Fachverband Matratzenindustrie

Gemeinsam überlegen, was der Kunde braucht


Essen. Das zurückliegende Jahr steckte für die Matratzenhersteller voller Herausforderungen. Verluste bei Absatz und Umsatz, die Verunsicherung durch den BASF-Unfall, die Eigenarten der Stiftung Warentest -Dr. Ulrich Leifeld, Geschäftsführer des Fachverbandes Matratzenindustrie, hatte viel zu tun, um die Branche zu beruhigen. Er blickt auf ein ereignisreiches Jahr zurück und mit gesundem Optimismus nach vorne.

Wenn sich eine Branche mit besonderen Problemen konfrontiert sieht, wird mehr denn je klar: Es gibt Herausforderungen, die ein Verband besser als jedes Unternehmen für sich allein meistern kann. Die vergangenen Wochen haben eindrucksvoll gezeigt, dass es nicht darum geht, reinen Einzelinteressen unserer Mitglieder gerecht zu werden, sondern Synergien zu schaffen, von denen alle - also die gesamte Branche - profitieren. Wir sind davon überzeugt, dass wir so einen Beitrag für unsere Mitglieder leisten können, der gerade jetzt besonders wichtig ist, und hoffen, dass dies auch von außen anerkannt wird.

Der Fall des verunreinigten TDI bei BASF hat in der gesamten Branche für eine Ausnahmesituation gesorgt, wie wir sie - zum Glück - nicht häufig erleben. In den ersten Tagen und Wochen nach Bekanntwerden des Vorfalls war aufgrund der mangelhaften Informationslage die Sorge groß, dass alle Matratzen unbrauchbar sein könnten, die in dem betroffenen Zeitraum produziert wurden. Umso wichtiger ist das Ergebnis der Untersuchungen, dass auch Matratzen aus dem betroffenen Produktionszeitraum verkehrsfähig sind und von ihnen keine Gesundheitsgefahr ausgeht.

Das liegt vor allem daran, dass es sich bei Dichlorbenzol um einen flüchtigen Stoff handelt, der aus dem fertigen Schaum - insbesondere in den ersten Tagen nach Herstellung - ausgast. Inzwischen haben sich dieser Einschätzung alle öffentlichen Behörden angeschlossen, so auch zuletzt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Hier haben wir uns als Verband massiv eingebracht und auf schnelle Veröffentlichung gedrängt. Sehr enttäuscht sind wir von der Informationspolitik der Vorlieferanten, die primär aus Schweigen, selbst auf konkrete Anfragen, bestand. Die Ungewissheit war für viele Matratzenhersteller unerträglich und hat dazu geführt, dass sie zeitweise ihre Produktion und Auslieferung unterbrechen mussten und ihre Lager voll waren.

Gleichzeitig hat der Handel schon sehr früh gefordert, die Industrie möge Matratzen zurücknehmen. In manchen Geschäften wurden Matratzen wie Gefahrgut behandelt und zum Beispiel Laden-Bereiche abgesperrt. Welche Wirkung geht dabei auf die Kunden über? Verkaufen wir ihnen etwas Gefährliches? Statt Verbraucher sachlich über die aktuelle Situation und deren Rechte aufzuklären, wurde mit solchen Maßnahmen die Verunsicherung nach unserer Einschätzung eher noch gesteigert.

Rechtlich gilt der Grundsatz: Wer einen Schaden verursacht, muss auch dafür aufkommen. Zudem ist geregelt, dass sich Verbraucher an den Handel wenden müssen, der Handel an den Hersteller. Dieser geht dann auf seinen Lieferanten zu und dieser wiederum auf seinen Lieferanten, also die BASF. Es ist zwar einfach, BASF pauschal als Verursacher des Schadens zu benennen. Die vertraglichen Beziehungen innerhalb der Lieferkette sind jedoch weitaus komplizierter und lassen keinen so einfachen Schluss zur Produkthaftung zu. Eine Rückgabe "auf Verdacht" gibt es - im Sinne des Gesetzes - einfach nicht.

Denn es steht fest, dass das Produktsicherheitsgesetz keine Rücknahme von Produkten vorsieht, die eventuell belastet sein könnten, auch wenn die Stiftung Warentest mit einer entsprechenden Empfehlung für zusätzliche Unruhe gesorgt hat. Vielmehr müssen Hersteller ihre Matratzen nur dann zurücknehmen, wenn sie nicht gebrauchsfähig sind oder Produktversprechen der jeweiligen Verträge nachweislich nicht eingehalten werden. Diesen Nachweis muss der Handel dem Hersteller gegenüber führen. Es konnte jedoch keine Rede davon sein, dass alle Matratzen aus dem fraglichen Produktionszeitraum Mängel aufweisen, so dass es für eine Rücknahme-Aktion keine rechtliche Grundlage gab. Zu Bedenken ist auch, dass mit Rückrufen immer beispiellose Kosten und darüber hinaus stärkste Imageschäden verbunden sind. Als Verband haben wir darüber aufgeklärt, dass ein Produktrückruf nicht ohne klare Sachkenntnis und niemals übereilt erfolgen sollte.

Vom Handel hätten wir uns als Industrie mehr Zusammenarbeit in der Hinsicht gewünscht, dass wir gemeinsam dem Verbraucher erklären: "Wir tun alles, um die Sicherheit eurer Produkte zu gewährleisten." Vielleicht sollten hierzu auch in Zukunft entsprechende Konzepte zur Krisenkommunikation entwickelt werden. Wer weiß, wann und wie eine nächste Krise auftritt, die zu meisten ist?

Als Geschäftsführer des Verbandes appelliere ich an alle Partner im Handel: Üben Sie keinen Druck über Marktmacht aus, sondern lassen Sie uns gemeinsam überlegen, was der Kunde braucht. Das sind keine Absperrungen der Verkaufsflächen, auf denen wir unsere Produkte anbieten oder Verunsicherung, sondern Kompetenz und Ausräumung von Bedenken. Das geht nicht über Paragraphen, sondern mit Hilfe der richtigen Worte, die wir dem Verbraucher gemeinsam als Lösung auf seine Probleme anbieten sollten.

Stiftung Warentest
bleibt auf Konfrontationskurs

Auch in diesem Jahr hat die Stiftung Warentest ihren Konfrontationskurs mit der Matratzenbranche weiterverfolgt, der sich nach unserer Ansicht nicht einfach durch den Auftrag der Stiftung erklären lässt, "dem Verbraucher durch die vergleichenden Tests von Waren und Dienstleistungen eine unabhängige und objektive Unterstützung zu bieten". Das Festhalten an der Behauptung der Stiftung Warentest, die Industrie missachte bestehende Vorgaben bei der Härtedeklaration, sei nur als ein Beispiel genannt.

Mit Nachdruck möchten wir betonen, dass es nicht die Absicht der Industrie ist, falsche Härteangaben zu machen. Ein gemeinsames Projekt zur einheitlichen und auch für Verbraucher nachvollziehbaren Auslobung von Härtegraden, das unter der Leitung unseres technischen Ausschusses und in Kooperation mit führenden Prüfinstituten läuft, halten wir für den geeignetsten Ansatz, um bei dieser Thematik als Industrie selbst die Gestaltung der Situation zu übernehmen und der Kritik der StiWa damit zugleich die Basis zu entziehen.

Gleichzeitig lassen wir nicht nach, auch von der Stiftung Warentest selbst die stets postulierte Transparenz einzufordern. Unsere Mitgliedsunternehmen arbeiten fortwährend daran, ihre Produkte weiter zu entwickeln und besser zu machen. Und bestimmt würde jeder Hersteller seine Produkte gerne so gestalten, dass auch die StiWa im Sinne der Verbraucher zu positiven Urteilen kommt. Doch daran ist der Stiftung offensichtlich nicht gelegen, wie im zurückliegenden Jahr einmal mehr deutlich wurde: Nachdem wir zum Jahresbeginn nach langem Drängen endlich Auskunft zur Ermittlung der Liegehärte erhalten hatten, erschien unmittelbar danach ein Matratzentest, in dem die StiWa ihr eigenes Testverfahren schon wieder verändert hatte.

Statt auf Transparenz und nachvollziehbare Kriterien zu setzen, wurde die Beurteilung der subjektiven Liegehärte durch Experten eingeführt. Merkwürdig eigentlich, dass die Stiftung Warentest einfach testen kann, wie sie möchte, ohne dass Experten der verschiedenen Prüfinstitute mit ihrer Sachkompetenz eingebunden werden und öffentlich wird, was und vor allem mit welchen Methoden, also wie getestet wird. Stattdessen bleibt alles nebulös und die Stiftung entwickelt sich mehr und mehr zu einem Geschäftsmodell, das nicht nur mit reißerischen Titel Auflage machen möchte, sondern auch die Werbung mit den Urteilen regelrecht verkauft. Eigentlich eine traurige Gesamtentwicklung.

Kreislaufwirtschaft
und Nachhaltigkeit

Nach unserem ersten Projekt mit dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie mit dem Titel "Footprints der Entsorgung von Matratzen" im Jahr 2016 haben wir beschlossen, diese Kooperation fortzusetzen, um für unsere Mitgliedsunternehmen eine noch breitere Wissensbasis bei der Bewertung der Nachhaltigkeit von Matratzen und der entsprechenden Ausrichtung ihrer Unternehmen zu schaffen. Damit sind wir als Verband sowie unsere Mitglieder sehr gut aufgestellt. Darüber hinaus suchen wir den Austausch mit anderen Organisationen und verfolgen die Entwicklungen auf internationaler und politischer Ebene genau, um unsere Mitglieder kontinuierlich mit wichtigen Informationen zu versorgen.

Im Oktober wurde die neue DIN SPEC 68200 "Möbel - Betten und Matratzen - Prüfverfahren zur Bestimmung funktioneller mechanischer Eigenschaften von Zonenmatratzen und zonierten Liegesystemen" verabschiedet. Zwar handelt es sich bei der SPEC um eine Vornorm, in Streitfällen aber hat sie schon jetzt Gerichtsrelevanz und wird nach einer Testphase in eine DIN-EN Norm überführt werden. Diese Testphase hat für uns als Verband längst begonnen: Von unserem Engagement zur Härtedeklaration von Matratzen erwarten wir uns auch in dieser Frage verwertbare Ergebnisse.

Unser altes Logo erstrahlt im neuen Glanz. Wir freuen uns sehr über die kleinen, feinen Veränderungen und das neue Farbkonzept, das unsere Agentur im Zuge des Webseiten-Relaunchs entwickelt hat. Auch die Neuauflage der Homepage ist inzwischen weit fortgeschritten und wir freuen uns darauf, im ersten Quartal des neuen Jahres damit voraussichtlich online zu gehen. Der neue Webauftritt wird nicht nur äußerlich ansprechender sein, sondern mit responsive Design und Suchmaschinen-Optimierung vor allem auch technisch auf der Höhe der Zeit sein. Entscheidend ist aber, dass die Seite insgesamt für die verschiedenen Zielgruppen übersichtlicher und informativer wird. Gerade in der Zeit der Krise haben wir auch gemerkt, wie häufig unsere Seite von verschiedenen Interessengruppen (z.B. Verbraucher, Medien, Handel, Mitglieder) besucht wurde.
aus Haustex 01/18 (Wirtschaft)