HTC & Husqvarna: Gespräch mit CEO Stefan Lind und GF Christer Brovinius

Zwei Schleif-Marken unter einem Dach


Dichter am Puls der Zeit kann man kaum noch sein: Zum Zeitpunkt dieses Interviews war die Tinte unter dem Übernahmevertrag von Schleifmaschinenhersteller HTC durch Husqvarna gerade einmal 24 Stunden trocken (4. Mai 2017). FussbodenTechnik wollte von HTC-CEO Stefan Lind und HTC-Deutschland-Geschäftsführer Christer Brovinius wissen, welche Folgen die Übernahme hat.

FussbodenTechnik: Mit Husqvarna hat ein schwedisches Unternehmen HTC übernommen. Welche Chancen bietet die Transaktion?

Stefan Lind: Um die Frage zu beantworten, muss ich etwas ausholen, um die Strategie und die Historie dahinter zu erklären. Bei HTC gab es schon immer einen starken Wunsch nach Wachstum. Der bisherige Eigentümer war die dänische Investmentgesellschaft Polaris. Sie erkannte, dass HTC mit Schleifmaschinen für die Untergrundvorbereitung und polierten Betonböden eine kleine Nische im Markt besetzt, die sich rasant weiterentwickelt. Polaris kaufte HTC schließlich von Gründer Hakan Thysell und wollte das Geschäft weiter ausbauen. Auf diese Weise wandelte sich HTC von einem Familienunternehmen zu einem Unternehmen mit professionelleren Strukturen und Prozessen.

FT: Wie wollte HTC sein Wachstum erreichen?

Lind: Um langfristig und beständig zu expandieren, brauchte HTC nicht nur gute Mitarbeiter und ein breites Produktspektrum, sondern auch eine gewisse Größe. Will man Märkte in anderen Ländern erschließen, kann man wahlweise mit einem Händler vor Ort zusammenarbeiten oder direkt eine Niederlassung gründen. Die zweite Aufgabe bestand darin, Planer und Architekten von unseren Schleifmethoden zu überzeugen. Alle Maßnahmen nehmen viel Zeit in Anspruch und kosten Geld.

FT: In Deutschland war das Fräsen und Kugelstrahlen sehr verbreitet. Wie konnten Sie polierten Beton als Lösung ins Spiel bringen?

Lind: Wir mussten diejenigen überzeugen, die ein Objekt ausschreiben. Wir vermitteln, dass polierte Betonböden eine gute Alternative gegenüber anderen Böden sind. In Gesprächen mit Architekten und Subunternehmern mussten wir viel Überzeugungsarbeit leisten. Parallel waren unsere Schleifmethoden in Schweden und in den USA sehr erfolgreich. Die langjährigen Verarbeiter kennen sich immer besser beim Schleifen von Beton aus und wurden anspruchsvoller. Der Eigentümer Polaris suchte das Gespräch mit anderen Anbietern, um gemeinsam mit einem Partner noch schlagkräftiger zu werden.

FT: Und dieser Partner war mit Husqvarna ebenfalls ein schwedisches Unternehmen.

Lind: HTC und Polaris hatten den Markt sondiert und sich nach strategischen Partnern umgesehen, als das Angebot von Husqvarna kam. Für uns kam es genau zum richtigen Zeitpunkt. Was hat Husqvarna jetzt vor? Sie haben das gleiche Bestreben wie wir. Sie haben ebenfalls festgestellt, dass sie weiter wachsen müssen, um sich im Markt zu behaupten. Das Potenzial ist im Segment der Bodenschleifmaschinen auf jeden Fall vorhanden.

FT: Wie stark ist Husqvarna bei Schleifmaschinen aufgestellt?

Lind: Im Segment der Schleifmaschinen ist Husqvarna tatsächlich kleiner als HTC. HTC hat in dem Segment einen höheren Umsatz und ist bei größeren Schleifmaschinen besser aufgestellt. Husqvarna wiederum verfügt über ein umfangreiches Angebot an kleineren Maschinen. Das Grundprinzip von beiden ist identisch: Wir wollen Architekten, Bauunternehmer und Verarbeiter von poliertem Beton als Bodenlösung überzeugen.

FT: Wie profitieren beide Unternehmen?

Lind: Wir wollen im ersten Schritt herausfinden, wie wir die Marken und Produkte am Markt voneinander abgrenzen wollen. Weil wir gemeinsam stärker sind, können wir zukünftig immer mehr und auch immer bessere Produkte auf den Markt bringen. Wir wollen also erstens den Markt weiter erschließen und zweitens mehr "Muskelmasse" aufbauen.

FT: Wird HTC zukünftig als Marke von Husqvarna erscheinen oder weiterhin als separates Unternehmen am Markt auftreten?

Lind: Die bisherige Planung sieht vor, dass HTC zu einem Geschäftsbereich von Husqvarna werden soll. HTC bleibt eine eigenständige Marke mit eigenem Vertrieb, eigenem Produktmanagement sowie eigener Forschung & Entwicklung. HTC ist ein eigenständiges Unternehmen, das aber zu Husqvarna gehört. Natürlich tauschen wir uns intern aus, wenn es beispielsweise um Einkauf, Unternehmenssoftware sowie Forschung & Entwicklung geht.

Auch wenn viele Details natürlich noch nicht final diskutiert sind, kann ich ankündigen, dass Husqvarna einen Geschäftsbereich "Surface & Concret Solutions" gründen wird, sprich Oberflächen & Beton Lösungen. HTC wird eine Einheit in diesem Geschäftsbereich sein.

FT: Bleiben die Ansprechpartner bei HTC erhalten?

Lind: Momentan befinden wir uns noch in einer Übergangsphase; was langfristig passiert, können wir noch nicht sagen. Der Markt ist ständig in Bewegung, das wäre aber unter Polaris auch nicht anders gewesen. Kurz- und mittelfristig bleiben alle mir unterstellten Mitarbeiter weiterhin in meinem Zuständigkeitsbereich. Um unternehmensübergreifend Synergien zu bilden, gründen wir aktuell Arbeitsgruppen mit Mitgliedern aus dem HTC- und dem Husqvarna-Management. Natürlich wollen wir in Forschung & Entwicklung eng zusammenarbeiten, damit sind wir bereits gestartet. Wir interessieren uns auch für Marktnischen, die noch nicht bespielt werden und wie wir diese für uns mit der entsprechenden Marke erschließen können.

Christer Brovinius: Es ist sozusagen eine freundliche Übernahme. Husqvarna will uns damit nicht vom Markt verdrängen, sondern unser Know-how nutzen.

FT: Das könnte sicher auch für HTC Vorteile haben.

Lind: Ganz sicher. Husqvarna hat in seiner offiziellen Pressemitteilung angegeben, stolz darauf zu sein, mit HTC einen Marktführer auf seinem Gebiet übernommen zu haben. Das macht uns stolz und gibt unseren Mitarbeitern gleichzeitig eine gewisse Sicherheit. Husqvarna sieht HTC als sehr gut funktionierendes Unternehmen, da wird man also nichts Grundlegendes ändern wollen. Bei dieser Übernahme geht es um Wachstum, nicht um Einsparungsmaßnahmen wie bei manchen anderen Übernahmen. Ein wachsendes Unternehmen bietet immer auch Platz für zusätzliche Mitarbeiter. So kann es natürlich sein, dass HTC in Zukunft etwas anders aussieht als heute.

FT: Wie profitieren die HTC-Kunden von dem Deal?

Lind: Unsere Kunden profitieren automatisch von der Übernahme, weil wir den Markt stärker bearbeiten werden. Wir werden die Untergrundvorbereitung und die polierten Betonböden stärker bekannt machen. Die Verarbeiter erhalten in der Folge mehr Aufträge. Unser Ziel ist es, stärker mit unseren Kunden in Kontakt zu treten, mehr über ihre Bedürfnisse zu erfahren und neue Produkte zu entwickeln.

FT: Sie sind auf vielen europäischen Märkten vertreten. Was zeichnet den deutschen Markt aus?

Brovinius: Der deutsche Markt für Bodenschleifmaschinen ist sehr kleinteilig und zersplittert. In Deutschland haben wir sehr viele Mitbewerber. Der Markt verhält sich eher konservativ. Obwohl in Deutschland rund 80 Mio. Menschen leben und in Schweden nur 10 Mio. Einwohner, ist der schwedische Markt für Schleifmaschinen trotzdem viel größer. Also müssen wir uns erstens den Mitbewerbern in Sachen Schleifmaschinen gegenüber behaupten und zweitens gegenüber den etablierten Techniken wie Kugelstrahlen und Fräsen durchsetzen.

Es kostet durchaus Überzeugungsarbeit, weil Schleifen pro Quadratmeter zunächst einmal kostspieliger als Kugelstrahlen und Fräsen ist. Dafür sind aber viele zusätzliche Arbeitsschritte überflüssig. Wir kalkulieren die Kosten also am Objekt durch und erklären, warum Schleifen aus unserer Sicht die bessere Lösung ist.

FT: Wie entwickelt sich das Geschäft in Deutschland?

Brovinius: Wir sind im Jahr 2016 in Deutschland um rund 60 % gewachsen und haben damit wirklich einen großen Schritt nach vorne gemacht. Also haben wir den hiesigen Markt entweder besonders gut bearbeitet, oder der Markt wächst tatsächlich insgesamt. Ich schätze, es ist beides zusammen.

Lind: Der Markt für Schleifmaschinen wächst in Deutschland tatsächlich, genau wie unser Marktanteil. Wir haben in Elz bei Limburg jetzt ein vernünftiges Trainingszentrum, wo wir unsere Kunden umfangreich und kompetent in das Thema einführen können. Vor zwei Jahren konnten wir das in dieser Form nicht anbieten, und ich führe unseren besseren Umsatz hauptsächlich darauf zurück. Tatsächlich ist der deutsche Markt für Schleiflösungen noch sehr jung, da gibt es noch viel Potenzial.

FT: Wäre es nicht möglicherweise sinnvoll, in Deutschland einen Interessenverband Schleiftechnik zu gründen, um mehr Aufmerksamkeit zu erhalten?

Brovinius: Diese Idee habe ich Wettbewerbern auf der Domotex 2016 bereits vorgeschlagen. Bislang gab es noch keine positive Resonanz. Ich würde dazu gerne im Gespräch bleiben.

Lind: In Frankreich gibt es eine solche Interessengemeinschaft mit fünf bis zehn Anbietern bereits, die sich in regelmäßigen Abständen treffen. Dort ist das Ausbildungssystem mit dem deutschen vergleichbar. Das Bodenschleifen ist fester Bestandteil der Ausbildung. Das wäre für Deutschland in der Form gleichermaßen sinnvoll.

FT: Das Geschäft in Deutschland lebt sehr stark von dem persönlichen Kontakt. Wie ist das in anderen Ländern?

Brovinius: Ich glaube, das ist überall so. Wir verkaufen nicht nur unsere Maschinen und die dazu passenden Werkzeuge, sondern auch unser komplettes Fachwissen - und das ist ein sehr personengebundenes Geschäft auch in Schweden und Großbritannien.

FT: Wir haben die neuen Duratiq-Schleifmaschinen 2016 in FussbodenTechnik vorgestellt. Wie ist die Resonanz auf diese Produkteinführung?

Lind: Als wir unsere Duratiq-Maschinen auf den Markt brachten, wollten wir etwa 400 Einheiten in den ersten zwölf Monaten verkaufen. Tatsächlich waren es 380 in sechs Monaten. Die Verkaufszahlen waren deutlich besser als erwartet.

FT: Musste die Produktion in Schweden Nachtschichten einlegen?

Lind: Wir haben die Produktion so weit hochgefahren, wie wir konnten. Ein positiver Effekt war, dass auch die Nachfrage nach anderen Produkten wie Werkzeug und Staubsaugern angekurbelt wurde. Je nach Produkt fahren wir zwei bis drei Schichten in der Produktion. Dadurch sind bereits neue Arbeitsplätze entstanden.

FT: Haben Sie weitere Neuheiten in der Pipeline?

Lind: Ich will nur so viel verraten: Wir haben Duratiq als Plattform für die Zukunft angelegt. Das gesamte System mit einem abgekapselten Schleifkopf, dem Airflow-Werkzeughalter und dem Zubehör hat sich bewährt. Wir werden weitere Schleifgeräte auf den Markt bringen, die dazu passen. Das gilt auch für Industriesauger, die das System leistungsfähiger machen werden. Wir werden unsere Schleifmaschinen in Richtung Digitalisierung weiterentwickeln. Ein erster Schritt war die Benutzerschnittstelle HMI. Der Bediener soll ein Feedback darüber erhalten, wie effizient die Maschine arbeitet. Wir können allerdings erst über weitere Neuheiten sprechen, wenn die Entwicklung komplett abgeschlossen ist.

FT: Was wir verraten können ist, dass HTC auch auf der EPF präsent sein wird.

Brovinius: Ja, das ist korrekt. HTC wird zwei Außenstände haben: Einen mit Superfloor und einen mit Floorprep sowie Untergrundvorbreitung und entsprechenden Produktvorführungen.

FT: Lassen Sie uns einen Ausblick wagen: Wo sehen Sie HTC in fünf oder zehn Jahren?

Lind: HTC wird noch größer und noch besser sein als heute (lacht). Aber ganz im Ernst: Wir sehen tatsächlich noch viel Marktpotenzial, das wir mit noch mehr und noch besseren Produkten erschließen wollen. Wir wollen dafür sorgen, dass unser Schleifverfahren zur bevorzugten Methode wird. Damit werden wir uns sicher noch einige Jahre beschäftigen. HTC wird als Marke erhalten bleiben, weil es eine sehr starke Marke ist.


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Fax: 0 64 31 / 9 76 58-22
www.htc-floorsystems.com
order@htc-europe.de

CEO: Stefan Lind
Geschäftsführer Deutschland: Christer Brovinius
Produktmanager und Gebietsleiter West: Axel Dissen
Marketing: Stefanie Bitterhof
Gründungsjahr: 2006
Mitarbeiter weltweit: rund 190
Produkte: Schleifmaschinen für die Untergrundvorbereitung sowie polierte Betonböden und Estriche, Diamantschleifteller und -pads, Diamantwerkzeuge, Staubabscheider
aus FussbodenTechnik 04/17 (Wirtschaft)