Holzring:
Handel ist Wandel
Die Stimmung im Holzhandel ist nach den ersten Monaten 2017 positiv und auch die Rahmenbedingungen für die kommenden Monate werden optimistisch eingeschätzt. Eigentlich alles gut oder?
Wir haben es nach wie vor in der Holzbranche mit einem nicht exorbitant wachsenden Markt zu tun. Das Volumen wächst nicht in den Himmel und steht immer noch deutlichen Überkapazitäten in vielen Industriebereichen gegenüber. Das drückt auf Preise und Margen. Der Wettbewerb um Marktanteile in Industrie und im Handel ist spürbar, der Kampf um den Kunden ist hart. Dazu kommen verschiedene Einflussfaktoren.
Stichwort Umwelt: Gesetzliche Vorschriften, Normen und Zertifikate sollen den Handel mit Holz weiter reglementieren. Mit der Einführung der Europäischen Holzhandelsverordnung werden Glaubhaftigkeit, Vertrauen und Moral als Aspekte unternehmerischen Handelns in der Holzwirtschaft in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt. Künftig wird es nicht ausreichen, nur Gesetze zu befolgen, sondern es geht darum, bereits vorhandenes oder künftiges Handeln auch in einen nachhaltigen Kontext zu setzen.
Zielrichtung professionelle
Customer Journey
Stichwort Technologie/Prozesse: "Bidirektionales Schnittstellenmanagement" ist ein Thema für die Zukunft. Wertschöpfungsübergreifende Prozessketten werden für den gemeinsamen Erfolg von Industrie, Handel und Handwerk unentbehrlich. Warenverfügbarkeit bei wachsenden Sortimenten, schlanke Prozesse, Effizienz und Kostenmanagement entscheiden künftig über die Marktfähigkeit. Der Holzhändler muss künftig umfassendere und strategische Ansätze verfolgen und alle Kanäle voll integrieren, um eine professionelle Customer Journey zu ermöglichen.
Mittels intelligenter Software und Applikationen entstehen Netzwerke, in denen alle Prozesse mit dem (gewerblichen) Kunden geplant und effizient durchgeführt werden können. Im Marketing und Vertrieb sollten die Holzhändler digitale Verkaufs-Applikationen anwenden und im After Sales-Bereich neue Service- und Supportleistungen anbieten, die die Kundenbindung und Kundenzentrierung erhöhen.
Stichwort EDV/IT: Der Holzhandel sieht sich einer fundamentalen Transformation ausgesetzt. Durch die Digitalisierung haben die Kunden Kosten, Leistung und technische Informationen auf einen Blick und es gibt professionelle Montage- und Anwendungsvideos. Das Internet wird dazu führen, dass auch der Holzhandel neue Verbindungen zwischen bestehenden Wertschöpfungselementen gestaltet.
Ohne qualifizierte
Mitarbeiter kein Wachstum
Stichwort Personal: Mitarbeiter sind der entscheidende zukünftige Wettbewerbsfaktor. Ohne qualifizierte Mitarbeiter gibt es kein Wachstum. Deshalb ist auch die Attraktivität als Arbeitgeber entscheidend für diesen Erfolg. Die wichtigsten Komponenten wie Identität und Werte des Unternehmens, die Stärken als Arbeitgeber (z. B. Gehalt, Kultur, Attraktivität der Produkte, Karrieremöglichkeiten usw.) und das Eingehen auf Bedürfnisse und Anforderungen potentieller Arbeitnehmer müssen ehrlich kommuniziert werden, um Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten.
Zudem ist der Markt massiven Veränderungen unterworfen; speziell in Deutschland stellen Entwicklungen die Position des Holzhandels in der Wertschöpfungskette für unterschiedliche Distributionskanäle auf den Prüfstand.
Durch Differenzierung
dem Preisdruck entgehen
Die Wettbewerbsintensität ist vornehmlich von der Rivalität der Holzhändler geprägt und manifestiert sich entweder als Preiswettbewerb oder als Leistungswettbewerb. Beide Formen wirken sich negativ auf die Gewinnaussichten aus. Nur wenn sich das Angebot der im Wettbewerb stehenden Holzhändler unterscheidet, sinkt die Austauschbarkeit der Produkte/Leistungen und der Preisdruck wird abgeschwächt. Mit dieser Profilierungsstrategie gelingt es heute vielen Holzhändlern, sich am Markt zu behaupten und ein akzeptables Ergebnis zu erzielen. Allerdings trifft das nicht generell zu. In den letzten Jahren ist die Zahl der Holzhandelsbetriebe mit relevanten Umsätzen deutlich gefallen. Rund 300 Holzhandelsstandorte wurden geschlossen oder übernommen. Und die Konzentration schreitet weiter voran. Dabei liegen expandierende Filialsysteme deutlich vor erfolgreichen Übernahmen durch Platzholzhändler.
Durch die Digitalisierung sind aber auch neue Wettbewerber mit innovativen Geschäftsmodellen zu erwarten, die Kundenbedürfnisse teilweise besser adressieren. Ein Beispiel: Mit der Öffnung von Amazon Business wird versucht, die erfolgreiche Endverbraucher-Strategie auch im Geschäftskundenbereich anzuwenden. Man kann davon ausgehen, dass Amazon anstrebt, auch im B2B die erste Anlaufstelle im Internet zu werden - und dadurch perspektivisch zu Wettbewerber des Holzhandels wird.
Wichtigster Wettbewerbsfaktor:
Eindeutige, positive Identität
Auch bei den Lieferanten nimmt die Konzentration zu. Das könnte sich künftig eher als ein Problem für den Händler als für die Industrie darstellen, verbindet er doch immer mehrere Lieferanten mit einer Vielzahl von Abnehmern und wird u.a. über diese Bündelungsfunktion seiner Aufgabe gerecht, die Transaktionskosten zu reduzieren. Entwickelt sich die Lieferantenseite in Richtung oligopolistischer Strukturen, kann der Händler dieser Funktion nur noch beschränkt nachkommen. Auf der anderen Seite bietet die Intensivierung der Zusammenarbeit mit wenigen, aber marktstarken Lieferanten einen erfolgsversprechenden Weg, die Wertschöpfungsprozesse vom Lieferanten zum Abnehmer zu optimieren. Die Gefahr für den Handel besteht dabei aber auch in einer Reduzierung auf jene Funktionen, die ausschließlich dem Lieferanten dienen.
Als Antwort muss der Holzhändler sowohl seinen Lieferanten als auch seinen Kunden als vielleicht wichtigsten Wettbewerbsfaktor eine eindeutige, positive Identität vermitteln und aktives Kundenmanagement betreiben. Große Herausforderungen bringen Veränderungen in der immer noch größten Kundengruppe Tischler/Schreiner mit sich. Welche Sortimente und Leistungen werden klassische Tischler, Objekteure oder Montagebetriebe künftig noch über den Holzhandel beziehen? Wie entwickelt sich die Kundengruppe der mobilen Generalisten, werden Bearbeitungszentren im Holzhandel als gegenläufige Tendenz wettbewerbsentscheidend?
Holz bleibt das Trendmaterial der Zukunft
Die Bedrohung durch Wettbewerbsprodukte ist für den Holzhandel weniger relevant. Holz bleibt das Trendmaterial der Zukunft. Bessere Oberflächen, besserer Schall und Brandschutz, leichtere Produkte als Antwort auf die Rohstoffverknappung, Kombinationen von unterschiedlichen Materialien, um Produkteigenschaften zu verbessern, werden kommen. Darüber hinaus werden Produkte "weiblicher" als Antwort auf die zunehmende Bedeutung der Frau als Kaufentscheider. Geschmack, Klang, Duft, taktile und visuelle Eigenschaften werden bei der Produktentwicklung berücksichtigt.
Beachtlich ist die Entwicklung der Produkte aus WPC in Anwendungsgebieten, die vorher fast ausschließlich Massivholz vorbehalten waren. Hinzu kommt der Siegeszug von Designbelägen. Der Holzhandel hat diese und andere Sortimente erfolgreich in sein Produktportfolio integriert. Handel ist Wandel.
Der Holzhändler als Marke mit einer für seine Kunden unverwechselbaren, positiven Identität und einem erlebbaren Nutzen erfüllt am besten die mächtige und nachhaltige Erfolgsformel: Er ist - im Gegensatz zu vielen industriellen Produkten - kurzfristig nicht kopierbar!
aus
Parkett Magazin 05/17
(Wirtschaft)