Heimtextil Frankfurt
Tapeten: Umsatzschwäche zwingt zu neuen Strategien
Der Umsatz mit Tapeten ging im vergangenen Jahr deutlich zurück, vor allem der deutsche Markt schwächelt. Darauf reagieren die Hersteller unter anderem mit Kollektionen, die noch stärker als bisher an Zielgruppen orientiert sind. Im Trend liegen grafische Muster und starke Farben.Nach außen hin gaben sich die Tapetenhersteller angesichts rückläufiger Umsätze eher zurückhaltend und bodenständig. Gedämpfte, wenn auch elegante Farbtöne und ruhige Muster an den Wänden der Messestände verliehen der Tapetenhalle trotz der Präsenz prominenter Testimonials wie Barbara Schöneberger, Guido Maria Kretschmer, Ulf Moritz, Barbara Becker und der Maus einen Hauch von ungewollter Monotonie.
Eine Ausnahme machte die Tapetenfabrik Gebr. Rasch. Die Bramscher verwandelten ihren Auftritt in einen Rausch der Farben. Bunte Tapeten wohin das Auge auch blickte. Doch tatsächlich war Rasch nicht der einzige Hersteller mit Mut zur Farbe. Denn beim intensiven Blättern in den Kollektionsbüchern der Mitbewerber wurde deutlich: Starke Farben sind für alle ein Must-have.
Auch die Moderatorin, Sängerin und Schauspielerin Barbara Schöneberger drückte ihrer in Zusammenarbeit zwischen der Zeitschrift Barbara aus dem Gruner+Jahr Verlag und Rasch entstandenen ersten Kollektion einen farbigen Stempel auf. Rot, Gelb, Blau und Grün sowie kraftvolle Mischtöne dominieren ihre Tapeten. Diese Buntheit findet sich auch in der ersten Kollektion der Maus aus der WDR-"Sendung mit der Maus", die P+S International auf den Markt brachte. Damit will der Gummersbacher Hersteller Kinder an die Tapete heranführen, damit die auch als Erwachsene zu dem Wandbelag zu greifen.
Grafische Muster
sind im Kommen
Einen weiteren Trend servierte der Designer Ulf Moritz bei der Marburger Tapetenfabrik. Seine edle, technisch ausgeklügelte Kollektion Signature zeigt grafische Muster, die wieder stark an Bedeutung gewinnen. Ein In-Thema sind auch Blumen wie sie unter anderem in der Digitaldruck-Kollektion Walls by Patel von A.S. Création zu sehen sind - ergänzt um bunte Vögel.
Große Aufmerksamkeit zog wieder Guido Maria Kretschmer auf sich. Der Modedesigner stellte seine für P+S entworfene hochwertige Kollektion Deluxe in der Union Halle in Frankfurt vor - inspiriert von Textildesigns. Die Präsentation wurde auf die Aktionsfläche des Verbands der Deutschen Tapetenindustrie (VDT) übertragen, der zum Weltrekord im Dauertapezieren aufgerufen hatte (siehe Seite 162).
In diesem Jahr kaprizieren sich die deutschen Anbieter eher auf verkäufliche, aber sehr hochwertige Produkte. Der ganz große Wurf mit mutigen und außergewöhnlichen Designs fehlte. Ein deutliches Zeichen dafür, dass die Hersteller und Verleger mit Investitionen sparsam umgehen und sich neue Strategien für mehr Wachstum einfallen lassen müssen. Immerhin gingen Umsatz und Menge 2017 bis September gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum in Deutschland um rund 10 % zurück. Wie der VDT weiter mitteilte, wurde dagegen im traditionell gewichtigen Export nach einigen schwierigen Jahren ein ausgeglichenes Ergebnis im Vergleich zum Vorjahr erzielt. So blieb unter dem Strich jedoch ein Minus.
Weniger Tapeten auf der Fläche
Vor allem in der Großfläche werden auf dem deutschen Markt immer weniger Tapeten offeriert. Sie machen Platz für renditestärkere Produkte. "Es gibt einen Wettbewerb um Quadratmeterrentabilität", kommentierte Erismann-Geschäftsführer Martin Slotty. Als Konsequenz stellen die Hersteller zunehmend auf die Produktion hochwertiger Wandbeläge für den qualifizierten Fachhandel um. "Es gibt einen Markt für langlebige und hochwertige Produkte", ist Christian Schmitz überzeugt, Inhaber der Verlage Essener, Schmitz und Tescoha.
Um der rückläufigen Nachfrage zu begegnen, haben einige Anbieter außerdem die Zahl ihrer neuen Kollektionen dem Umsatz angepasst und auf genau definierte Zielgruppen ausgerichtet. "Wir können nicht am Markt vorbei produzieren. Das ist zu teuer und aufwändig", meinte Ullrich Eitel, Inhaber der Marburger Tapetenfabrik.
So sieht es auch Roland Bantel. Nach Angaben des Vorstands Vertrieb und Marketing bei A.S. Création gibt es 2018 weniger neue Kollektionen. Wie er weiter sagte, steht das Unternehmen vor Veränderungen: "Wir stellen alles auf den Prüfstand." Im Einzelfall überlege der Vorstand, ob auslaufende Lizenzverträge verlängert werden sollen. Zudem will der Gummersbacher Tapetenhersteller künftig zielgruppengerechter produzieren. So wurde für das Fachhandwerk die Marke Profitex aufgebaut. Außerdem startet A.S. Création mit der Lifestyle-Kollektion Neue Bude 2.0 eine Endverbraucher-Kampagne, in die der Handel mit einbezogen wird.
Der Verband der Deutschen Tapetenindustrie hat eine geplante gemeinsame Werbung auf Eis gelegt, nachdem A.S. Création kurz vor Weihnachten überraschend seinen Gaststatus im VDT aufgegeben hatte. Doch alle Beteiligten bleiben im Gespräch und geben sich zuversichtlich bezüglich der Zukunft des Verbands (siehe Kasten links).
Insgesamt gehen die Tapetenanbieter mit verhaltenem Optimismus davon aus, dass sie mit neuen Kollektionen und strategischen Veränderungen die Umsätze insbesondere im Inland wieder erhöhen. "Dieses Jahr werden wir durch die Talsohle schreiten", prognostizierte Eitel für die Marburger.
Ein leichtes Wachstum sagt auch Dr. Frederic Rasch, Geschäftsführer der Tapetenfabrik Gebr. Rasch voraus. Allerdings müsse sich die Branche damit abfinden, dass die Tapete mehr und mehr zu einer dekorativen Nische werde. Daher solle sie am Point of Sale besser präsentiert werden. "Tapete darf nicht in Fächern und Kartons verschwinden", appellierte er an den Handel. Weitere Gefahren für das Geschäftsfeld Tapete sieht Rasch in den steigenden Rohstoffpreisen. Für 2018 geht er von erneuten Preissteigerungen aus.
Wie auch immer die Entwicklung sein wird, mit dem Verlauf der Messe waren die Aussteller in der Tapetenhalle weitgehend zufrieden. "Wir sind mit sehr positiven Erwartungen in das Jahr 2018 gestartet, gestärkt durch viele positive Impulse auf der Heimtextil", sagte Katharina Meindl, zuständig für PR und Marketing beim Fototapetenhersteller Komar. Allerdings hatten einige Unternehmensvertreter den Eindruck, dass weniger deutsche Fachbesucher als im vergangenen Jahr nach Frankfurt gekommen waren. Der niederländische Produzent Eijffinger zieht daraus Konsequenzen und kündigte die verstärkte Präsenz auf Hausmessen wichtiger Kunden an.
|Cornelia Küsel berichtet über die Tapetentrends in Frankfurt
aus
BTH Heimtex 02/18
(Wirtschaft)