Selit: Wie geht es weiter unter dem Dach der NMC-Gruppe?

"Wir werden Synergien im Vertrieb und in der Produktentwicklung nutzen"


Die NMC-Gruppe ist neuer Mehrheitseigner von Selit. Das Führungstrio - Marco und Rouven Seitner, bisherige Eigentümer und jetzt Gesellschafter und Verwaltungsratsmitglieder bei NMC sowie Hubert Bosten (CEO von NMC) - erwartet durch den Zusammenschluss positive Impulse für weiteres Wachstum. Parkett Magazin sprach mit Marco Seitner über die Gründe für den Zusammenschluss.

Parkett Magazin: In letzter Zeit hat Selit vor allem durch Wachstumsmeldungen in der Branche von sich reden gemacht: die Internationalisierung wurde voran-
getrieben, das Produktportfolio erweitert und in den Ausbau der Produktionen in Deutschland und den USA investiert - inzwischen werden zehn Extrusionsanlagen betrieben. Zudem entstehen dieses Jahr am Stammsitz in Erbes-Büdesheim ein neues Zentrallager und in Blumberg eine neue Lagerhalle. Warum wurde für die Fortsetzung der eingeschlagenen Wachstumsstrategie jetzt der Einstieg eines neuen Mehrheitseigners sinnvoll?

Marco Seitner: Gemeinsam mit NMC möchten wir unsere Wachstumsstory der letzten Jahre weiter fortschreiben bzw. sogar noch beschleunigen. Insbesondere für die internationale Expansion bietet uns das Unternehmensnetzwerk von NMC mit zahlreichen Produktions- und Vertriebsstätten über ganz Europa die perfekte Plattform. Erstmals können wir unseren Kunden im DIY-Bereich auch in Märkten wie beispielsweise Osteuropa, Russland und Südamerika folgen, wo NMC etablierte Strukturen unterhält.

Aber nicht nur bei der geografischen Expansion sehen wir große Chancen - auch im Bereich Produktentwicklung besteht enormes Potential. Die NMC-Gruppe verfügt ähnlich wie wir über ein sehr ausgeprägtes Know-how im Bereich der Schaumextrusion, das wir gemeinsam nutzen möchten. Selit ist Technologieführer im Bereich von XPS-Schäumen, wohingegen NMC sehr stark im Bereich der Polyolefinschäume ist. Diese Kombination ist einzigartig in der Branche und wird in Kürze insbesondere für unsere Industrie- und OEM-Kunden erste Früchte tragen.

Sie und Ihr Bruder führen das Familienunternehmen in der dritten Generation - wie gewöhnungsbedürftig war der Gedanke an einen neuen Mehrheitseigner "von außen"?

Mein Bruder und ich werden Gesellschafter auf NMC-Ebene und damit Partner der Familie Nol. Mit Yves Nol und Catherine Nol befindet sich auch bei NMC schon die zweite bzw. dritte Generation im Unternehmen. Es erfüllt uns mit großem Stolz, nun den gemeinsamen Weg zu beschreiten und unser Gestaltungsspielraum wird dadurch sicher nicht kleiner werden. Operativ werden wir Selit weiterhin verantworten und weiterentwickeln. Zudem nehmen wir am Verwaltungsrat von NMC teil und hoffen, auch dort unseren Beitrag zur Entwicklung der gesamten Gruppe leisten zu können. Selit wird über ein Viertel des Umsatzes der Gruppe beitragen und unser Standort in Erbes-Büdesheim der zweitgrößte in der Gruppe sein. Auch die von Ihnen erwähnten jüngsten Investitionen unterstreichen unsere Strategie.

Was bedeutet es für Selit in Bezug auf die Eigenständigkeit, Tochter einer dennoch deutlich größeren Gruppe zu werden?

Wir werden über ein Viertel des Umsatzes der gesamten Gruppe beisteuern und bei der Ertragskraft sogar noch etwas mehr. Wir wachsen derzeit überdurchschnittlich und sehen gemeinsam erhebliche Wachstumssynergien. Unser Standort steht von der Größe her an zweiter Stelle, nach dem Hauptsitz von NMC in Eynatten. Selit wird weiterhin eigenständig geführt, Marken und Strukturen bleiben wie bekannt erhalten. Daher werden wir ein hohes Maß an Eigenständigkeit behalten, uns aber natürlich dort, wo es Sinn macht, in die Gruppe einfügen, um von den Chancen partizipieren zu können.

Wie verläuft die betriebliche Integration der
jeweiligen Standorte und der Mitarbeiter?

Es gibt natürlich einen sehr ambitionierten Projektplan, um eine effiziente Integration in die NMC-Gruppe zu gewährleisten. Durch die bereits erwähnte Eigenständigkeit geht es hierbei aber vorrangig darum, Synergien im Vertrieb (geografische Expansion) und in der Produktentwicklung zu nutzen. Für unseren Standort und die Mitarbeiter ist das eine große Chance, die Entwicklung aktiv mitgestalten zu können.

Was ändert sich in der Unternehmensführung durch
das neue Set-up mit jetzt drei Geschäftsführern?

Wir sind sehr froh, mit Hubert Bosten, CEO von NMC, einen hervorragenden Kollegen mit in die Geschäftsführung zu bekommen. Er hat NMC in den letzten 17 Jahren maßgeblich geprägt, von damals zwei Produktionsstandorten auf eine internationale Gruppe mit nunmehr 15 Produktionsstandorten entwickelt. Er wird auch weiterhin seine Aufgaben für die gesamte Gruppe in Belgien und Luxemburg wahrnehmen und uns zugleich bestmöglich unterstützen. Wir freuen uns sehr darauf, von seiner Expertise mit partizipieren zu dürfen. Das operative Tagesgeschäft liegt jedoch weiterhin in den Händen meines Bruders und mir.

In welchen Bereichen erwarten Sie die größten Synergien?

Die größten Synergien wird es im Bereich der geografischen Expansion und der gemeinsamen Produktentwicklung geben. Das wird meiner Einschätzung nach auch schon sehr schnell erkennbare Früchte tragen.

In welchen Bereichen gibt es Überschneidungen
in den Märkten bzw. im Vertrieb?

Genau das ist ja einer der großen Vorteile der strategischen Partnerschaft. Wir bedienen mit unterschiedlichen Sortimenten ähnliche Märkte (DIY und Industrie), NMC jedoch mit einem deutlichen größeren Radius. Daraus werden für Selit neue Chancen entstehen.

Was wird sich für Ihre Kunden aus Industrie
und Baumärkten ändern?

Wir werden noch innovativer sein als zuvor und unser Produktportfolie weiter ausbauen. Davon werden auch unsere Kunden und Partner profitieren. Unseren internationalen Großkunden werden wir noch besser folgen können. Auch Märkte wie Russland, wo eine Vielzahl unserer Großkunden im DIY-Bereich aber auch aus der Bodenindustrie tätig sind, werden erstmals für uns erreichbar sein.

Wie wird sich das Portfolio weiterentwickeln?
Wo liegen Schwerpunkte?

Natürlich bleibt unser Schwerpunkt ganz klar im Bereich der Verlegeunterlagen. Hier decken wir schon jetzt eine große Bandbreite bei schwimmend zu verlegenden Bodenbelägen ab. Mit unserer neuen Selitbloc Gluetec-Serie gehen wir erstmals auch in den Bereich der "schwimmenden Verklebung" und können damit auch eine Lösung für Loose Lay- und Dry Back-Böden bieten. Das möchten wir in Zukunft weiter ausbauen.

Sie haben aktuell einige größere Baumaßnahmen in Angriff genommen. Wieweit sind diese fortgeschritten bzw. abgeschlossen?

Nachdem wir Ende 2016 unsere sechste Extrusionsanlage in Betrieb genommen haben, folgte im letzten Monat der erste Produktionslauf der Anlage sieben am Standort Erbes-Büdesheim. Damit haben wir unsere Produktionskapazitäten erneut der erhöhten Nachfrage angepasst.
Mit unserer derzeit im Bau befindlichen Halle 14 stemmen wir das größte Bauprojekt in unserer Firmengeschichte. Die zweigeschossige Halle mit einer Fläche von ca. 8.000 m2 soll bis Ende 2017 unser neues Zentrallager bilden.

Sind bereits weitere Investitionen geplant?

Auch für die Folgejahre sind weitere Investitionen vorgesehen. Vor allem im Bereich Extrusion und Schaum-Converting wird sich noch einiges tun.

Welche Wachstumsziele haben Sie für Selit definiert?

Selit ist seit der Jahrtausendwende in jedem Jahr gewachsen. Bis auf wenige Ausnahmen sogar im zweistelligen Bereich. Dieses Tempo möchten wir gerne beibehalten und sehen uns insbesondere auch durch die Partnerschaft mit NMC sehr gut aufgestellt.
aus Parkett Magazin 05/17 (Wirtschaft)