Geschäftsführer Markus Adam im Interview

"Anwendungsfreundlichkeit und Leistung von Produkten dürfen nicht leiden"


Wie entwickeln sich aktuell die Geschäfte bei dem Chemieunternehmen Berger-Seidle aus Grünstadt? Parkett Magazin befragte Geschäftsführer Markus Adam.

Parkett Magazin: Herr Adam, wie hat sich 2017 wirtschaftlich entwickelt?

Markus Adam: Wir sind sehr zufrieden. In der Parkettbranche steuern wir auf ein zweistelliges Wachstum zu. Unsere Produktneuheiten werden sehr gut angenommen.

Berger-Seidle ist mit Lacken in verschiedenen Branchen aktiv, auch Klebstoffe sind im Programm. Wie entwickeln sich die Segmente?

Wir führen jetzt neben Parkett- und Industriebeschichtungen auch ein neues, drittes Segment mit Fenster- und Fassadenbeschichtungen. Im Juni 2017 haben wir mit der Zobel Chemie einen führenden und sehr renommierten Mittelständler für Farben und Lacke in diesem Bereich zu 100 % übernommen. Hier geht es um Produkte für Schutz und Schönheit von Holz- und PVC-Untergründen im Innen- und Außenbereich an Gebäuden. Derzeit befinden wir uns in der Integrationsphase des neu hinzugekommenen Unternehmens. Dazu entstehen am Standort Grünstadt Neubauten in siebenstelliger Investitionshöhe, darunter eine neue Produktionshalle und ein großes Technology Center für Industrial Coatings.

Und wie entwickelt sich der Bereich Klebstoffe?

Klebstoffe entwickeln sich ebenso positiv wie das gesamte Berger-Seidle-Segment und parallel zu den Lacken - also zweistellig.

Welche Produkte aus Ihrem Parkettlack-Portfolio sind besonders nachgefragt?

Da kann ich direkt unseren Aqua-Seal Green-Star nennen. Er wird wirklich gut angenommen, obwohl der Parkettleger eine so neue Technologie mit ihren Vorteilen erst kennenlernen muss. Wir sehen uns hier in einer Art Eisbrecherfunktion. Das braucht etwas Zeit, überzeugt aber in der Praxis auf voller Linie. Es ist der erste 2K-Lack auf Wasserbasis komplett ohne Isocyanat- oder Aziridinhärter. Er braucht keine Gefahrgutkennzeichnung, keine Schutzausrüstung, hat EC1 Zulassung und R9/R10 Gleitsicherheit, Speichel- und Schweißsicherheit, ist zugelassen für Kinderspielzeug, Sportböden und, ganz wichtig für Verarbeiter, hat über 18 Stunden Topfzeit. Also Gesundheitsschutz und alle handwerkliche Vorteile in einem Produkt.

Wohin gehen darüber hinaus die Entwicklungen?

Es gibt ja behördliche und bei uns auch interne Bestrebungen, alles grüner zu machen. Wir machen uns in Bezug auf Grenzwerte keine Sorgen, da wir an der Innovationsfront mit führend sind. Allerdings kosten gerade die letzten Meter in diesen Projekten viel Energie, Ressourcen und Zeit. Denn bei all den Grenzwertsenkungen dürfen Anwendungsfreundlichkeit und Performance natürlich nicht leiden. Die Vermeidung auch kleinster Restlösemittelmengen kann beispielsweise schnell zu Nebenwirkungen für Anwender und Oberflächenbild führen. Das muss vermieden werden.

Berger-Seidle war Gastgeber der Tagung der EDV-Gruppe des Zentralverbandes Parkett und Fußbodentechnk. Wie halten Sie es selbst mit der viel beschworenen digitalen Entwicklung 4.0?

Industrie 4.0 ist ein Marketingbegriff der IT-Branche in Deutschland für digital integriertes Arbeiten in Netzwerken und Schnittstellen. Was davon wirtschaftlich Sinn macht, muss man genau prüfen und hängt von der Branche ab. Zum Thema gehören auch automatisierte Anlagen- und Produktionsprozesse. Wir sind an diesem Thema sehr nah dran und setzen permanent neue Optimierungen um. Wenn zum Beispiel ein Kunde ein farbiges Öl bei uns bestellt, wird automatisch ein Barcode erstellt, das System erkennt und lernt selbst den gewünschten, perfekten Farbton und geht so in die Produktion, mit dem Ergebnis einer automatischen Just-in-time-Fertigung noch am gleichen Tag.
aus Parkett Magazin 01/18 (Wirtschaft)