Meisterwerke: Interview mit Guido Schulte, Ludger Schindler, Volker Kettler, Jörg Peterburs

"Wir bewegen uns in eine neue Ära"


Die Meisterwerke justieren sich neu. Bislang hat der klassische Anbieter harter, starrer Böden alles auf Holzwerkstoffen aufgesetzt. Aber der Markt will auch andere, elastischere Produkte. Das Familienunternehmen hat daher in neue Technologien investiert, die innovative Antworten auf die Marktbedürfnisse ermöglichen. Parkett Magazin sprach darüber mit den Verantwortlichen in Rüthen.

Parkett Magazin: Lassen Sie uns mit der wirtschaftlichen Entwicklung anfangen. Wie stellt sich Meister dar?

Ludger Schindler: Auf der einen Seite ist die Baukonjunktur auf einem Höchststand seit Jahren, auf der anderen Seite profitiert die Branche in sehr unterschiedlichem Maße davon... Der Markt allgemein ist im Wandel: Die einzelnen Bodenkategorien wachsen zusammen, Preisstrukturen verändern sich, die Digitalisierung schafft eine neue Transparenz und auch das Thema Service sucht seine Orientierung. Wir sind vor diesem Hintergrund mit unserer Fachhandelsphilosophie genauso aufgestellt wie vor fünf Jahren, haben dabei aber inzwischen die ganze Kette von den Produkten über das Sortiment bis zur Vermarktung auf Endkunden-Zielgruppen ausgerichtet. Das ist inzwischen beim Handel angekommen und im Markt akzeptiert.

Können Sie das konkretisieren und mit Zahlen unterfüttern?

Schindler: Wir haben in den letzten Jahren eine stabile Marktposition aufbauen können. Das bedeutet für 2016 mit Blick auf das Vorjahr ein konstantes Umsatz-Niveau mit 156 Mio. EUR bei einer ebenfalls stabilen Ertragssituation. Nachdem wir mit der Markenarchitektur im letzten Jahr unsere Kräfte gebündelt, unsere Sortimente neu strukturiert und uns klar auf unsere Endkunden-Zielgruppen mit der Marke Meister fokussiert haben, setzen wir jetzt auf eine konsequente Wachstumsstrategie.

Bei der Betrachtung für das Jahr 2016 sei noch angemerkt, dass es einige Verschiebungen innerhalb der Gesamtumsätze gab. So haben wir uns im letzten Jahr mit der Marke Schulte Räume aus dem Einzelhandel verabschiedet und sie auf den Bodenbelagsgroßhandel ausgerichtet. Auch bei den einzelnen Produkten gab es Verschiebungen: Laminatboden war rückläufig auf Marktniveau, dafür haben wir bei anderen Warengruppen aufgeholt, bei den Innovationsprodukten wie Lindura oder Nadura sogar zugelegt. Die haben sich mittlerweile im Markt etabliert. Auch bei Parkett haben wir Zuwachs.

Was erwarten Sie von 2017? Und den Folgejahren? Herr Klatt (Jürgen Klatt, Vorsitzender des GD Holz, Anm.d.Redaktion) sagte kürzlich, der Holzhandel würde vom Bauboom nicht so profitieren, wie er könnte. Unterstreichen Sie das?

Schindler: Definitiv. Allgemeines Wachstum ist sicher da, findet aber im höherwertigen Handel nicht statt. Für uns gehen wir davon aus, dass wir auch 2017 stabil im Umsatz bleiben. Für die nächsten Jahre fahren wir eine klare Wachstumsstrategie, die auf mehreren Beinen steht: unserem vielfältigen Sortiment, Innovationsprodukten und einer Ausweitung des Exportanteils von momentan knapp 40 % auf 45 % bis 2022.

Welche Märkte gehen Sie gezielt an?

Schindler: Wir haben Kernmärkte wie die Benelux-Länder und Frankreich, die wir gezielt nach dem Motto "Think global, act local" mit eigenen Außendienstmannschaften bearbeiten und in denen wir auch Wachstum generieren. Seit zwei Jahren haben wir Skandinavien im Blickpunkt, ebenfalls mit eigenem Außendienst; auch dort wachsen wir und werden weiter expandieren. Genauso in Spanien. In Osteuropa haben wir einige Mitnahmemärkte, in Asien sind wir mit Laminatboden gut unterwegs. Auch nach Australien gehen containerweise unsere Produkte. Das heißt, im Prinzip ist Meister im internationalen Geschäft schon relativ bekannt.

Mit welchen Produkten sind Sie im Export aktiv, welche sind besonders vielversprechend?

Schindler: Mit den Innovationsprodukten wie Lindura sind wir fast in jedem Markt aktiv. Aber auch die Vermarktung der klassischen Produktbereiche wie Laminat und Parkett ist mit der von uns gelebten und von vielen Märkten nachvollzogenen Qualitätsstrategie ein weiteres wichtiges Standbein im Exportgeschäft.

Volker Kettler: In Skandinavien liegen wir mit den PVC-freien Varianten und bestimmten Parkettausführungen sehr gut. Aufgrund unserer Marktanalysen können wir uns sehr gut auf die Länder einstellen und das fertigen, was dort läuft, so dass auch Wachstum möglich ist. Ansonsten sind wir im Kern auf den deutschsprachigen Raum eingestellt, plus die zitierten Zielmärkte.

Sie sprachen eben bereits Ihre Fachhandelstreue an. Da verschwimmen immer mehr die Grenzen zwischen Holzfachhandel, Baustofffachhandel und Bodenbelagsfachhandel. Wie kategorisieren Sie das?

Schindler: Fachhandel heißt für die Meisterwerke, speziell die Marke Meister, Holzfachhandel und zwar sowohl Holzgroßhandel als auch Holzeinzelhandel und Baustoffhandel. Im Bereich Schulte Räume ist das der Bodenbelagsgroßhandel.

Welche dieser Kundengruppen hat für Sie das größte Potenzial?

Schindler: Der Baustoffhandel, wie auch der Holzfachhandel, der sein Geschäft versteht, die Konzepte der Zukunft verstanden hat und auch umsetzt. Da ist der Baustoffhandel dem Holzhandel teilweise etwas voraus - zum Beispiel, was die Öffnungszeiten angeht.
Kettler: Ich glaube, man kann sagen, dass der Holzhandel sehr traditionell ist. Und für uns als Familienbetrieb ist wichtig, dass die Zahlen stimmen. Dabei ist nicht allein die Umsatzzahl eine messbare Größe, sondern es muss erfolgreich in der Strategie nach vorne gehen. Sicher wird sich der Holzhandel nicht sprunghaft nach oben entwickeln, aber wir haben dort treue, zuverlässige Partner. Darauf ist unsere Strategie ausgerichtet.

Das funktioniert allerdings nur, wenn man wie wir Inhaber hat, die langfristig denken und denen die Umsetzung ihrer Ideen wichtiger ist als die nackten Zahlen.

Schindler: Wir haben zwei Inhaber, die innovations- und produktgetrieben sind, denen wichtig ist, ein gesundes Unternehmen zu führen, das mittlerweile 650 Mitarbeitern einen Arbeitsplatz sichert. Wir haben mit unserem Bekenntnis zum Fachhandel einen Weg gefunden, uns zu differenzieren. Den müssen wir nur konsequent beibehalten. Das ist bei einem inhabergeführten Unternehmen einfacher als bei einer konzernbasierten Mutter, die primär Deckungsbeiträge und Gewinne abschöpfen will.

Schauen wir uns mal Ihre Produktgruppen an. Thema Parkett, Problem Eiche-Knappheit...

Guido Schulte: Eiche ist im Moment überall knapp. Die Qualität der Rohware insgesamt sinkt, die Menge ist schwierig zu bekommen. Wir müssen uns ganz schön strecken, um unseren Bedarf zu decken, insbesondere bei Landhausdielen.

Ist es eine Lösung, zu versuchen, den Trend auf Fischgrät zu drehen?

Schulte: Jeder versucht gerade, über diesen Weg auch die Restmaterialien zu verwerten. Auch wir haben einen neuen Fischgrät in den Markt gebracht, der für Fischgrät recht erfolgreich ist. Aber damit kompensieren wir nicht die Mengen, die im Dreistab gelaufen sind. Fischgrät wird kein Massenprodukt werden.

Kettler: Dreistab oder Landhausdiele sind auch deshalb attraktiv, weil der Verleger damit schnell viele Quadratmeter schafft. Fischgrät ist im Allgemeinen viel aufwändiger in der Verlegung. Deshalb haben wir ein größeres Format mit einem Klicksystem mit einer Kunststofffeder entwickelt, das man linksherum, rechtsherum oder als Würfel legen kann. Von der Akzeptanz waren wir positiv überrascht und mussten schon die Kapazitäten aufstocken.

Was ist mit alternativen Holzarten?

Kettler: Die tatsächlichen und nachgefragten Alternativen sind limitiert. An die Eiche mit ihrer Optik, Struktur, Haptik und den Verarbeitungsmöglichkeiten kommt keine andere Holzart heran.

Aus unserer Sicht geht der Weg in Richtung dünnere Deckschichten. Wir konzentrieren uns seit der Hausmesse im letzten Jahr auf Parkettoberflächen mit 2,5 mm Deckschicht und HDF als Trägermaterial. Mit allen anderen Variationen haben wir aufgehört und schwimmen damit gegen den Strom. Bei den HDF-Trägern argumentieren wir sehr technisch, um den Kunden und auch den Endkunden mitzunehmen, zum Beispiel mit der Eindruckhärte, der Stabilität, der Passgenauigkeit des Klicksystems und der geringeren Empfindlichkeit gegenüber klimatischen Veränderungen und trockener Raumluft.

Und 2,5 mm Deckschicht sind in einem vernünftigen Gesamtaufbau vollkommen gut genug und genauso lange haltbar wie dickere Deckschichten. Wir prognostizieren sogar, dass der Trend zu noch dünneren Deckschichten geht.

...dann ist es aber kein Parkett mehr...

Kettler: Ich führe diese Diskussion im Verband im Augenblick nicht, weil ich weiß, dass sie nicht mehrheitsfähig ist. Aber der Zeitpunkt für diese Diskussion wird kommen. Aus den Gründen, über die wir eben gesprochen haben. Parkett einfach teurer zu machen und damit die Nachfrage zu reduzieren, ist auch keine Lösung. Deshalb sehen wir als Option, den Holzanteil in der Deckschicht zu reduzieren und die Produkte immer weiter technisch zu optimieren. Die Lösung sind dann Produkte wie Lindura. Dort sind die Möglichkeiten bei weitem noch nicht ausgeschöpft.

Laminat ist ein weiteres wichtiges Produkt für Sie, hat es in den letzten Jahren aber auch nicht ganz leicht.

Schindler: Nach den neuesten Zahlen des EPLF war Laminat im ersten Halbjahr leicht rückläufig um -2,2 %. Westeuropa war mit -6 % etwas stärker betroffen, Osteuropa hat sich auf dem Vorjahresniveau gehalten, Asien wächst für Qualitäten aus europäischer Produktion, ebenso USA. Es gibt einige wenige schwierige Märkte in Westeuropa, das ist zum einen der größte Markt Deutschland mit zweistelligem Rückgang, auch Österreich, die Schweiz war annähernd stabil. Es gibt aber auch Märkte in Westeuropa, die wachsen, wie Skandinavien.

Die Entwicklung in Deutschland hat natürlich etwas mit der Entwicklung des Designbodens zu tun. Der Designboden ist nicht ausschließlich, aber primär ein deutsches Phänomen und hat teilweise Umsätze substituiert. Wir haben das vielleicht etwas stärker zu spüren bekommen, da wir eine starke Präsenz im deutschen Markt haben. Hierzulande laufen ca. 60 % unseres Laminatumsatzes, d.h. wir merken den Rückgang schon deutlich. Aber auch bei uns ist eine Verschiebung in den Bereich Designboden feststellbar. Wir sind mit der Entwicklung unserer Designböden Tecara und Catega Flex nicht unzufrieden und arbeiten aktuell an einem ganz neuen Konzept für Designböden.

Bedeutet das in der Konsequenz eine Verabschiedung vom Laminat?

Schindler: Nein ganz im Gegenteil - Laminat ist nach wie vor für Meisterwerke ein strategisches und wichtiges Standbein. Wir wollen das heutige Volumen auf jeden Fall halten und werden alles dafür tun, die Attraktivität dieser Produktgruppe weiterzuentwickeln. Im Export sehen wir sogar weiteres Ausbau-Potenzial.

Macht Laminat als Halbfertigprodukt noch Sinn, können Sie mit den komplett vertikal integrierten Herstellern preislich überhaupt mithalten?

Schulte: Wir haben schon sehr frühzeitig erkannt, dass eine Plattenproduktion eine Rieseninvestition ist, die in vielen Fällen subventioniert wird. Und wenn man nicht selber produziert, hat man den Vorteil, dass man auf verschiedene Systeme zurückgreifen kann. Wir haben mittlerweile unterschiedlichste Plattentypen für die verschiedenen Produkte. Eine Trägerplatte für Lindura oder Nadura ist technisch völlig anders als eine für Parkett oder Laminat. Es wäre ein irrsinniger Aufwand, wenn wir alle selber produzieren müssten.

Ähnlich ist es mit der Imprägnierung. Auch damit wollten wir nie anfangen, sondern nutzen die verschiedenen Imprägnierer und ihre jeweiligen Stärken. Wenn man wie wir auf Qualität und Vielfältigkeit ausgelegt ist, lässt sich das gar nicht anders realisieren.

Kettler: Das ist der Punkt. Unsere Strategie ist, die Produkte hier bei uns am Standort zu einem relativ frühen Stadium zu veredeln. Wir brauchen nicht voll integriert zu sein, wenn Standortnähe mit Holzwerkstoffherstellern und Imprägnierern gegeben ist. Wir investieren in die nächsten Produktionsschritte, in eine ausgefeilte Technik, um Alleinstellung zu haben.

Schulte: Früher galt Laminat als "Plastikboden", heute gibt es einen großen Hype um Vinyldesignbeläge, die tatsächlich ausschließlich aus Kunststoff bestehen und der Laminatboden kommt dabei schlecht weg, obgleich er zu einem großen Teil, über 90 %, aus nachwachsenden Rohstoffen besteht. Das ist sehr ärgerlich. Laminat wird zu Unrecht in die Billigecke gedrückt, ist meiner Meinung nach im Preis-/Leistungsverhältnis aber immer noch einer der besten Böden, die es gibt.

Stichwort Designböden. Wie beurteilen Sie den Siegeszug dieses Produktes?

Schindler: Wir sehen natürlich auch den Hype um Designböden. Im Holzhandel konzentriert sich das weitgehend auf die starren Systeme. Und aus dem Bauch heraus würde ich sagen, dass das Volumen noch lange nicht an Laminat heranreicht, nicht mal zu einem Drittel. Aber Designböden haben klar eine steigende Tendenz, auch im Holzfachhandel.

Der Markt wächst, der Preisdruck auch.

Kettler: Ja, und ist bei Designböden erst recht ungesund - weil die Rohstoffe teurer sind. Meine persönliche Sorge und auch die des Verbandes ist, dass vor dem Hintergrund des Preisdrucks und der riesigen Produktionsvolumina, die vor allem in Asien bestehen, Qualität und Ökologie leiden. Man weiß gar nicht, was alles in die Produkte beigemischt wird, um die Preise halten zu können.

Ist der Holzhandel interessierter an PVC-freien Produkten als andere Absatzkanäle, weil er vielleicht gegenüber PVC skeptischer ist?

Kettler: Wir sind überzeugt, dass die PVC-frei-Diskussion im Holzhandel ausgeprägter und besser kommuniziert wird als in anderen Vertriebsstrukturen.

Schindler: Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, keine PVC-Designböden auf den Markt zu bringen. Wir wollen ökologisch sein und bleiben. Das ist nicht ganz einfach, weil PVC-freie Produkte teuer sind. Entsprechend muss etwas dafür getan werden. Wir sehen Ansätze im Holzfachhandel, dass das Thema tatsächlich zum Endverbraucher kommuniziert wird.

Auf der Hausmesse im letzten Jahr hatten Sie Investitionen angekündigt. Was hat sich da getan, und wofür waren die gedacht?

Schulte: Wir haben insgesamt rund 17 Mio. EUR investiert. Letztes Jahr in zwei neue Pressen für Nadura und Laminat, weil wir für Nadura neue Möglichkeiten schaffen mussten und wollten. Beim Laminatboden war es ähnlich. Durch die neuen Anlagen haben wir Lagerflächen verloren und deshalb eine zusätzliche, 12.000 m2 große Halle an das vorhandene Lager angebaut. Dieses Jahr haben wir eine neue, sehr vielseitige Profilierlinie aufgestellt, über die wir Produkte bis 2 mm fahren können, also sehr dünne Materialien. Das konnten wir bis dato nicht. Durch diese Maschine haben wir wieder Lagerkapazität verloren und bauen nun zwei weitere neue Hallenabschnitte.

Geht mit den neuen Hallen auch eine Erweiterung der Lagerkapazitäten einher?

Schulte: In gewissem Umfang, weil wir Platz für neue Produkte brauchen. Wir haben die Gelegenheit aber auch genutzt, das Fertigwarenlager neu zu organisieren und zentralisieren.

Schindler: Bei uns sind alle Produkte sowohl palettenweise als auch im Kommissionsbezug für die Kunden im Zugriff. Das bringt ganz andere Anforderungen an Logistik und Auslieferung mit sich.

Honoriert der Handel diese Leistung?

Schindler: Ja. Wobei wir mit diesen Serviceleistungen und unserem klaren Bekenntnis zum Holzfachhandel natürlich auch ein Bekenntnis des Handels erwarten, d.h. bei der Konzentration auf die Marke Meister. Wir wollen nicht mal eben eine Kommission liefern, sondern langfristige Partnerschaften aufbauen.

Sie haben Ihre neuen Produktionsmöglichkeiten erwähnt - das spielt wahrscheinlich auf das neue Designboden-Konzept, angekündigt hatten, Wie weit sind Sie damit?

Kettler: Wir bewegen uns mit den Meisterwerken in eine ganz neue Ära. Bislang haben wir ausschließlich alles auf Holzwerkstoffen aufgesetzt. Wir waren ein klassischer Anbieter von harten, starren Produkten. Und HDF als Platte war das Maß der Dinge. Wir haben ja auch schon den harten, starren Designboden. Aber der Markt erfordert elastischere, nachgiebigere Systeme.

Wir wollen eine Technologie umsetzen, die weitestgehend mit unseren Maschinen, Ideen und Konzepten korreliert. Nehmen wir z.B. 2 mm dünne Beläge - das sind Dryback-Produkte. Dafür haben wir im Holzhandel heute noch gar nicht die Kunden, aber wir glauben, dass sich die Märkte weiter vermischen und verschieben und denken deshalb auch schon intensiv über Produktionsmöglichkeiten derartiger Produkte nach.

Schulte: 2 mm-Beläge sind ein ganz neues Thema für uns. Und dann noch andere Trägerplatten, viel elastischer. Das ist eine Herausforderung, bei der wir umdenken mussten. Da muss man sich auch mit dem Klicksystem auseinandersetzen, das bei elastischen Belägen anders ist als bei einer starren HDF-Platte. Da haben wir ganz neu angefangen.

Kettler: Ich habe die Erwartungshaltung in einer Podiumsdiskussion in Ihrer Redaktion im Mai sehr hoch gelegt. Wir haben heute zwei Kollektionen im Markt, beide auf starren Platten. Das ist zum einen Tecara mit einer Kunststofffolie und jeweils einer Korkschicht unter der Oberfläche sowie auf der Unterseite. Das andere Produkt hat eine elastomere Oberfläche, eine sehr dünne Trägerplatte, keine Korkschicht und eine Gesamtstärke von nur 5 mm. Daher sind die Dielen biegeweich. Der Markt fordert eine wasserfeste Konstruktion. Gar nicht mal bezüglich des möglichen Einsatzes in Feuchträumen, sondern weil man eine einheitliche Lösung für alle möglichen Anwendungen haben möchte.

Die wasserfeste Platte ist bei uns schon seit drei Jahren ein Entwicklungsprojekt. Nach ersten Versuchen mit einer harten Platte, die aber zu teuer gewesen wäre und auch nicht elastisch genug, gehen wir nun in Richtung einer Produktkomposition mit einer hoch füllstoffhaltigen Trägerplatte, die profilierbar ist und die wir hier bei uns ver- und bearbeiten können. Im nächsten Schritt geht es um die Oberflächen. Dekorverbunde sind bislang schwierig, weil die Oberflächenfolien unterschiedlich sind. Das ist aber unser Entwicklungsziel: Ein Dekorverbund auf verschiedenen Plattentypen mit verschiedenen Aufbaukonstruktionen.

Weil es die Anlagen in dieser Form und auch die derartige Komposition so noch nicht gibt, können wir uns mit niemandem darüber austauschen, sondern nur durch umfangreiche Versuche lernen, Produktionsverfahren zu optimieren, mögliche Schwachstellen zu finden und abzustellen. Dadurch dauert der Schritt vom Entwicklungsstadium zum finalen Produkt viel länger als erwartet. Wir werden deshalb voraussichtlich erst 2018 damit auf den Markt kommen. Und ich kann Ihnen versprechen, dass das Produkt mit keinem anderen vergleichbar sein wird, insbesondere auch in der Vorteilsargumentation.

Ein anderes großes Projekt ist die Online-Plattform Markenboden.de. Nachdem Sie sie vor zwei Jahren auf dem Branchentag vorgestellt haben, ist es stiller darum geworden...

Jörg Peterburs: Mit Markenboden.de haben wir einen speziellen und eigenen Ansatz gewählt und eine Plattform aufgebaut, die dem Handel ermöglicht, unsere Produkte im E-Commerce zu vertreiben und nicht nur im stationären Geschäft: also praktisch eine Art Marketplace im umgekehrten Sinn. Solche Konzepte brauchen eine gewisse Zeit, bis sie sich etablieren. Das ist im Internet nicht anders, als im stationären Geschäft. Für uns ist Markenboden.de ein ganz wesentlicher Baustein unserer Marketing- und Vertriebsunterstützungsmaßnahmen für den Handel.

Die Plattform entwickelt sich grundsätzlich positiv. Allerdings muss man sagen, dass es uns nicht gelungen ist, die Erwartungen aller Fachhändler zu erfüllen - vor allem derjenigen, die sich einen schnellen Profit davon versprochen haben. Diese Erwartungshaltung können wir definitiv nicht erfüllen.

Wie viele Händler sind aktuell noch dabei?

Peterburs: Wir haben 2016 mit 230 Fachhändlern angefangen und sind derzeit bei einer Größenordnung von 170.

...ganz schön viel Schwund...

Peterburs: In der Tat. Aber wir sind darüber nicht so unglücklich. Zumal wir einen enorm hohen Servicelevel pflegen. Direktvertrieb über das Internet wäre eigentlich der einfachere Weg, als diese Plattform zu betreiben. Aber wir sehen unseren Weg als für uns absolut richtige Strategie an, weil wir glauben, dass wir in dieser Branche nur mit einem kooperativen Modell weiterkommen. Es gibt viele Händler, die von dem Modell begeistert sind und mit denen wir Markenboden gemeinsam weiterentwickeln werden.

Bedeutet das eine Veränderung des Konzepts?

Peterburs: Nein, wir haben nichts am Konzept geändert, aber eine Menge an der Plattform. Das ist ein laufender Prozess. Mitte 2017 haben wir einen umfassenden Relaunch gemacht und Stolpersteine behoben, insbesondere aus Endkunden-Perspektive. Wir entwickeln ständig weiter. Es gibt sicher alle vier Wochen neue Features auf der Plattform. Das würden wir nicht machen, wenn das alles brotlose Kunst wäre. Wir machen das, weil wir sehen, dass wir mit Markenboden.de auf dem richtigen Weg sind.
Das Gespräch führte Claudia Weidt
aus Parkett Magazin 06/17 (Wirtschaft)