Wulff will Handwerksalltag aufwerten
Kampagne zeigt Bodenleger hautnah
Verlegewerkstoffhersteller Wulff aus Lotte hat sich für eine besondere Werbe-Kampagne entschieden, die das Handwerk auf Original-Baustellen quasi ungeschminkt in FussbodenTechnik abbildet. Der Geschäftsführende Gesellschafter Alexander Israel möchte damit dem Handwerk seine Wertschätzung ausdrücken und dort für neues Selbstbewusstsein sorgen. FussbodenTechnik fragte bei Wulff nach, was die Hintergründe für diesen Plan sind.
Alexander Israel von Verlegewerkstoffhersteller Wulff aus Lotte weiß genau, wem er den Erfolg seines Unternehmens zu verdanken hat: dem Handwerk. Der Schriftzug im Wulff-Logo lautet nicht zufällig: "Freunde des Handwerks. Seit 1890." Das modifizierte Logo führte Wulff unter seiner Regie im Jahr 2012 ein. Die in Kürze startende Werbekampagne thematisiert die enge Verbundenheit mit dem Handwerk - veröffentlicht wird diese in FussbodenTechnik. Aufgabe des Wulff-Außendienstteams wird es sein, Handwerkskunden auf der Baustelle so abzulichten, wie sie sind; authentisch und ungeschminkt.
Die Idee, das bodenlegende Handwerk in einer Kampagne zu würdigen, war echte Wulff-Teamarbeit. Jörg Dronia (Verkaufsleiter), Tanja Janke (Marketing), Harm Siemer (Produktmarketing und Kommunikation) und Alexander Israel (Geschäftsführender Gesellschafter) sowie weitere wichtige Mitarbeiter aus den unterschiedlichen Abteilungen entwickelten das Konzept gemeinsam. Eine sehr typische Vorgehensweise des Unternehmens. Für die verschiedenen Geschäftsfelder von Wulff, die sich neben Verlegewerkstoffen, Maler- und Tischlerhandwerk in einem weiteren Unternehmensteil auch auf das Lackierhandwerk erstrecken, passt die Kampagne perfekt: In allen vier Zielgruppen ist das Handwerk ein zentrales Thema für Wulff.
FussbodenTechnik: Herr Israel, warum widmen Sie Ihren Kunden eine eigene Werbekampagne?
Alexander Israel: Wir wollen gerne ausdrücken, wo wir herkommen, was uns wichtig ist und wo wir unsere Stärken haben. Wir sind in einem Markt aktiv, der schwer umkämpft ist. Für uns steht Gewinnmaximierung nicht an oberster Stelle, sondern Menschlichkeit, Ehrlichkeit und Sympathie. Das sind unserer Meinung nach wichtige Werte. Wir nehmen unseren aus Überzeugung entstandenen Slogan "Freunde des Handwerks" sehr ernst.
FT: Wie drückt sich Ihre Verbundenheit mit dem Handwerk aus?
Israel: Wir haben dem Handwerk als Unternehmen Wulff sehr viel zu verdanken. Eine Vielzahl unserer Kunden ist in den unterschiedlichen Branchen tätig. Wir setzen auf Werte, die man einer Freundschaft zuspricht wie Ehrlichkeit, Wertschätzung und auf Augenhöhe miteinander zu kommunizieren. Wir wollen künftig ganz bewusst unseren Fokus darauf legen - auch wenn wir das in der Vergangenheit unbewusst auch schon gemacht haben.
Das verlegende Handwerk und wir bilden eine Einheit. Dieser Zusammenhalt ist in der aktuellen Gesamtsituation wichtig: Es gibt zwar auf der einen Seite eine gute Auftragslage, aber auf der anderen Seite einen demografischen Wandel. Immer mehr Aufträge werden von immer weniger Handwerkern ausgeführt, und dennoch gibt es nach wie vor einen Preisverfall. Das finden wir schade. Viele Handwerker verkaufen sich unter Wert. Wir möchten gemeinsam mit den Boden- und Parkettlegern das Handwerk wieder aufwerten. Wir wollen, dass das Handwerk gerecht entlohnt und wertgeschätzt wird.
FT: Wie steigert man die Wertschätzung des Handwerks?
Israel: Das ist eine sehr berechtigte Frage. Wir sind der Überzeugung, dass es oft die kleinen Dinge des Lebens sind, die dazu beitragen. Wir bewegen uns auf Augenhöhe mit dem Handwerk, weil wir genauso im Mittelstand unterwegs sind, wie unsere Kunden. Wir wollen fair miteinander umgehen. Das ist ein ganz wichtiger Beitrag, auch wenn sich das banal anhört. Wir arbeiten konstruktiv mit unseren Kunden zusammen.
Harm Siemer: Wir verhalten uns wie ein Freund für unsere Kunden und erzählen ihnen keinen Unsinn, nur um etwas zu verkaufen. Durch Ehrlichkeit und Offenheit wird in der Folge das Handwerk auch gegenüber dem Endkunden mehr wertgeschätzt. Wir begegnen unseren Kunden freundschaftlich und behandeln sie fair. Diese Basis zwischen Wulff und seinen Freunden findet sich auch beim Endkunden wieder, denn nur dort, wo sich ein Kunde gut aufgehoben fühlt, ist der Preis am Ende nicht das entscheidende Kriterium.
Dronia: Für uns heißt "Freunde des Handwerks" auch, auf vielfältigen Ebene füreinander da zu sein. Das beinhaltet auch mal kritische, faktenbasierte Ratschläge zu äußern oder konstruktive Hinweise zu geben. Motto: "Wie können wir dieses Problem gemeinsam lösen." Es zeichnet eine Freundschaft aus, gemeinsam miteinander zu wachsen. Wir begleiten Kunden freundschaftlich und gehen mit ihnen in den Dialog. Davon profitieren wir genauso: Wir gewinnen Informationen von Handwerkern, die in neue Produktideen einfließen. Der Kunde kann so die Entwicklung der Produkte mit beeinflussen. Das zeichnet uns sicherlich aus, da sind wir vielleicht ein bisschen exotisch.
Israel: Wir haben gesehen, dass wir in unserer Struktur ganz viele treue Kunden haben, mit denen wir schon sehr lange und freundschaftlich zusammenarbeiten. Wir erleben immer wieder, dass sich die Skala dessen, was wichtig ist, in Notsituationen komplett verschiebt. Wir wollen weg von Banalitäten hin zu einer Freundschaft mit Kunden und einer ehrlichen Zusammenarbeit. Wir haben großen Respekt vor der täglichen Leistung unserer Kunden. Sie sind in der Lage, aus Verlegewerkstoffen in Verbindung mit Bodenbelägen richtige Kunstwerke zu erschaffen. Wir wollen gemeinsam mit ihnen daran arbeiten, die Wertschätzung für das Handwerk dahin zu bringen, wo sie hingehört.
FT: Ausdruck dessen ist die Kampagne, die Sie starten wollen. Wie wird diese aussehen?
Tanja Janke: Wir haben die Idee für die Kampagne mit Anzeigenmotiven in einem Brainstorming im Team entwickelt. Wir planen zusätzlich Videos auf einer eigenen "Freunde des Handwerks"-Homepage, losgelöst von unserer Website, wo wir abbilden, wie wichtig uns das Handwerk ist. Wir wollen zeigen, was unsere Freunde tagtäglich machen. Das können bestimmte Problemstellungen sein, aber auch wie der Alltag im täglichen Leben aussieht. Damit die Bodenbranche davon erfährt, wird es eine Anzeigenkampagne in FussbodenTechnik geben. Dort zeigen wir ganz authentische Bilder des Alltags unserer Kunden. Hier wird nichts geschönt, wir verzichten auf professionelle Bildbearbeitung und wollen keine Hochglanzbilder. Der Alltag ist oft hart, aber er ist auch schön. Das soll unsere Kampagne verdeutlichen.
FT: Gibt es schon Entwürfe der Kampagne?
Janke: Wir sind dabei, erste Entwürfe zu sammeln. Wir haben auch bereits Ideen, in welche Richtungen es bei der Tonalität gehen soll.
Israel: Wir werden die unterschiedlichsten Blickwinkel beleuchten: Es ist oftmals eine sehr aufwendige und harte Arbeit. Ein tolles Ergebnis rechtfertigt sie aber in vielen Fällen. Ein 100.000 m
2 großes Mega-Objekt erfährt eine große Aufmerksamkeit, aber das ist nicht das, was unsere Branche ausmacht. Es ist vielmehr der gelungene Auftrag vor Ort.
Janke: Die Bilder werden von unseren Außendienstmitarbeitern gemacht. Sie sind vor Ort und tauschen sich intensiv mit unseren Kunden aus.
Siemer: Unser Bekenntnis "Freunde des Handwerks" spiegelt viel wieder. Die uns zur Verfügung stehende Bandbreite ist groß. Uns ist wichtig, dass sich jeder "Freund des Handwerks" in der Kampagne wiederfinden soll. Es gibt ganz viele Handwerker - und davon werden auch viele im Hause Wulff vereint. Die Kampagne soll zeigen, wie das wirkliche Handwerkerleben aussieht.
FT: Erwartet man nicht Hochglanzbilder in der Werbung?
Israel: Nein, es muss nicht alles glattgebügelt sein, wir leben nicht in Hollywood. Wir brauchen keine Superlative, um eigene Ego-Bedürfnisse zu befriedigen. Wenn es ernst gemeint und authentisch ist, kann man viel erreichen, weil es das Herz anspricht.
Janke: Unsere Kunden unterhalten häufig Social-Media-Aktivitäten wie Instagrammkanäle oder Facebookseiten. Sie sind durchaus bereit, zu zeigen, was sie tun. Das unterstützen wir. Nach dem Motto: "Zeig, was du machst, sei stolz drauf." Darin besteht unser langfristiges Ziel. Das Aufwerten des Handwerks wird vor allem durch den Handwerker selber geschehen.
FT: Herr Israel, Ihre Kampagne wird mit Leben gefüllt von Neuzugängen im Wulff-Marketing. Wie ist die Aufgabenverteilung?
Israel: Wir haben uns bei der Besetzung unseres Marketings ganz bewusst für Tanja Janke entschieden, weil sie nicht für das klassische Marketing steht. Sie hat Literaturwissenschaft, Germanistik und Kunstgeschichte studiert sowie in der Dramaturgie gearbeitet. Wir waren überzeugt, dass sie als Quereinsteigerin viel besser zu uns passt als andere Kandidaten. Das hat sich bereits bestätigt. Wir setzen auf ein tiefgründiges, ehrliches und herzliches Marketing.
Janke: Das ist auch mein Eindruck. Man möchte mehr Flexibilität und Kreativität, etwas weiterentwickeln und immer über den Tellerrand gucken. Dieses Unkonventionelle habe ich in dem Sinne schon mitgebracht. Die Werte, die das Unternehmen verfolgt, konnte ich von Anfang an spüren. Das hat mich überzeugt und findet sich in der täglichen Arbeit wieder.
FT: Was wäre in der Marketingarbeit eines Konzerns anders?
Dronia: Bei Wulff lässt man die Ideenfindung offen und nutzt die Möglichkeit mit mehreren Abteilungen zu kommunizieren. Man ist nicht gezwungen, auf ein bereits festgelegtes Ergebnis hinzuarbeiten, bevor die eigentliche Sitzung stattgefunden hat. Hier ist Kreativität und Flexibilität gewünscht - und sei sie noch so abstrakt - und es wird ehrlich damit umgegangen. Darin stecken viel mehr Möglichkeiten.
Israel: Unser zweiter Neuzugang ist Harm Siemer, den wir seit Jahren aus der gemeinsamen Zusammenarbeit zwischen Verlegewerkstoff- und Bodenbelagsindustrie kennen. Wir haben uns immer schon gut verstanden. Anfang des Jahres haben wir festgestellt, dass es Optionen gibt, auch direkt zusammenzuarbeiten. Ich bin sehr froh, dass wir Harm Siemer für uns gewinnen konnten. Er kennt die Branche gut und ist bestens vernetzt. Auch er ist vom Werdegang her kein klassischer Marketingmitarbeiter. Viel wichtiger ist, dass er das Raumausstatterhandwerk selber gelernt und praktiziert hat. Außerdem verfügt er über jahrelange Erfahrungen in der Bodenbelagsindustrie und hat den Blick fürs Handwerk nie verloren.
FT: Herr Siemer, worin besteht Ihre Aufgabe?
Siemer: Ich bin das Bindeglied zwischen der Produktentwicklung und dem Vertrieb, das ist mit dem Begriff Produktmarketing gemeint. Neue Produkte werden entsprechend aufbereitet und für die unterschiedlichen Zielgruppen kommuniziert. Daneben arbeite ich mit der Anwendungstechnik in der Kommunikation mit der Bodenbelagsindustrie eng zusammen und kümmere mich um die Planung von Wulff-Schulungen. Zusammen mit den Marketingkolleginnen erarbeiten wir gerade das neue Schulungsprogramm 2018.
FT: Sie erwähnten bereits, dass durch den Austausch mit dem Handwerk auch Neuprodukte entstehen. Können Sie Beispiele nennen?
Dronia: Ja, dafür gibt es einige Beispiele wie Floor-Direkt, eine Spachtelmasse, die auf einem keramischen Belag ohne Grundierung und ohne Vorspachteln der Fugen eingesetzt werden kann. Das Produkt ist durch den permanenten Austausch mit Kunden entstanden.
FT: Neu im Sortiment ist auch die Designspachtelmasse Wulff DF. Warum ist diese Produktgruppe gerade wieder ein großes Thema in der Branche?
Israel: Design-Sicht-Spachtelmassen sind immer ein Thema gewesen und mit Wulff Design-Flooring haben wir nun ein System, dass auf Grund der Produkteigenschaften unseren Verarbeitern viele Vorteile bietet. Um Verarbeitungssicherheit zu gewährleisten, müssen künftige Verarbeiter an einer Schulung teilgenommen haben.
Siemer: Das Wulff DF System bietet viele kreative Möglichkeiten und der Verarbeiter muss gewissenhaft arbeiten. All das wird in den Schulungen von unserem Anwendungstechnik-Team vermittelt.
Dronia: Ganz entscheidend sind die Rahmenbedingungen. Erster Ansprechpartner sind häufig die Architekten, die sich für das Produkt begeistern und sich dafür entscheiden. Manchmal kommt nach der Fertigstellung der Bauherr und legt sein Veto ein. Aus meiner Erfahrung ist es wichtig, dass der Bauherr zu Beginn der Verlegung anwesend ist und seine Zustimmung zur Fortführung der Arbeiten gibt. Wir wollen den Verleger dafür sensibilisieren, dass die Verlegung einer Designspachtelmasse eine andere Denkweise voraussetzt; einmal in optischer und einmal in technischer Hinsicht. Dazu gehört es auch, dass der Verleger seine eigenen Produktmuster erstellt.
FT: Herr Israel, Sie hatten in der Vergangenheit angekündigt, das Außendienstteam weiter auszubauen. Ist das geschehen?
Israel: Ja, wir haben das Team von sechs auf acht Mitarbeiter vergrößert. Wir sind immer auf der Suche nach motivierten Mitarbeitern. Wir sehen in einigen Regionen noch Bedarf, weil wir die sehr großen Gebiete verkleinern möchten, damit sich unsere Außendienstler noch intensiver um die Belange der Kunden kümmern können.
FT: Gibt es schon Konkretes zu den Seminarveranstaltungen von Wulff?
Siemer: Wir haben aktuell Seminare zu der Designspachtelmasse Wulff DF und arbeiten an einem Programm für das Jahr 2018. Wir werden den Wulff-Kunden und -Interessenten einige interessante Seminare anbieten, so z. B. eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB), die speziell auf das Handwerk ausgerichtet ist.
Israel: Wir denken darüber nach, Handwerksmarketing anzubieten. Auch da kann man mit wenig Aufwand viel bewirken. Wir wollen unseren Kunden Möglichkeiten aufzeigen, wie sie ohne Unsummen investieren zu müssen, ihren Erfolg noch weiter steigern können.
FT: Wie gelingt es Wulff eigentlich, das eigene Ergebnis zu steigern? Haben Sie am Standort in Lotte weiter investiert?
Israel: Wir haben im Sommer 2017 einen Palletierroboter der neuesten Technologie bekommen, der in der Lage ist, deutlich schneller die Paletten für zementäre Spachtelmassen zu befüllen. Bei einem vollautomatischen Mischer sind wir mitten in der Planung, er kommt für Dispersionsklebstoffe zum Einsatz. Der Mischer wird eine Charge von 5 t herstellen können. Er wird unsere Bestsellerprodukte Supra-Strong, Multi-Coll und Linotex noch effizienter produzieren.
FT: Wenn wir gerade über Klebstoffe sprechen: Auf der Domotex 2018 könnten neue PVC-freie elastische Bodenbeläge vorgestellt werden. Muss es dafür neue Klebstoffe geben?
Israel: PVC-freie Bodenbeläge sind immer ziemlich komplex, wenn es um die Klebung geht. Wir sind auch heute schon mit der Bodenbelagsindustrie in Kontakt. Wir kennen das eine oder andere Produkt bereits, das zukünftig auf den Markt kommt. Am Ende bilden wir eine Einheit und die muss funktionieren. Man muss aber abwarten, ob ein solcher Klebstoff nur für einen definierten Bereich einsetzbar ist. Das ist noch nicht entschieden.
FT: Abschließend noch die Frage: Wie steht es um das Geschäftsfeld Teppichrückenbeschichtungen?
Israel: Das ist nach wie ein spannender Bereich, der immer noch von unserem früheren Geschäftsführer Ernst Dieckmann begleitet wird. Auch da müssen wir künftig bei den Produktionskapazitäten aufsatteln. Mit den bereits bestehenden Partnern aus der Bodenbelagsindustrie können wir die Mengen noch steigern, aber neue Partner aufzunehmen, ist momentan schwierig. Das Geschäftsfeld Teppichrückenbeschichtungen ist nach wie vor sehr erfolgreich.
aus
FussbodenTechnik 01/18
(Sortiment)