Interview of the month: Otto Golze | Interview des Monats: Otto Golze
Der heimliche Umsatzbringer
Was ist klein, kostet nicht viel, macht aber meist den höchsten Quadratmeterumsatz und wird als Margenbringer oft stark unterschätzt? Die Türmatte. Dabei könnte der Handel enorm von ihr profitieren, denn die kleinen, teils sehr dekorativen Produkte sind perfekte Mitnahmeartikel - man muss sie bloß zu präsentieren wissen. Der niedersächsische Anbieter Otto Golze widmet sich der Türmatte seit vielen Jahrzehnten und bietet ein beindruckend breites und tiefes Sortiment an, von günstig bis hochwertig, von zweckmäßig bis zum Designobjekt. Carpet XL sprach mit dem Golze-Führungsteam: Carsten Gähle (Geschäftsführung), Verena Köpke (Produktmanagement und Marketing) und Björn Gläser (Vertriebsleitung).
Carpet XL: Golze verfügt über ein enorm umfangreiches Matten-Sortiment; jährlich verlassen über 3 Mio. Türmatten das Lager. Mit welchen Produktgruppen richten Sie sich an die jeweiligen Handelsformen?
Verena Köpke: Wir haben ein breites Spektrum von ganz schlichten Ein-Euro-Matten über Kunstgrasmatten, beflockte Matten und Kokos bis hin zu schlichten Sauberlauf- und edlen Designmatten mit Digitaldruck. Dabei kann jeder Kunde prinzipiell alles ordern, aber es gibt natürlich bei den unterschiedlichen Handelsformen auch unterschiedliche Schwerpunkte. Im Baumarkt werden andere Preislagen gefragt als im Fachhandel.
Björn Gläser: In einer Abteilung im Möbelhandel ist natürlich ein ganz anderes Sortiment gefragt als zum Beispiel in einem Gartencenter. Je nachdem, wo der Kunde sich gerade aufhält, sucht und erwartet er unterschiedliche Matten.
Carpet XL: Kaufen denn die meisten Konsumenten gezielt eine Matte? Oder sind es eher Mitnahmeartikel, für die man sich spontan entscheidet?
Carsten Gähle: Das ist unterschiedlich. Es heißt immer, dass 80 % aller Matten spontan mitgenommen würden. Gezielt werden Matten in erster Linie gekauft, wenn ein konkreter Anlass besteht, zum Beispiel bei schlechtem Wetter. Natürlich kommt es auch stark darauf an, ob es sich eher um dekorative Matten handelt oder um reine Gebrauchsgegenstände.
Verena Köpke: Wir entwickeln viele Matten zunächst mal unter anderem für den Spontankauf und haben dabei den eher weiblichen Geschmack im Auge. Unterm Strich schauen Männer stärker nach Funktionalität, Frauen stärker auf das Design. Uns geht es bei der Produktentwicklung im Kern um etwas Dekoratives, das erst mal den Blick auf die Matte lenkt und Begehrlichkeiten weckt. Am meisten verkaufen wir letztlich die ganz funktionalen Basics.
Björn Gläser: Heute ist der Mattenmarkt viel stärker umkämpft als früher. Deshalb müssen wir ein breites Sortiment bieten und das Produkt ständig weiterentwickeln. Dabei brauchen wir auch die sehr schlichte und sehr günstige Matte als Referenzwert im Regal: an deren Beispiel der Kunde sehen kann, dass die teureren Matten tatsächlich höherwertig sind.
Carpet XL: Zusätzlich hängt der Mattenverkauf sicher stark an der Präsentation. Versteckt der Händler die Matte im hintersten Regal, kommen natürlich kaum Spontankäufe zustande.
Björn Gläser: Die richtige Präsentation ist auf jeden Fall entscheidend. Ein Beispiel: Häufig werden großformatigere Matten nur gerollt ins Regal gelegt, sie sind darum weniger sichtbar. Einige unserer Kunden haben aber einen Weg gefunden, sie gut zu präsentieren: flachliegend auf einem Podest. Entsprechend verkaufen diese Kunden überdurchschnittlich viele großformatige und damit hochpreisige Matten.
Carsten Gähle: Golze bietet zahlreiche Verkaufshilfen an. Viele Präsentationsideen kommen ja ursprünglich aus unserem Haus: die hängende Präsentation in Augenhöhe, die aussagekräftige Produktausstattung oder das Regal-Leitsystem zum Beispiel. Zusätzlich beraten wir jeden unserer Kunden umfangreich und unterstützen ihn überall, wo er will.
Björn Gläser: Das heißt, dass wir ihm die passenden Produkte vorschlagen, auf Wunsch die Sortimente steuern und nachbestücken und auch die Präsentationsmodule gestalten. Astra hatte ja immer schon Matten als Kernsortiment, da wissen wir genau, worauf wir in den unterschiedlichen Handelsformen und auch in den unterschiedlichen Regionen achten müssen. Unser Außendienst ist festangestellt und hält einen engen und regelmäßigen Kontakt zu unseren Kunden.
Carpet XL: Die Matte wird meist ohne weitere Beratung verkauft. Wie sieht es da mit der Drehgeschwindigkeit in dieser Produktgruppe aus?
Verena Köpke: Wenn man es richtig angeht, kann man gerade mit Türmatten einen hohen Quadratmeterumsatz generieren. Wir statten die Matten mit individuellen Produktinformationen aus und verwenden für unterschiedliche Qualitäten auch unterschiedliche Bilder und Piktogramme, denn jedes Produkt hat andere Gebrauchseigenschaften. Das ist für uns durchaus mit Kosten verbunden. Aber zu einem guten Produkt gehört auch ordentliches Marketing und eine aussagekräftige Produktausstattung, die dem Endverbraucher einen auf den ersten Blick ersichtlichen Produktnutzen liefert.
Carpet XL: Und trotzdem haben viele Einzelhändler die Matte noch nicht für sich entdeckt. Welche Tipps würden Sie den verschiedenen Handelsformen auf den Weg geben?
Björn Gläser: Man sollte Matten nicht ausschließlich in der Teppichabteilung platzieren; die wenigsten Leute vermuten sie dort. Die Teppichabteilung ist auch nicht immer der geeignete Ort für Impulskäufe, weil dort häufig gezielt nach Teppichen geschaut wird.
Carsten Gähle: Also ist eine Zweitplatzierung wichtig - und zwar an einer gut sichtbaren Stelle, an der möglichst viele Besucher vorbeikommen. Diverse Kunden haben durch einen zusätzlichen Matten-Präsenter vorn im Kassenbereich ihren Umsatz mehr als deutlich steigern können.
Carpet XL: Der Umsatz hat sich also nicht von der Teppichabteilung auf den Präsenter bei der Kasse verlagert, sondern es gab ein echtes Zusatzgeschäft?
Carsten Gähle: Genau. Generell kauft der Endverbraucher ja wegen einer spontan gekauften Türmatte nicht zum Beispiel weniger Geschirr oder gar weniger Möbel. So eine Zweitplatzierung macht meiner Meinung nach vor allem saisonal Sinn, zum Beispiel wenn es draußen nass und schmuddelig wird. Dann sollte man die Matten in Sichtweite holen und damit einen Kaufanreiz außerhalb der Teppichabteilung schaffen. Und wenn der Kunde noch mehr sehen will, schaut er gezielt nach den Regalen mit der großen Auswahl.
Björn Gläser: Wir halten es auch für sinnvoll, Matten zusätzlich auf einer Sonderfläche zu zeigen, zum Beispiel Matten mit Weihnachtsmotiven in der adventlichen Geschenkboutique zusammen mit anderen Produkten.
Carpet XL: Apropos produktübergreifendes Denken: Bieten Sie auch Konzepte mit aufeinander abgestimmten Matten und Teppichen an?
Verena Köpke: Ja, ein ganz typisches Beispiel dafür ist das Schöner-Wohnen-Programm, das sogar noch viele weitere aufeinander abgestimmte Coordinates anderer Anbieter umfasst: Neben den Matten und Teppichen gibt es auch Kissen, Farben und Decken. Wenn man das alles mal zusammen zeigt, wird ein ganz neuer Bedarf geweckt. Denn die Kunden sind bereit, mehr Geld auszugeben, als häufig angenommen wird.
Carpet XL: Im Mattenbereich wahrscheinlich vor allem für Produkte, die sich vom regulären Spektrum abheben.
Carsten Gähle: Ja, Matten mit regionalen Bezügen, die wir individuell für einzelne Kunden oder Filialen produzieren, laufen zum Beispiel ebenfalls gut. Diese Individualisierungen sind sogar ab einer relativ geringen Mindestbestellmenge möglich, ab ca. 100 m
2 geht es bei uns schon los. Das Konzept wird in den nächsten Jahren wahrscheinlich immer mehr Raum einnehmen.
Carpet XL: Den Gegenpol zum spontanen Impulskauf im Ladengeschäft bildet wohl der Online-Handel. Inwiefern spielt das Internet eine Rolle beim Mattenverkauf?
Carsten Gähle: Vermutlich laufen Matten online besser als Teppiche, zumal sie günstiger sind und man sie vor dem Kauf nicht unbedingt angefasst haben muss. Bei einer Matte geht es ja stärker um den praktischen Nutzen, und darüber kann man sich im Internet gut informieren.
Carpet XL: Welche Hilfestellungen bietet Golze dem Onlinehandel?
Verena Köpke: Wir unterstützen mit aussagekräftigen Texten und gutem Bildmaterial in hoher Auflösung, darunter auch Detailaufnahmen zum Ranzoomen. Gerade wenn man die Matte nicht anfassen kann, um die Struktur zu spüren. Wir bieten dem Händler auch Materialproben für den Musterversand an.
Carpet XL: Zum Schluss ein Blick in die Zukunft: Worauf setzten Sie den nächsten großen Fokus?
Verena Köpke: Ein Zukunftsthema sind auf jeden Fall die Matten und Läufer unserer Wohnraumserie. Sie sind durch die Farbgebung und Designs individuell miteinander kombinierbar und für alle Wohnräume gedacht, wie beispielsweise den Flur, das Bad, das Wohnzimmer, aber natürlich auch die Küche. Als Küchenmatten verhindern sie unter anderem, dass Fettspritzer vom Herd in allen Wohnräumen verbreitet werden, und schlagen sozusagen eine Brücke zwischen Fußmatte und Teppich. Das Thema ist in den letzten Jahren stark aufgekommen. Und als absolute Neuheit stellen wir auf der kommenden Domotex unsere Digitaldruck-Matten mit hochaufgelösten Motiven vor. Hund & Katze, Lavendelfelder, Strandkörbe und Toskana-Landschaften sind darauf zu sehen; die Matten sind voll waschbar.•
Otto Golze - das Unternehmen
Otto Golze bietet neben Fußmatten für jeden Einsatzbereich auch Teppiche, Naturfaserbodenbeläge, Küchen-, Bade-, Stufenmatten und Aluprofil-Systeme an. Neben der eigenen Marke Astra stehen die Lizenzmarken Schöner Wohnen und Lars Contzen auf dem Programm; in Kooperation mit Ako Kolckmann vertreibt Otto Golze auch Teppichunterlagen.
Am Hauptsitz in Emmerthal (Niedersachsen) befinden sich das große Mattenlager und die Konfektionierung der Wunschmaßteppiche, über 3 Mio. Türmatten verlassen jährlich das Lager. Die Produkte werden in Emmerthal von einem mehrköpfigen Team zielgerichtet entwickelt, sowohl in Design als auch in Qualität und Beschaffenheit der Ware, und anschließend international produziert. 75 % der hergestellten Produkte stammen dabei aus Europa. Das Lager für abgepasste Teppiche befindet sich 20 km von Emmerthal entfernt, in Hachmühlen.
aus
Carpet Magazin 04/17
(Wirtschaft)