Domotex
Bodenbeläge: Rigid-Designbeläge auf starrem Träger allgegenwärtig
Die Domotex bot der Branche textiler und elastischer Bodenbeläge einen ordentlichen Rahmen für einen soliden Start in das neue Jahr. Omnipräsent sind Rigid-Designbeläge auf starrem Träger. Das neue Messekonzept erhält sowohl Zuspruch als auch Kritik. Die erhoffte Trendwende in Bezug auf die Zielgruppe Objekt blieb aus.
Selten ist eine Domotex mit so viel Spannung erwartet worden wie die Veranstaltung 2018. Denn die Messe hatte sich vorgenommen, mit einer Rund-um-Erneuerung attraktiver zu werden für Aussteller und Besucher speziell aus dem Objektbereich.
Sie präsentierte sich auch deswegen mit der neuen Hallenstruktur, einer geänderten Tagesfolge von Freitag bis Montag und erstmals mit einem übergeordneten Thema: "Unique Youniverse" übertrug den gesellschaftlichen Trend Individualisierung auf Bodenbelag und Inneneinrichtung. Auf den Sonderflächen "Framing Trends" in Halle 9, dem neuen Herz der Domotex, inszenierten ausgewählte Aussteller, Künstler und Nachwuchsdesigner aus Deutschland und dem Ausland dazu ihre Ideen, Assoziationen und Interpretationen.
Buntes Treiben in neuer Trend-Halle
Darunter gab es Faszinierendes, Kreatives und auch Inspirierendes. Faszinierend war beispielsweise das begehbare Kaleidoskop von Carpet Concept, dem Anbieter von Akustiklösungen und Teppichboden. Die Installation bestand aus unzähligen einzelnen Spiegelelementen. In der Mitte befand sich eine große Schachbrettfläche. Auf jedem Quadrat waren unterschiedliche Teppichbodenqualitäten in verschiedenen Farben aufgebracht. Durch Drehen der einzelnen Elemente konnte die bunte Fläche verändert werden - was in der Spiegelung immer wieder ein anderes, faszinierendes Farbspiel ergab. Wohl fast jeder Besucher ließ sich vor diesem Hintergrund ablichten. (Eindrücke von den Trend-Flächen finden Sie ab Seite 46.)
Kreativ war beispielsweise die Inszenierung unter dem Titel "Endless Uniqueness": 50 Gestalter, darunter die zehn besten Innenarchitekten Deutschlands, hatten ihre persönliche Interpretation des Leitthemas Unique Universe als 3D-Visitenkarten in einzelnen Boxen dargestellt. Sie verwendeten dafür Gegenstände aus ihrem Alltag wie Sonnenbrillen, Kaugummi oder Hosenträger als Ausdruck ihrer Individualität.
Vieles war schön anzuschauen, einiges inspirierend; die Mehrheit der Präsentationen und Exponate blieb aber abstrakt.
Die Messe bilanzierte, dass die Sonderflächen Architekten, Designer sowie Planer anzog, die sich durch die Präsentationen für ihre Arbeit inspirieren ließen. Aussteller wie etwa Objectflor und Windmöller, die mit ihren Ständen um die Trend-Flächen positioniert waren, profitierten nach eigenem Bekunden von der Wirkung der "kreativen Hotspots", wie die Messe selbst die Trend-Inszenierungen nannte. Beide Bodenbelagshersteller waren Anlaufstationen bei Architektenführungen durch die Halle, so dass zahlreiche neue Kontakte zu Architekten, Designern und Planern geknüpft werden konnten.
Auf die Stimmung in den Hallen 11, 12 und 13, in denen textile und elastische Bodenbeläge, Designbeläge, Laminat und Parkett sowie Verlegewerkstoffe, Maschinen, Werkzeuge und Zubehör untergebracht waren, hatte das Geschehen rund um das neue Thema "Unique Universerve" wenig Auswirkungen. Sie waren davon schlicht zu weit entfernt.
Kritik und Lob für das neue Konzept
Die veränderte Hallenbelegung sowie die neue Tagesfolge spielten eine weitaus wichtigere Rolle für Aussteller und Besucher. Die Meinungen darüber, ob die Veränderungen gut oder schlecht sind, gehen weit auseinander.
Die Anbieter textiler und elastischer Bodenbeläge lobten und kritisierten die "neue" Domotex gleichermaßen. Den neuen Standort in den Hallen 11 und 12 fanden die Unternehmen auf der einen Seite gut, weil diese heller sind und eine freundlichere Atmosphäre haben als die angestammten Hallen 5 und 6.
Auf der anderen Seite waren sie unzufrieden mit der neuen Positionierung weit entfernt vom zentralen Nordeingang. Dies führte dazu, dass der Besucherstrom von dort erst später am Tag die hinteren Hallen 11 und 12 erreichte. Manch ein Interessent sei gar nicht über die Halle 9 hinausgekommen, beschwerten sich einige Teppichbodenhersteller und erklärten sich damit, warum auf ihren Ständen weniger los war als erhofft. Produktübergreifend bemängelten die Aussteller im hinteren Teil der neuen Hallenstruktur, dass der fehlende überdachte Übergang zwischen den Hallen 9 und 11 die Domotex auseinander gerissen habe - eine Halle 10 gibt es nämlich nicht.
Textile und Elastische in solider Stimmung
Und die allgemeine Atmosphäre? Wie geht es der Industrie, Händlern und Verarbeitern aktuell?
Die Domotex ist in der Regel ein gutes Stimmungsbarometer für die Bodenbelagsbranche. 2018 fällt es allerdings schwer, die Frage nach vier Tagen Messegeschehen zu beantworten. Für ein aussagekräftiges Meinungsbild waren einfach zu viele Hersteller und Anbieter nicht in Hannover dabei. Vor allem die großen Konzerne mit Schwerpunkt elastische Beläge und LVT wie Forbo, Gerflor, IVC und Tarkett hatten sich gegen die Domotex entschieden - trotz des neuen Konzeptes.
Die Reihen der Hersteller textiler Beläge wiesen zwar weniger Lücken auf, aber eben doch einige: Firmen mit starker Objektausrichtung hatten sich nicht auf den Weg nach Hannover gemacht. Dabei hatte die Domotex gehofft, gerade diese wieder für eine Präsenz gewinnen zu können; vor allem mit der neuen Trend-Halle 9 für Objektentscheider.
Aber: Die Aussteller von textilen und elastischen Bodenbelägen, die in Hannover Flagge zeigten, zogen eine solide Bilanz der Domotex. Die Messe sei insgesamt in Bezug auf die Geschäftskontakte nicht schlecht bzw. ganz gut gewesen, hieß es von vielen Unternehmen. Exportkunden - sowohl aus dem Handel als auch aus dem Objektbereich - hatten ihren Lieferanten einen Besuch abgestattet. Die Einkäufer aus dem deutschen Handel verbrachten allerdings weniger Zeit auf der Domotex als in zurückliegenden Jahren. Inländische Objektentscheider hatten sich kaum auf den Weg nach Hannover gemacht.
Copa und Rigromont sorgen für Gesprächsstoff
Thema vieler Gespräche in den Hallen 11 und 12 war die Situation von Copa und Rigromont. Die bisher vereinten Großhandelskooperationen für Bodenbeläge gehen ab 2019 getrennte Wege. Das hatte Josef Führes, der geschäftsführende Vorstand der Copa, unmittelbar vor der Domotex überraschend in einer Pressemitteilung erklärt. Rigromont-Geschäftsführer Claus Hoffmann informierte dann auf der Messe, dass er sein Amt als ehrenamtliches Vorstandsmitglied der Copa mit sofortiger Wirkung niedergelegt hat.
Die Auffassungen über die Ausrichtung einer modernen Einkaufs- und Vermarktungsorganisation waren zuletzt dem Vernehmen nach zu weit auseinander gegangen, als dass eine weitere Zusammenarbeit noch Sinn gemacht hätte. Die Zeit wird zeigen, ob beide Organisationen alleine zukunftsfähig sind. Oder ob ein Absetzungsprozess stattfindet, der den marktbeherrschenden Großhändlern weiter in die Hände spielt.
Strong-Nadelvlies geht an Condor
Was sich zur Zukunft der insolventen DLW Flooring während der Domotex bereits herumgesprochen hatte, wurde nach der Messe Gewissheit: Die Condor-Gruppe übernimmt die Markenrechte an Strong-Nadelvlies. Die Produktion von Linoleumbelägen in Delmenhorst geht an Gerflor.
Vor allem Großhändler verfolgen den Niedergang von DLW mit Enttäuschung und auch Wehmut. Denn der jetzt vor Zerschlagung und Teilstilllegung stehende Hersteller galt einmal als "Bank mit angeschlossener Bodenbelagsabteilung", wie Großhändler Martin Geiger erinnerte.
Verunsicherung bei Rigid-LVT
In Sachen Produkt dominierten die so genannten Rigid-Designbeläge. Die Klick-LVT mit starrer Trägerplatte aus PVC, anderen Materialien oder Materialmischungen etablieren sich als zunehmend populäre Ausführung. Sie sind maßstabiler und lassen sich nach Aussage der Anbieter auch auf Untergründen installieren, die nicht perfekt sind.
So erfolgreich die starren Designbeläge sind: Sie verunsichern gleichzeitig viele Einkäufer. Denn die Produkte sind in Materialaufbau und -struktur sowie in den daraus resultierenden Eigenschaften sehr unterschiedlich. Das neue Produktsegment stellt sich deswegen sehr uneinheitlich dar. Der Handel wisse momentan nicht, für welche Varianten er sich entscheiden soll, berichtete die Industrie.
Der Verband der mehrschichtig modularen Fußbodenbeläge (MMFA) versucht dieser Orientierungslosigkeit innerhalb der Branche entgegenzuwirken. Die Herstellervereinigung kategorisiert die starren Beläge zukünftig in die beiden Gruppen Solid Polymer Core (SPC) und Expanded Polymer Core (EPC). Das soll Hilfestellung dabei leisten, das Produktangebot besser einzuschätzen. Der MMFA appellierte während seiner Pressekonferenz an die gesamte Branche, zukünftig die beiden neuen Bezeichnungen zu verwenden (siehe Seite 70).
Modulyss mischt den Teppichfliesen-Markt auf
Im Teppichboden verstärkt sich der Trend zu Kollektionen, die aus solution dyed Polyamid (SD PA) oder Polyestergarnen gefertigt sind. Qualitäten aus spinndüsen gefärbten Garnen sind weniger anfällig gegenüber Flecken. Teppichböden aus Polyester sind eine gute Alternative zu denen aus PA einerseits und solchen aus Polypropylen (PP) andererseits. Polyester ist robuster als PP aber günstiger als PA.
Die Teppichfliese ist präsenter denn je. Das war nicht nur zu erkennen an den zahlreichen Kollektionen, die modulare Fliesen und Planken beinhalten oder sich ihnen komplett widmen.
Die deutlichsten Zeichen für die stetig wachsende Nachfrage nach Textilmodulen konnte man bei Europas größtem Hersteller textiler Bodenbeläge ausmachen: Die Balta-Gruppe hatte für die aufstrebende Produktgattung erstmals einen eigenen Bereich auf dem Messestand eingerichtet - unter dem Namen LCT, was für Luxury Carpet Tiles steht. Zudem verkündete die Teppichfliesen-Tochter Modulyss, dass der deutsche Markt für modulare Textilbeläge seit Jahresbeginn erstmals in Eigenregie bearbeitet wird. Diese Entscheidung wird die Karten in diesem Marktsegment hierzulande neu mischen. Denn Modulyss ist mit einer Kapazität von rund 10 Mio. m
2 der drittgrößte Hersteller der modularen Produkte in Europa. |
jochen.lange@snfachpresse.de
aus
BTH Heimtex 02/18
(Wirtschaft)