EUCA Jahreshauptversammlung 2017, Hamburg

Der Teppich muss online Präsenz zeigen


Der Internethandel, das Image des Handknüpfteppichs und Schwierigkeiten an der afghanisch-pakistanischen Grenze: alles Dinge, mit denen sich der Importeursverband EUCA auf der Jahreshauptversammlung in Hamburg auseinandergesetzt hat. Die neue Domotex-Struktur für 2018 diskutierten die Mitglieder mit Alexander Wurst und Thilo Horstmann von der Deutschen Messe AG. Und die Vorstandswahl bestätigte den alten Vorstand in seinem Amt.


Der bevorzugte Farbton in der Teppichbranche ist Grau wie das Hamburger Novemberwetter; die Stimmung auf der 54. Hauptversammlung des Importeursverbands EUCA zeigte dafür einige Farbtupfer. Angesichts des wachsenden und immer besser werdenden Angebots an Maschinenwebteppichen müssen sich Importeure handgearbeiteter Teppiche zwar "warm anziehen", aber das tun sie auch: Eine Imagekampagne ist in der Mache; auf der neu strukturierten Domotex ist der handgearbeitete Teppich gut vertreten. Die Leitung der Hauptversammlung übernahm diesmal Jens-Peter Höge stellvertretend für den entschuldigten 1. Vorsitzenden Dr. Ali Ipektchi.

Der Bericht über den Markt fiel durchwachsen aus: Einerseits habe sich die Preisdiskussion bei klassischen Orientteppichen gegenüber den Einkäufern 2017 "einfacher gestaltet als in den Jahren zuvor": Die Preise in den Ursprungsländern seien gestiegen (insbesondere die Knüpflöhne im Iran), das werde auch weitergegeben und akzeptiert.

Andererseits konzentriere sich der Fachhandel immer stärker auf immer weniger Geschäfte, hauptsächlich auf große Möbler und Fachmärkte. Auch der Discounthandel habe den Teppich längst für sich entdeckt und führe nicht mehr nur Restposten, sondern ganz eigene Sortimente. Mit seinen schlanken Strukturen sei er ein spürbarer Wettbewerb für den Möbelhandel. Eine bedeutende, stark wachsende wenn auch noch nicht komplett durchschaubare Größe: der Onlinehandel - der nicht nur bei den modernen, sondern auch bei den klassischen Teppiche zulegt. Höge: "Das noch relativ junge Segment ist nicht leicht zu überblicken: Hier gibt es eine große Anzahl von Anbietern, und wir wissen nicht, wie erfolgreich sie arbeiten. Eines ist jedenfalls klar: Hier werden inzwischen beachtliche Umsätze getätigt."

Druckteppiche als neues
Einstiegsprodukt

Bei den modernen Teppichen sah man auch 2017 den Maschinenwebteppich als Gewinner: Er habe sich am Markt "fest etabliert" und spiele im konsumigen Bereich klar die erste Geige. Tuftingteppiche würden vor allem in höheren Qualitäten als Unis aus weichen Garnen verkauft. Neu hinzugekommen ist der günstige Druckteppich, der nun - vor allem als Kinderteppich - die unterste Sprosse der Preisleiter besetzt. Der Vorteil dabei: "Als besonders günstiges Produkt und somit neue Einstiegspreislage nimmt er den Druck aus anderen, ebenfalls konsumigen Kategorien heraus."

Der Preis für das erfolgreichste Comeback geht übrigens an ... den Fellteppich. Lamm- und Kuhfelle (vorwiegend aus Südamerika) waren eigentlich schon immer da gewesen. In neuer Haptik und neuen Farbtönen wie Rosa und Graublau erleben sie eine wahre Renaissance.

In Sachen Material kann es gar nicht weich genug sein. Und da bietet sich Polyester an, insbesondere als sehr feine Microfaser. Vor allem die großen Maschinenweber setzen das Material verstärkt ein und investieren auch in eigene Garnproduktionen.

Und bei den Farben? Da hält man sich weiterhin bedeckt und bevorzugt: Natur, Natur und noch mal Natur(töne). Rund 90 % der angebotenen Ware tragen 50 Shades of Beige, Greige, Maus- und Steingrau. Fazit: "Sowohl die Einkäufer als auch die Produzenten zögern, neue Farben ins Spiel zu bringen."

Die Ländeberichte

1. Afghanistan
Sehr individuelle, bezahlbare und schöne Teppiche entstehen in dem krisengeschüttelte Land zwischen Süd- und Zentralasien. Aber: "Für den afghanischen Teppich fehlt das Marketing", meinte Fritz Langauer von Oritop. Im Gegensatz zu den anderen Herkunftsländern seien die Preise hier nicht gestiegen, sondern gefallen, und zwar um ca. 10 bis 15 %. Knüpfer könnten von ihren geringen Arbeitslöhnen kaum leben und suchten sich lukrativere Tätigkeiten. Erschwerend komme hinzu, dass afghanische Teppiche in Pakistan gewaschen würden, die Grenze zwischen den Ländern aber oft und lange geschlossen sei. Zusätzlich habe man den Zoll um 100 % erhöht.

2. Pakistan
Das afghanische Problem spiegelt sich auf der anderen Seite der häufig geschlossenen Grenze wider: in Pakistan, denn über 80 % aller "pakistanischen" Teppiche werden in Afghanistan geknüpft. Die Frage von Volker Heinrich, warum afghanische Teppiche nicht vor Ort in Afghanistan gewaschen werden können, ließ sich nicht abschließend beantworten. Dagegen sprechen wohl mehrere Gründe: Transportschwierigkeiten, Korruption und mangelnde Sicherheit gegen Plünderungen.

3. Iran
Unter den Herkunftsländern steht der Iran auf den ersten Blick relativ solide da: Die Knüpfer erhalten Mindestlöhne, die höheren Preise werden durch die Handelskette hinweg akzeptiert. "Die Qualität iranischer Teppiche ist in den letzten Jahren gestiegen", berichtete Ali Razavi von Rimex, und durch das Ende des Embargos ist mit den USA ein neuer Absatzmarkt hinzugekommen. Aufgrund von Inflation und der schlechten iranischen Wirtschaftslage schwächelt dafür allerdings der bisher sehr starke Inlands-Teppichmarkt: Selbst im Teppich-Stammland Iran kaufen sich immer mehr junge Leute Maschinenwebteppiche - weil sie einfach günstiger sind und ebenfalls gut aussehen.

4. Indien
Bisher war Indien nicht gerade für seine strenge Umweltpolitik bekannt, inzwischen scheint sich etwas zu tun auf dem Subkontinent - mit der Konsequenz, dass mehrere Teppichwäschereien wegen der Abwasserproblematik geschlossen wurden, wie Tobias Graebener von Talis erzählte. Auch die staatlichen Subventionen seien drastisch gekürzt worden. Das Hauptproblem besteht laut Volker Heinrich allerdings in der neu eingeführten, sehr hohen Mehrwertsteuer von 28 %. Als günstige Alternative zum Knüpfen oder Tuften erobert in Indien immer stärker das Thema Handloom die Manufakturen.

5. Nepal
Nepal war lange Lieferland Nummer eins; inzwischen ist der Boom längst vorbei. Jetzt werden hier hauptsächlich hochwertige Designteppiche geknüpft.

6. China
Noch konsequenter als die indische Regierung geht der chinesische Staat in Sachen Umwelt vor: Im Teppichgürtel Chinas wurde etwa die Hälfte aller Färbereien geschlossen; grundsätzlich darf nicht mehr in der Nähe von Reisfeldern gefärbt werden. Die Folge: Alle Rohstoffe verteuern sich erheblich; Produktion findet nur noch unter staatlicher Aufsicht statt. Von den ehemals zahlreichen Manufakturen für feine Seidenteppiche sind heute wenige erhalten, und die produzieren hauptsächlich für den chinesischen Binnenmarkt.

Die neue Domotex

Von der Deutschen Messe AG waren Alexander Wurst (Bereichsleiter Internationale Fachmessen) und Thilo Horstmann (Verantwortlicher für handgefertigte Teppiche auf der Domotex) angereist, um Rede und Antwort zur neuen Domotex-Struktur zu stehen. Die "Herkulesaufgabe" der neuen Geländebelegung sei mittlerweile abgeschlossen, alle Domotexhallen mit wenigen Ausnahmen "gut gefüllt". "Der handgefertigte Bereich ist von der Fläche her sehr stabil; der Maschinenwebbereich hat stark zugelegt", so Horstmann. In Sachen Fläche habe man inzwischen 105.000 m2 erreicht und etwa 80 bis 90 Aussteller mehr im Boot als 2017. In der zentralen Trendhalle 9 sei der abgepasste Teppich in verschiedenen Installationen und natürlich auf den Messeständen gut vertreten.

Dank eines neuen Vertrages mit der Telekom könne die Messe nun allen Besuchern ein kostenloses Wlan-Basispaket bieten, das täglich 180 Minuten umfasst. Und wer seine Kunden persönlich zur Messe einladen will, den unterstützt die Domotex durch Vorlagen für Anschreiben oder ein Online-Einladungsprogramm.

Lebhaft diskutiert wurde von den EUCA-Mitgliedern die Verschiebung der Veranstaltung nach vorn. Laut Alexander Wurst stehe der Termin für 2019 bereits fest; direkt nach der Domotex 2018 soll die Terminfrage für 2020 und alle Folgejahre jedoch erneut intern besprochen werden.

Arbeitskreis Imagepflege
des Teppichs

Wer heute gesehen werden will, muss in den neuen Medien unterwegs sein. Das gilt auch für den Teppich. Auf www.handgefertigte-teppiche.de gibt ihm der EUCA-Arbeitskreis zur Imagepflege des Teppichs Präsentationsfläche. Die Seitenstatistik vermeldet "ganz gute Zugriffe" - und damit es noch mehr werden, sind ein neues, frischeres Layout und Flyer für den PoS geplant. Kurzfristig sollen auch die Texte überarbeitet werden, und über Youtube will man Videos einbinden. Wer über interessante Videos rund um den Teppich verfügt, darf diese gern dem Arbeitskreis zur Imagepflege zur Verfügung stellen.•
aus Carpet Magazin 01/18 (Wirtschaft)