Fachverband Matratzen-Industrie
Mit neuem Vorstand in die Offensive
Bamberg. Auf der Verbandstagung des Fachverbandes der Matratzen-Industrie versorgt Geschäftsführer Dr. Ulrich Leifeld die Mitgliedsunternehmen regelmäßig mit einer Vielfalt an selbst recherchierten Informationen, die für die Arbeit der Unternehmen von Bedeutung sind. Außerdem wurde in diesem Jahr ein neuer Vorstand gewählt, nachdem man sich im vergangenen Jahr dazu entschlossen hatte, den alten Vorstand ausnahmsweise noch ein Jahr länger im Amt zu belassen.
Die Jahrestagung des Matratzenverbandes, diesmal in Bamberg, geht über zwei Tage. Am ersten Tag findet die nicht öffentliche Mitgliederversammlung statt, auf der in diesem Jahr unter anderem der neue Vorstand gewählt wurde. Am folgenden Vormittag folgt dann die für Gäste öffentliche Verbandstagung, wie immer mit einer Fülle an Informationen und Wissenswertem.
Da Manfred Greiner und Johannes Brinkmann nach langjähriger Tätigkeit im Vorstand auf eigenen Wunsch nicht mehr kandidierten, galt es, den Vorstand mit neuen Mitgliedern aufzufüllen. In den Vorstand gewählt wurden durch die Mitglieder erneut Lars Brunsø (Akva Waterbeds) und Thomas Bußkamp (EuroComfort Group), neu hinzu kommen Michael Sailer (Werkmeister) und Christoph von Wrisberg (Recticel Schlafkomfort). Innerhalb des Vorstand einigte man sich anschließend auf den Vorsitz durch Bußkamp, sein Stellvertreter ist Lars Brunsø. Sailer und von Wrisberg sind Beisitzer. Die Ausschussleiter, Winfried Weber (Technik) und Ralf Werner (Marketing), wurden in ihren Ämtern bestätigt.
Gegenüber der Haustex nannte Bußkamp zwei wichtige Aufgaben, denen sich der neue Vorstand widmen möchte. So soll einmal dem Thema Normen und Normierungen verstärktes Gewicht gegeben werden. Ziel sei es, die Endverbraucher-Informationen so zu gestalten, dass sie aus der Grauzone der Uneinheitlichkeit heraus kommen. Dies nicht zuletzt im Hinblick auf die Härte-Angaben der Matratzen. Der weitere Verlauf der Tagung gab darauf bereits einen wichtigen Hinweis. Ein weiterer Punkt wird das Thema des Klimas in und auf der Matratze sein.
Im Mittelpunkt des Vortrags von Verbandsgeschäftsführer Leifeld standen aktuelle Marktentwicklungen, vor allem natürlich die zunehmende Digitalisierung des Matratzen-Handels. Welche Bedeutung das Internet inzwischen hat, zeigte Leifeld anhand einige Zahlen. Rund 35 Prozent der Deutschen halten das Internet für das wichtigste Informationsmedium überhaupt. Und 75 Prozent der täglichen Kommunikation werden heute digital abgewickelt. Eine besondere Rolle nimmt dabei inzwischen das Smartphone ein, denn 79 Prozent der mobilen Internet-Nutzer verwenden dieses Kommunikations-Gerät. Als aktuellen Trend macht Leifeld außerdem aus, dass hochwertige und zum Teil beratungsintensive Produkte im Netz besonders erfolgreich sind, dazu zählt er auch Matratzen.
Der stationäre Handel, somit auch der Bettenfachhandel, muss sich nolens volens auf diese Entwicklung einstellen. Denn auch wenn die Werte je nach Quelle etwas differenzieren, eines ist eindeutig: E-Commerce zeigt eine wesentlich größere Wachstumsdynamik auf im Vergleich zum stationären Geschäft. Der HDE schätzt, dass der stationäre Handel im laufenden Jahr rund zwei Prozent an Umsatz einbüßen könnte, während der Online-Umsatz um elf Prozent zulegen dürfte.
Zwar wird im Netz noch am meisten für Unterhaltung (Bücher, Elektronik) sowie Bekleidung und Schuhe ausgegeben. Aber was die Wachstumsdynamik von Einrichtungsartikeln (einschließlich Matratzen) im letzen Jahr betrifft, liegen sie ganz deutlich vorne und holen in der Beliebtheit im Internet gegenüber den anderen Warengruppen auf.
Diese Tatsache, so Leifeld, mache den Verkauf von Matratzen im Internet für Start-ups so interessant. Hinzu kommt, dass das Umsatzvolumen mit Matratzen aus Sicht Leifelds häufig überschätzt wird. Er führt als Beispiel das Unternehmen Statista an, das den Umsatz mit Matratzen im Jahr 2015 auf deutlich mehr als eine Milliarde Euro beziffert. Leifeld hält für dieses Jahr und 2016 einen Wert für realistischer, der rund 20 Prozent darunter liegt. Und einer Schätzung zufolge, so Leifeld, würden aktuell rund zehn bis zwölf Prozent aller Matratzen über das Internet verkauft werden. Mit wachsender Tendenz, denn für das Jahr 2020 wird bereits ein Anteil von gut 17 Prozent veranschlagt.
Die Versprechen den Online-Händler klingen für den Verbraucher tatsächlich verführerisch. Da ist die Matratze, mit der man in jeder Lage immer richtig liegt. Oder jene "Luxus"-Matratze, die zu allen passt und den Rücken sogar gesund erhält (ein Versprechen, das einem stationären Händler um die Ohren geschlagen würde). Oder die Matratze, die einfach auf jeden Schlaftyp abgestimmt ist. Damit, so Leifeld, versuchten die Anbieter geschickt zu bemänteln, dass sie sich alleine aus Kostengründen auf ein sehr schlankes Sortiment konzentrieren, häufig sogar nur auf eine Matratze für alle.
Bei aller Wachstumsdynamik ist die Welt der Online-Matratzen dennoch nicht durchweg heil, wie Leifeld beobachtet. Durch einen beinharten Wettbewerb untereinander bleiben die Umsätze der Onliner mitunter unter den eigenen Erwartungen. Hinzu kommt, dass die Margen im Markt häufig überschätzt werden, dafür die Retourenquote unterschätzt wird. Da man eine Matratze, die einmal entpackt ist, nicht einfach wieder in die Versandkiste zurückstecken kann, erfordert die Abholung der Matratzen einen besonders hohen, mit entsprechenden Kosten verbundenen Aufwand. Der Versender Eve beziffert die Kosten pro retournierter Matratze auf 35 Euro, so der Verbandsgeschäftsführer. Und danach stellt sich die Frage, was man mit der Matratze anschließend anstellt.
Casper scheint eine intelligente Idee zu praktizieren. Die Kunden werden gebeten, die noch relativ neue Matratze einer karitativen Institution zu spenden, statt sie an das Unternehmen zu schicken. Gegen Vorlage der Spendenbescheinigung wird dann der Kaufpreis erstattet. Auf diese Weise schlägt das Unternehmen zwei Fliegen mit einer Klappe: Man spart sich die Abholungskosten sowie die Kosten der Entsorgung und kann sich gleichzeitig als Wohltäter darstellen.
Alles in allem erwartet der MatratzenVerband in den kommenden Jahren angesichts dieser Negativ-Faktoren eine Marktbereinigung unter den Anbietern, was allerdings nicht zwangsweise mit einem Rückgang der übers Internet abgesetzten Zahl an Artikeln verbunden ist.
Nicht fehlen durfte auch ein Blick auf die für den Verband wichtigste Messe des Jahres, die Möbelmesse in Köln. Leifeld konstatiert eine weiterhin hohe Nachfrage seitens der Firmen nach einem Stand in der Sleep-Halle 9. Die Sleep-Lounge des Verbandes in der Halle erfreute sich einer guten Resonanz und auch die mit einem etwas veränderten Konzept gestartete Branchenparty meet@sleep fand laut Leifeld allgemeine Zustimmung. Bekanntlich startete man in diesem Jahr etwas "softer" mit leiser Musik, sodass der Gedankenaustausch zwischen den Teilnehmern anfangs im Vordergrund stehen konnte. Erst später drehte dann die Band richtig auf, damit auch die Tanzwilligen zu ihrem Recht kamen.
Neben dem internen Erfahrungsaustausch unter Wahrung der Compliance-Regeln und der Lieferung von interessanten Marktdaten bietet der Verband seinen Mitgliedern auch ein sogenanntes Mehrwertprogramm: In Zusammenarbeit mit verschiedenen Unternehmen können die Mitglieder dort Dienstleistungen zu vergünstigten Konditionen in Anspruch nehmen. Neu in diesem Kreis der Anbieter sind die Stadtwerke Troisdorf. Das Unternehmen verfügt laut Leifeld über mehrjährige Erfahrungen bei der Beratung zum Energieverbrauch in Unternehmen.
Den Abend des ersten Tages verbrachten die Verbandsmitglieder mit ihren Gästen zum Teil auf einem interessanten Stadtrundgang. Dort wurde das Rätsel gelöst, warum das Alte Rathaus mitten in die Pegnitz gebaut wurde: Angeblich wollte der in Bamberg residierende Bischof von Bamberg dem aufstrebenden Bürgertum für den Bau des Rathauses nichts von seinem Grund und Boden abgeben. Also schlugen die findigen Bürger einfach Pfähle in den Fluss und schufen so eine künstliche Insel, auf der sie ihr Rathaus bauten. Außerdem soll der Bamberger Raum der Ort mit der höchsten Brauerei-Dichte sein. Logisch, dass man sich nach dem Rundgang in der Gasthausbrauerei Ambräusianum traf. Dort warteten eine kleine Bierverkostung mit zum Teil recht ausgefallenen Geschmacksnoten, leckere Speisen und angeregte Gespräche auf die Teilnehmer.
Der neue Verbandschef Thomas Bußkamp würdigte zum Schluss der Veranstaltung die Arbeit der Geschäftsführung. Es sei ihr gelungen, trotz eines schlanken Verbandsapparates den Mitgliedsunternehmen erneut enorm viele Informationen während der zweitägigen Veranstaltung zur Verfügung zu stellen.
Im kommenden Jahr wird sich der Verband zur Jahrestagung am 24. und 25. April in Bad Arolsen treffen.
aus
Haustex 05/17
(Wirtschaft)