fraunhofer WKI und der Verband der europäischen Plattenindustrie (EPF) das technisch orientierte Symposium für Holzwerkstoffplatten. Zentrale Themen waren dieses Mal die weltweite Wirtschaftslage der Branche, neue Bindemittel, Messsysteme im Herstellungsprozess, Recycling von Altholz und die Emissionsdebatte.

Nachhaltigkeit und Speicherung von CO sind die wirkungsvollsten Argumente, mit denen die holzverarbeitende Industrie ihre Produkte gegenüber Politik, Behörden und einschränkenden Verordnungsbestrebungen in Stellung bringen können. Das gilt besonders für die Hersteller von Holzwerkstoffplatten. Diese leben nämlich in ständiger Konkurrenz mit der Pellet-Industrie um den Rohstoff Holz. Umso erfreuter vernahmen die rund 300 Teilnehmer aus über 30 Ländern beim 10. Europäischen Symposium für Holzwerkstoffplatten in Hamburg das Statement des Hamburger Staatssekretärs für Umwelt und Energie, Michael Pollmann: "Die energetische Verwertung von Holz sehe ich skeptisch. Frisches Holz sollte zunächst werkstofflich genutzt werden. Das ist für uns im Zusammenhang mit dem Klimaschutz von großer Bedeutung."

Holz ist ein Werkstoff der Zukunft, eine erneuerbare Ressource. Dieses Credo hallt durch alle Verlautbarungen der Plattenbranche. Stahl und Beton seien viel energieaufwändiger in der Herstellung. Die Renaissance des Baustoffs Holz gehöre auf die Tagesordnung. Können wirtschaftliche Daten diese Hoffnung bestätigen? "Das Wachstum hält an", zitierte Michael Wolf von Pfleiderer das finnische Beratungsunternehmen Pöyry. Die Statistik zeigt: nach den Tiefs der Branche in 2000 und 2009 folgten stets drei positive Jahre. Zwar hört man auch pessimistische Prognosen, die sich auf Brexit, Syrienkrieg, und die Instabilität von Banken stützen, doch die Absatzlage in Mittel- und Nordeuropa ist weiterhin gut. Auch Osteuropa scheint stabil und selbst Spanien erlebt eine neue Baudynamik.
Treiber für die vielversprechenden Aussichten in Europa ist der private Hausbau - an der Spitze die Niederlande mit über 12 %. Selbst Deutschland hat daran trotz einer Zuwachsrate von nur 1,6 % aufgrund seiner Marktgröße entscheidenden Anteil. Im Jahr 2018 soll das Topniveau der Plattenbranche aus 2007 wieder erreicht werden können. Das gilt für alle Erzeugnisse. Spanplatte (+ 1,5 %), Sperrholz und OSB (+ 3,9 %) profitieren vom Trend zum "grünen" Wohnen, MDF (+ 2,7 %) erhält nach dem Schwächeln im Laminatbodenabsatz wieder Aufwind.

Ab 2018 könnte Rohholz wieder teurer werden

Hatten sich die Rohstoffpreise für Sägeresthölzer ab 2006 verdoppelt bis verdreifacht, so sind sie in den vergangenen drei Jahren wieder leicht gesunken. Warme Winter sowie Pellet-Importe aus den USA und anderen Regionen gelten als Grund. Ab 2018 jedoch könnte Rohholz wieder teurer werden. Dann dürfte die Holznachfrage das Angebot übersteigen, fürchtet die Branche und richtet den Blick daher unter anderem auf sparsame Plattenversionen in Wabenbauweise.

Kostenkontrolle sei der entscheidende Faktor für eine gesunde Plattenindustrie, erklärte in diesem Zusammenhang Fred Kurpiel vom amerikanischen Georgie Research Institute. Alter und Größe der Anlagen, Auslastung und Vertriebsstrategie sind die Stellschrauben. Vor allem in Osteuropa drücken junge, großvolumige Anlagen auf kleine, ältere Werke. Die weltweite Sperrholzproduktion hat China an sich gerissen (70,5 %). Das hat vor allem die Sperrholzhersteller in den USA getroffen; dort ist die Zahl der Werke von über 200 auf rund 60 geschrumpft.

Welches Holz für welchen Zweck?

Ursachen für den erwarteten Rohstoffengpass in einigen Jahren gibt es verschiedene. In Deutschland könnte der Rückbau von Wäldern zu Laubholz-Pflanzungen dazu gehören, denn Nadelholz wird von der Plattenindustrie vielfältiger verwendet. Bietet Altholz eine Lösung? "Kaskaden-Nutzung" nennt die Branche die Weiterverwertung von Holz, das schon einmal eine technische Bearbeitung erlebt hat. Hier liegt nach Zahlen aus dem Jahr 2012 Italien weit vorn und greift für seine Spanplatten zu 93 % auf Recyclingholz zurück. Deutschland hat mit 35 % hinter Dänemark (67 %), Belgien (60 %), Frankreich und Großbritannien (je 54 %) eine eher magere Quote.

Nicht jede Art gebrauchter Holzprodukte lässt sich problemlos wiederverwenden. Die deutsche Altholzverordnung unterscheidet vier Klassen. Eine "saubere" Holzqualität ist für die Herstellung neuer MDF-Platten und mehr noch für die bei Mehrschichtparkett und Laminatboden eingesetzten HDF-Träger Voraussetzung. Sortenreine Resthölzer sind gefragt. Deren Anteil lässt sich in der Altholzsortierung dank technischem Fortschritt durchaus erhöhen. Das Fraunhofer Institut WKI in Braunschweig arbeitet derzeit an Röntgen- und Fluoreszenz-Verfahren, um Plastik und andere Verunreinigungen im Sortierprozess zu erkennen. Auch optische Kamerasysteme lokalisieren Plastik, Metall und anderes. Spektroskopische Methoden können MDF-Material feststellen und ausschleusen. Die Universität Padua hat ein Kamerasystem entwickelt, das in einer von der EU geförderten Pilot-Anlage Recyclingholz über Stationen mit Namen wie "Metall-Killer" und "Plastik-Killer" so gut durchforstet, dass aus den rückgewonnenen Spänen MDF-Platten von dem Vernehmen nach guter Qualität gefertigt werden können.

Nicht zuletzt hat die Entwicklung von WPC zu Terrassendielen und anderen Outdoor-Produkten eine geeignete Nutzbarkeit von Altholzresten beflügelt. Im Gegensatz zu dieser Holz-Plastik-Komposition ist die Verbindung von Holz mit Zement als Bindemittel noch weniger ausgefeilt. Hier gilt es, ungewünschte chemische Reaktionen beider Stoffe zu verhindern.
Grenzwerte machen die Musik

Wenn Plattenverarbeiter nicht nach Japan liefern können, weil das Standard E1 Produkt den dortigen Emissionswerten nicht genügt und auch die USA nur noch eine Übergangsfrist einräumen, müssen sich europäische Plattenhersteller Gedanken machen. Vorschriften gibt es schon. Die jüngste ist die prEN 16516, ein neuer harmonisierter Standard für die Bestimmung von flüchtigen (VOC), leichtflüchtigen (VVOC) und halbflüchtigen (SVOC) organischen Stoffen. Seit zehn Jahren ist die Norm in Arbeit, aber noch nicht in Kraft. Per Ausführungsverordnung (delegated act) könnte die EU der Deklaration 2017 zur Geltung verhelfen. Wobei hier keine Grenzwerte, sondern nur Haupt- und Unterklassen festgelegt werden. Die höchste Klasse bleibt nach oben offen und jeder EU-Staat kann selber entscheiden, welche Klassen er anwenden will.

Innerhalb der VOC-Hauptklasse finden sich drei Unterklassen (A3/1, F1, C1). Dann gibt es unter dem TVOC-Wert als Gesamtsumme der Emissionskonzentration (übrigens Grundlage der Emicode-Einstufung) sechs Klassen (A3, A2, A1, B, C, D). Die zweite Hauptklasse betrifft Formaldehyd und enthält die Nebenklassen F1, F2 (=E1) und F3 (=E2). In die dritte Hauptklasse fallen karzinogene Emissionen (C1, C2). Mit dem Auftreten solcher Stoffe wird derzeit in der Holzproduktion jedoch nicht gerechnet.

An einer verbindlichen VOC-Liste wird ebenfalls gearbeitet. Derzeit seien 96 von 170 bis 200 bekannten VOC’s erfasst, verkündete Prof. Rainer Marutzky vom Internationalen Verein für technische Holzfragen. Die vorhandene deutsche Liste fand im Nationen-Kompromiss keine Mehrheit.
aus Parkett Magazin 03/17 (Wirtschaft)