ABK Open 2017

Halle: Hotspot der Haustextilien


Halle/Westf. Es hat schon bessere Zeiten im Bettenhandel gegeben. Darum waren einige Aussteller gespannt, ob die Händler sich von der Unlust der Konsumenten anstecken lassen und auf einen Besuch auf der ABK Open im westfälischen Halle verzichten würden. Nach Toresschluss dann die Entwarnung: Das nahezu ungebrochene Interesseseitens der Besucher belegt, welch herausragende Bedeutung die Messe inzwischen in der Branche hat - sogar unter widrigen Umständen.

Über die ABK Open in Halle zu berichten bedeutet fast, die sprichwörtlichen Eulen nach Athen zu tragen. Denn inzwischen hat sich in der Handelslandschaft herumgesprochen, was die Messe zu bieten hat: Zuallererst ein für den Haustex-Handel qualitativ hochwertiges Angebot an Ausstellern und Sortimenten auf kompakter Fläche, und das zu genau dem richtigen Zeitpunkt, um sich auf die zweite, umsatzträchtigere Jahreshälfte vorzubereiten.

Aber das umschreibt nur bruchstückhaft, was die damalige Initiative des ABK-Geschäftsführers Thomas Fehr ausmacht. Denn mit dem Standort Gerry-Weber-Sportpark hat er eine Location ausgesucht, die ihren ganz eigenen Charme verströmt, jenseits des klassischen Messe-Looks in grauen Messehallen. Dazu trägt die Terrasse vor der Haupthalle bei, aber auch die Bar, an der man sich fortwährend Kaltgetränke besorgen kann.

Und auch die Aussteller haben ihren Teil zum Erfolg der Messe beigetragen. Die meisten von ihnen haben sie von Beginn sehr ernst genommen und mit zum Teil aufwändigen Standbauten deren Qualität unterstützt. Durch ihre Standmieten ermöglichen die Unternehmen außerdem den kostenfreien Eintritt und dass kostenlose Catering von morgens bis Messeschluss. Immer wieder wird von Ausstellern und Besuchern die angenehme, familiäre Atmosphäre der Messe gelobt. Man kommt einfach gerne nach Halle, auch wenn der Ort verkehrstechnisch nicht ganz leicht zu erreichen ist.

Dass sich das Innere des Tragluftzeltes und des angrenzenden Zusatzzeltes in dieser Jahreszeit bei Sonnenschein auf höhere Temperaturen aufheizt, nehmen Besucher wie Aussteller angesichts der Vorteile fast stoisch hin. Denn egal, welche Temperaturen herrschen, es wird kräftig geordert, vornehmlich natürlich bei den modischen Sortimenten von Bettwäsche und Frottier-Artikeln.

Die Begehrlichkeit nach einem Stand auf der Messe wuchs aufgrund ihres Erfolgs von Jahr zu Jahr. 2010 versammelten sich gut 40 Aussteller in der Traglufthalle. In diesem Jahr waren es mehr als 100. Dabei hatte ABK-Chef Fehr schon vor Jahren gesagt, dass die räumlichen Möglichkeiten des Veranstaltungszentrums nun aber wirklich ausgereizt seien. Aufgrund der Warteliste interessierter Aussteller gelang es ihm dennoch immer wieder, zusätzliche Ausstellungsfläche zu schaffen. So auch in diesem Jahr. Auf der Terrasse wurde ein etwas größeres Zelt aufgebaut und auch das angrenzende Zelt mit den Schlafsystem-Anbietern ist diesmal mindestens eine Nummer größer ausgefallen.

Aus Brandschutzgründen musste dieses Zelt allerdings in rund 25 Meter Abstand zum Traglufthalle aufgebaut werden, wie sich kurz vor Messeeröffnung herausstellte. Fehr machte aus der Not eine Tugend: Ein überdachter aber luftiger Gang verband die beiden Ausstellungsflächen, versehen mit der gekonnt dekorierten Max-Matratze, Gartenmöbeln, Strandkörben sowie einem mit Bier gefüllten Kühlschrank, in dem Astra-Knollen auf ihre Leerung warteten. Zusätzlich wurde im Zelt eine weitere Getränkestation aufgebaut. Die etwas größere Dimensionierung des Zeltes tat insgesamt gut, da die Gänge zwischen den Ständen so etwas großzügiger ausfielen und alles weniger gedrängt wirkte. Anfängliche Befürchtungen, das Zusatzzelt würde unter der Separierung leiden, zerstreuten sich am ersten Messetag schnell. Fehr: "Ich bin begeistert, wie gut das große Zelt von den Besuchern angenommen wurde."

Dennoch kündigte er in Halle an, im kommenden Jahr ein weiteres Feintuning der Ausstellungsfläche vornehmen zu wollen. Das Zelt auf der Terrasse werde es dann nicht mehr geben, damit man bei der Abendveranstaltung wieder mehr Raum für die Gäste hat. Dafür soll das Zelt der Matratzen-Firmen noch einmal größer werden, um die wegfallende Fläche auf der Terrasse zu kompensieren.

Eine gern in Anspruch genommene Neuheit war in diesem Jahr die von Joop Living gesponserte Champagner-Bar. Freundliche junge Damen bereiteten an beiden Messetagen alkoholische Sommerdrinks und leckere Kaffeespezialitäten zu und reichten dazu kleine süße und salzige Köstlichkeiten. "Wir möchten auch auf diese Weise unsere Partner unterstützen, die hier ausstellen", erklärte Nana Hake, Pressechefin von Joop Living. Dazu zählten in Halle Elegante, Biederlack, Stoeckel & Grimmler sowie Rhomtuft. Nebenbei unterstreicht dieser Service auch die Wertschätzung, die Joop Living dieser Messe entgegenbringt.

Der Rahmen stimmte somit, aber auch die Resonanz der Besucher. Am ersten Tag zählte das freundliche ABK-Empfangsteam um Andrea Stöppel 921 Besucher, im Vorjahr waren es 912. Am zweiten Tag kamen 537 Besucher, gegenüber zuletzt 627. Per saldo waren es also etwas weniger Besucher als im Rekordjahr 2016, was in Anbetracht der aktuellen Marktlage aber nicht überrascht. Im Gegenteil, angesichts dessen ist die Besucherzahl bemerkenswert stabil. "Ich bin mit dieser Messe insgesamt sehr zufrieden", erklärte darum auch Verbandsgeschäftsführer Fehr sichtlich entspannt am zweiten Messetag.

Angesprochen auf die Kostensituation erklärte er, dass sich die ABK Open finanziell trage, und das seit fünf Jahren. Lediglich in den ersten beiden Jahren hätten die Gesellschafter eine Unterdeckung finanzieren müssen. Fehr versteht daher auch die Gerüchte nicht, dass die Messe weiterhin defizitär arbeite. "Das könnte ich unseren Gesellschaftern doch gar nicht verkaufen, dass sie eine Messe für die Branche finanzieren. Auf der anderen Seite wollen wir mit der Messe aber auch kein Geld verdienen. Die eigenen Leistungen werden in die Kosten der Messe nicht eingerechnet."

Bei näherer Betrachtung belegen die Zahlen, dass die Messe in Halle eine wirklich für alle offene Messe ist. Denn von den 1.458 Besuchern gehören 1.204 anderen Gruppierungen als dem ABK oder keinem Verband an. Die Besucherstruktur zieht sich quer durch die gesamte Haustex-Branche. Von Facheinzelhändlern über Inhaber oder Einkäufer von Kauf- und Möbelhäusern. "Hier sind die wichtigen Leute alle da", stellt Fehr fest, "sogar aus dem Ausland kommen Besucher, etwa aus den Niederlanden, Belgien und sogar Spanisch habe ich hier gehört."

In Summe dürfte auf der Messe ein locker siebenstelliges Einkaufsvolumen durch die Gänge gelaufen sein. Dem werden die Aussteller auf der anderen Seite gerecht, indem neben den Außendienstmitarbeitern häufig auch die Inhaber oder Geschäftsführer ihr Unternehmen repräsentierten. Halle ist somit zumindest für zwei Tage der Hotspot der Haustex-Branche.

Die Unternehmensführer nutzen die Messe in Halle auch zu einem kollegialen Austausch. Auch das macht diese Messe so besonders. Diesmal standen im Fokus der Gespräche die Pläne der Messe Frankfurt für die Heimtextil 2019. Dann wird die neue Halle 12 an den Start gehen, und nach allem was zu hören ist, sollen die Aussteller der Halle 8 teilweise in Halle 11 und 12 verlegt werden - angeblich "sortenrein". Bettwäscheanbieter zu Bettwäscheanbieter, Bettwarenhersteller zu Bettwarenhersteller. Angeblich möchte man so den Bedürfnissen der Einkäufer entgegenkommen.

Bei den Ausstellern scheint dieser Plan auf wenig Gegenliebe zu stoßen. Gerne würde man die aktuelle Situation der Halle 8 mit einem Mix aller Sortimente auch am neuen Standort beibehalten. Andere wiederum raten dazu, in Ruhe abzuwarten, was wirklich entschieden wird. Auch die Halle 8, so heißt es, sei zu Beginn in ihrer Zusammensetzung hart kritisiert worden und heute hätten sich die Firmen mit der Situation mehr als nur arrangiert. Nichts werde so heiß gegessen, wie es gekocht werde. Die Haustex-Redaktion wird nach den Sommerferien weiter berichten, wie es mit den Plänen der Messe Frankfurt ab 2019 aussieht.

Auf der Fläche der ABK standen zwei neue Themen im Vordergrund. So ist es dem Verband gelungen, eine interessante Vertriebs-Kooperation mit dem Öko-Versender Hess Natur zu vereinbaren. Dem Unternehmen reiche die reine Internetpräsenz nicht mehr und es suche Touchpoints auf der Fläche. Darum habe man Interesse am digitalen POS der ABK gezeigt, berichtete Fehr.

Im Zuge der Kooperation wurde ein attraktiver Shop-in-shop entwickelt, der aktuell exklusiv nur den ABK-Mitglieder angeboten wird. Auf dieser kompakten Fläche sind Produkte, Materialien und Griffproben ansprechend dekoriert. Hess Natur bewirbt diese Flächen bei sich im Internet als Hess-Partner, sodass die Konsumenten bei Bedarf in den Läden vorbeikommen und die Ware näher betrachten können. Anschließend können sie bei Gefallen über das Touchpad und den digitalen POS bei Hess Natur bestellen. Sämtliche Artikel hat das Unternehmen in das System der ABK eingespielt. Der Händler erhalte dafür eine attraktive Provision, müsse auf der anderen Seite das Präsentationsmöbel kaufen, die dort gezeigten Produkte sind Kommissionsware, erklärt Fehr. Die Vorteile der ABK bei dieser Zusammenarbeit liegen auf der Hand. Die Hess-Partner schaffen auf diese Weise zusätzliche Frequenz in ihren Geschäften und erreichen eine neue Zielgruppe. Fehr: "Online und Offline im Handel sind für mich kein Gegensatz."

Bei der Multiplikation dieses Konzepts haben die ABK-Gesellschafter den Erstzugriff. Erst wenn sie kein Interesse haben, bietet Hess das Konzept anderen Händlern an. Voraussetzung ist allerdings immer, dass der Hess-Partner bereit ist, mit dem digitalen POS der ABK zu arbeiten. Vor der Messe hatten schon fünf ABKler den Hess-Shop-in-shop bestellt, in Halle kamen schon weitere zehn dazu.

Das zweite große Thema ist ein neuer Baustein des ABK Future Stores, der in Halle offiziell das Licht der Welt erblickte: die Kampagne "Fachhändler aus Leidenschaft". Mit ihr möchte der Verband ein Zeichen für den inhabergeführten Bettenhandel und gegen den E-Commerce setzen: der Händler vor Ort als kompetenter Ansprechpartner und als Marke. Im Rahmen dieser Kampagne wurde ein Gütesiegel entwickelt. Dieses Siegel erhält man, wenn man sieben Voraussetzungen erfüllt: verbindliche und nachhaltige Kundenbeziehungen; individuelle Beratung; kompetentes Fachpersonal; langjährige Erfahrung; ein faires Preis-Leistungsverhältnis; man setzt den Menschen in den Mittelpunkt; man führt klassische und innovative Produkte. Eine eigens hierfür eingerichtete Expertenkommission aus dem Beirat der Future Store GmbH soll die Einhaltung der Exzellenzen regelmäßig überprüfen. Unterfüttert wird dieses Siegel mit einem ganzen Paket an Kommunikationselementen.

"Wir wollen mit dieser Kampagne eine sehr ernsthafte Alleinstellung des stationären Handels herausstellen, die sich vor allem durch eine sympathische und reale Mensch-zu-Mensch-Begegnung ergibt", betont Prof. Alexander Doderer, der die Kampagne maßgeblich entwickelt hat. Die Kampagne richtet sich nicht nur an Mitgliedsunternehmen der ABK, sondern auch an Fachhändler außerhalb der ABK und des Bettenfachhandels. Somit könnten sich auch ganze Einkaufsgebiete oder Städte der Kampagne zuwenden.

Auf wundersame Weise gelingt es dem Verband offenbar , die Messe mit gutem Wetter zu verbinden, wie die Messebesucher verblüfft feststellten. So können sie tagsüber die schön gelegene Terrasse des Gery-Weber-Centers nutzen, um einmal zu verschnaufen oder unter freiem Himmel konzeptionelle Gespräche mit ihren Lieferanten zu führen. Besonders wichtig ist gutes Wetter aber auch für die Messeparty am Ende des ersten Messetages, die auf der Terrasse traditionell mit Steaks und Wurst vom Holzkohlegrill begangen wird. Natürlich fehlen auch nicht die passenden Getränke. Dazu spielte in diesem Jahr die Band Radio Palante karibische Rhythmen. Dass die ABKler es auch durchaus zu feiern verstehen, zeigt ihr Durchhaltevermögen: "So gegen halb eins mussten wir die letzten Gäste aus der Halle komplementieren", stellte Fehr zufrieden fest.

Im kommenden Jahr findet die ABK Open vom 4. bis 5. Juli statt.
aus Haustex 07/17 (Marketing)